Schließung des Kontaktstudiums „Interkulturelle Bildung

Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7822
15. Wahlperiode
02. 12. 2015
Antrag
der Abg. Bettina Meier-Augenstein u. a. CDU
und
Stellungnahme
des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport
Schließung des Kontaktstudiums „Interkulturelle Bildung –
Schwerpunkt Sprachförderung“ an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und die Beweggründe der Landesregierung
Antrag
Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen
zu berichten,
1. wie sie das bisherige Kontaktstudium und die daraus resultierte Arbeit beurteilt;
2. welche Bedeutung sie dem Kontaktstudium bis zu seiner Einstellung eingeräumt hat und welche Ziele damit verfolgt wurden;
3. aus welchen Gründen das Kontaktstudium „Interkulturelle Bildung“ mit
Schwerpunkt Sprachförderung an der Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg zum Schuljahr 2015/
2016 eingestellt wurde;
4. wie viele Lehrerinnen und Lehrer aus welchen Schularten über das Kontaktstudium ausgebildet und in welchem Umfang diese eingesetzt wurden;
5. welche voraussichtlichen Auswirkungen die Schließung des Studiengangs auf
die Betreuung der Flüchtlingskinder und jugendlichen Flüchtlinge an den
Schulen und damit auf den Sprachenerwerb haben wird;
6. an welchen Schulen die zusätzlich qualifizierten Lehrkräfte bislang eingesetzt
wurden;
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Eingegangen: 02. 12. 2015 / Ausgegeben: 15. 01. 2016
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.
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Drucksache 15 / 7822
7. ob der Bedarf an den durch das Kontaktstudium qualifizierten Lehrkräften als
nicht notwendig erachtet wird;
8. welchen Stellenwert die interkulturelle Ausbildung von Lehrkräften für den
Umgang mit Flüchtlingskindern und jugendlichen Flüchtlingen hat;
9. ob das Ziel eines schnellen Spracherwerbs sowie einer gelungenen Integration
der Kinder und Jugendlichen, welches in der Handreichung „Flüchtlingskinder
und jugendliche Flüchtlinge in der Schule“ geäußert wird, durch die Einstellung des Kontaktstudiengangs konterkariert wird.
01. 12. 2015
Meier-Augenstein, Kurtz, Müller, Röhm, Dr. Stolz, Traub, Wacker, Wald CDU
Begründung
Zum Schuljahr 2015/2016 wurde das Kontaktstudium „Interkulturelle Bildung“
mit Schwerpunkt Sprachförderung an der Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg eingestellt. In Anbetracht der gegenwärtigen Herausforderungen, die mit der anhaltenden Aufnahme
von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Baden-Württemberg verbunden sind, ist
diese Vorgehensweise der Landesregierung verwunderlich. Vor diesem Hintergrund soll der Antrag die Beweggründe der Landesregierung offenlegen.
Stellungnahme
Mit Schreiben vom 5. Januar 2016 Nr. 32-6752.5-03/38/1 nimmt das Ministerium
für Kultus, Jugend und Sport zu dem Antrag wie folgt Stellung:
Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen
zu berichten,
1. wie sie das bisherige Kontaktstudium und die daraus resultierte Arbeit beurteilt;
2. welche Bedeutung sie dem Kontaktstudium bis zu seiner Einstellung eingeräumt hat und welche Ziele damit verfolgt wurden;
Dem Kontaktstudiengang wird große Bedeutung eingeräumt. Schwerpunktmäßiges Ziel war es, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren im Bereich der Sprachförderung fortzubilden, um die Lernbeobachtung sowie die individuelle (Sprach-)
Förderung zu verbessern und die interkulturelle Kompetenz und Kommunikationsfähigkeit zu stärken. Die ausgebildeten Multiplikatorinnen und Multiplikatoren werden im Rahmen der Lehrkräftefortbildung bedarfsbezogen von den
Schulämtern und Regierungspräsidium eingesetzt.
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3. aus welchen Gründen das Kontaktstudium „Interkulturelle Bildung“ mit Schwerpunkt Sprachförderung an der Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung
an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg zum Schuljahr 2015/2016 eingestellt wurde;
4. wie viele Lehrerinnen und Lehrer aus welchen Schularten über das Kontaktstudium ausgebildet und in welchem Umfang diese eingesetzt wurden;
Beim Kontaktstudiengang handelte es sich um ein auf vier Jahre begrenztes Projekt (Durchführung in den Schuljahren 2011/2012 bis 2014/2015).
