Les KANerreise Seit ADA e 72 / Nr. 44 29. Oktober 2015 Fr. 5.– 73 «JAMMERN ÄNDERT NICHTS» WIE SÄNGERIN JAËL ZU GLÜCK UND GESUNDHEIT FAND SEITE 10 JAMES BOND IST 007 EIN ALKOHOLIKER? SEITE 24 NIEDERLAGEN WIE MAN SIE ALS CHANCE NUTZT SEITE 44 ROCKY MOUNTAINS PER BAHN IN DIE WILDNIS KANADAS SEITE 60 EDITORIAL Klicken Sie auf unserer Website den Button Slow TV an, und sehen Sie die erste Etappe der Waldrappe auf www .schw ihrem Flug in eiz er fami den Süden. SLOW LIVE TV lie.ch LIEBE LESERINNEN LIEBE LESER Pfarrer Daniel Winkler wurde mit andern Riggisbergern für sein Engagement für Flüchtlinge geehrt. Redaktor Heinz Storrer hat die kanadischen Rocky Mountains bereist. Noch 3 Wochen bis zur 23. bis 29. November 2015 Spendenkonto: 80-7211-9 Vermerk «Sternenwoche/Nepal» www.sternenwoche.ch Fotos: Tomas Wüthrich, Heinz Storrer FLÜCHTLINGE. Unser Bericht über das Zusammenleben von Flücht lingen und Einheimischen in der Berner Gemeinde Riggisberg (Nr. 38 vom 17. September) hat viele positive Reaktionen ausgelöst. Wir erhielten zahlreiche Briefe von Leserinnen und Lesern, die den Riggisbergern für ihre Hilfsbereit schaft gegenüber den Bewohnern im Asylzentrum danken. Natürlich gab es auch kritische Stimmen, aber den 50 freiwilligen Helfern der Gemeinde geht es nicht um Einwan derungspolitik, sondern um Mensch lichkeit. Wenn die EU und die Uno, ja die ganze Welt in der Verhinde rung von Krieg und Flüchtlingsströ men versagen, ist dies nicht die Schuld der Opfer, die bei uns ankommen. Diese Menschen haben Schreckliches erlebt und verdienen es, menschlich behandelt zu werden. So wie in Riggisberg. Integration ins Dorfleben ist zudem die beste Strategie gegen kulturelle Konflikte – auch das zeigt Riggisberg. Für ihren beherzten Einsatz haben die freiwilligen Helfer nun den Sozialpreis des Verbandes Avenir Social erhalten. Gemeinde pfarrer Daniel Winkler stimmt die Ehrung in erster Linie nachdenklich. Er findet es selbstverständlich, dass man respektvoll mit Menschen umgeht, die vor Krieg und Unter drückung fliehen. Nein, Herr Winkler, leider ist das nicht selbst verständlich. Und darum hat dieser Preis Bedeutung. Interview mit Daniel Winkler ab SEITE 16 AUSWANDERER. Im 19. Jahrhundert verliessen Tausende von Schweizern ihre verarmten Dörfer und wagten die Überfahrt nach Amerika. In Kanada erinnert heute noch vieles an die Siedlerzeiten. Und noch heute zieht uns die unberührte Wildnis des Landes magisch an. Redaktor Heinz Storrer hat die kanadischen Rocky Mountains im Panoramazug von Vancouver nach Banff bereist. Was er unterwegs erlebt hat, erzählen seine grossartigen Bilder und Reisenotizen. Träumen Sie mit ab SEITE 60. Herzlich, Ihr Daniel Dunkel, Chefredaktor Schweizer Familie 44/2015 3 Nr. 44 vom 29.10.2015 – MIT TV TÄGLICH INHALT 10 ➳ Menschen Traumfänger������������������������� 8 Jeff Turner, Countrymusiker Jaël Malli, ExFrontfrau von Lunik, hat zu sich gefunden, lebt gesund – und gibt ihr erstes Solo album heraus. Jaël Malli..............................10 Die Sängerin im Interview Asylprojekt...........................16 Riggisberger werden für ihr Engagement ausgezeichnet Nina Vetterli-Treml.............20 Autoexpertin und Musikerin ➳ Wissen 52 32 Helle Farben, hübsche Kästchen, raffinierte Details – schon sieht die Küche wieder aus wie neu. Köstlich und im Nu gemacht: Omeletten gibts in allen Variationen. James Bond.........................24 007 kämpft selbst angeschossen – geht das überhaupt? ➳ Essen Saisonküche.........................32 Omeletten, Frittata, Tortillas ➳ Familienleben Jugendliche Autoren...........38 Die schönsten Stilblüten, gesammelt in einem Buch Ratgeber...............................41 Xenia Frenkel über Erziehung DIEive r k eat E IDE ➳ SchönerLeben Scheitern..............................44 Niederlagen gehören zum Leben 24 Kreativ..................................52 Mit wenig Aufwand die Küche auffrischen Ab nächster Woche lässt es Daniel Craig als 007 wieder krachen. Wie realistisch sind die Action-Szenen? Monatsgarten......................56 Arbeiten im November ➳ Reisen Kanada..................................60 Auf malerischer Bahnfahrt durch British Columbia Weekendtipp........................75 Im Wildpark Roggenhausen in Aarau 60 ➳ Gesundheit Angina...................................78 Was hilft bei entzündeten Gaumenmandeln? Puls.....................83 Zu Hause leben bis zuletzt Les Lauschige Seen, schroffe Schluchten, farbige Wälder: Entdecken Sie die traumhaften Landschaften im Westen Kanadas. KANerreise Seit ADA e 72 / 73 ➳ Rubriken Aus dem Fotoalbum......................9 Spielspass...................................36 Sudoku.........................................42 Rätsel........................................... 49 Medientipps................................ 84 Horoskop......................................86 Impressum..................................86 Leserforum..................................87 Lösungen.....................................87 Titelfoto: Tanja Demarmels, ddp Images, Heinz Storrer; Fotos Inhalt: Tanja Demarmels, Marcel Koch, Le Menu, INTERTOPICS, Heinz Storrer, Fotolia Marktplatz...................................88 Frölein Da Capo...........................90 Gewinnen Sie............................... 91 Schweizer Familie 44/2015 5 MENSCHEN Die LunikSängerin Jaël 2010 auf dem Gurten. «Ich habe meine KARTEN NEU GEMISCHT» Bekannt geworden als Sängerin der Band Lunik, geht JAËL nun ihren eigenen Weg. Sie startet ihre Solokarriere, ist Schauspielerin – und hat dank gesunder Ernährung und Yoga ihre Leiden in den Griff bekommen. Interview Roland Studer Jaël, letzten Freitag ist Ihr erstes Soloalbum erschienen, es heisst «Shuffle the Cards» – «Die Karten mischen». Wieso dieser Titel? Die Auflösung von Lunik hat mein Leben durchgeschüttelt. Ich musste herausfinden, wie es weitergehen soll, und habe meine Karten neu gemischt. Fünfzehn Jahre waren Sie die Sängerin von Lunik. Die erfolgreiche Popband löste sich Ende 2013 auf. Was haben Sie in den vergangenen eineinhalb Jahren getan? Ich spielte im Film «Unser Kind» des Schweizer Fernsehens, im Freilichtspekta kel «1476» über die Schlacht von Murten und im Theaterstück «Remake». Zudem war ich längere Zeit in Schweden, Berlin und London, wo ich mit Songschreibern und Produzenten an meinem Soloalbum gearbeitet habe. Anfangs wusste ich nicht, in welche Richtung ich musikalisch steu ern soll. Das forderte mich heraus. Wobei? Als Komponistin. Bei Lunik lieferten meistens Bandmitglieder die Akkorde, zu denen ich Texte und Melodien schrieb. 