Erasmussemester in Sofia (Bulgarien) Vorbereitung Die Vorbereitung für mein Auslandsemeser startete mit der Entscheidung, ein Auslandsemser machen zu wollen. Nachdem diese Entscheidung getroffen war, überlegte ich mir wo ich dieses denn verbringen wollte. Eher zufallsbedingt fiel meine Entscheidung auf die New Bulgarien University in Sofia (Bulgarien). Über diese Uni konnte ich mich zuvor zum einen auf der Seite der Hochschule als auch auf der Seite der NBU informieren. Zudem machte mich das International Office der HS mit einem bulgarischen Studenten bekannt, der für sein Auslandsemester gerade an der Hochschule war. Dieser half mir dankenswerter Weise bei der Auswahl der Kurse und sprach mit den Koordinatoren vor Ort, sodass ich bald das Learning Agreement zugesendet bekam. Ohne diese Hilfe wäre es mir leider nur bedingt möglich gewesen in Bulgarien zu studieren. Der internationale Bereich der Internetseite der NBU war zu der Zeit arg lückenhaft und auch die Kommunikation scheiterte relativ schnell (dies vor allem daran, den richtigen Ansprechpartner zu finden). Während meines Aufenthalts wurde die komplette Website der Universität jedoch völlig überarbeitet und ein Projektteam für die Verbesserung der Erasmusbetreuung gegründet. Sollten sich dennoch nicht genügend Informationen (Kurse, Ansprechpartner usw.) finden, empfehle ich, sich bei Prof. Ninel Kioseva ([email protected]) zu melden. Sie ist die BWL-Koordinatorin der Universität und hauptverantwortlich für die Kurse der Eramusstudenten. Zudem spricht sie fließend Englisch und ist sehr hilfsbereit. Finanziert habe ich mein Auslandssemester größtenteils mit dem Eramsusstipedium und Auslandsbafög. Beides habe ich im Vorfeld beantragt und soweit auch keine Probleme oder Schwierigkeiten gehabt. Für Auslandsbafög in den Balkanstaaten ist das Studierendenwerk ChemintzZwickau zuständig. Auf Anraten des bulgarischen Studenten, verzichtete ich zunächst darauf mir aus Deutschland eine Unterkunft zu suchen und wohnte in der ersten Woche in einem Hostel. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, Wohnungsangebote auf Englisch zu finden, doch sind diese meist die teuersten. Die günstigen Angebote und Schnäppchen findet man am besten vor Ort und auf Bulgarisch. Zudem ist die Erasmus-Gemeinde in Sofia riesig. Einmal Anschluss gefunden, hört man fast täglich von internationalen WG’s die jemanden neues suchen oder von Wohnung die frei werden und schnell bezogen werden können. Universität Die New Bulgarian University ist eine Privatuni in Sofia. Sie bietet bis auf Naturwissenschaften, die volle Bandbreite der akademischen Lehre an. Ihr Fokus liegt dabei auf der Kunst und der Musik. Doch auch wenn sie keine reine BWL’er Uni ist, kommt das Department Business Administration nicht zu kurz. Der normale BWL Studiengang im Bachelor gliedert sich in ein Major- und ein Minorfach. Für diese Schwerpunkte können die unterschiedlichsten Disziplinen gewählt werden, so zum Beispiel Finance, Marketing, Accounting, HR. Ausgestattet ist die Universität äußerst modern, auch im Vergleich zu deutschen Unis. Ihr Campus liegt ein wenig weiter außerhalb und ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Trotzdem empfiehlt es sich, eher nah der Innenstadt zu wohnen, da sich hier der Großteil des studentischen Lebens abspielt. Als Privatuni ist die Uni, als auch das Studentenleben, von dem Studentenviertel ausgeschlossen. D.h. die NBU unterhält keine Kooperation mit den Studentenwohnheimen im sogenannten Studenski Grad was aber nicht heißt das man auch nicht mal mit den Studenten anderes Universitäten einen Abend in Studenski verbringen kann. Aus der akademischen Perspektive war die Lehre an der NBU durchaus positiv überraschend. Zwar hielten sich Präsenzveranstaltungen in Grenzen doch wurde ich zu jeder Zeit kompetent und schnell betreut. Leider war ich in diesem Semester in der Hälfte meiner Kurse der einzige Student und hatte auch sonst nur maximal 2 Kommilitonen, was sich darin ausdrückte, dass die Lernziele meistens mit der Anfertigung von Essays erreicht wurden, die dann später mit den Dozenten diskutiert wurden. Diese Essays erleichterten mir auf der einen Seite die Planung meiner außer universitären Aktivitäten doch waren auf der anderen Seite, von ihrem Umfang und