Kongresse & Tagungen 56 Stärkere Schuldnerberatung für mehr Face-to-Face Göttingen. Der 6. Deutsche Privatinsolvenztag fand in diesem Jahr in Göttingen statt. Geladen hatten die Gastgeber Prof. Dr. Martin Ahrens, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Anwaltsrecht und Zivilprozessrecht an der Georg-AugustUniversität Göttingen, und Dr. Thorsten Graeber, Insolvenzrichter am Amtsgericht Potsdam und Vorstandsvorsitzender des Deutschen Privatinsolvenztags e. V. Veranstaltungsort war der Ausstellungsraum der Paulinerkirche in der Göttinger Altstadt. Die über 100 Teilnehmer, u. a. aus den Gruppen der Gläubigervertreter, Schuldnerberater, Insolvenzverwalter/ Treuhänder sowie Richter und Rechtspfleger, stellten sich dem interdisziplinären Diskurs und formulierten auch Konzepte für zukünftige Veränderungen, gespeist aus ihren praktischen Erfahrungen. INDat Report 08_2015 Text: Rechtsanwalt Dr. Peter Staufenbiel Den Auftakt der Tagung bildete das Thema Abführungspflicht des insolventen Gewerbetreibenden oder Freiberuflers gem. §§ 35 Abs. 2, 295 Abs. 2 InsO nach Freigabe der selbstständigen Tätigkeit. Nach der Vorstellung des Podiums durch die Moderatoren Prof. Dr. Martin Ahrens und RiAG Prof. Dr. Ulrich Heyer berichtete Heyer, dass etwa 18 bis 20 % der eröffneten Insolvenzverfahren »gescheiterte« Selbstständige betreffen würden. Alle Einnahmen unterlägen demnach dem Insolvenzbeschlag, sodass der Schuldner, um Beträge zum Lebensunterhalt zu haben, eigentlich einen Antrag gemäß § 36 InsO i. V. m. § 850i ZPO stellen müsste. Mit Blick auf eine persönliche Haftung für eventuelle Masseverbindlichkeiten lehnten die Insolvenzverwalter beinahe immer den Verbleib des Geschäftsbetriebs in der Insolvenzmasse ab und erklärten gem. § 35 Abs. 2 InsO die Freigabe der selbstständigen Tätigkeit aus dem Insolvenzbeschlag. Die damit verbundene Abführungspflicht des selbstständigen Schuldners stelle sich erheblich schwierig dar, da ihm auch die Restschuldbefreiung ermöglicht werden solle (§ 295 Abs. 2 InsO). Der Gesetzgeber hat ausdrücklich in der Insolvenzordnung vorgesehen, dass der Selbstständige trotz eines eröffneten Insolvenzverfahrens die selbstständige Tätigkeit fortsetzen kann. Sogar der nicht selbstständig tätige Insolvenzschuldner kann sich während der Dauer des Insolvenzverfahrens überlegen, eine selbstständige Existenz zu begründen. Wenn sich im Laufe des Insolvenzverfahrens herausstellt, dass der Schuldner beabsichtigt, ein Gewerbe anzumelden, dann sei zunächst zu unterscheiden, ob sich der selbstständige Schuldner im eröffneten Verfahren oder bereits in der Wohlverhaltensphase befindet, so Dipl.-Rpflin Susanne Brenner, Verbraucherinsolvenzbüro Stuttgart. Im eröffneten Verfahren sei der Schuldner verpflichtet, neben der Gewerbeanmeldung jeweils monatlich einen Bericht über seine gesamte selbstständige Tätigkeit durch Vorlage einer Einnahmen- und Ausgabenliste anzufertigen. Nach Analyse der Daten durch den Verwalter versuche dieser, die weitere Entwicklung des Unternehmens zu beurteilen, und entscheide sich zwischen der Freigabe oder der Fortführung der selbstständigen Tätigkeit. Dabei würden gefühlte 99 % der 57 (v. li.) Martin Klünemann, Dipl.