Working Capital Management

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Working Capital Management
15. März 2016
Wien, Café Landtmann
Vorstellung: Jürgen Wiesinger
• Ausbildung
• FH Wien, Studiengang Finanz-, Rechnungs- und Steuerwesen
Spezialisierung: Internationale Finanzmärkte
• Frankfurt School of Finance and Management
Certified Corporate Treasurer
• Berufsstationen
•
•
•
•
•
•
Selbstständiger Unternehmensberater und NB Lektor (FHOÖ, Steyr)
Leiter Treasury (Pöttinger, Grieskirchen)
Treasurer (Engel, Schwertberg)
Manager Controlling und Treasury (Quanmax, Linz)
Assistant Manager IFTM (KPMG Advisory, Linz)
Vertriebscontrolling (ABV, Wien)
2
Überblick
•
•
•
•
Einführung: Cash Conversion Cycle
Sichtweisen aufs Working Capital
Ermittlung der Kapitalbindungsdauer
Working Capital Management ieS
3
Cash Conversion Cycle
Geld  Ware  (mehr) Geld – Kreislauf
Geld 
 (mehr) Geld
Verkauf
Einkauf
Leistungserstellung
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Der finanzwirtschaftliche Kreislauf
• Unternehmen treten in Vorleistung bis ihr in Vorräten und
Forderungen gebundenes Kapital wieder in liquide Mittel
transformiert wird
• Finanzierungsbedarf ergibt sich aus der Notwendigkeit der
zeitlichen Überbrückung zwischen den Zahlungsflüssen
des Einkaufs bzw. des Verkaufs
• Wesentliche Faktoren:
•
•
•
•
Branche
Geschäftsmodell
Unternehmensgröße
Regional-typische Denkweise/Haltung des Managements
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Frage ans Auditorium
Ist es gut über ein relativ hohes Working Capital zu verfügen?
NEIN
JA
 zwei Sichtweisen bzw. Definitionssache
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Working Capital als Liquiditätsreserve
JA
= Umlaufvermögen – Kurzfristige Verbindlichkeiten
• Gradmesser für die kurzfristige Zahlungsfähigkeit
• Working Capital > 0 bedeutet, dass die kurzfristig fälligen
Verbindlichkeiten durch das Umlaufvermögen gedeckt sind
• Je höher das Working Capital, desto wahrscheinlicher kann
ein Unternehmen seinen kurzfristigen
Zahlungsverpflichtungen nachkommen
AKTIVA
PASSIVA
Anlagevermögen
Eigenkapital
Umlaufvermögen
Langfristige Verbindlichkeiten
Vorräte
Kurzfristige Verbindlichkeiten
Forderungen LuL
Verbindlichkeiten LuL
Sonst. Forderungen u. Vermögen
Kurzfristige Rückstellungen
Wertpapiere und Anteile
Kurzfristige Bankverbindlichkeiten
Liquide Mittel
Sonst. Verbindlichkeiten
Aktive Rechnungsabgrenzung
Passive Rechnungsabgrenzung
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Working Capital als gebundenes Kapital
Für die nachfolgende Betrachtung
stellen wir die Eigenschaft des
Working Capitals als
Liquiditätsreserve hintan.
NEIN
= Vorräte + Forderungen LuL - Verbindlichkeiten LuL
• Gradmesser für das nicht-zinsbringende Kapital
• Entzieht verfügbare Liquidität und geht zu Lasten der
Kapitalrendite eines Unternehmens
• Das Working Capital sollte insofern möglichst gering, wenn
nicht negativ, gehalten werden
AKTIVA
PASSIVA
Anlagevermögen
Eigenkapital
Umlaufvermögen
Langfristige Verbindlichkeiten
Vorräte
Kurzfristige Verbindlichkeiten
Forderungen LuL
Verbindlichkeiten LuL
Sonst. Forderungen u. Vermögen
Kurzfristige Rückstellungen
Wertpapiere und Anteile
Kurzfristige Bankverbindlichkeiten
Liquide Mittel
Sonst. Verbindlichkeiten
Aktive Rechnungsabgrenzung
Passive Rechnungsabgrenzung
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Kapitalbindungsdauer
Empfang der Lieferung
und Erhalt der
Eingangsrechnung
Zahlungsausgang
Auslieferung und
Fakturierung
Zahlungseingang
Tage
Verbindlichkeitsdauer
Lagerungsdauer
Forderungsdauer
Kapitalbindungsdauer
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Ableitung der vier klassischen Working Capital
Kennzahlen aus der Bilanz
•
Lagerungsdauer (Vorratsreichweite)
DIH (Days Inventory Held), DIO (Days Inventory
Outstanding/On-hand), DSI (Days Sales in Inventory),
DII (Days in Inventory)
•
Forderungsdauer (Debitorenreichweite)
DSO (Days Sales Outstanding)
•
Verbindlichkeitsdauer (Kreditorenreichweite)
DPO (Days Payables/Purchase Outstanding)
•
Kapitalbindungsdauer
C2C-Cycle (Cash-to-Cash-Cycle), CCC (Cash
Conversion Cycle), NWC Days (Net Working Capital
