Gute Arbeit sichtbar machen mit dem HAGE

}P KITA-MANAGEMENT // QUALITÄTSSICHERUNG
Gute Arbeit sichtbar machen mit
dem HAGE-Qualitätsinstrument
Qualitätsentwicklung und -sicherung von Projekten der Gesundheitsförderung in der Kita Q
Mit Inkrafttreten des Präventionsgesetzes am 1. Januar 2016 wurde die Qualitätsentwicklung und
-sicherung von Gesundheitsförderung und Prävention in den Lebenswelten noch mal bekräftigt.
Um die Beschäftigten in den Lebenswelten bei der Umsetzung zu unterstützen, hat die Hessische
Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e.V. (HAGE) ein Qualitätsinstrument entwickelt,
das in diesem Artikel vorgestellt wird.
Carolin Becklas
Referentin für Gesundheitsförderung & Qualitätsentwicklung
und Evaluation bei der HAGE e.V.
Christina Bauer
Referentin für Gesundheitsförderung & Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der HAGE e.V.
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I
n der Kita werden zwei Dinge offensichtlich, wenn man sich den Bereich
der Gesundheitsförderung und Prävention1 sowie der Qualitätsentwicklung
und -sicherung anschaut. Erstens ist die
Kita eine besonders wichtige Lebenswelt (Setting) für die gesundheitliche
Entwicklung der Kinder, aber auch der
Mitarbeiter/innen. Viele Kindertagesstätten haben sich mit präventiven und
gesundheitsförderlichen
Aktivitäten
schon auf den Weg gemacht. Zweitens
ist Qualitätsentwicklung und -sicherung
in unterschiedlichen Zusammenhängen
in der Praxis der Kindertagesstätten bereits fest etabliert und in der Regel gelebte Organisationsrealität. So werden viele
Maßnahmen zur Qualitätssicherung wie
die Anwendung von Routinen, Verfahren und Instrumenten in der alltäglichen
Arbeit der Einrichtungen durchgeführt.
Der Ruf nach Qualität speziell von
Gesundheitsförderung und Prävention
in Settings wie der Kita, ist in den letzten Jahren lauter geworden. Mit dem
Inkrafttreten des Präventionsgesetzes
am 1. Januar 2016 ist die Notwendigkeit und somit die Verankerung der
Qualitätsentwicklung und -sicherung
von Gesundheitsförderung und Prävention in den Lebenswelten nochmals beKiTa HRS 1 | 2016
stärkt worden. Der vorliegende Artikel
möchte jedoch nicht die Notwendigkeit der Qualität in Kitas thematisieren,
sondern aufzeigen, was Qualitätsentwicklung und -sicherung von Gesundheitsförderung und Prävention in Kitas
bedeutet und hierfür ein Hilfsinstrument der HAGE e.V. zur Reflexion und
zur Optimierung von Aktivitäten der
Gesundheitsförderung und Prävention
vorstellen.
» Der Ruf nach Qualität speziell von
Gesundheitsförderung und Prävention in Settings wie der Kita,
ist in den letzten Jahren lauter
geworden.«
Was bedeutet Qualitätsentwicklung
in der Gesundheitsförderung und
Prävention?
Keiner beginnt ein Projekt, Maßnahme
oder Intervention (im Weiteren: Projekt)
aus dem Bauch heraus und ohne jegliche
Planungen. Dennoch gibt es sicherlich
Situationen, in denen man sich fragt:
»Warum kommen meine Angebote nicht
an?!« und »Warum ziehen die Eltern
nicht mit?« Gut gemeint ist nicht immer
gut gemacht. Angebote der Gesundheitsförderung zu planen, zu realisieren und
nachhaltig mit positiven Wirkungen zu
etablieren, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Hier gibt es keine einheitlichen
Rezepte. Das Verfahren ist in der Regel
gleich, jedoch muss das Vorgehen an die
jeweilige Situation angepasst werden.
Instrumente zur Qualitätsentwicklung
können hier eine Unterstützung sein.
Sie haben den Nutzen, Akteurinnen und
Akteure im Prozess eines Projektes für
eine adäquate und fachgerechte Planung
zu sensibilisieren und in der Durchführung zu unterstützen. Denn die Art und
Weise der Konzeption, Durchführung
und Bewertung (Evaluation) eines Projektes ist wesentlich für dessen Weiterentwicklung und Erfolg verantwortlich.
Kritische Evaluationsergebnisse sollten
daher als Möglichkeit der Nachbesserung und somit zur Weiterentwicklung
des Projektes betrachtet werden.
