Ein fabelhafter Chor - Kantonsschule Wohlen

Die dramatische Geschichte um König David, die Arthur Honegger in einer 70-minütigen
Schauspielmusik erzählt, ist im Frühjahr 1921 in knapp zwei Monaten entstanden. Arthur
Honegger hat das dreiteilige Werk, wohl sein bestes und eindrücklichstes, zur
Wiedereröffnung des Volkstheaters von Mézières komponiert. Honegger hat für diesen
Auftrag sogar Igor Strawinsky beigezogen und ihn um Rat gefragt.
Zunächst entstand eine Fassung mit Soli, Chor und kleiner Orchesterbesetzung. Später hat
Honegger den Orchesterpart umgeschrieben. Diese zweite Fassung mit grossem
Sinfonieorchester erklang in den Kirchen von Bremgarten und Wohlen. Das Drama erzählt
die wichtigsten Stationen im Leben des Königs David: Krieg, Tod, Verrat, Niederlage und
Sieg, Ehebruch, Gottes Strafen und Versöhnung.
Natürlich kann die Frage gestellt werden, ob es Sinn macht, dieses Szenario mit so viel
Gewalt vors Publikum zu tragen. Es macht Sinn. Zunächst, weil Honeggers Musik ungemein
eindrücklich, manchmal schroff, dann aber auch tief berührend, fein und einfach schön ist.
Dann aber auch, weil die Gewalt im Nahen Osten nach wie vor Alltag ist, wie wenn man aus
der Geschichte Davids nichts gelernt hätte. Hat man wahrscheinlich auch nicht.
Ein fabelhafter Chor
Beat Wälti hat den gut hundertköpfigen Chor der Kantonsschule Wohlen mit der nicht
einfachen Partitur optimal vertraut gemacht. Die zum Teil schwierigen Harmonien, die
Intonation und die rasch wechselnden Rhythmen stimmten, und die Sängerinnen und Sänger
pflegten in den Texten ein verblüffend sicheres Französisch. Obwohl die Damen im Chor
zahlenmässig die Herren deutlich übertrafen, fügte sich das Ganze zu einem ausgewogenen
Gesamtklang zusammen.
Es ist Beat Wälti, der mit sicherer Zeichengebung durch das Werk führte, hoch anzurechnen,
dass er seinen Chor immer wieder für grosse Chorwerke begeistert und sich nicht scheut, auch
anspruchsvolle Literatur in sein Programm aufzunehmen. Wenn sich die Schülerinnen und
Schüler dereinst an etwas erinnern, das in ihrer Kantonsschulzeit zu den Höhepunkten zählte,
dann dürften es zweifelsohne solche Aufführungen sein.
Orchester setzt Glanzpunkte
Wenn ein Sinfonieorchester für ein derart komplexes Werk ad hoc zusammengestellt wird, ist
der Erfolg nicht apriori sichergestellt. Aber auch da gab es nichts auszusetzen. Vor allem die
Bläser sorgten mit sicheren Soli für Glanzpunkte, und das war schon deshalb nicht ganz
einfach, weil es in der Kirche Bremgarten kalt war.
Die beispielhafte Aufführung wurde abgerundet durch den Erzähler und drei Gesangssolisten.
Besonderes Lob verdiente der Schauspieler Eörs Kisfaludy. Seiner packenden Darstellung der
Geschichte Davids konnte sich niemand entziehen.
Die Sopranistin Andrea Hofstetter und der Tenor Christoph Metzger (im Programmheft auf
etwas eigenartige Art vorgestellt) sangen ihre Partien sauber (die Sopranistin mitunter etwas
gar manieriert), drangen aber gegen die starke Orchesterbesetzung nicht immer durch. Die
Mezzosopranistin Maria Glarner hingegen überzeugte restlos, obwohl sie ihre Rolle als Hexe
fast zu «lieb» interpretierte.
Insgesamt erlebte das Publikum einen grossen Abend, einen Abend, den man nicht so schnell
vergisst!