Days), DWC (Days of Working Capital)
=
Vorräte
× 365
Umsatzkosten
ForderungenLuL
× 365
Umsatz
VerbindlichkeitenLuL
=
× 365
Umsatzkosten
=
= DIH + DSO- DPO
Anmerkung:
Umsatzkosten = Materialaufwand (einschl. Fremdleistungen); in der Literatur sind unterschiedliche Berechnungsmethoden zu finden
zB Verwendung des Umsatzes anstelle der Umsatzkosten bei der Ermittlung von DIH oder DPO (eventuell vorteilhaft im Rahmen der
Erfolgsrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren)
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Beispiel-Berechnungen
Industrie
Dienstleistung
DIH=
Vorräte x 365
Umsatzkosten
15,7 x 365
= 29,8
192,5
2,6 x 365
= 17,0
55,7
DSO=
Forderungen x 365
Umsatz
17,4 x 365
= 29,6
214,3
11,2 x 365
= 39,0
104,8
DPO=
Verbindlichkeiten x 365
Umsatzkosten
18,0 x 365
= 34,1
192,5
8,5 x 365
= 55,7
55,7
C2C=
DIH+DSO-DPO
30+30-34 = 25,3
17+39-56 =
0,3
Quellen: Geschäftsberichte von Toyota bzw. IBM, Angaben in Mrd. USD)
Dienstleistungsunternehmen haben oftmals den Vorteil relativ
geringer Lager- und/oder Forderungsbestände;
vs. Vorzeige-Geschäftsmodell von DELL (C2C<0)
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Beispiel
Entwicklung des C2C-Cycle von Walmart
Quelle: Annual Reports Walmart 1971-2011
12
Branchen-Unterschiede in der Kapitalbindungsdauer
Hohe Schwankungsbreite zwischen den jeweiligen Top- und
Bottom-Performern  Wettbewerbs-Vor- bzw. Nachteil!
Quelle: PWC / 2015 Annual Global Working Capital Survey
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Bilanzanalyse ist eine Stichtagsbetrachtung
•
•
•
•
Wahlrechte in der Rechnungslegung (Window Dressing)
Reporting-Intervall von einem Jahr ist ungenügend
Aussage auf aggregierter Ebene eventuell unzureichend
Unterjährige Schwankungen bleiben auch bei der
Durchschnittsermittlung mehrerer Jahre unberücksichtigt
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Potenzialerhebung durch Datenbankauswertung
• Kennzahlenermittlung durch Zeitraumfeststellung
(Big Data vs. MS Excel)
• DPO - Zeitraum zwischen Empfang der Lieferung
(Rechnungseingangsdatum) und Zahlungsausgangsdatum
• DSO - Zeitraum zwischen Auslieferungsdatum
(Rechnungserstellungsdatum) und Zahlungseingangsdatum
• DIH (bei Handelsunternehmen) - Zeitraum zwischen Empfang der
Lieferung und Auslieferungsdatum
• Detaillierte Analyse bis auf die Kundenebene
(bzw. Einzelgeschäftsfall)
• Wegweisender bei der Maßnahmenableitung zur
Freisetzung liquider Mittel
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Zeitfaktor: Drei Stoßrichtungen zur Optimierung
Verbindlichkeitsdauer
verlängeren
Lagerungsdauer
verkürzen
Forderungsdauer
verkürzen
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Working Capital Management ist ein
Prozess-Thema und Teil der Unternehmensstrategie
Purchase-to-Pay
 DPO
Abgestimmte Kooperation
zwischen Abteilungen bzw.
mit Dritten ...
• Einkauf
• Lager
• Produktion
• Vertrieb
• Finanzen
Forecast-to-Fulfill
 DIH
Order-to-Cash
 DSO
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... im Spannungsfeld
konkurrierender Ziele
• Rentabilität
• Liquiditätssicherung
• Unabhängigkeit
• Risikominimierung
Forecast-to-Fulfill
Vorschau bis Auslieferung
• Absatzmengen möglichst exakt abschätzen
(umso besser lassen sich davon abhängige Prozesse
zB im Einkauf und in der Produktion eintakten)
• Produktionsfaktoren möglichst effizient einsetzen,
um Durchlaufzeiten kurz zu gestalten
• Personalverfügbarkeit (Überstunden)
• Rohstoffeinsatz
• Maschinen-Kapazitäten (Wartungs- und Umrüstzeiten)
• Reklamationen von Kunden möglichst vermeiden
(Spezifikationen bei der Herstellung präzise einhalten)
• Ware möglichst unverzüglich ausliefern
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Purchase-to-Pay
Bestellung bis Zahlungsausgang
• Bedarf möglichst abgestimmt erheben
(Vorräte, Produktionsplanung, Sicherheitsbestände)
• Eigenproduktion vs. Oursourcing
• Material in möglichst geeigneten Mengen und Intervallen
bestellen bzw. Materiallager möglichst schlank halten
• Lieferantenwahl
• Konditionen: Preis (Rabatt) vs. Menge vs. Zahlungsziel
• Weitere Vertragsbedingungen, Liefertreue, Unabhängigkeit etc.