Anspruch, nicht zu unterschätzen. Als Beispiel für meine gewählten Kurse; Risk Management. Hier bestand meine Aufgabe darin, Risk Management Modelle (bspw. Monte Carlo) in Excel abzubilden und zu kalkulieren. Bulgarien/Sofia Bulgarien ist eines der jüngsten Mitglieder der EU und liegt zwischen dem Balkan und dem Schwarzen Meer im Südosten Europas. Sofia ist mit rund 1,2 Millionen Einwohnern die größte Stadt des Balkanstaats und gleichzeitig auch die Hauptstadt. Zwar ist Bulgarien Mitglied der EU jedoch merkt man schon einen strukturellen Unterschied im Vergleich zu Deutschland. Auch wenn das Land auf einem guten Weg ist sich weiterzuentwickeln, ist das Leben (vor allem außerhalb Sofias) einem Deutschem doch eher fremd. Die bulgarische Kultur ist zum einen gezeichnet durch eine mehrere hundert Jahre andauernde türkische Herrschaft und zum anderen durch ihre kommunistische Nachkriegszeit. Das heißt, dass zum Beispiel das bulgarische Essen einen sehr an die türkische Küche erinnert aber auch das man (vor allem am Anfang) manchmal denkt man wäre in Russland. Dieser kulturelle Mix gepaart mit dem Entwicklungsstand, ist die interessante Erfahrung die man meiner Meinung nach in Bulgarien machen kann. Sie ist eventuell nicht für jeden geeignet und ich habe ehrlicherweise auch ab und zu gedacht „… sowas hätte es in Deutschland nicht gegeben!“ oder „wie können die nur? …“. Erstaunlicherweise gewöhnt man sich aber sehr schnell an die Gegebenheiten vor Ort und lernt sie zu schätzen. So sucht der bulgarische Pragmatismus europaweit seinesgleichen, auch wenn das bedeutet das die Lösung für ein Problem nicht die eleganteste Weise ist. Sofia an sich präsentiert sich als sehr internationale Stadt. Man kommt auch ohne weitreichende Bulgarisch Kenntnisse durchs Leben. So sind zum Beispiel die Karten in Restaurants als auch die UBahn Stationen durchweg ins Englische übersetzt. Je weiter man sich von der Innenstadt entfernt desto weniger ist übersetzt. Jedoch sind die Bulgaren hier sehr freundlich und helfen einem immer gerne weiter. Als Tipp rate ich Ausländern zumindest das kyrillische Alphabet zu lernen. Dies hat den Vorteil, dass man viele bulgarische Wörter lesen kann, die gleich oder zumindest ähnlich zum Deutschen oder Englischen Pendant sind. Bspw. „информация“ schreibt sich transkribiert „informatsiya“ und so kann man relativ schnell erkennen, dass „информация офис“ das Information Büro (офис = Ofis) der Universität sein muss, auch wenn man kein Wort bulgarisch spricht. Zudem sollte man die Anzahl der (vor allem jungen) deutschsprechenden Bulgaren nicht unterschätzen. Dies liegt daran, dass Deutsch eine sehr beliebte zweite Fremdsprache in bulgarischen Gymnasien ist. Sehr interessant für Ausländer ist das Sofia als sehr zentral in Südosteuropa liegt. Die Flüge von Deutschland nach Sofia sind in der Regel mehr als bezahlbar. Einmal angekommen, stellt man relativ schnell fest, dass Reisziele wie z.B. Istanbul, das griechisches Mittelmeer, Belgrad usw. nur wenige Autostunden entfernt sind. Auch bietet Sofia im Winter die Möglichkeit in den Vitosha Bergen Ski zu fahren und im Sommer nach vier Stunden Autofahrt am Schwarzen Meer die Sonne zu genießen. Diesen Vorteil habe ich sehr genossen, auch dadurch, dass wir als Erasmusstudenten immer eine(n) Einheimischen unter uns hatten, der uns beispielsweise Skopje oder Istanbul fernab des Tourismus zeigen konnte. Leben In Bulgarien kann man das Leben genießen. Eindeutig. Bedingt dadurch, dass die Preise für Nordeuropäer relativ günstig sind, macht es das Leben sehr einfach. So kostet ein Bier bspw. Max 1,50 € in einer Bar. Genießt man lieber Longdrinks/Cocktails so sind auch diese mit im Schnitt 3-4€ durchaus erschwinglich. Der Alltag gestaltet sich auch relativ günstig, vor allem nachdem man das erste Kaufland gefunden und hat und der dm auch nur eine Straße weiter ist. D.h. man muss als Deutscher auf wenig bis gar nichts heimisches verzichten, wenn man nicht will. Bei der Qualität der Lebensmittel sollte man aufpassen. Handelt es sich um frisches Obst/Gemüse etc. ist es meist sehr frisch und vor Ort produziert. Greift man zu abgepacktem Fleisch/Fertiggerichten so wird man geschmacklich oft enttäuscht. Als Abhilfe empfiehlt es sich hier eher auf Markenprodukte im Supermarkt zurückzugreifen, die