LeistungssPeKtrum Pathologisches Institut

leiStungsspektrum
Pathologisches Institut
Die Pathologie ist durch die Spezifikation der histomorphologischen
Tumorklassifikation, der entscheidenden molekularpathologischen
Analysen sowie der prognostischen und (Therapie-)prädiktiven
Parameter nicht nur für die Festlegung der Diagnose, sondern
auch für die Prognose und Therapie ein zentraler Lotse bei
gynäkologischen Tumoren und Brustkrebs.
Die hierfür notwendigen Untersuchungen erfolgen am
Pathologischen Institut der LMU München, das seit Juni 2015 voll
akkreditiert ist.
Bei den gynäkologischen Tumoren gibt es insbesondere
beim Ovarialkarzinom (einschließlich Tubenkarzinom und
Peritonealkarzinom) Veränderungen, die sowohl für die Genese
und Klassifikation als auch die Therapie von großer Bedeutung sind.
Nach der aktuellen WHO werden die häufigen serösen Karzinome
des Ovars nur noch in low-grade (LGSC) und high-grade (HGSC)
seröse Karzinome eingeteilt. Ursächlich hierfür ist die Tumorgenese,
die zeigt, dass es sich um zwei verschiedene Tumorentitäten handelt,
wobei die LGSC meist über eine BRAF- oder KRAS-Mutation
entstehen, hingegen die HGSC eine p53-Mutation aufweisen.
Ein Übergang eines LGSC in ein HGSC ist möglich, jedoch sehr
selten. Das muzinöse Karzinom (gastrointestinaler Typ) weist
ebenfalls meist eine BRAF- oder KRAS-Mutation auf und wird
als Low-Grade Karzinom klassifiziert. Die Endometriose gilt als
Ursache für das endometroide, das klarzellige, das seromuzinöse
(ehemals muzinöser endozervikaler Typ) und vermutlich auch
für das undifferenzierte Karzinom. Die Genese der benignen,
Borderline- und malignen Brennertumoren bleibt unklar, die Entität
des Transitionalzellkarzinoms wurde abgeschafft.
Somit können Ovarialkarzinome nun neben einer histomorphologischen Einteilung auch molekularpathologisch klassifiziert
werden.
Die European Medicine Agency (EMA) hat im Oktober 2014 den
PARP-Inibitor Olaparib zur Erhaltungstherapie für Patientinnen
mit einem platinsensiblen Rezidiv eines high-grade serösen
Ovarial-, Eileiter- oder primären Peritonealkarzinoms zugelassen.
Der Einsatz von Olaparib setzt den Nachweis einer pathogenen
oder wahrscheinlich pathogenen BRCA1/2-Mutation voraus.
Der Mutationsnachweis kann entweder im Blut (zur alleinigen
Erfassung von Keimbahnmutationen) oder im Tumor (zur Erfassung
von Keimbahnmutationen und/oder somatischen Mutationen)
erfolgen. Die primäre Bluttestung ist angezeigt, wenn sich nach
der Checkliste des Deutschen Konsortiums für erblichen Brustund Eierstockkrebs ein Verdacht auf ein hereditäres Krebsleiden
ergibt. Wenn die Checkliste negativ ist (Mehrzahl der Patientinnen),
sollte die BRCA1/2-Mutationstestung primär am Tumor erfolgen.
Rund 25 % der Patientinnen mit einem high-grade serösen
Ovarialkarzinom weisen BRCA1/2-Mutationen auf, die in 75% der
Fälle keimbahnassoziiert und in 25 % der Fälle rein somatisch
bedingt sind. Nach Auffassung der Gendiagnostikkommission
der BRD fällt die BRCA1/2-Analyse am Tumor nicht unter das
Gendiagnostikgesetz, da die diagnostische genetische Untersuchung
den Mutationsnachweis als Voraussetzung für den Einsatz des
PARP-Inhibitors Olaparib bezweckt und nicht darauf ausgerichtet
ist, eine Erblichkeit festzustellen.
Die Indikationsstellung erfolgt in der interdisziplinären
Tumorkonferenz.
Für die BRCA1/2-Testung am Tumor genügt ein repräsentativer
Tumor-Paraffinblock aus dem Gewebearchiv der Pathologie. Die
molekularpathologische BRCA1/2-Mutationsdiagnostik am Tumor
kann qualitätsgesichert in den hierfür zertifizierten Einrichtungen
für Pathologie erfolgen. Die Untersuchung beansprucht etwa zehn
Arbeitstage.
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IX. WISSENSCHAFTLICHES WINTERSYMPOSIUM
19. Dezember 2015 in München
IX. WISSENSCHAFTLICHES WINTERSYMPOSIUM
19. Dezember 2015 in München
Weitere wichtige Änderungen bei den epithelialen Ovartumoren
• Der tubare Ursprung seröser Tumoren
über sogenannte STICS (seröse tubare
intraepitheliale Karzinome) wird
zumindest für HGSCs angenommen, die
eine BRCA1-Mutation aufweisen.