10 Schweizer Familie 44/2015 Fotos Tanja Demarmels Aber auch als Managerin, weil jetzt alle Fä den bei mir zusammenliefen. Ich musste abwägen und entscheiden – und die Kon sequenzen meiner Entschlüsse selber tra gen. Ich habe manche Nacht kaum ge schlafen, weil so viel zu tun war. Versetzen Sie sich auch gerne in andere Menschen? Hatte das Arbeiten allein auch Vorteile? In der Fernsehsendung «100 Prozent Schweizer Musik – Polo Hofer & ➳ Ich bin mein eigener Chef und muss keine langen Diskussionen mehr mit Menschen führen, die besser zu wissen glauben, was gut für mich ist. Wieso haben Sie das Album mit privaten Sponsoren finanziert? Einerseits habe ich den Markt und meinen Marktwert überschätzt. Die Plattenfirmen boten mir nicht den Vertrag, den ich er wartet hatte. Auf der anderen Seite wollte ich unabhängig sein und mir weder beim Texten noch beim Produzieren reinreden lassen. Im Titellied «Shuffle the Cards» über verlorene Liebe singen Sie: «Ich bin davongerannt, ich bin schuld.» Wie autobiografisch ist das? Ich suche Schuld tendenziell bei mir, weil ich sehr selbstkritisch bin. Ja, aber zurückhaltender als früher. Ich sauge nicht mehr alle Sorgen meiner Mit menschen auf wie ein Schwamm. Ich habe gelernt, mich abzugrenzen. VIELSEITIG BEGABT Jaël Malli, 36, wuchs als Rahel Krebs in Bern auf. Sie nannte sich Jaël, weil sie als Kind ihren Vornamen nicht richtig aussprechen konnte. Heute steht die ser Vorname in ihrem Pass. Von 1997 bis 2013 war sie Leadsängerin der Schweizer Popgruppe Lunik. Nach der Auflösung der Band nahm sie Schau spielunterricht, spielte in einem Fern sehfilm und trat in einem Freilicht theater auf. Mit der CD «Shuffle The Cards» beginnt sie als Jaël ihre Karriere als Solokünstlerin. Sie wohnt mit Ehemann Roger, 38, einem selbständigen Grafiker, in Bern. Fotos: Keystone Jaël mixt sich in ihrer Küche in Bern einen Powerdrink aus Gurken, Spinat, Cashewmousse, Reismilch, Sojajoghurt mit Zitrone, Äpfel und Haferflocken. MENSCHEN Jaël praktiziert seit fünf Jahren Yoga und beherrscht den Lotussitz einwandfrei. Unten: Die Gitarren der Musikerin in ihrem Arbeitsraum. Wenn ich zu Hause arbeite, tendiere ich dazu, mich vor lauter Konzentration zu vergessen – stundenlang. Deshalb plane ich regelmässige Pausen, um abzuschal ten. Einmal am Tag gehe ich spazieren, was ich «Mit mir selber Gassi gehen» nen ne. Und viermal in der Woche ins Fit nesscenter. Nach dem Krafttraining dehne ich die Muskeln mit Yoga. Wie lange machen Sie schon Yoga? Seit fünf Jahren. Mit welcher Wirkung? Es stärkt meine Muskula tur. Ich bin sehr beweg lich, hatte aber bisher zu wenig Kraft. Was mögen Sie sonst am Yoga? Den tänzerischen Fluss der Übungen. Und «the crazy stuff», wie meine Lehrerin sagt – die ver rückten Sachen. Ich mag die intensiven Verren kungen, weil ich meinen Körper spüren will. Warum? Es fühlt sich gut an. Ich tanzte als Kind und Ju gendliche intensiv Bal lett, bevor ich mich fürs Musizieren entschied. Seither ist mir Bewegung wichtig. «Ich mag beim Yoga den tänzerischen Fluss und die intensiven Verrenkungen.» Friends» sangen Sie letzten Samstag das Mani-Matter-Lied «Warum syt ihr so truurig». Wieso dieses Lied? Es sprach mir aus der Seele. Ich bin ein Fan von Mani Matter. Sein Lied stellt die Frage «Warum syt ihr so truurig?» vor jeder Strophe. Das regt einen an, sich zu hinterfragen. In der Sendung traten nebst Ihnen auch Büne Huber, Sina, Stefanie Heinzmann und Stephan Eicher auf. Sind Sie mit diesen Popgrössen befreundet? Eher kollegial verbunden. Man begegnet sich ab und zu hinter der Bühne eines Fes 12 Schweizer Familie 44/2015 Welche Übung ist Ihr tivals oder sonst wo im kleinen Schweizer Musikmarkt. Allerdings meistens bloss kurz. Was schade ist, denn mit manchen würde ich gerne länger Zeit verbringen, um sie besser kennenzulernen. Favorit? Nebst der Musik und der Zweitkarriere als Schauspielerin schreiben Sie auch an einem Drehbuch. Wie bringen Sie alles unter einen Hut? Was gehört für Sie nebst Spazieren und Yoga zu einem