-Rpflin Susanne Brenner, RiAG Prof. Dr. Ulrich Heyer, RiinBGH Praxedis Möhring, Marc Wichlajew selbstständigen Tätigkeiten bereits freigegeben, wenn die Einnahmen- und Ausgabenlisten des ersten Monats vorliegen, um die Masse zu enthaften, da die Risiken bei der Fortführung einer selbstständigen Tätigkeit für den Insolvenzverwalter im Verhältnis zu den denkbaren Erlösen zu groß sei. Über die Freigabe der Selbstständigkeit würden neben dem Schuldner auch das zuständige Insolvenzgericht und das Finanzamt informiert. meinte, dass es eine Aufgabe der Gewerbeaufsicht sein könnte, das Gewerbe des Schuldners nach Überprüfung zu untersagen, um so weitere Schäden für die Allgemeinheit zu unterbinden. Problematisch sei jedoch, dass eine Überprüfung seitens der Gewerbeämter kaum bis gar nicht durchgeführt würde, wobei es regionale Unterschiede gebe, ob und wie die Gewerbeaufsicht handelt. Fotos: Heicke/Fischer Verwalter geben selbstständige Tätigkeit zu früh frei Beim Sprung in die Selbstständigkeit fehle es oftmals an der richtigen Vorbereitung, meldete sich Marc Wichlajew, Schuldnerund Insolvenzberater beim Münchener Sozialreferat, zu Wort. Generell solle eine Selbstständigkeit langfristig geplant werden, d. h., der geschäftlich unerfahrene Schuldner sollte sich im Klaren darüber sein, welche Ausgaben, insbesondere Steuerlasten, auf ihn zukommen. Des Weiteren mahnte er an, dass seiner Ansicht nach die Verwalter die selbstständige Tätigkeit »zu schnell« freigeben. Häufig stellten die Finanzämter einen Fremdantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so Martin Klünemann, Finanzamt Witten. Dies sei dem geschuldet, dass die Finanzämter meistens die Schuldner länger kennen. Seiner Erfahrung nach seien die Schuldner nach Freigabe der selbstständigen Tätigkeit teilweise »dreister« als vorher, was die Steuererklärungspflicht angeht – diese scheine dem Steuerpflichtigen egal zu sein. Seine Finanzverwaltung beobachte daher eine freigegebene selbstständige Tätigkeit etwa sechs Monate lang sehr intensiv, um dann schnelle Maßnahmen veranlassen zu können. Ist der Schuldner im Insolvenzverfahren ausschließlich selbstständig tätig, fallen seine Einnahmen aus dieser Tätigkeit nicht unter die Abtretungserklärung aus § 287 Abs. 2 InsO. Der selbstständige Insolvenzschuldner ist vielmehr verpflichtet, nach Freigabe seiner selbstständigen Tätigkeit seine Gläubiger durch Zahlungen an den Insolvenzverwalter so zu stellen, wie wenn er eine angestellte Tätigkeit ausüben würde. Eine Verpflichtung des Schuldners im Insolvenzverfahren, anstelle der freigegebenen selbstständigen Tätigkeit eine abhängige Beschäftigung aufzunehmen, gibt es nicht. Heyer, Richter am Amtsgericht Oldenburg, Gastgeber Prof. Dr. Martin Ahrens (li.) und RiAG Dr. Andreas Schmidt In diesem Zusammenhang merkte RiinBGH Praxedis Möhring vom IX. Zivilsenat an, dass die Freigabe doch flexibel gestaltet werden könne. Nicht einfach sei hierbei die Betrachtung der Dauerschuldverhältnisse. Wenn zudem zwei Massen verwaltet werden müssen, sei dies auch für Alt- und Neugläubiger problematisch: Was ist Alt- und was ist Neumasse? Auch sei problematisch, dass es keine neue Restschuldbefreiung für das zweite Verfahren gibt, sodass der Schuldner auf den Neumasseverbindlichkeiten sitzen bleibe. Der Lerneffekt bei einer bereits laufenden Insolvenz komme nicht beim Schuldner an, so Klünemann. »Wer zahlt schon gern Steuern?«, bemerkte er ironisch und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Finanzamt Steuerguthaben mit den Altverbindlichkeiten aufrechnen könne. Geschäftlich unerfahrene Schuldner kalkulierten jedoch mit dem Steuerguthaben. Prof. Dr. Ahrens warf sodann die Problematik des Schutzes des § 112 InsO in der Zweitinsolvenz auf. Verträge seien bindend, so Ahrens. Zur Wahrnehmung einer selbstständigen Tätigkeit sei Kongresse & Tagungen 58 der Schuldner auf den Fortbestand bestimmter Dauerschuldverhältnisse, wie insbesondere Miet-, Pacht- oder Dienstverträge, zwingend angewiesen. Daraufhin merkte Brenner an, dass das Sonderkündigungsrecht des § 109 InsO eine Möglichkeit für den Schuldner sei, gemeinsam