• Als differenzialdiagnostische Grenze zwischen einem
Zystadenom des Ovars und einem Borderlinetumor wurde die
atypische Epithelproliferation von > 10 % festgelegt.
• Seröse oder muzinöse Borderlinetumoren werden auch
als atypische proliferative seröse oder muzinöse Tumoren
bezeichnet.
• Die mikropapilläre Variante des serösen Borderlinetumors wird
als nicht-invasives low-grade seröses Karzinom klassifiziert.
• Die Klassifikation der Implantate bei serösen Borderlinetumoren wurde überarbeitet. Alle früheren nicht-invasiven
Implantate werden als Implantate bezeichnet, hingegen
entspricht das ehemalige invasive Implantat jetzt einem lowgrade serösen Karzinom.
Zervix/Vulva/Vagina
Das für die plattenepithelialen Vorläuferläsionen übliche
dreistufige Graduierungssystem (CIN, VIN, VAIN 1–3) wurde
abgeschafft und durch ein zweistufiges System ersetzt: Low-grade
squamöse intraepitheliale Läsion LSIL und high-grade squamöse
intraepitheliale Läsion HSIL. Die Rationale hierfür liegt sowohl in
der biologischen und klinischen Relevanz wie auch in der besseren
Reproduzierbarkeit. Dabei entspricht die ehemalige geringe
Dysplasie der LSIL, hingegen die ehemalige mäßige und schwere
Dysplasie der HSIL.
Endometrium
Das vierstufige Graduierungssystem der endometrialen
Vorläuferläsionen (einfache oder komplexe Hyperplasie ohne oder
mit Atypie) wurde abgeschafft und durch ein zweistufiges System
ersetzt, nämlich durch die Hyperplasie ohne Atypie oder atypische
Hyperplasie (synonym: endometroide intraepitheliale Neoplasie
EIN). Hintergrund dieser Änderung ist, wie auch bei den oben
beschriebenen Vorläuferläsionen, das Progressionsrisiko wie auch
die bessere Reproduzierbarkeit.
Das Mammakarzinom ist eine sowohl aus histomorphologischer
als auch biologischer Sicht sehr heterogene Erkrankung. Die Bestimmung prognostischer und prädiktiver Parameter durch die
Pathologie stellt daher für jeden Einzelfall die Grundlage für eine
individualisierte Therapie des Mammakarzinoms dar.
Dazu gehören:
• Die Diagnosesicherung durch eine histomorphologische
Untersuchung mit Bestimmung der Tumorgröße,
des histomorphologischen Tumortyps und des
Differenzierungsgrades
• Die immunhistochemische Bestimmung des Östrogen- und
Progesteronrezeptorstatus
• Die immunhistochemische und bei unklarem Befund (Score 2+)
durch Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung nachweisbare
Bestimmung des HER2neu-Status
• Wird keiner der genannten Rezeptoren exprimiert, liegt ein
sogenanntes triple-negatives Mammakarzinom vor
• Als weitere prognostische Faktoren werden durch die
Pathologie der Nodalstatus und der Resektionsstatus (inklusive
der Sicherheitsabstände) bestimmt
Mit den oben beschriebenen klassischen Werkzeugen der
Histomorphologie und Immunhistochemie gelingt es allerdings
bei einem Teil (ca. 20 – 30 %) der Patientinnen nicht, das
Metastasierungsrisiko ausreichend präzise vorherzusagen.
Diese Lücke kann durch Genexpressionstests geschlossen oder
zumindest verkleinert werden. Ziel dieser Zusatzuntersuchungen
ist es, Patientinnen mit Mammakarzinom möglichst nur dann
durch eine Chemotherapie zu belasten, wenn diese wirklich
notwendig erscheint, und gleichzeitig unnötige Chemotherapien
samt ihrernNebenwirkungen zu vermeiden.
Ein solcher Test der zweiten Generation (Prosigna®, nanoString
Technologies) kann seit zwei Jahren am Pathologischen Institut
der LMU durchgeführt werden und steht den Patientinnen des
Brustzentrums am Klinikum und Zuweisern zur Verfügung. Eine
Alternative hierzu stellt die Bestimmung der Proteasen uPA/PAI-1
dar, die ebenfalls am Institut für Pathologie der LMU durchgeführt
werden kann. Hierfür ist, anders als bei den Genexpressionstests,
die Untersuchung von nativem Tumorgewebe notwendig.
KONTAKT
Pathologisches Institut
am Klinikum der Universität München
Direktor: Prof. Dr. med. Thomas Kirchner
Prof. Dr. med. Doris Mayr
Prof. Dr. med. Karl Sotlar
Thalkirchner Straße 36
80337 München
Tel. +49 (0)89 2180 73601
www.pathologie.med.uni-muenchen.de
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