Für die Wirksamkeit settingbezogener
Projekte der Gesundheitsförderung und
Prävention ist ein systematisches Vorgehen entscheidend, welches dem allgemeinen Projektmanagement ähnelt,
jedoch auch die Ansätze der Gesundheitsförderung berücksichtigt.
Für die Bestimmung der Qualitätsdimensionen greift man in der Gesundheitsförderung und Prävention auf die
vier Phasen des Public Health Action
Cycles (PHAC) zurück (Abb. 1). Neben
den Arbeitsschritten umfasst das zyklische Modell die einzelnen Qualitätsdimensionen wie z.B. die Planungs- und
Konzeptqualität, die es in den einzelnen
Arbeitsphasen zu beachten gilt.
HAGE-Qualitätsinstrument
Entscheidend im Hinblick auf die Qualitätsdimensionen sind die Qualitätskriterien der Gesundheitsförderung und Prävention, die ein qualitativ gutes Projekt
in dem Bereich ausmachen. Die Qualitätskriterien können helfen, frühzeitig zu
reflektieren und bei der Planung bereits
wichtige Dinge mitzudenken. Es geht
daher nicht nur darum, einen Plan mit
Meilensteinen abzuarbeiten, sondern
auch darum inhaltliche Aspekte, insbesondere den Ansatz der Gesundheitsförderung im Prozess eines Projektes, zu
berücksichtigen.
KITA-MANAGEMENT // QUALITÄTSSICHERUNG Q}
Das HAGE-Qualitätsinstrument zur
Entwicklung und Sicherung von Qualität in Gesundheitsförderungsprojekten
verbindet erforderliche Qualitätskriterien mit den Qualitätsdimensionen und
ist somit auf die Anforderungen von
Projekten in den Bereichen Gesundheitsförderung und Prävention ausgerichtet. Das Instrument ist in Form
einer Checkliste sowohl als onlinebasierte Selbstbewertung als auch als Broschüre aufbereitet verfügbar. Die einzelnen
Kriterien sind als Aussagen formuliert,
denen jeweils zugestimmt oder abgelehnt werden kann. Online besteht die
Möglichkeit, die eigenen Projekte anhand der Qualitätsdimensionen und
-kriterien systematisch zu reflektieren
bzw. zu bewerten, indem man für jede
Qualitätsdimension einen Wert zwischen 0 und 100 erhalten kann. Aus
dem Ergebnis lässt sich ableiten, welche Qualitätsdimensionen schon sehr
gut berücksichtigt werden und wo ggfs.
noch Verbesserungsbedarf besteht.
Qualitätsentwicklung in der KitaPraxis – Ein Beispiel
Qualitätskriterien der Planungs- und
Konzeptqualität sind ein Schwerpunkt des Qualitätsinstruments. Diese werden häufig zusammengefasst,
da damit die Fragen verbunden sind:
Warum, für wen und wie ein Projekt
angestoßen und umgesetzt wird. Die
Planungsqualität betrifft die vorausgehenden Projekt- bzw. Programmideen.
Die Konzeptqualität beinhaltet die
gedankliche und handlungsleitende
Basis des Projekts und seiner Maßnahmen. Hier werden die verschiedenen
gesundheitsfördernden Ansätze, wie
z.B. Setting und/oder Ressourcenorientierung für das Erreichen der Ziele und der Zielgruppen ebenso festgelegt wie der Projektverlauf mit seinen
Meilensteinen.
» Sag mir, wie ein Projekt beginnt
und ich sage dir, wie es endet.«
(Hansel & Lomnitz, 2000)
Da die Planungs- und Konzeptqualität
von besonderer Bedeutung ist, werden
hierzu beispielhaft einige Qualitätskriterien zum Thema Bewegungsförderung
aus dem Instrument aufgegriffen:
Abb. 1: Public Health Action Cycle (eigene Darstellung, in Anlehnung an LIGA.NRW 2010)
Ein erstes Kriterium ist die Feststellung des Bedarfs. Dieser kann schnell
anhand von objektiven Aspekten wie der
gesundheitlichen Lage von Kindern oder
mithilfe des nationalen Gesundheitsziels
»Gesund aufwachsen« ermittelt werden.
Ein Schwerpunkt ist hier die Förderung
von Bewegung bei Kindern und Jugendlichen. Bei der Bedarfsanalyse kann
zudem herauskommen, dass Kinder
mindestens 60 Minuten am Tag körperlich aktiv sein sollen. Wie viel sich die
betreffenden Kinder bewegen (können)
und welche Bewegungsmöglichkeiten
es innerhalb und außerhalb der Einrichtung gibt, sollte in der Analyse ebenfalls
berücksichtigt werden.