ausgeglichenen Leben? Es ist schwierig. Ich habe dieses Jahr zwei Filmproduktionen abgesagt, weil es zeitlich nicht passte. Je ein Theaterstück und Film projekt pro Jahr wäre perfekt. Wie finden Sie den Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben? Zurzeit der Kopfstand. Obwohl ich ihn erst einige Sekunden halten kann, bin ich stolz darauf, weil er ein Ziel von mir war, für das ich lange geübt habe. Vor allem zwei Dinge: Das eine ist positi ves Denken. Was verstehen Sie darunter? Das Gute statt das Schlechte zu sehen. Mich nicht auf Dinge zu konzentrieren, die ich nicht besitze, sondern dankbar zu sein für das, was ich habe. MENSCHEN Jaël kuschelt sich gern in warme Kleider und Decken. Unten: Bücherregal mit altem Telefon und neuem Yoga-Buch. später zurück. Trotzdem ernähre ich mich seither teilweise vegan. Also nicht konsequent? Nein, weil mir dadurch Vitamin B12 und Eisen fehlen. Ich ernähre mich ausge wogen, saisonal und möglichst natürlich aus einem Mischmasch verschiedener Ernährungslehren. Sie praktizieren den Jaëlismus? Genau. Hadern Sie mit Ihrem hochsensiblen Körper? Statt zu jammern, habe ich mein Schicksal in die Hände genommen und mich zu einer gesunden Ernährung erzogen. Dar auf bin ich stolz. Heute habe ich kaum noch Allergien. Das motiviert mich, weiterhin gesund zu essen. Hat das viele Leiden wegen dieser Krankheiten Ihr Gemüt geprägt? «Ich liebe den Herbst, die melancholische Stimmung, die Farben der Natur.» Und das andere, das Ihr Leben ausgleicht? Gesundes Essen, um mich wohlzufühlen. Sie haben sich monatelang vegan ernährt, also ohne tierische Zutaten. Wieso? Ich hatte seit Kindheit viele gesundheit liche Beschwerden: Allergien, Angina, Bronchitis, Verdauungsprobleme, Rücken schmerzen. Wegen des Asthmas sass ich nächtelang im kühlen Badezimmer auf dem Boden, weil ich sonst kaum atmen konnte. Das dauernde Kranksein machte mich depressiv. Ich probierte etliche Therapien aus: Psychologie, Hypnose, 14 Schweizer Familie 44/2015 Homöopathie, Bioresonanz, Kinesiologie. Manches half, anderes nicht. Als ein Be kannter sagte, veganes Essen könne meine Beschwerden lindern, stellte ich meine Ernährung um. Mit welchem Resultat? Da ich keine Milch mehr zu mir nahm, entdeckte ich eine Laktoseintoleranz als Grund für meine gestörte Verdauung. Auch die anderen Beschwerden spürte ich nach drei Wochen nicht mehr. Nein, obwohl ich zu Schwermut neige. Die ge hört jedoch zu meinem Charakter, so war ich schon als Kind. Mögen Sie den Herbst? Ich liebe ihn, die melan cholische Stimmung, die wunderbaren Farben der Natur. Ausser dem kuschele ich mich gerne in warme Kleider oder Decken ein. Was als Familie noch schöner sein könnte. Möchten Sie Kinder? Zurzeit nicht. Dafür arbeite ich zu viel. Ausserdem schätze ich meine Ruhe. Da mit wäre es mit Kindern vorbei. ● Sie waren geheilt? Leider nicht. Der Verzicht auf tierische Produkte hatte die Beschwerden gelin dert. Sie kehrten jedoch sechs Monate Jaël: «Shuffle the Cards» Zealand Records, 21.90 Fr. www.jaelmusic.ch MENSCHEN MENSCHEN MENSCHEN AUS FREMDEN wurden Freunde Vor einem Jahr wurde in RIGGISBERG ein Asylzentrum eröffnet. Die Kritik war laut. Inzwischen leben in der Berner Gemeinde Einwohner und Flüchtlinge zusammen. Freiwillige helfen den Migranten im Alltag. Ihre Projekte sind im Asylbereich zukunftsweisend. Text Daniel Röthlisberger 48 Frauen und Männer aus Riggisberg engagieren sich ehrenamtlich für Asylsuchende, die in einem Zentrum im Dorf leben. Fotos Tomas Wüthrich In Nr. 38 vom 17. Sep tember berichtete die «Schweizer Familie» über das Asylprojekt von Riggisberg BE. FLÜCHTLINGSKATASTROPHE – WELTWEIT SUCHEN MENSCHEN SCHUTZ Ende 2014 waren welt weit knapp 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Dies ist die höchste Zahl, die jemals vom Flüchtlingshoch kommissariat der Vereinten Nationen verzeichnet wurde. 