Ziel des Studienganges war es, 175 schulartübergreifende Multiplikatorinnen und
Multiplikatoren mittels des Kontaktstudiengangs vor allem im Bereich der interkulturellen Bildung sowie der Sprachförderung fortzubilden. Folgende Verteilung
der Multiplikatorinnen und Multiplikatoren auf die Schularten war vorgesehen:
Grundschule: 70, Haupt-/Werkrealschule/Realschule: 70, Gymnasium: 16, Berufliche Schulen: 19. Tatsächlich schlossen ca. 163 Lehrkräfte den Kontaktstudiengang ab.
In Anbetracht der gegenwärtigen Herausforderungen, die mit der anhaltenden
Aufnahme von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Baden-Württemberg verbunden sind, stellen sich den angehenden Lehrkräften, die in Vorbereitungsklassen
und VABO-Klassen unterrichten, neue Herausforderungen, die weit über den Bereich der Sprachförderung hinausreichen und modifizierte Fortbildungskonzeptionen erforderlich machen.
5. welche voraussichtlichen Auswirkungen die Schließung des Studiengangs auf
die Betreuung der Flüchtlingskinder und jugendlichen Flüchtlinge an den
Schulen und damit auf den Sprachenerwerb haben wird;
Fortbildungsangebote im Bereich Sprachförderung werden auf Ebene der Staatlichen Schulämter und Regierungspräsidien unter anderem von Fachberaterinnen
und Fachberatern (Deutsch als Zweitsprache) sowie Absolventinnen und Absolventen des Kontaktstudiengangs angeboten, womit der Multiplikatorenkreis erheblich erweitert und in der Folge auch das Fortbildungsangebot ausgebaut werden konnte. Zusätzlich werden Fortbildungen insbesondere auch für Themenfelder angeboten, die über die Sprachförderung hinausgehen (etwa Umgang mit
Traumata).
Damit Lehrkräfte auf die Arbeit mit Flüchtlingskindern und jugendlichen Flüchtlingen angemessen vorbereitet werden, stehen somit zukünftig in noch größerem
Umfang weitere Expertinnen und Experten zur Verfügung.
6. an welchen Schulen die zusätzlich qualifizierten Lehrkräfte bislang eingesetzt
wurden;
7. ob der Bedarf an den durch das Kontaktstudium qualifizierten Lehrkräften als
nicht notwendig erachtet wird;
Siehe Ziffern 3 und 4.
8. welchen Stellenwert die interkulturelle Ausbildung von Lehrkräften für den
Umgang mit Flüchtlingskindern und jugendlichen Flüchtlingen hat;
In einer globalisierten Welt werden interkulturelle Kompetenzen als Schlüsselqualifikationen für alle Kinder und Jugendlichen immer wichtiger. Auch für die
Landesregierung hat die interkulturelle Ausbildung der Lehrkräfte einen hohen
Stellenwert. Die Rahmenverordnung für die neuen Bachelor- und Master-Lehramtsstudiengänge erwähnt bei allen vier allgemein bildenden Lehrämtern, dass
Absolventinnen und Absolventen der lehramtsbezogenen Studiengänge über
Querschnittskompetenzen im Bereich von Deutsch als Zweitsprache und Bildung
für nachhaltige Entwicklung verfügen sollen. Ziel ist es, über die von der Kultusministerkonferenz formulierten fachspezifischen inhaltlichen Anforderungen hinausgehenden Querschnittskompetenzen fest in der Ausbildung zu verankern.
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9. ob das Ziel eines schnellen Spracherwerbs sowie einer gelungenen Integration
der Kinder und Jugendlichen, welches in der Handreichung „Flüchtlingskinder und jugendliche Flüchtlinge in der Schule“ geäußert wird, durch die Einstellung des Kontaktstudiengangs konterkariert wird.
Das Land hat im Rahmen des Staatshaushaltsplans 2015/2016 in erheblichem
Umfang zusätzliche Lehrerstellen für die Beschulung von Kindern und Flüchtlingen bereitgestellt.
Für diese Lehrkräfte werden bedarfsbezogen Fortbildungsangebote durchgeführt.
Für den weiteren Ausbau dieser Fortbildungsangebote hat die Landesregierung im
2. Nachtrag zum Staatshaushaltsplan 2015/2016 zusätzlich 340.000 Euro sowie
rund 10 Deputate bereitgestellt. Hierdurch wird die Integration der Kinder und Jugendlichen an den Schulen weiter gefördert. Das Ziel eines schnellen Spracherwerbs wird durch die dadurch möglichen Umsetzungen, unter anderem durch Einbeziehung der Absolventinnen und Absolventen des Kontaktstudiums im Rahmen
der Lehrfortbildung, wesentlich unterstützt.
In Vertretung
Stehle
Ministerialdirektor
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