Ziele sind in jedem Projektmanagement zu formulieren, wie man jedoch
den Weg ausgestaltet, um das Ziel zu erreichen, hängt von der Zielgruppe und
deren Bedürfnissen und Wünschen ab.
Die Bedürfnisse der Zielgruppe, als
weiteres Qualitätskriterium im Setting
Kita (Kinder, Erzieher/innen und Eltern) können auf unterschiedliche Weise erfasst werden. Wichtig, um Qualität
zu erreichen ist jedoch, dass die Analyse der Bedürfnisse unter Einbeziehung
der Zielgruppe erfolgt (Partizipation),
z.B. durch eine Fokusgruppe mit den
Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen,
einer
Kinderkonferenz oder einer Blitzbefragung der Eltern.
» Qualitätskriterien der Planungsund Konzeptqualität sind ein
Schwerpunkt des Qualitätsinstruments.«
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Gesundheitsförderung z.B. im Hinblick
auf Bewegungsarmut nicht danach
fragt warum sich die Zielgruppe wenig
bewegt, sondern was sie dazu bringt,
sich mehr zu bewegen. Über die Ermittlung der Bedürfnisse erhält man
wesentliche Informationen, wie die
Zielgruppe erreicht werden kann und
ob überhaupt eine Nachfrage für das
Projekt besteht. Es geht zudem darum,
ein gemeinsames Verständnis über das
betreffende Thema zu entwickeln. Die-
SMART-KRITERIEN
Spezifisch: Was hat sich bei wem verändert?
Messbar: Ist es möglich zu überprüfen, ob das Ziel erreicht wurde?
Attraktiv: Ist das Ziel für Beteiligte erstrebenswert?
Realistisch: Ist das Ziel erreichbar?
Terminiert: Ist das Ziel in einem überschaubaren Zeitraum erreichbar?
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}P KITA-MANAGEMENT // QUALITÄTSSICHERUNG
HAUPTZIEL:
Die Kinder in der Kita sind innerhalb eines Jahres mindestens eine Stunde am Tag mit
zumindest mittlerer Intensität körperlich aktiv.
hage.de/aktivitaeten/qualitaet/hage-aktivitaeten/hage-qualitaetsinstrument.
html.
Fazit
se Vorgehensweise steht für die Partizipation der Zielgruppe bereits in der
Planung, ein grundlegendes Prinzip für
die Praxis der Gesundheitsförderung
und zugleich ein weiteres Qualitätskriterium.
Aus der Bedarfs- und Bedürfnisanalyse lassen sich schließlich die Ziele
(Haupt- und Teilziele) des Projektes
entwickeln.
Für die Definition von klaren und konkreten Zielen, sollte in der Planungsphase ausreichend Zeit eingeräumt werden.
Die Berücksichtigung der SMART-Kriterien (siehe Infokasten) hilft, erreichbare Ziele zu definieren.
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» Wichtig, um Qualität zu erreichen
ist jedoch, dass die Analyse der
Bedürfnisse unter Einbeziehung
der Zielgruppe erfolgt (Partizipation) (…).«
Wie Haupt- und Teilziele aussehen können, zeigt das folgende Beispiel:
Die Bewegungsangebote sollten im
Sinne der Ressourcenorientierung an
den individuellen Stärken der Kinder
ausgerichtet sein, um diese zu fördern.
Es sollten daher unterschiedliche Angebote gemacht werden, damit die
Kinder ihren Stärken und Bedürfnissen
entsprechende Aktivitäten auswählen
können.
Bei den Teilzielen des Beispiels handelt es sich sowohl um verhaltens- als
auch um verhältnispräventive Ansätze.
Während das Unterbrechen der sitzenden Tätigkeit auf die Veränderung des
individuellen Verhaltens abzielt, fokussieren die nächsten zwei Ziele die Veränderung der Verhältnisse und somit
die Entwicklung einer gesundheitsfördernden Kita. Da sich das menschliche
Verhalten und die Lebensbedingungen
wechselseitig beeinflussen, sollten im
Sinne der Gesundheitsförderung sowohl
das Verhalten als auch die Lebensbedingungen gesundheitsförderlich entwickelt werden.
