persönlicher Erfahrungsbericht - Goethe

ERASMUS+ 2015/2016
Zeitraum: WS 2015/16
Gastland: Portugal
Gastuniversität: Universidade Nova De
Lisboa
Fachbereich der ERASMUS-Kooperation: Fachbereich Rechtswissenschaft
Studiengang: Rechtswissenschaft
Datum: 20.01.2016
persönlicher Erfahrungsbericht
1.
Vor dem Auslandssemester
Für mich stand während meines 5. Fachsemesters fest, dass ich gerne im 7. oder 8.
Fachsemester ein Semester im Ausland verbringen möchte. Um mir einen Überblick über die
verschiedenen Austauschprogramme am Fachbereich Jura zu verschaffen, ließ ich mich im
Herbst bzw. Winter 2014 im Auslandsbüro des Fachbereichs Jura beraten. Dies kann ich sehr
weiterempfehlen, da man so einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten ins Ausland
zu gehen erhält und auch das für sich passendste Programm finden kann. Dies kann ich
insbesondere im Hinblick darauf empfehlen, dass es für die verschiedenen Programme
unterschiedlich hohe Bewerberzahlen gibt, die Universitäten in unterschiedlichen Sprachen
unterrichten und damit auch zum Teil Sprachkenntnisse vorausgesetzt werden.
Ich habe mich letztlich für Lissabon als Erstwahl entschieden, da mich sowohl die Stadt als
auch das Studienprogramm der Universität mit zum Teil englischen Kursen sehr ansprach.
Grundsätzlich ist es möglich, sich für einen Auslandsaufenthalt an der Universidade Nova de
Lisboa sowohl für das Wintersemester, das Sommersemester als auch für das ganze Jahr zu
bewerben. Ich habe mich für das Wintersemester, also mein siebtes Fachsemester,
entschieden, da dieses Semester am besten in meinen bisherigen und weiteren Studienverlauf
als Auslandssemester integrierbar ist.
Die Bewerbung gestaltete sich sehr unkompliziert: Neben Anschreiben und meinem Lebenslauf
legte ich der Bewerbung Leistungsnachweise und zusätzliche Zertifikate bei. Schon eine Woche
nachdem ich meine Bewerbung bei dem für Lissabon zuständigen Programmbeauftragten
einreichte, bekam ich per E-Mail vom Auslandsbüro eine Zusage. Es gab also kein Auswahloder Vorstellungsgespräch. Von Mitte Februar bis Mitte Juni gab es dann nicht viel zu
erledigen. Erst ab Mitte Juni meldete sich das Erasmus-Büro der Juristischen Fakultät der
Universidade Nova de Lisboa und bat mich eine Application Form einzureichen und ein
vorläufiges Learning Agreement zu unterschreiben.
Beim Erstellen des Learning Agreement half mir das Auslandsbüro am Fachbereich Jura sehr
weiter: Im europäischen Ausland wird Jura meist nicht auf Staatsexamen, sondern auf Bachelor
bzw. Master studiert und dort müssen im Grundsatz pro Semester 30 ECTS belegt werden.
Allerdings habe ich im Auslandsbüro die Empfehlung erhalten nur die Hälfte, also ca. 15 ECTS
zu belegen, da Kurse im Umfang von 30 ECTS mit einem sehr hohen Zeitaufwand verbunden
sind und ich mein Auslandssemester nicht nur an der Universität verbringen wollte. Letztlich
habe ich also 16 ECTS in Form von 3 Kursen belegt, die in etwa 12 Vorlesungsstunden pro
Woche an der Universität entsprachen.
Ab Mitte April besuchte ich im Sommersemester zu Vorbereitung auf das Auslandssemester
den A1/1 Sprachkurs Portugiesisch am Sprachenzentrum der Universität Frankfurt. Diesen Kurs
kann ich auf jeden Fall weiterempfehlen, insbesondere da die Dozentin sich sehr viel Mühe gibt
und auf die Wünsche der Kursteilnehmer eingeht. Die Gebühren für diesen Sprachkurs (ca.
55€) werden bei erfolgreicher Teilnahme nach dem Auslandssemester von der Universität
erstattet. Diese Gebühren müssen also „nur“ einige Monate vorgestreckt werden. Nicht erstattet
werden allerdings die Kosten für Kursmaterialen, wie das Lehrbuch.