14 Grundsätzlich nehmen reichere Länder weit weniger Vertriebene auf als weniger reiche. Knapp neun von zehn Flüchtlingen (86 Prozent) befanden sich 2014 in Entwick lungsländern und ge langten nicht nach Europa. In der Schweiz wurden im ersten Halbjahr 2015 11 873 Asylgesuche ge stellt. 2014 erhielten 6199 Personen Asyl, und 9367 wurden vorläufig aufgenommen. Ins gesamt wurden 2014 23 765 Asylgesuche ge stellt, 50 Prozent weni ger als 1999, als unter anderem wegen des Konflikts in ExJugos lawien 47 513 Gesuche eingereicht wurden. Für dieses Jahr rechnet Schweizer Familie 38/2015 das Staatssekretariat für Migration mit 29 000 Asylgesuchen. 2014 und 2015 stamm ten die meisten Asyl suchenden, die in die Schweiz gelangten, aus Eritrea, gefolgt von Syrien und Sri Lanka. Schweizer Familie 38/2015 15 «Wir können von den FLÜCHTLINGEN LERNEN» Freiwillige setzen sich in Riggisberg für Asylsuchende ein. Dafür erhalten sie jetzt einen Sozialpreis. Die Begegnung mit den Menschen aus Syrien und Eritrea ist für Pfarrer DANIEL WINKLER eine Bereicherung. Interview Daniel Röthlisberger Daniel Winkler, Sie spielen in Riggisberg in der Freizeit Volleyball mit Flüchtlingen. Warum tut das ein Pfarrer? Warum? Inwiefern? Was können Sie als Gruppe von Freiwilligen bewirken? Weil das eine wunderbare Ergänzung zu meiner Tätigkeit ist, wenn ich mit Flücht lingen Sport treibe. Das ist ebenso erfül lend und wertvoll wie predigen. Ich kann für Menschen, die viel Leid erfah ren haben, Positives tun. Im Durchgangs zentrum leben die Flüchtlinge auf engs tem Raum, sind zum Nichtstun verdammt. Im Sport können sie sich bewegen. Er leben nicht nur Ungewissheit und Angst, sondern auch entspannte Momente. Sie dürfen spielen und fröhlich sein. Sie gehören zur Leitung eines Teams von 50 Freiwilligen, die sich für die Flüchtlinge im Asylzentrum engagieren. Dafür wurden Sie alle mit dem Sozialpreis des Verbandes Avenir Social ausgezeichnet. Was bedeutet Ihnen und Ihrem Team dieser Preis? Wir fühlen uns geehrt. Und wir hoffen, dass andere unserem Beispiel folgen und die Begegnung mit Flüchtlingen wagen. Doch der Preis stimmt uns auch nach denklich. 16 Fotos Tomas Wüthrich Schweizer Familie 44/2015 Weil er etwas honoriert, was man eigent lich nicht auszeichnen müsste. Denn es ist doch selbstverständlich, dass man mit Menschen, die vor Krieg und Gewalt in unser Land geflüchtet sind, freundlich und respektvoll umgeht. Dass man ihnen beisteht. Wir können den Flüchtlingen etwas von ihrer Würde zurückgeben, die sie auf der Flucht verloren haben. Können Räume der Geborgenheit schaffen. Und wir brin gen den Asylsuchenden Wertschätzung entgegen und heissen sie in unserem Land willkommen. «Nicht nur die Flüchtlinge brauchen uns – auch wir brauchen die Flüchtlinge», sagten Sie an der Preisverleihung. Wie meinen Sie das? Wir können von den Flüchtlingen lernen. Sie zeigen uns, dass man Momente des Glücks und der Dankbarkeit erleben kann, selbst dann, wenn man es unheimlich schwer hat im Leben. Welche Momente dürfen Sie miterleben? Diese Menschen besitzen fast nichts und sind doch unglaublich herzlich und gast freundlich. Wir Freiwilligen werden im Durchgangszentrum immer wieder zum