• Kosten der Kreditorenbearbeitung und Zahlungsabwicklung
möglichst begrenzen
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Order-to-Cash
Auftragsannahme bis Zahlungseingang
• Bonität und Zahlungsmoral von Kunden möglichst prüfen
und in der Auftragsannahme (Konditionen) berücksichtigen
• Reklamationen von Kunden möglichst vermeiden
(unterschiedliche Auffassungen über die zu erbringenden
Leistungen zwischen Kunden und Vertrieb abwenden)
• Erbrachte Leistungen möglichst zeitnah und
vereinbarungsgemäß fakturieren
• Zahlungen ehest möglichst ausziffern bzw. verbuchen
• Mahnwesen möglichst in regelmäßiger Abstimmung
zwischen Vertrieb und Finanzen gestalten
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Automatisierung
zB des Rechnungslaufs durch Software-Lösungen à la
dazu später mehr ...
21
Kritische Erfolgsfaktoren
• Es braucht Ambition, erforderliche organisatorische
Maßnahmen zur Verbesserung von Prozessen umzusetzen
(Qualitätsmanagement)
• Es braucht eine durchgängige, hochwertige bestenfalls
integrierte Planung
• Es braucht eine zielführende, abteilungsübergreifende
Abstimmung und Zusammenarbeit
• Es braucht eine übergeordnete Instanz, die gewillt ist,
ausgewogene Entscheidungen im Sinne der
Unternehmensstrategie zu treffen
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Greifbare und weniger greifbare Früchte
Beispiele
• Überpünktliche Zahlungen ersparen
Zahlungslauf einmal in der Woche (nicht freitags)
• Elektronische Rechnungen legen
• Telefonische Zahlungserinnerung (proaktiv)
• Zahlungseingangskontrolle verschärfen
• Mahnwesen straffen
• Konsequente Forderungsbetreibung
• Zahlungskonditionen verhandeln
• Factoring
• Reporting um Working Capital Informationen erweitern
• Standardisierung und Sicherstellung des Einkaufsprozesses (100 %)
• Formulierung von Richtlinien für die Einräumung von
Sonderzahlungskonditionen von Kunden
• Vertriebsprovision an Kundenzahlung orientieren
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Wer ist federführend beim Working Capital
Management?
Leiter Finanzen
Externes Rechnungswesen
(Accounting)
•
•
•
•
•
•
Laufende Buchführung
Zahlungsverkehr und
Mahnwesen
Verbindung zu
Wirtschaftsprüfern und
Steuerberatern
Erstellung des
Jahresabschlusses
Konzernbilanzierung
Abwicklung von Prüfungen
durch Finanzbehörden,
Sozialversicherungsträger
etc.
Internes Rechnungswesen
(Controlling)
•
•
•
•
•
•
Gestaltung und Koordination
des Zielfindungs- und
Planungsprozesses
(Budgetierung)
Berichtswesen und
Forecasting, (Soll-IstVergleiche, Abweichungsanalysen etc.)
Kosten- und
Leistungsrechnung
Beurteilung von Investitionen
Interne
betriebswirtschaftliche
Beratung
Mitwirkung beim
Risikomanagement
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Finanzmanagement
(Treasury)
•
•
•
•
•
•
•
Liquiditätsplanung und Cash
Management (Disposition)
Working Capital
Management
Finanzrisikomanagement
(Zinsen, Währungen,
Rohstoffe)
Bankgeschäftssteuerung
(Bankenpolitik, Sicherheiten)
Kapitalbeschaffung und
Konzernfinanzierung
Veranlagungen
Treasury-Reporting
Querbezug zur Liquiditätsplanung
Es gibt vier Möglichkeiten, die aus der Umsatztätigkeit
erwirtschafteten Mittel zu verwenden
Beispiel: Liquiditätsverlauf in der Wintersportindustrie
Dividenden
SchuldenTilgung
Cashflow aus
dem Ergebnis
Δ Working
Capital
Max.
Investitionen
Bei einer geplanten Umsatzerhöhung ist auf den entsprechend gesteigerten
Betriebsmittelbedarf zu achten (Anstieg des Working Capitals) vice versa
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Zusammenfassung
Working Capital Management
• Erreicht eine Verringerung der Kapitalbindung und
ermöglicht damit eine anderweitige Mittelverwendung
• Verbessert nicht nur die Finanzlage, sondern wirkt positiv
auf die Rentabilität und ist somit ein Baustein der
wertorientierten Unternehmensführung
• Reduktion von Prozesskosten
(wahrscheinlich gepaart mit einer Qualitätsverbesserung)
• Herabsetzung des betriebsnotwendigen Kapitals
Schuldentilgung Bilanzverkürzung Höhere Eigenkapitalquote
Verbesserung des Banken-Ratings Günstigere
Finanzierungskosten
• Ist eine Daueraufgabe, die auf Strategie, Richtlinien und
Disziplin beruht
26
Danke für Ihr Interesse!
Mag. (FH) Jürgen Wiesinger | Unternehmensberater
Au bei Brandstatt 29, 4070 Eferding
0664 1433412
07272 75270
[email protected]
www.schatzmeister.at