Auf jeden Fall hervorheben möchte ich nochmal die durchweg sehr gute Betreuung und
Beratung durch das Auslandsbüro Jura, sowohl vor, während als auch nach des Semesters.
2.
Während des Auslandssemesters
a)
Wohnen in Lissabon
Grundsätzlich ist die Wohnsituation in Lissabon noch (!) sehr entspannt und Wohnraum ist auch
noch bezahlbar. Die meisten Studenten leben in WGs oder Wohnheimen. Alleine in einem
Apartment zu wohnen ist eher ungewöhnlich und auch teurer. Die Preise für Zimmer bzw.
Apartments variieren, es handelt sich aber fast immer um „Komplettpreise“. Die monatliche
Miete enthält die Grundmiete so wie alle anfallenden Nebenkosten wie Strom, Gas, Wasser,
Internet und die wöchentliche Reinigung durch eine Putzkraft, was gerade in größeren
Studenten-WGs in Portugal üblich ist. Für ein Einzelzimmer in einer WG muss man ca. 200-400
Euro rechnen. Für ein Apartment mit eigener Küche und eigenem Badzimmer ca. 450€ und
mehr.
Die Vermieter in Lissabon sind sehr gut auf Erasmus-Studenten eingestellt, denn es werden
viele möblierte und vollausgestatte Zimmer und Wohnungen vermietet, so dass man nichts
außer seinen persönlichen Gegenständen mitbringen muss. Allerdings ist das
Wohnungsangebot in Lissabon qualitativ sehr durchwachsen, je nachdem worauf man Wert
liegt. So ist es nicht unüblich, dass Zimmer ohne Fenster vermietet werden und es gibt
grundsätzlich keine Zentralheizungen in den meisten Wohnungen. Daher ist es
empfehlenswert, sich das Zimmer bzw. die Wohnung in die man einziehen möchte, vorher
anzusehen. Die meisten Studenten die ich getroffen habe, haben dies auch gemacht, indem sie
vor dem Semester nach Lissabon gereist sind und die ersten Tage in einem Hostel gewohnt
und sich dann eine Unterkunft gesucht haben, die sie vorher besichtigen konnten.
Eine der größten Plattformen im Internet über die man möblierte Zimmer und Wohnungen
findet, ist „uniplaces“. Allerdings kann ich diese nicht uneingeschränkt weiterempfehlen, da ich
auch von vielen Erasmusstudenten negative Erfahrungsberichte gehört habe: Zum Beispiel,
dass ein Zimmer mit Fenster in der Annonce angegeben wurde, das Fenster dann aber letztlich
nicht nach draußen, sondern zum Flur hinging.
Außerdem gibt es von der Universidade Nova de Lisboa ein Wohnheim direkt auf dem Campus,
das Zimmer vermietet. Allerdings bekommt für ein Zimmer im Wohnheim erst sehr spät eine Zuoder Absage, soweit ich weiß erst ganz kurz vor Beginn des Semesters Anfang September.
Außerdem liegt der Campus zwar in der Nähe einer Metrostation, aber nicht sehr zentral.
Ansonsten kann ich diese Option aber weiterempfehlen, vor allem da diese Zimmer sehr
günstig vermietet werden.
Ich habe mir schon im Frühjahr bzw. Sommer über das Internet eine Wohnung gesucht, auch
wenn ich mir des Risikos bewusst war. Letztlich habe ich mich für einen privaten WohnheimAnbieter entschieden: Liv’in Lisbon. Diese Anbieter bieten meist eine oder mehrere Wohnheime
in unterschiedlicher Größe für portugiesische und internationale Studenten in Lissabon an. Bei
Liv’in Lisbon gibt es unterschiedlich große Zimmer mit unterschiedlicher Ausstattung, die dann
entsprechend auch unterschiedlich teuer sind und ausschließlich an internationale Studenten
und junge Leute vermietet werden. Ich entschied mich für ein komplettes Einzelapartment mit
eigener (kleiner) Küche und kleinem Badezimmer, das integriert in einem Wohnheim mit 12
anderen internationalen Studenten lag. So konnte ich mich gut zurückziehen, konnte aber auch
die Gemeinschaftsräume wie Wohnzimmer, große Gemeinschaftsküche etc. mitnutzen und
hatte direkt Kontakt zu anderen internationalen Studenten.