Abschließend ist die Formulierung von
Zielen nicht nur für den Verlauf des Projektes wichtig, sondern auch für die Ergebnisqualität des Projektes. Hier sollten
die Ergebnisse durch die Gegenüberstellung von Zielen und Erfolgen bewertet
werden. Um die gute Arbeit sichtbar zu
machen, aber auch aus »Stolpersteinen«
lernen zu können, sollte das Erreichen
der Ziele, wie auch das Projektgeschehen
dokumentiert werden.
Auszeichnung für gute Projekte der
Gesundheitsförderung
Um Projekte mit guter Qualität sichtbar zu machen und zu bestärken, verleiht das Land Hessen seit 2012 jährlich den Hessischen Gesundheitspreis.
Das HAGE-Qualitätsinstrument bildet die Grundlage für die Bewertung
der eingehenden Bewerbungen. www.
hage.de/aktivitaeten/gesundheitspreis.
html
Die Bewerbung ist über die HAGEHomepage möglich. Eine vorangehende Selbstbewertung des Projekts mit
dem HAGE-Qualitätsinstrument kann
hilfreich bei der Einschätzung der Qualität des eigenen Projekts sein. www.
TEILZIELE:
ƒ Sitzende Tätigkeiten wie basteln, die länger als eine Stunde andauern, werden durch
Bewegungspausen unterbrochen.
ƒ Es sind Aktivitäten, die die Koordination der Kinder fördern und erhalten, in den
Kita-Alltag integriert.
ƒ Bewegungsangebote für unterschiedliche Bedürfnisse wie z.B. Schnitzeljagd, Waldtage, Rundgänge, Tanz etc. sind in den Kita-Alltag integriert.
KiTa HRS 1 | 2016
Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich Investitionen in die Planungs- und Konzeptqualität im gesamten Projektverlauf besonders
lohnen. Das HAGE-Qualitätsinstrument
greift den gesamten Planungs- und Umsetzungsprozess mit der Struktur-, Prozessund Ergebnisqualität auf und ermöglicht
einen Überblick über die Qualität des Projektes. Auf diese Weise kann eine kontinuierliche Weiterentwicklung gewährleistet
werden.
„
Literatur
Becklas, C.; Nolte, B. (2015): Hessenweite Erhebung
zur Sicherung und Entwicklung von Qualität. Befragung zur Erfahrungen und Erwartungen der Akteur/
innen im Setting Kinder- und Familienzentren.
HAGE – Hessische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (Hrsg.). Online verfügbar unter:
http://www.hage.de/files/2015-09-22_bericht_quantitative_befragung_2015_web.pdf
Kolip, P./Müller, V. E. (2009): Evaluation und
Qualitätsentwicklung in Gesundheitsförderung und
Prävention: Zentrale Fragen, vielfältige Antworten.
In: Kolip, P./Müller, V. E. (Hrsg.): Qualität von
Gesundheitsförderung und Prävention. Bern: Verlag
Hans Huber, 7-20.
Kolip, P.;Ackermann, G.; Ruckstuhl, B.; Studer, H.
(2012): Gesundheitsförderung mit System. quintessenz – Qualitätsentwicklung in Projekten der
Gesundheitsförderung und Prävention. Verlag Hans
Huber, S. 259.
Nolte, B.; Becklas, C.; Janiczek, O. (2015): Qualitätskriterien der Gesundheitsförderung und Prävention. Ein Qualitätsinstrument zur Qualitätsentwicklung für Projekte, Maßnahmen und Initiativen
der Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention
in Hessen. HAGE – Hessische Arbeitsgemeinschaft
für Gesundheitsförderung (Hrsg.). Online verfügbar
unter: http://www.hage.de/files/2015-09-22_qualitaetsinstrument_druck_2015.pdf
Unger, H.; Block, M.; Wright, M.T. (o.J.): SMARTKriterien zur Bestimmung von Zielen. Partizipative
Qualitätsentwicklung in der Gesundheitsförderung
bei sozial Benachteiligten. Gesundheit Berlin e.V.
(Hrsg.). Online verfügbar unter: http://partizipativequalitaetsentwicklung.de/subnavi/methodenkoffer/
smart-kriterien.html
Fußnote
1. Auch wenn Prävention und Gesundheitsförderung unterschiedlich ansetzen, beinhalten gute
Projekte beide Vorgehensweisen. Prävention
fokussiert die Risiken für bestimmte Erkrankungen – Gesundheitsförderung zielt auf die
Förderung personaler und sozialer Ressourcen ab.
Gesundheitsförderung hat das Ziel, den Menschen mehr Selbstbestimmung über die eigene
Gesundheit zu ermöglichen und sie zur Stärkung
ihrer Gesundheit zu befähigen.