Sprengung Voitsberg: Alle Infos auf einem Blick

HINTERGRUNDGESPRÄCH | SPRENGUNG VOITSBERG
Alle Infos auf einem Blick
Voitsberg, 3. November 2015 – Die Sprengung der noch verbliebenen drei
Bauwerksteile des Kraftwerks Voitsberg steht kurz bevor: Am 8. November ist es soweit. Nach dem Verkauf und der Demontage der Kraftwerkskomponenten bis Juni
2015 und dem Abbruch des 180 m hohen Kamins im August 2015 werden nun das
Kesselhaus und der angrenzende Mittelbau sowie der Stiegenhausturm kontrolliert
zum Einsturz gebracht.
In nur zehn Sekunden wird der Sprengvorgang abgeschlossen sein. Das fast 100 m hoch
aufragende Kesselhausgerüst wird flach zur Seite gelegt – nur ein 12m hoher Teil des Objektes und ein 25m hoher Stumpf des Mittelbaus werden stehenbleiben. Der Rest des Kraftwerks ist dann Geschichte.
Die Geschichte geht weit zurück…
Das Dampfkraftwerk Voitsberg wurde in den Jahren 1938 bis 1941 von der STEWEAG errichtet und mit Braunkohle aus der Umgebung befeuert. 1948 wurde Block 1 mit einer
elektrischen Leistung von 40 MW aufgrund des 2. Verstaatlichungsgesetzes in das Eigentum
der Österreichischen Draukraftwerke (ÖDK) übernommen, zwischen 1950 und 1952 wurde
er um 20 MW Leistung erweitert. In den Jahren 1954 bis 1965 wurde schließlich Block 2 mit
einer Leistung von 65 MW errichtet. Block 1 war bis 1983, Block 2 bis 1985 in Betrieb. Block
3 mit einer elektr. Leistung von 330 MW wurde ab 1980 errichtet und ging 1983 in Betrieb.
Im Jahre 2006 erfolgte aus Kostengründen die Stilllegung des Kraftwerks. Die A-Tec des
Industriellen Mirko Kovats hat es 2008 erworben, nach deren Konkurs hat das Kraftwerk
2010 der zuständige Masseverwalter übernommen.
2012: Die ARGE PORR-Scholz steigt ein – Startschuss für den Rückbau
Ende 2012 hat die PORR Umwelttechnik den gesamten Kraftwerksstandort Voitsberg inklusive Liegenschaften erworben. Auf Grund ihrer langjährigen Erfahrung bei Eigenprojekten
am Altlastensektor ist die PORR Umwelttechnik das einzige Unternehmen in Österreich, das
ein derartiges Projekt von der Entwicklung über die Aufbereitung bis hin zur Grundstücksverwertung alleine abzuwickeln kann. Für die Schrottverwertung holte das Unternehmen mit
Scholz Rohstoffverwertung Austria einen adäquaten Partner an Bord und gründete die ARGE KW Voitsberg. Gemeinsam wickelt die ARGE den Rückbau und die Verwertung ab.
Der Standort stellte eine besondere Herausforderung dar und machte ein ausgeklügeltes
Rückbaukonzept notwendig. Erklärtes Ziel der PORR war es von Anfang an, die für Voitsberg wichtige Liegenschaft in einem ressourcenschonenden und umweltgerechten Projekt in
den Wirtschaftskreislauf zurückzuführen. Dementsprechend lag das Hauptaugenmerk bei
Abbruch auf einer sortenreinen Trennung der Baustoffe. Durch den kontrollierten Abbau im
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Vorfeld und im Nachgang der Sprengung ist es möglich, mehr als 90% der Materialien zu
recyceln bzw. wiederzuverwerten. Rund eineinhalb Jahre Planung sind dem Abbruch vorangegangen.
Im Rahmen der fachmännischen Arbeiten am 250.000m² großen Areal hat die ARGE
insgesamt 35 massive Kraftwerksgebäude, davon vier mit jeweils mehr als 100m Höhe,
rückgebaut – darunter auch den 180m hohen Kamin. Dabei wurden 200.000t Stahlbeton
abgebrochen und 40.000t Stahlschrott gewonnen. Bei diesen komplexen Demontagearbeiten kam der derzeit größte Abbruchbagger in Österreich – ein Hitachi 870 mit Longfrontausrüstung und einer Reichweite von 52m – zum Einsatz.
Die Hauptkomponenten von Block 3 hat ein Investor gekauft, der diese vor Ort abbaute und
einer Relocation im Ausland zuführte.
Bei den gesamten Rückbau-Aktivitäten setzte die ARGE KW Voitsberg, soweit möglich, auf
lokale Partner. Rund 75% der beauftragten Leistungen wurden in Voitsberg und Umgebung
bzw. in der Steiermark vergeben.
666kg Sprengstoff vs. Minimierung der Auswirkungen
Die Sprengung wird von erfahrenen Fachleuten der Lehrgruppe Sprengdienst des Österreichischen Bundesheeres (ÖBH) durchgeführt – immerhin ist es die größte Bauwerkssprengung des ÖBHs in der Zweiten Republik. Sprengbefugte aus allen Teilen des Bundesheeres
unter der Leitung eines Sprengexperten vom Militärkommando Steiermark haben die Vorbereitungen begleitet, zeitweise waren bis zu hundert Bundesheersoldaten im Einsatz.