Auch die Wohnheime von privaten Anbietern empfehle ich weiter, da man dort gleich andere
internationale Studenten kennenlernt und Anschluss findet. Nachteil ist natürlich, dass man
keine portugiesischen Studenten kennenlernt und die Alltagssprache englisch ist.
Will man schon in Deutschland ein Zimmer mieten, sollte man versuchen sich vorher zu
vergewissern wie seriös ein Anbieter bzw. Vermieter ist. Das geht z.B. über Rezensionen im
Internet oder auch über eine der Erasmusorganisationen. Bevor ich das Apartment bei Liv’in
Lisbon mietete, fragte ich bei den Erasmusorganisationen per E-Mail nach, ob ihnen dieser
Anbieter bekannt ist und vertrauenswürdig ist.
b)
Universidade Nova de Lisboa, Faculdade de Direito
Die juristische Fakultät der Universidade Nova de Lisboa liegt auf dem Campus Campolide in
der Nähe der Metro-Station „Sao Sebastio“. Von dort läuft man ca. 10 Minuten bis zum Campus
und nochmal 5 Minuten bis man wirklich vor dem Fakultätsgebäude steht. Der Campus ist
mittelgroß und hat recht schöne Gebäude und viele Grünflächen. Die Fakultät ist eher klein und
nicht zu vergleichen mit den großen deutschen Jurafakultäten. Ich habe gehört, dass dort
insgesamt nur 700 Studenten studieren. Dementsprechend gab es insgesamt auch „nur“ ca. 30
internationale Studenten, die ich alle mit der Zeit kannte.
In meinem Auslandssemester, einem Wintersemester, gingen die Vorlesungen von Mitte
September bis kurz vor Weihnachten. Ab Anfang Januar bis Anfang Februar wurden dann noch
Klausuren geschrieben, Vorlesungen fanden aber keine mehr statt.
Es werden sowohl englische als auch portugiesische Kurse für Erasmus-Studenten angeboten.
Dabei ist zu beachten, dass nicht alle portugiesischen und englischen Kurse für
Erasmusstudenten offen sind. Ob und welches System es für die Öffnung von Kursen für
Erasmus-Studenten gibt, war leider nicht sehr transparent. Insofern war meine Kurswahl leider
etwas eingeschränkt, da nur wenige Kurse für mich als Erasmusstudentin zur Auswahl standen.
Da ich nur rudimentäre portugiesische Kenntnisse hatte, entschloss ich mich ausschließlich
englische Kurse zu belegen. Die englischen Kurse die für Erasmus-Studenten geöffnet sind,
wurden dann auch fast ausschließlich von Erasmus-Studenten besucht. Dies hat Vor- und
Nachteile: Zwar lernt man schnell alle internationale Studenten kennen und findet sich in eine
Art Klassengemeinschaft ein. Allerdings bleibt man dadurch auch „unter sich“ und lernt kaum
portugiesische Studenten kennen. Ich würde raten nur portugiesische Kurse zu besuchen,
wenn man die Sprache schon am Anfang des Semesters auf einem guten Level (mindestens
B1) beherrscht.
Ich wählte die Kurse Industrial Property Law, Copyright Law und International Humanitarian
Law. Zumindest in meinen Kursen gab es keine offizielle Anwesenheitspflicht. Allerdings sind
die Kurse sehr klein, meistens besuchen sie nur 15-30 Studenten, so dass der Professor mit
der Zeit alle Namen und Gesichter kannte. Auch unterscheidet sich die „Unterrichtsmethode“
sehr von den typischen deutschen Jura-Vorlesungen: In den Kursen wurden mündliche
Mitarbeit, Präsentationen, Referate und Gruppenarbeiten erwartet. Der Unterricht ähnelte,
schon bedingt durch die kleine Kursgröße, viel mehr meinem Oberstufenunterricht. Das
empfand ich aber als sehr angenehm, da ich in Portugal ein ganz anderes Verhältnis zu den
Professoren und auch zum Kurs entwickelte.