mit dem Verwalter unliebsame Dauerschuldverhältnisse loszuwerden. Dr. Andreas Schmidt, Insolvenzrichter am Amtsgericht Hamburg, vertrat die Ansicht, dass nach Erklärung des Nichteintritts gem. § 103 InsO durch den Verwalter das Dauerschuldverhältnis »endgültig« gekündigt sei. Dieser Aussage schloss sich Möhring nicht an und führte aus, dass nach ihrer Meinung die Rechtsprechung des BGH so zu verstehen sei, dass Vertragsverhältnisse nach Freigabe der selbstständigen Tätigkeit wieder aufleben, d. h., eine Entlastung des Schuldners nach der Freigabe nicht mehr gegeben sei. Abführungsbetrag wird fiktiv bemessen Wenn der entsprechende pfändbare Anteil durch die selbstständige Tätigkeit des Schuldners nicht erwirtschaftet wird, dann müsse sich der Schuldner einen adäquaten Arbeitsplatz suchen, so Möhring. Problematisch bei der Berechnung sei jedoch auch der jeweilige Maßstab für den pfändbaren Anteil. Wenn man sich bei der Bestimmung des Abführungsbetrags an dem realen Gewinn, den der selbstständige Schuldner während der Dauer des eröffneten Verfahrens erzielt, orientiere, seien dem Schuldner u. U. notwendige Investitionen verwehrt. Demgegenüber sei zu befürchten, dass der selbstständige Schuldner während des Verfahrens nicht motiviert ist, hohe Gewinne zu erzielen, oder diese sogar so beeinflusst, dass Abführungsbeträge für die Haftungsmasse nicht anfallen. Gelöst werde das Problem damit, dass sich die Bemessung des Abführungsbetrags nicht an den realen Gewinnen orientiert, sondern an dem Ertrag, den der Schuldner fiktiv aufgrund seiner Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt als abhängig Beschäftigter zu erzielen in der Lage ist. Der fiktive Verdienst stellt die Bemessungsgrundlage dar, was bedeutet, dass hieraus der nach den §§ 850 ff. ZPO pfändbare Betrag zu ermitteln ist. Dem Schuldner sollte in diesem Zusammenhang klargemacht werden, dass er Gefahr läuft, das mit dem Insolvenzverfahren angestrebte Ziel zu verfehlen, wenn er seiner Zahlungsobliegenheit nicht nachkommt. INDat Report 08_2015 Nach einer Pause stimmten die Teilnehmer über zwei ausgearbeitete Thesen ab: 1. Bei selbstständig tätigen Schuldnern fehlt ein verbindliches Verfahren zur Festsetzung der Höhe des abzuführenden Betrags. Der Gesetzgeber wird aufgefordert, ein Modell nach folgenden Kriterien für das eröffnete Verfahren und die Wohlverhaltensperiode zu entwickeln: In Anlehnung an das bewährte Verfahren des § 309 InsO kann der Insolvenzverwalter dem Gericht einen Vorschlag über die Höhe des abzuführenden Betrags machen. Widersprechen die Beteiligten innerhalb einer Frist nicht, ist der Betrag bindend festgestellt. Anderenfalls entscheidet das Insolvenzgericht abschließend (einstimmig angenommen bei einer Enthaltung). 2. Der DPIT spricht sich dafür aus, die Tätigkeit der Schuldnerberatung auch zur Unterstützung Selbstständiger [(vor) und] im Insolvenzverfahren stärker finanziell durch die Träger der Schuldnerberaterfinanzierung zu unterstützen (mit großer Mehrheit bei zwei Gegenstimmen und elf Enthaltungen angenommen). Sodann folgte die Vorstellung der Ergebnisse der StephanKommission zum Formular für den außergerichtlichen Einigungsversuch: Rita Hornung von der Marianne-von-Weizsäcker-Stiftung und Kirsten Pedd von EOS-Solutions stellten den Entwurf eines einheitlichen Formulars (www.dilab.de/fachthemen/stephan) vor, der zur Stärkung und Optimierung der außergerichtlichen Einigung führen soll. So soll bereits eine geschwärzte Lohnbescheinigung mitgeschickt werden, damit die Schuldner das Vergleichsangebot realistisch einschätzen können. RiAG Ulrich Schmerbach (re.) Im Anschluss an die Mittagspause diskutierten