Kaffee oder zum Tee eingeladen. Wir werden an den Tisch gebeten und mit feinem Essen bewirtet. Dabei wird uns bewusst, wie brüchig unser Leben, unser Lebensglück ist. Und dass wir Menschen einander brauchen. Wir sind aufeinander angewiesen, sind eine grosse Schicksals gemeinschaft. Was ist die grösste Schwierigkeit in der Freiwilligenarbeit? ENGAGIERTER PFARRER Daniel Winkler, 48, ist seit zehn Jahren Pfarrer in Riggisberg BE. Winkler ist gelernter Kaufmann und studierte auf dem zweiten Bildungs weg Theologie. Seit dem Sommer 2014 leitet Winkler zusammen mit der Psychologin Doris Eckstein und mit Karin Zehnder, Präsidentin des Kirchgemeinderates, das Freiwilligen projekt im Asylbereich. Daniel Winkler ist verheiratet und Vater von vier Töchtern. Er wohnt in Riggisberg. ➳ MENSCHEN «Es ist doch selbst verständlich, dass man Menschen beisteht, die vor Krieg und Gewalt geflüchtet sind»: Pfarrer Daniel Winkler, 48. Schweizer Familie 44/2015 17 MENSCHEN Wir tragen die Last der Flüchtlinge mit. Und wir müssen jeden Tag befürchten, dass seelisch und körperlich verwundete Menschen, die uns ans Herz gewachsen sind, wieder abgeschoben werden und im Ausland auf der Strasse landen. Das be lastet uns. Wie gehen Sie und Ihr Team damit um? Wir sprechen viel miteinander, machen uns gegenseitig Mut. Und wir setzen uns für unsere Freunde ein. Wir schalten auch mal einen Anwalt ein, schreiben Briefe an die zuständigen Stellen und können so die eine oder andere Abschie bung verhindern. Welche zum Beispiel? Jene von Mohammed Ali aus Eritrea. Der 32Jährige, der an Kinderlähmung leidet, flüchtete in die Schweiz und kam nach Riggisberg. Im März sollte er nach Italien abgeschoben werden. Doch im letzten AUSGEZEICHNETE RIGGISBERGER Avenir Social, der Berufs verband der Professio nellen der sozialen Arbeit, Sektion Bern, zeichnete am 16. Oktober 2015 das Frei willigenprojekt im Asyl bereich in Riggisberg mit dem Sozialpreis über 1500 Franken aus. Der Respekt, die menschliche Wärme und die Solidarität mit Menschen, die fast alles verloren hätten, seien bei spielhaft, begründeten die Preisstifter. 50 Freiwillige aus Riggisberg BE unter stützen seit Sommer 2014 Flüchtlinge im Asylzentrum im Dorf («Schweizer Fami lie» Nr. 38 vom 17. 9.). Sie schaffen Begegnungs und Beschäftigungsmöglich Karin Zehnder, Daniel Winkler, Doris Eckstein und Essay Ghebrekristos aus Eritrea (v. l.) mit dem Sozialpreis. keiten. Freiwillige führen das Café Regenbogen, wo sich Flüchtlinge und Ein heimische begegnen. Sie helfen Asylsuchenden beim Deutschlernen, füh ren eine Kleiderbörse und ein Nähatelier. Spielen mit Flüchtlingen Volleyball und Fussball. crbasel ANZEIGE Die Zeitung macht mobil. Jetzt downloaden im App- oder Google Play-Store! Die «Schweiz am Sonntag» lässt Ihnen alle Freiheiten. Ganz gleich ob Sie daheim bleiben, einen Ausflug planen oder ins Café wollen – Ihre «Schweiz am Sonntag» kommt via Tablet oder Smartphone einfach mit. Buchung im App Store oder bei Google Play. www.schweizamsonntag.ch Anzeige «Viele Flücht linge sind mir ans Herz gewachsen»: Daniel Winkler in der Riggis berger Kirche. Nicole verrät Tipps zum digitalen Lifestyle aus dem Swisscom Shop. Mehr erfahren unter: www.tiko.ch Die Heizung, die mitdenkt Langsam wird es draussen kalt, die Menschen kommen mit roten Nasen und in dicke Jacken gehüllt zu mir in den Shop. Da rückt auch das Thema Heizen wieder in den Fokus. «Was hat denn nun Swisscom mit Heizungen am Hut?», fragen Sie sich. Die Erklärung ist einfach: Im Rahmen von sogenannten