In Industrial Property Law und Copyright Law konnte ich die abschließende Klausur durch eine
Hausarbeit und eine Präsentation ersetzen. Die Hausarbeit umfasste etwa 10-15 Seiten und
musste noch vor Weihnachten eingereicht und im Kurs präsentiert werden. Dafür musste ich im
Januar in diesen beiden Kursen keine Klausur mehr schreiben. In International Humanitarian
Law konnte ich freiwillig eine Präsentation machen, um meine mündliche Note zu verbessern.
Die Klausur am Ende des Semesters, also im Januar, war Pflicht. Die Klausur in IHL war sehr
fair gestellt und wenn man regelmäßig die Vorlesung besuchte, konnte man diese gut bestehen
ohne zusätzlich Literatur heranziehen zu müssen. Vom Aufbau ähnelte sie einer Klausur aus
der Oberstufe, z.B. aus dem Politik- oder Geschichtsunterricht.
Leider ist die Betreuung durch das Erasmus-Büro an der Fakultät in Lissabon ausbaufähig:
Schon bei der Einschreibung und beim erneuten Unterzeichnen meines Learning Agreements
gab es Schwierigkeiten. Zunächst wurden meine E-Mails mehrfach nicht beantwortet. Nachdem
ich dann einen Termin für das erneute Unterzeichnen des Learning Agreement hatte, wurde ich
beim vereinbarten Termin von der Erasmus-Koordinatorin weggeschickt, da sie „jetzt keine Zeit
für mich hätte“. Wie ich von anderen Erasmusstudenten gehört habe, scheint das öfter passiert
zu sein. Das Erasmus-Büro der Fakultät war dann von Oktober bis Anfang Januar unbesetzt
und auf E-Mails an die offizielle E-Mail-Adresse bekam ich keine Antwort, so dass die
Erasmusstudenten mehrere Monate keinen Ansprechpartner hatten. Dies konnte zum Glück die
wirklich sehr gute Betreuung durch das Auslandsbüro Jura an der Goethe-Universität Frankfurt
ausgleichen, an das ich mich auch während des Aufenthalts mit allen Fragen und Sorgen
wenden konnte.
c)
Sprache
Ich habe bereits im Semester vor meinem Auslandssemester einen A1/1 Portugiesisch Kurs
belegt und wollte daran in Lissabon anknüpfen. Die Universidade Nova de Lisboa bietet
Sprachkurse für internationale Studenten an, die auch nicht allzu teuer sind (ca. 50€). Auch
diese Gebühren werden mit Ausnahme der Kosten für die Arbeitsmaterialien im Anschluss an
das Auslandssemester bei erfolgreicher Teilnahme am Sprachkurs erstattet. Allerdings kann ich
von einem Sprachkurs an der Nova nur abraten: Ich habe meinen Sprachkurs letztlich nach ca.
6 Wochen abgebrochen, da ich nicht das Gefühl hatte dort die Sprache zu lernen. Das hing
sicher auch mit der Einstellung der Lehrerin zusammen, die kein großes Interesse daran hatte
uns strukturiert portugiesisch zu vermitteln. Von anderen Erasmusstudenten an meiner Fakultät
habe ich erfahren, dass ihnen schon im Vorhinein von den Sprachkursen an der Universität von
zurückkommenden Erasmusstudenten abgeraten wurde. Deshalb buchten manche Einzel- oder
Gruppenunterricht an einer Sprachschule oder bei Sprachstudenten. Dies ist unter Umständen,
vor allem bei einer Sprachschule, teurer als der Kurs an der Universität, es kann aber auch
recht günstig sein, vor allem, wenn man bei einem portugiesischen Sprachstudenten
Sprachunterricht nimmt.
In Lissabon sprechen gerade die jungen Leute sehr gut Englisch. Daher habe ich auch viele
Studenten getroffen, die für ein Semester gar keinen Sprachkurs belegt haben.