die Teilnehmer über die aktuellen Probleme in der Praxis und stellten Konzepte für zukünftige Veränderungen vor. Zunächst ging es um die Anforderungen an die Schuldnerberatungsstellen, die u. a. die Schuldner dabei unterstützen sollen, deren Schulden zu reduzieren und deren Existenz zu sichern. Cornelia Zorn (Präsidium LAG M-V und BAG-SB) merkte hierzu an, dass es sowohl an Personal als auch an Geldmitteln fehle, um Schuldnerberatungsstellen bedarfsgerecht auszubauen. Nur dadurch könnten die Qualität und der Erfolg der Schuldnerberatung sichergestellt werden. Im Mittelpunkt stünden die Unterstützung und Begleitung des Schuldners sowie – nach Möglichkeit – die Realisierung eines fairen Interessenausgleichs zwischen Schuldner und Gläubiger. Analog der Regelung im § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO müsse die Hilfe in Form persönlicher Beratung stattfinden. Persönliche Hilfe könne nur durch Face-to-Face-Beratung gewährleistet werden, ergänzte RiAG Ulrich Schmerbach. Es könne nicht Aufgabe der Insolvenzgerichte sein, Anträge und Beratung zu überprüfen, so RiAG Dr. Andreas Schmidt. Bei Fehlern im oder Zweifeln am In- »Anfechtungsflut« im Verbraucherinsolvenzverfahren Als weiteres Thema diskutierten die Teilnehmer über die Anfechtungsbefugnis des Insolvenzverwalters in Verbraucherinsolvenzverfahren. Es könne eine regelrechte »Anfechtungsflut« festgestellt werden, konstatierte Jäger. Nach seiner Einschätzung werde seitens der Verwalter dennoch sehr verantwortungsvoll mit der Prüfung von Anfechtungsansprüchen umgegangen. Hierzu teilte Löffelholz mit, dass sich aus seiner Sicht heraus neue Geschäftsmodelle entwickelt hätten. Anfechtungen würden nicht bis zum Ende durchgestritten, sondern die Ansprüche würden bereits im Vorwege überzogen dargestellt, um auf einen außergerichtlichen Vergleich zu drängen. So umfasste ein Anfechtungsschreiben über 1800 Seiten, welches er erhalten habe. Ergänzend hierzu berichtete Wegener, dass es bei Ratenzahlungen oftmals problematisch sei, Anfechtungen zu prüfen, da viele Schuldner keine Unterlagen mehr hätten und der Kosten-Nutzen-Aufwand einer umfassenden Überprüfung entgegenstünde. Kompliziert sei insbesondere die Darlegung der Gläubigerbenachteiligung, wenn die Zahlungen von einem Pfändungsschutzkonto erfolgten. Abschließend wies RiAG Dr. Schmidt auf die Problematik hin, dass Anfechtungen von geringen Beträgen oftmals nicht durchgesetzt würden, da die ersten 1500 Euro des Erlöses lediglich der Staatskasse zugute kämen. In diesen Fällen sehe er es als Aufgabe des Insolvenzgerichts an zu prüfen, ob Anfechtungsansprüche entsprechend verfolgt und durchgesetzt wurden. 59 Sind drei Planverfahren wirklich notwendig? Als weiteren Diskussionspunkt stellte Ahrens die Notwendigkeit von drei unterschiedlichen Planverfahren im Insolvenzverfahren zur Debatte. Hier gebe es das vorbereitende außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren, das Schuldenbereinigungsverfahren im gerichtlichen Insolvenzverfahren und das Insolvenzplanverfahren. Zorn nahm Bezug auf das zuvor vorgestellte Musterformular, welches im Rahmen der Erarbeitung von einheitlichen Formularen von der Stephan-Kommission erstellt wurde, und sprach sich dafür aus, dass der außergerichtliche Schuldenbereinigungsplan unbedingt gestärkt werden müsse. An den »außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch« sowie dessen Nachweis knüpfe das Gesetz strenge Anforderungen (§ 305 I Nr. 1 InsO). Der Schuldner müsse daher ernsthaft versuchen, mit allen Gläubigern eine außergerichtliche Einigung über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans herzustellen. Der Einigungsversuch