intelligenten Stromnetzen (Smart Grids) arbeitet Swisscom Energy Solutions stetig daran, unser Heizen noch effizienter zu machen. Dank tiko können Sie zum Beispiel ganz einfach einen Beitrag zum umweltbewussteren Heizen leisten. Auch Ihr Portemonnaie wird es Ihnen danken, denn Sie können Ihre Heizzeit um bis zu 60% reduzieren, sollten Sie abwesend sein. «Wir werden die Flüchtlinge weiter unterstützen. Ihnen helfen, Wohnungen und Arbeit zu finden.» Moment wurde er aus der Ausschaffungs haft entlassen und konnte bleiben. Das war ein bewegender Moment. Riggisberg gilt als Modellfall im Asylbereich. Ist das Dorf eine heile Welt? Auch in Riggisberg ist nicht alles rosa. Es gibt auch hier Menschen, die Ängste vor Fremden haben und die Begegnung mit Flüchtlingen meiden. Menschen, die den Asylsuchenden mit Vorurteilen begegnen und sie als Wirtschaftsflüchtlinge sehen. Solche Kritiker erklären, in Riggisberg werde in Bezug auf die Flüchtlinge viel beschönigt. Was sagen Sie? Es gab Probleme mit Flüchtlingen. Kurz nach der Eröffnung des Zentrums kam es zu einer Schlägerei. Das war für mich der Tiefpunkt. Flüchtlinge liessen Abfall lie gen. Sie telefonierten nachts im Freien laut. Tranken zu viel Bier, mussten erbrechen. Was unternahmen Sie? Die Leitung des Durchgangszentrums und wir vom Freiwilligenteam suchten immer wieder das Gespräch. Wir erklärten den Flüchtlingen, was bei uns toleriert wird und was nicht. Die Probleme verschwan den weitgehend, und das Asylzentrum wird heute von einer Mehrheit der Be völkerung akzeptiert. Trotzdem wird das Zentrum Ende Jahr geschlossen. Ein Widerspruch? Ja. Doch der Gemeinderat hat der Bevöl kerung von Anfang an zugesichert, dass das Projekt bis Ende 2015 befristet ist. Deshalb tragen wir den Beschluss des Gemeinderates mit. Obwohl wir traurig sind, dass das Zentrum geschlossen wird. «Wir werden unsere Freunde nicht im Stich lassen», sagten Sie Mitte September in der «Schweizer Familie». Was heisst das? Wir werden die Flüchtlinge weiter unter stützen. Wir werden ihnen helfen, Woh nungen zu finden und Arbeit zu suchen. Und vielleicht werden wir das Café Re genbogen, unseren Treffpunkt, auch im nächsten Jahr offen halten. Dann könnten wir Freiwilligen uns dort weiter mit Flüchtlingen treffen. Das ist eine wunder ● schöne Vorstellung. «Heizzeit um bis zu 60% reduzieren» Falls Sie über eine elektrische Heizung verfügen, steht der Nutzung von tiko nichts mehr im Wege. Das System bietet weitere Vorteile: Bei einer Störung an Ihrer Heizanlage werden Sie umgehend per SMS oder E-Mail informiert und können schnell reagieren. Zudem haben Sie dank der zugehörigen App jederzeit die volle Transparenz über Ihren Verbrauch. Die kostenlose Installation des Systems direkt im Verteilerkasten wird von einem Fachmann übernommen. Über ein Kommunikationsmodul im Wohnbereich werden Steuerung und Datenübermittlung gewährleistet. Zusätzlich hilft Ihre Heizung so als Speicher mit, Schwankungen im Schweizer Stromnetz auszugleichen. Dies wird zunehmend wichtiger, da durch Solarund Windanlagen die Stromversorgung immer komplexer wird. Aktuell umfasst tiko mehr als 6000 Teilnehmende und ist somit bereits jetzt eines der grössten aktiven intelligenten Stromnetze der Welt. Und nun wünsche ich Ihnen viele gemütliche Winterabende auf dem heimischen Sofa – vielleicht ja sogar mit dem vielfältigen Programm von Swisscom TV 2.0. Haben Sie nun Lust, in einer richtigen «Schweizer Familie» zu blättern? Jetzt abonnieren
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