Im Rest von Portugal, besonders im ländlichen Bereich, sprechen die Menschen nicht so gut
Englisch wie in Lissabon oder Porto. Möchte man also mehr reisen, lohnt es sich schon deshalb
etwas portugiesisch zu lernen. Aber auch abgesehen davon, ist portugiesisch eine wirklich
schöne Sprache die es sich zu lohnen lernt, zumal man auch ein ganzes Semester in Portugal
lebt. Ich habe mich im Nachhinein sehr darüber geärgert in meinem Auslandssemester nicht
besser portugiesisch gelernt zu haben.
d)
Erasmus in Lissabon
In Lissabon gibt es sehr viele Erasmusstudenten. Vor allem aus Deutschland und aus
Osteuropa kommen viele Studenten nach Lissabon.
Es gibt mehrere ehrenamtliche Organisationen, die Erasmusstudenten unterstützen und
Freizeitaktivitäten anbieten. Die beiden größten Organisationen sind Erasmus-Life-Lisboa (ELL)
und das Erasmus Student Network Lisboa (ESN). Bei beiden kann man für einmalig ca. 10-12€
Mitglied werden und ist dann berechtigt an ihren Veranstaltungen teilzunehmen. Sie bieten viele
Partys an (fast jeden Abend mindestens eine), aber auch viele andere Freizeitaktivitäten wie
Surfkurse, Reisen in andere Regionen Portugals, Museumsbesuche etc. Dort lernt man auch
schnell andere Erasmus-Studenten kennen.
Daneben gibt es im Bairro Alto den so genannten „Erasmus-Corner“, in dem auch ELL sein
Büro hat. Dort treffen sich gerade am Anfang des Semesters abends oft Erasmus-Studenten,
so dass man auch dort viele Leute kennenlernen kann.
Das Bairro Alto ist Lissabons Kneipenviertel: In Lissabon ist schon ohne Erasmus das
Nachtleben sehr ausgeprägt. Das Angebot an Kneipen, Restaurants und Clubs ist
unüberschaubar. Während die Preise in den Kneipen und Restaurants oft sehr fair bzw.
verglichen mit deutschen Preisen günstig sind, sind die Preise in den Clubs eher teuer. Da
Lissabon im Nachtleben sehr viel zu bieten hat, ist auch die Stimmung unter den ErasmusStudenten sehr feierwütig.
Mir haben die Aktivitäten und die Partys der Erasmus-Organisationen nicht gefallen. Auch
konnte ich mit der allgemeinen feierwütigen Stimmung unter den Erasmusstudenten nicht viel
anfangen. Die meisten Kontakte, die man auf Erasmuspartys kennenlernt bleiben sehr
oberflächlich und beschränken sich auf das gemeinsame Feiern. Deshalb habe ich diese Partys
eher gemieden. Meine (Haupt-)Kontakte waren meine Mitbewohner und Mitstudenten an der
Universität. Dadurch habe ich sicherlich weniger neue Leute kennenlernt als jemand der viel auf
Erasmspartys unterwegs ist.
e)
Leben in Lissabon
Lissabon ist eine sehr schöne Stadt. Allein schon durch das fast ganzjährige sommerliche Klima
herrscht dort eine ganz andere Atmosphäre, als in den meisten deutschen Städten die man
schwer beschreiben kann. Das merkt man besonders bei einem Bummel durch die Stadt,
Belem oder die Alfama. In Lissabon gibt es nicht eine „Hauptsehenswürdigkeit“, sondern einige
Dinge die man, vor allem wenn man so lange in Lissabon ist, mal gesehen bzw. gemacht haben
sollte. Daher kann ich empfehlen ein bis zwei Reiseführer für Lissabon zu kaufen.
Die Portugiesen haben auf mich einen meist höflichen, aber eher zurückhaltenden Eindruck
gemacht. Dadurch kann es schnell so wirken, dass sie ein bisschen ruppig oder unfreundlich
sind. Allerdings ist dies meist nicht der Fall! Zeigt man Interesse und spricht auch etwas
portugiesisch sind sie sehr zuvorkommend.
Das Leben in Lissabon ist (etwas) günstiger als in Deutschland. Vergleichsweise billig sind in
Portugal frische Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch. Es lohnt sich wirklich diese
Lebensmittel frisch zu kaufen und selbst zu kochen, da sie qualitativ hochwertig sind. Denn
gerade „Fertigprodukte“, wie zum Beispiel eine fertige Tomatensoße aus dem Glas, werden
nach Portugal importiert und sind deshalb vergleichsweise teuer. Besonders teuer ist in
Portugal Kosmetik. Da man diese ja aber schlecht für mehrere Monate aus Deutschland
mitbringen kann, muss man sich darauf einstellen dafür mehr als in Deutschland zu bezahlen.