Insgesamt werden ca. 1.760 Einzelsprengladungen eingesetzt, davon 1.060 Ladungen in
Stahlbeton und 700 sogenannte Schneidladungen im Stahlbau. Die verwendete Sprengstoffmenge beträgt 666kg. Die Ladungen werden nicht gleichzeitig zur Detonation gebracht,
sondern durch 1.320 Zünder im Tausendstelsekundenbereich exakt getaktet und mittels einer elektronischen Zündanlage gesteuert. Der Sprengvorgang wird sich auf einen Zeitraum
von knapp über zehn Sekunden erstrecken. Dadurch werden die Auswirkungen auf die Umgebung minimiert, die Staub- und Lärmentwicklung ist zeitlich stark beschränkt. Zahlreiche
Fallbette sorgen für eine weitere Reduzierung der Auswirkungen der 15.400t fallenden Massen. Darüber hinaus bricht eine entlang der Eisenbahnlinie bis zur ÖDK-Siedlung errichtete
Künette die Erschütterungswelle. Zudem werden 15 Schwimmbecken aufgestellt: Die insgesamt 84.000l Wasser werden unter Zuhilfenahme der Sprengtechnik auf ca. 50m Höhe gebracht, um mit dem entstehenden Wasserschleier die Staubentwicklung zu bekämpfen.
Diese Maßnahmen minimieren ganz offensichtlich die Umweltbelastung und sorgen zudem
für eine enorme Entlastung der lokalen Bevölkerung. Einer der wesentlichen Vorteile liegt vor
allem in der großen Zeitersparnis: Dank der kontrollierten Sprengung kann die Dauer des
gesamten Rückbauprozesses bedeutend verkürzt werden.
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Nach der Sprengung wird die liegende Stahlkonstruktion noch rund 50m hoch sein. Das Stiegenhaus im Mittelbau wird mit rund 25m stehen bleiben.
Sicherheit als oberstes Gebot
Zur sicheren Durchführung der Sprengung kommen die neuesten Methoden und die modernste Spreng- und Zündtechnik zur Anwendung – eine bewusste Entscheidung der PORR,
obwohl kostengünstigere Alternativen zulässig gewesen wären.
Zur Vorbereitung und Durchführung wurden zudem drei Sachverständige zugezogen: ein
Statiker zur Erstellung eines statischen Abbruchkonzepts, ein Sachverständiger für Sprengerschütterungen und ein weiterer Sachverständiger für das gesamte Sprengwesen, der den
festgelegten Gefahrenbereich überprüfte.
Am Tag der Sprengung selbst wird ein Absperrbereich von mindestens 300 m rund um die
Sprengobjekte eingerichtet, dieser gilt ab 13.00 Uhr bis mind. eine halbe Stunde nach der
Sprengung. In diesem Zeitraum gilt im Absperrbereich ein Aufenthaltsverbot, die Straßen
sowie die Bahntrasse der GKB sind gesperrt. Im Absperrbereich wohnhafte Personen müssen während dieser Zeit ihre Häuser verlassen. In einer Informationsveranstaltung und in
persönlichen Gesprächen wurden die betroffenen Bewohner davon in Kenntnis gesetzt. Die
Polizei und Soldaten des Bundesheeres überwachen den Absperrbereich, bei den Absperrungsmaßnahmen werden auch die freiwilligen Feuerwehren der Gemeinden Voitsberg,
Bärnbach und Rosental mithelfen.
Die nächsten Schritte
Im Anschluss an die Sprengung erfolgen die Demontage und Zerkleinerung der Stahlträger
des Kesselhauses sowie die restlichen Abbrucharbeiten. Danach beginnen die Rekultivierungsarbeiten des Geländes, sodass es in weiterer Folge an die Gemeinde übergeben werden kann. Auf dem alten Kraftwerksstandort sollen Flächen für Gewerbe und Industrie geschaffen werden.
Und so schließt sich der Kreis
Das Kraftwerk Voitsberg ist das derzeit größte industrielle Rückbauprojekt in Österreich. Als
es errichtet wurde, war es eines der größten Bauprojekte – und in beiden Fällen war bzw. ist
die PORR für die Realisierung verantwortlich.
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Zahlen und Fakten
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Leistungssumme: ca. EUR 25 Mio.
Timeline:
o Offizieller Projektbeginn: 25. April 2013
o Voraussichtliches Projektende: 30. Juni 2016
o Projektdauer: ca. 38 Monate
Fakten zu den wichtigsten Einzelbestandteilen:
o Kamin: Höhe 180m | im August 2015 zu Fall gebracht
o Kühlturm: Höhe 100m | Abbruch durch Seilzugmethode
o Stiegenhausturm: massiver Stahlbetonbau, Höhe 103 m, Masse 5.150t | Abbruch
steht bevor
o Kesselhaus: schwerer Stahlbau, Höhe 95m, Masse ca. 4.000t | Abbruch steht bevor
o Mittelbau: massiver Stahlbetonbau, Höhe 52m, Masse ca. 6.800 t | Abbruch steht
bevor
Grundstücksfläche: ca. 250.000 m²
Verwertetes Material: ca. 200.000t Stahlbeton, ca. 40.000t Altmetalle
Besonderheiten:
o Schadstoffsanierung (Asbest)
o Abbruch im Grundwasserschutzgebiet
o Vermeidung von Staub- und Lärmemissionen für Anrainer durch Einsatz von
Schneekanonen und Berieselungseinrichtungen sowie Einsatz von lärmarmen
abgasgenormten Baumaschinen
o Staubbekämpfung durch Wasserschleier bei der Sprengung
o Druckwellenminimierung durch Fallbetten und Künetten im unmittelbaren Sprengumfeld
Für Rückfragen kontaktieren Sie bitte:
Sandra C. Bauer
Leitung Konzernkommunikation | Konzernsprecherin
PORR AG
T. +43 (0)50 626-3338
M. +43 (0)664 626-3338
[email protected]
Oberst Christian Fiedler
Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport
Militärkommando Steiermark
M. +43 (0)664 622-3304
[email protected]
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