Überblick und Ziele Überblick «Problemlösungen in variablen Situationen nutzen können» Was ist eine «Situation» und wie beeinflusst sie das Handeln? Inklusion und Kompetenz Situationen gestalten – Beteiligung ermöglichen Adaptive Gestaltung von Situationen Bedeutung für die Einführung des Lehrplans 21 Ziele Sie kennen die theoretischen Grundlagen eines situativen Zugangs Sie können Probleme in der Schule als situative Schwierigkeiten statt als Eigenschaften beschreiben Sie entwickeln gemeinsam mit den anderen Teilnehmenden Ideen zur Anwendung dieses Zugangs Judith Hollenweger Pädagogische Hochschule Zürich Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur Einführung des Lehrplans 21 Luzern, 12. September 2015 Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 2 Was sind Kompetenzen? Die uns allen bekannte Definition: «Die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbunden motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können.» (Weinert 2001) «Problemlösungen in variablen Situationen nutzen können» Ein genauerer Blick auf das, was bisher eher etwas zu kurz kam: • «verfügbar oder erlernbar» • «Problemlösungen» • «variable Situationen» • «nutzen können» Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 3 Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 4 Nicht verfügbar oder nicht genutzt? Weitere Beispiele Weshalb wird vorhandenes Wissen nicht genutzt? (Renkl 1996) • «Metaprozesse» sind defizitär • «Wissensstrukturen» sind defizitär • «Situiertheit» erschwert Wissenstransfer Kinder in Recife arbeiten auf dem Markt als Verkäufer und berechnen die Preise zu 98% richtig. In der Schulsituation lösen sie die gleich präsentierte Aufgabe zu 74% richtig; in der Form einer numerischen Kalkulation lösen nur 37% die gleiche mathematische Aufgabe korrekt. (Segall et al., 1990, 194) Kapitänsaufgabe (Baruk 1985) Auf einem Schiff befinden sich 26 Schafe und 10 Ziegen. Wie alt ist der Kapitän? 90% der Vorschulkinder weigern sich, die Aufgabe zu rechnen; fast alle schulerfahrenen Kinder zählen zusammen; erst ab der 5. Klasse sinkt Anteil unter 50% Cooper & Harries 2002 Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 5 Welche Problemlösungen sind gefordert? Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 6 Zwischenfazit: Schülerinnen und Schüler können Situationen offenbar anders wahrnehmen als von der Lehrperson gedacht. messen, sammeln handeln, implementieren Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 «Variable Situationen» Fragestellung, Problem kontrollieren, evaluieren Inklusion und Kompetenz Hypothese: Kompetenzorientiert unterrichten kann eine Lehrperson nur, wenn sie ein vertieftes Verständnis von Situationen hat. Sie muss die Situation der Schülerinnen und Schüler verstehen, um sie dort abzuholen, wo sie sind beim Kompetenzaufbau. analysieren, verstehen Und nun die Frage an Sie: Was genau ist eine «Situation»? Welche Variabilität haben Situationen? Was an Situationen kann unterschiedlich wahrgenommen werden? Bitte führen Sie ein Brainstorming durch und versuchen Sie das Ergebnis in der Form einer Mindmap (oder Conceptmap) festzuhalten. planen, entscheiden 11.09.2015 7 Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 8 Perspektivität von Situationen If you get yourself dirty, you will be in trouble! Was ist eine «Situation» und wie beeinflusst sie das Handeln? Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 9 11.09.2015 Situationshorizont Inklusion und Kompetenz Give me your hand then it will be alright. Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 Just hold on, you can do it alone! 11.09.2015 10 Situationsbewusstsein «Situationshorizont» verweist auf den der zeit-räumlichen Zusammenhang, der in einer Situation in den Blick genommen wird. The task is the same for all of you: Climb that tree! Die drei verschiedenen Antworten auf der letzten Folie beziehen sich auf drei verschiedene Situationshorizonte – welche? Raum, Kontext Tätigkeiten in bestimmten Lebenssituationen Lebensführung über alle Lebenssituationen hinweg Handlungen in konkreten Situationen Zeit Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 11 Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 12 Vorschlag eines Modells WER? Wer handelt? Eigenschaften, Voraussetzungen, verfügbare Kompetenzen, spezifische Einschränkungen, etc. WAS? Auf was richtet sich die Handlung aus, was wird behandelt? Unterrichtsoder Prüfungsgegenstand, Gegenstand der Handlung. WOZU oder WOHIN? Wozu dient oder wohin führt die Handlung? Ergebnis der Handlung, gezeigte Leistung. WIE? Mit welchen Werkzeugen, Hilfsmitteln oder Strategien wird gehandelt? Erforderliche (Denk-)Werkzeuge, erlaubte Hilfsmittel, Problemlösestrategien. WO? In welchem Kontext wird gehandelt? Welche Regeln gelten bei der Durchführung der Handlung, was sind die räumlichen Bedingungen, was sind die sozialen Bedingungen bei der Durchführung der Handlung? Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 13 Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 14 11.09.2015 16 Vorlage zur Analyse von Situationen Wie? Adaptive Gestaltung von Situationen Was? Wozu? Wer? Wo? Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 15 Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 «Marshmallow Study revisited» Fragen zum Film Sitzen Sie in kleinen Gruppen zusammen und beantworten Sie folgende Fragen: • Wie erklären Sie sich die Unterschiede im «Verhalten» der Kinder in den beiden Gruppen? • Können Sie das im eben vorgestellten Modell abbilden? • Verändert das ihr Verständnis von «impulsivem Verhalten»? • Was ist genau der Zusammenhang zwischen Selbstwirksamkeit und Leistungsmotivation? • Können Sie einen Bezug zu den «überfachlichen Kompetenzen» herstellen? • Was bedeutet das für den Unterricht? Nehmen Sie das Modell hervor und denken Sie an ein «impulsives Kind»: • Können Sie unterschiedliche Hypothesen zur «Verursachung» nennen? • Welche Ansatzpunkte für Verbesserung des Problemlöseverhaltens gibt es? • Geht es um Autonomieunterstützung, Struktur Kidd, et al (2013) https://www.youtube.com/watch?v=JsQMdECFnUQ Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 17 Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 18 Was hat das mit «Inklusion» zu tun? Bedeutung für die Einführung des Lehrplans 21 Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 19 Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 20 Was bedeutet das alles für den Lehrplan 21? Was genau sind dann «überfachliche Kompetenzen» «Überfachliche Kompetenzen sind für eine erfolgreiche Lebensbewältigung zentral. Im Lehrplan 21 werden personale, soziale und methodische Kompetenzen unterschieden; sie sind auf den schulischen Kontext ausgerichtet. Die einzelnen personalen, sozialen und methodischen Kompetenzen lassen sich dabei kaum trennscharf voneinander abgrenzen, sondern überschneiden sich.» Zusammenhang mit «Wissen», «Können», «Wollen»? Zusammenhang mit den überfachlichen Kompetenzen im Lehrplan 21? Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 21 11.09.2015 Activity Theory Modell (Engeström 2001) Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 22 Unterstützung beim Strukturieren des Handelns Instrumente Subjekt Inklusion und Kompetenz Gegenstand Ergebnis • Lehrperson gibt klare Anweisungen, bietet «advanced organisers», kommuniziert Erwartungen und geltende Regeln, handelt konsistent gemäss eigener Ankündigungen, gibt Feedback (bzgl. aller Elemente des Modells!) • Struktur bezieht sich auf Fülle und Klarheit der Informationen über Erwartungen und wie diese Erwartungen erfüllt werden können • Starke Anleitung, klare Vorgehensweisen, klare Ziele • Strukturierte Gespräche um Denk- und Lernprozesse zu begleiten • Feedback fokussiert auf den Aufbau von Kompetenzen, ist instruktiv (wie das nächste Mal besser machen) und informativ (relevant für Verbesserung der Kompetenz) Hilft beim Entwickeln innerer Strategien um Lernen und Handeln selber zu regulieren Regeln Gemeinschaft Arbeitsteilung Anwendung auf überfachliche Kompetenzen vgl. Grunert 2012 Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 23 Hilft beim Entwickeln von Strategien zu «Antizipation» («Getting started»), zu Partizipation («Keep going») und «Reflexion» («Finish up») als wichtigste Elemente des Problemlösezyklus Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 24 Fördern des autonomen Handelns Fördern des sozialen Involviertseins • Lehrperson gibt Wahlmöglichkeit, begründet Lernaktivitäten, vermeidet auf Zwang und Kontrolle basierende Argumentationen, fördert das Fragen stellen und Kommentieren, fragt SuS nach Vorschlägen, unterstützt Initiative und aktive Partizipation der SuS • Erleichtert Autonomie durch Perspektivenübernahme: identifizieren und nähren von Bedürfnissen, Interessen und Präferenzen • Situationen schaffen, wo SuS Initiative entwickeln und Einfluss nehmen können • Anerkennen der Perspektive der SuS, ihrer Gefühle, auch bei negativem Affekt • Unterricht um die Interessen, Präferenzen, persönlichen Zielen der SuS bauen • Lehrperson interessiert sich für das, was SuS in ihren Projekten machen, wendet sich an SuS mit ihrem Namen, geniesst die gemeinsame Zeit, spricht mit SuS vor und nach dem Unterricht, bietet Hilfe an bei Problemen, gibt den SuS Ressourcen • Lerner-zentrierte Überzeugungen wirken sich auf Selbstwirksamkeitsgefühl der SuS aus (SuS als Personen wahrnehmen, nicht nur als Träger einer Rolle) • Empathie und Wärme zeigen, ermutigen • Anpassen an Diversität und persönliche Bedürfnisse • Echtheit Hilft beim Entwickeln der Fähigkeit, sich eigene Ziele vorzustellen / zu planen Hilft beim Entwickeln von Gefühlen des Selbstwerts und Anerkennt-Seins Hilft beim Entwickeln von Interesse und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 25 Vielen Dank für das Interesse! Literaturhinweise: Baruk, S. (1985). L’Âge du capitaine. De l’erreur en mathématique. Paris: Seuil. Cooper, B., Harries. T. (2002). Children’s responses to contrasting ‘realistic’ mathematics problems: Just how realistic are children ready to be? Educational Studies in Mathematics. 49, 1-23. Grunert, C. (2012). Bildung und Kompetenz. Theoretische und empirische Perspektiven auf ausserschulische Handlungsfelder. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften / Springer. Engeström, Y. (2001). Expansive Learning at Work: Towards an activity theoretical reconceptualization. Journal of Education and Work, 14, 133-156. Kidd, C., Palmeri, H. & Aslin, R.N. (2013): Rational snacking: Young children’s decisionmaking on the marshmallow task is moderated by beliefs about environmental reliability. Cognition, 126, 109–114. Renkl, A. (1996). Träges Wissen: Wenn Erlerntes nicht genutzt wird. Psychologische Rundschau, 47, 78-92. Segall, M.H., Dasen, P.R., Berry, J.W., Poortinga, Y.H. (1990). Human Behaviour in Global Perspective. Introduction to Cross-Cultural Psychology. Boston: Allyn and Bacon. Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 27 Hilft beim Entwickeln von Respekt gegenüber anderen und deren Bedürfnisse Inklusion und Kompetenz Weiterbildungs- und Vernetzungstagung zur EInführung LP21 11.09.2015 26
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