Was man auf jeden Fall ausnutzen sollte, ist, dass Kinofilme nicht ins portugiesische
synchronisiert werden, also in den Kinos auf Englisch mit Portugiesischen Untertiteln gezeigt
werden. Denn Kinokarten und Popcorn sind in Portugal vergleichsweise günstig.
Für die Metro kann man eine Monatskarte kaufen. Allerdings benötigt man dafür eine
besondere Karte aus Plastik im Scheckkartenformat, die personalisiert mit Namen und Bild für
einen ausgestellt wird. Diese sollte man möglichst frühzeitig beantragen. Dafür benötigt man ein
Antragsformular, ein Lichtbild, den Personalausweis und man muss eine Gebühr bezahlen. Das
Antragsformular gibt es leider nur auf Portugiesisch, so dass man sich beim Ausfüllen am
besten von seinem Vermieter oder im Büro von ELL oder ESN helfen lassen sollte. Dieses
reicht man dann bei einer der größeren Metrostationen am Schalter ein und kann ein paar Tage
später seine personalisierte Karte abholen auf diese dann Metrotickets aufladen kann. Wenn
man auf dem Antragsformular „eilig“ ankreuzt und 6€ mehr bezahlt, erhält man die Karte sogar
schon am nächsten Tag. Ein Monats-Metroticket für das Stadtgebiet Lissabon kostet ca. 36€,
wenn man es am Automaten auflädt. Allerdings habe ich, leider erst im Nachhinein, erfahren,
dass man das Ticket jeden Monat wohl für 15€erhält, wenn man am Schalter seinen ErasmusAusweis von der Nova vorzeigt.
Vor allem in den Sommermonaten und Ferienzeiten wird Lissabon von vielen Touristen
besucht. Dadurch ist die Stadt in dieser Zeit oft sehr voll und gerade in den Electricos und an
Touristenattraktionen tummeln sich dann viele Taschendiebe. Daher kann ich raten, wenn man
Sightseeing macht, wenig Wertsachen mitnehmen und gut darauf aufpassen. Das sollte man
aber auch sonst machen, denn es gibt in Lissabon mehr Taschendiebe als in deutschen
Städten. Eine besonders häufig genutzte Masche ist es wohl in der Metro und vor allem den
alten Electricos ein Gedränge zu verursachen und im Gedränge dann Wertsachen aus
Taschen, Jacken- sowie Hosentaschen zu klauen. Auch abends und nachts sollte man gut auf
seine Wertsachen aufpassen, um nicht Opfer von Taschendieben zu werden.
Kulinarisch hat Portugal viel Fisch zu bieten. Vor allem gibt es viel Stockfisch, der in den
Supermärkten auch getrocknet ausgebreitet angeboten wird. Ansonsten essen die Portugiesen
viel Fisch und Fleisch meistens mit Kartoffeln oder Reis als Beilage. Das portugiesische Essen
wird allerdings wenig gewürzt. Auf jeden Fall sollte man aber portugiesische Süßspeisen und
Gebäck probieren: In Lissabon gibt es überall kleine Bäckereien, die verschiedene süße
Teilchen anbieten. Besonders beliebt sind die Pasteis de Nata bzw. Pasteis de Belem, die es in
Lissabon an jeder Ecke für ca. 1€ zu kaufen gibt. Daneben kann ich empfehlen portugiesischen
Wein zu probieren.
f)
Reisen in Portugal und Spanien
Ich habe mein Auslandssemester auch genutzt um viel in Portugal und auch etwas in Spanien
zu reisen.
Man kann sowohl mit dem Sprachkurs an der Nova als auch mit ELL und ESN Ausflüge (zum
Teil über mehrere Tage) in verschiedene portugiesische Regionen machen für eine kleine
Kostenbeteiligung. Allerdings haben mir diese Ausflüge nicht so gut gefallen, da es oft ein fest
vorgegebenes Programm gibt nach dem die Sehenswürdigkeiten „abgearbeitet“ werden.
