Portrait Koch - Regio Viamala

Donnerstag, 22. Oktober 2015
Ausbildung
pöschtli 14
Koch-Beruf – als Sprungbrett
in die Welt
Im Hotel «Bodenhaus» in Splügen erlernt Vanessa Michael den Beruf
des Kochs. Die Arbeitszeiten sind gegenüber Handwerksberufen um
Stunden versetzt, dafür ist ihr Küchenteam wie eine Familie.
■ Von Reiner Schilling
Die Lehrlinge in der Gastronomie wohnen
in der Regel am Ausbildungsplatz. So auch
Vanessa Michael aus Ausserferrera. Im Alter von 17 Jahren bestreitet sie das zweite
Lehrjahr als Koch. Das Team im Hotel «Bodenhaus» hat sie vor gut einem Jahr herzlich willkommen geheissen. «Es ist hier wie
eine kleine Familie», sagt sie und betont:
«Man würde nicht sagen, dass ich der Lehrling bin.»
Faszination Kochen
Nach den Schupperlehren hat sie sich aus
fünf Berufsrichtungen, wie zum Beispiel
Grafikerin, letztlich für Koch entschieden.
Über ihren Vater erfuhr sie von der Faszination Kochen als Hobby. Auf seinen Touren als Busfahrer lernte sie die Hotels in
der Region kennen. «Hier im ‘Bodenhaus’
hat es mir am Besten gefallen», stellt sie
fest. Der Form halber habe sie sich schriftlich beworben und die Lehrstelle eineinhalb Jahre vor Schulabschluss im Sack gehabt.
Für die Ausbildung zum Koch gibt es Voraussetzungen: Man muss Freude an Lebensmitteln haben. «Und dass man vor Fischen keine Angst hat», witzelt Vanessa Michael. An ihrem Arbeitsplatz braucht es viel
Konzentration, gerade bei À-la-carte-Gerichten. Dagegen wird in Grossküchen das
Essen nach Menüplan und in grossen Mengen zubereitet. «Hier muss ich vier Bons
auf einmal im Kopf behalten», erklärt Vanessa Michael. In beiden Bereichen gilt:
Fürs Schneiden mit den Messern ist eine
gewisse Handfertigkeit von Vorteil. Die Geschwindigkeit kommt mit der Übung.
Vor dem Tag in der Schule:
Feierabend um 20 Uhr
Ihre drei Lehrjahre sind thematisch gestaffelt. Begonnen wird mit «Patisserie» und
«Kalter Küche» wie Salate und Desserts. Im
zweiten Jahr kommt das «Entremetier» hinzu. Dort geht es um Beilagen wie beispielsweise Kartoffeln, Teigwaren oder Gemüse.
Und im dritten heisst es, «Saucier» zu werden, wo neben den Saucen hauptsächlich
Fleisch in allen Varianten zubereitet wird.
All das wird auch in den überbetrieblichen
Kursen vertieft. Einen Tag in der Woche geht
Vanessa Michael in die gewerbliche Berufsschule Chur (GBC). Um dort ausgeruht anzukommen, darf sie am Abend zuvor um 20
Uhr Feierabend machen.
Die Arbeitszeiten gestalten sich nach den
Mahlzeiten der Gäste. «Um 10 Uhr morgens
stehe ich in voller Montur mit Veston, Kochschürze und Torchon (Küchentuch) in der
Küche», berichtet Vanessa Michael. Dann
beginnt sie mit den täglichen Routinearbeiten, wie Fond aufkochen sowie Salate und
Gemüse rüsten. Um 11 Uhr ist Personales-
sen, und gegen 14 Uhr geht es in die Mittagspause. Die Abendschicht beginnt je nach
Posten um 17 oder 18 Uhr und dauert bis 22
oder 23 Uhr. Die Hauptarbeitszeiten sind am
Wochenende, dann arbeiten alle.
Freizeitgestaltung neu organisiert
«Man mag am Abend nicht noch in den Ausgang gehen, dafür kannst du am Morgen
länger schlafen», sagt Vanessa Michael. Zu
ihren ehemaligen Schulkollegen hat sie
kaum noch Kontakt. «Meine Freunde habe
ich an der Berufsschule», führt sie weiter
aus. Im Winter fährt sie gerne Snowboard
und ist in Splügen an zentraler Lage. Dagegen musste Vanessa Michael ihr Steckenpferd Volleyball vorerst auf Eis legen, da ihre
jetzigen Arbeitszeiten kein regelmässiges
Training zulassen.
Als Lohn erhält sie gestaffelt 1000 Franken
im ersten, 1300 Franken im zweiten und
1500 Franken im dritten Lehrjahr pro Monat. Allerdings werden Kost und Logis abgezogen. Ferien hat sie bis zu acht Wochen, bedingt durch die Zwischensaison.
«Auf jeden Fall möchte ich nach der Lehre
reisen, die Welt anschauen», freut sich Vanessa Michael. Sie will in anderen Hotels Berufserfahrung sammeln. Um aber Küchenchef zu werden, braucht es keine spezielle
Ausbildung. Dieser Titel beschert einem erst
die entsprechende Anstellung.
■ MEINE LEHRE IN DER REGION
Die Berufsschau «Meine Lehre in der Region Viamala» ist eine Veranstaltungsreihe der Lehrbetriebe, Oberstufen und Gewerbevereine in Zusammenarbeit mit der
Regio Viamala. Die Veranstaltung Nummer 4, «Kochmütze und Servierhaube»,
findet am Dienstag, 27. Oktober, um 19
Uhr in Andeer statt, Treffpunkt ist das Hotel «Fravi».
www.viamalablog.ch
Hier geht es heiss zu und her: Vanessa Michael steht viel am Kochherd.
Bild Reiner Schilling