zwar dann ein wenig teurer sind, aber immer noch günstiger als in Deutschland. Der öffentliche Nahverkehr als auch die grundsätzliche Infrastruktur ist gut und lässt einen rund um die Uhr, relativ einfach von A nach B kommen. Ein Monatsticket für den Nahverkehr kostet als Student 10,- € und gilt für die komplette Stadt und alle Verkehrsmittel (außer Marschrutkas). Das die Pünktlichkeit/Zuverlässigkeit des Verkehrs eher nicht deutschen Verhältnissen entspricht, lernt man relativ schnell. Auch nimmt man die Hygiene in Bussen/Zügen nach einigen Wochen anders wahr als noch zu Beginn des Semesters. Selbst ein Auto zu fahren kann genauso gefährlich sein wie davon auszugehen, dass alle Autos anhalten wenn man einen Zebrastreifen überquert. Darauf folgend empfiehlt es sich immer, entgegen der landläufigen Meinung in Bulgarien, die Anschnallgurte zu nutzen, sofern sie vorhanden sind. Wer in seinem Erasmussemester auch mal feiern mag, ist in Bulgarien genau richtig. Wie bereits erwähnt ist das Feiern eine relativ günstige Angelegenheit in Sofia. Daraus folgt das einzig die Öffnungszeiten der Bars und Clubs einem feierwilligen Studenten einen Strich durch die Abendplanung machen können. Der grundsätzliche Studentenfeiertag ist Dienstags. Standesgemäß trifft man sich in Studentski Grad und lässt den Abend einfach passieren. Am Wochenende spielt sich das Nachtleben eher in der Innenstadt ab. Internationale Clubs sind z.B. Terminal 1 oder Jim Beam. Aufpassen sollte man bei der Wahl der geeigneten Lokalität darauf, dass es auch bulgarische Diskos gibt, in denen nur Chalga (sprich Schtauga) gespielt wird. Manche mögen es, manche nicht. Nationalitäten trifft man in Bulgarien so ziemlich jede. Lediglich Asiaten scheinen im Vergleich zu Deutschland ein wenig unterrepräsentiert zu sein. Abgesehen von Studenten, nehmen auch Leute am Erasmusprogramm teil, die in Botschaften/Schulen etc. arbeiten. Gemessen an meinen Erfahrungen waren Spanier und Franzosen die größten Gruppen im Erasmusprogramm. Deutsche trifft man in Sofia relativ selten. So war ich an der NBU der einzige Deutsche und habe in fünf Monaten auch nur eine Hand voll anderer Deutsche getroffen. Diesen Aspekt habe ich sehr genossen, da ich so eine Menge interessante Menschen und deren Kultur kennen lernen konnte. Fazit Klar, die erste Frage die man mir in Deutschland als auch in Bulgarien stellte war „Warum?“ – „Was machst du da?“ bzw. „Was machst du hier?“. Diese Frage kann ich heute so beantworten „Ich habe eine der einzigartigsten und spannendsten Erfahrung gemacht“. Es ist nicht üblich sein Auslandsemester in einem Land zu verbringen, von dem viele die Menschen noch wenig bis gar nichts gehört haben (mich eingeschlossen) und in der Presse lediglich durch Probleme mit Zigeunern auffällt. Doch dem kann ich entgegenhalten, dass Bulgarien weitaus mehr ist als ein armer Balkanstaat. Die Bulgaren als Volk sind sehr nett, hilfsbreit und aufgeschlossen. Ausnahmen gibt es natürlich überall, dennoch ist der Großteil der Bulgaren dich ich traf, motiviert ihr Land voran zu bringen und interessiert an allem Fremden. Viele sprechen sehr fließend Englisch und freuen sich immer, deutsch oder englisch mit jemandem sprechen zu können. Die Kultur und das Leben verändert einen und lässt einen manchmal über die ein oder andere deutsche Genauigkeit schmunzeln. Die Landschaft bietet alles von Schnee in der Bergen bis zu Sandstrand am Meer und ist auch für einen Ausflug zu historischen, kommunistischen Denkmälern mehr als geeignet. Wie bereits schon oben erwähnt waren die Vorurteile gegenüber der Lehre an der Universität unbegründet. Hier konnte ich durchaus das ein oder andere mitnehmen und auch mein Englisch verbessern. Klar, muss man sich bewusst sein nicht in einem englischen Muttersprachler-Land zu sein, doch in welcher Sprache soll man denn sonst kommunizieren? Zudem wäre es doch auch langweilig geworden, von Anfang an zu wissen welches die Herrentoilette ist oder die Ansagen im Bus direkt verstehen würde ohne sich mindestens drei Mal komplett zu verfahren, weil man ein и für ein N gehalten oder den Unterschied zwischen щ und ш erst zu spät festgestellt hat. In diesem Sinne Хайде и чао Dennis Für Fragen/Hilfe [email protected]
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