sei durch eine geeignete Stelle im Sinne der Insolvenzordnung zu bescheinigen. Dem stimmte Jäger nur teilweise zu. Er sieht auch die Beratung, die im Rahmen des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens damit verbunden ist, als absolut sinnvoll und notwendig an, da bei einer guten Beratung bereits die Weichen für ein erfolgreiches Insolvenzverfahren gestellt würden. Er betrachte das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren in seiner derzeitigen Ausgestaltung jedoch als rein fakultativ, da seiner Erfahrung nach 95 % aller Nullpläne abgelehnt würden. Derzeit sei es daher oftmals ein notwendiges Übel, das aber von keinem ernsthaften Einigungswillen getragen sei. Weiterhin berichtete Jäger, wie die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens in der Praxis ankommt. Er hält die Verkürzung des Verfahrens auf drei Jahre bei Erfüllung einer Forderungsquote von 35 % für eine angemessene Regelung. Dieses entspricht etwa einer Quote von 66 % in außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren und komme daher in der Praxis kaum vor. Eine Verkürzung auf fünf Jahre betrachte er sehr kritisch. Hier sehe er keinen Vorteil für die Gläubiger oder für eine Motivation der Schuldner, zugunsten der Insolvenzmasse im Rahmen derer Möglichkeiten ein so hohes Einkommen zu erwirtschaften, dass nach Deckung der Verfahrenskosten auch eine quotale Befriedigung der Gläubiger möglich ist. Vielmehr befürchte er, dass Schuldner die Regelung nutzen werden, um nach fünf Jahren, ohne bisher für die Insolvenzmasse gewirtschaftet haben, irgendeinen Freund oder Verwandten finden, der die Verfahrenskosten zahlt. Seiner Meinung nach würden zumindest für diese Regelung falsche Anreize gesetzt. « INDat Report 08_2015 solvenzantrag sollte dem Schuldner allerdings die Möglichkeit zur Nachbesserung gegeben werden. Zudem sollte es Aufgabe der Aufsichtsbehörde sein, Schuldnerberatungsstellen und Inkassounternehmen auf deren Seriosität zu überprüfen. Die Teilnehmer waren sich darüber einig, dass Fehler im Eröffnungsantrag zu Beginn des Verfahrens aufzuklären sind. Fehler passierten vielen Schuldnern, die ihren Insolvenzantrag in Eigenregie oder ohne qualifizierte Unterstützung durchführen. Wenn lediglich irgendwelche selbst ausgefüllten Formulare für den Antrag verwendet würden, die dann von irgendeiner Beratungsstelle ohne Beratung und Prüfung »gestempelt« werden, werde das gesamte System unterlaufen, so Heyer. Schuldner suchten sich die Beratungsstelle nicht wissentlich »falsch« aus, merkte ein Schuldnerberater an. Im Interesse des Schuldners wäre eine Überprüfung und Zurückweisung des Antrags am Anfang des Verfahrens besser, als wenn dieser einen anfangs gemachten Fehler erst nach Abschluss des Verfahrens »ausbaden« müsse. Eine Vorprüfung der Versagungsgründe (§§ 290 ff. InsO) biete dem Schuldner Rechtssicherheit, so RA Burghard Wegener. Lars Löffelholz von der Commerzbank AG warf ein, dass eine umfangreiche Vorprüfung des Insolvenzantrags gar nicht möglich sei, da nur einzelne Punkte im Vorfeld überprüfbar seien. Generell könne gesagt werden, so die Teilnehmer, dass Versagungsanträge der Insolvenzgläubiger bisher relativ selten vorkommen. Nicht in jedem Fall wollten die Insolvenzgläubiger einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung stellen, so Ulrich Jäger von Seghorn Inkasso, da die Konsequenzen der vorzeitigen Beendigung des Verfahrens weitreichend seien, denn dann endeten die Beschränkungen der Rechte der Insolvenzgläubiger. Alle Insolvenzgläubiger könnten ihre bisher nicht befriedigten Forderungen wieder gegen den Schuldner geltend machen.
© Copyright 2024 ExpyDoc