Dadurch konnte ich Land und Leute kaum selbst erkunden, sondern machte dies in der Gruppe
nach einem vorgegebenen Programm. Dadurch dass die „Reisegruppen“ sehr groß sind, habe
ich bei diesen Ausflügen auch viel Zeit mit rumstehen und auf andere Leute warten verbracht.
Auf der anderen Seite lernt man bei diesen Ausflügen Leute neu oder besser kennen. Aber
gerade für größere Reisen kann ich daher empfehlen das Land einfach auf eigene Faust oder
mit Freunden zu erkunden!
Es gibt verschiedene Optionen das Land zu bereisen, die alle sehr günstig sind: Zugfahren ist in
Portugal wirklich günstig, eine Fahrt mit dem Regionalzug kostet ca. 4€ (nach Cascais) und
eine Fahrt mit einem Hochgeschwindigkeitszug in der zweiten Klasse ca. 30€ (nach Porto oder
Faro). Auch der Preis für ein Mietauto und Benzin ist in Portugal erschwinglich, so dass man
auch auf diesem Weg weniger gut erreichbare Regionen besuchen kann. Daneben fliegt
Ryanair innerhalb Portugals und nach Spanien sehr günstig, dann allerdings nur mit
Handgepäck. Für die Verbindung Lissabon-Porto habe ich zum Beispiel nur 10€, also 20€ für
Hin- und Rückflug, und damit weniger als für ein Zugticket, bezahlt.
Ich habe mit dem Sprachkurs und ELL kleinere Ausflüge für jeweils ca. 15€ pro Tagesausflug in
die Umgebung von Lissabon gemacht. Mit ELL war ich einen Tag in Sintra und Cabo da Roca.
Mit meinem Sprachkurs war ich im Rahmen eines Tagesausflugs in Obidos, Alcobaca, Batalha
und Nazare und im Rahmen eines zweiten Tagesausflugs in Evora. Insbesondere Sintra und
Cabo da Roca sind wirklich einen Ausflug wert, allerdings locken diese Orte gerade in den
Sommermonaten viele Touristen an. Da man dort aber die Schlösser besichtigt und ein
bisschen spazieren gehen kann, ist man zwar auf gutes Wetter aber nicht zwangsläufig auf
warme Temperaturen angewiesen, so dass ich empfehlen kann Sintra in den Wintermonaten zu
besuchen.
Größere Reisen habe ich nach Porto, Sao Miguel (Azoren), an die Algarve mit einem Abstecher
nach Sevilla sowie nach Madrid gemacht. Alle diese Reisen haben mir sehr gut gefallen und ich
kann jede weiterempfehlen. Besonders kann ich aber eine Reise auf die Azoren
weiterempfehlen! Denn in diese Region kommt man von Deutschland aus nicht so schnell und
die Azoren haben sehr viel zu bieten. Ich war ca. 5 Tage auf der Hauptinsel Sao Miguel. Selbst
die größte Insel ist im Moment noch touristisch sehr unerschlossen, so dass man dort einfach
die tolle Landschaft genießen kann. Ich war dort wandern, in heißen Thermalquellen baden und
habe Wale und Delfine gesehen. Da es dort wenige öffentliche Verkehrsmittel gibt, sollte man
dort auf jeden Fall ein Auto mieten um mobil zu sein und auch ein bisschen was von der Insel
zu sehen.
3.
Nach dem Auslandssemester
Mittlerweile bin ich seit ca. 2 Wochen wieder in Deutschland. Ich weiß, dass ich alle drei Kurse
an der Universidade Nova de Lisboa recht gut bestanden habe. Welche Leistungen mir hier in
Deutschland wie angerechnet werden, weiß ich noch nicht ganz genau. Vor meinem
Auslandssemester habe ich mich informiert, dass 30 ECTS im Ausland in etwa zwei
Scherpunktleistungen in Frankfurt entsprechen, während 15 ECTS dann einer
Scherpunktleistung entsprechen. Ich habe 16 ECTS im Rahmen von 3 Kursen belegt, so dass
mir nach Auskunft des Auslandsbüros voraussichtlich der beste Kurs aus dem Ausland in
Deutschland als Schwerpunktleistung anerkannt wird. Wie genau portugiesische Noten in das
deutsche Jura-Notensystem umgerechnet werden, weiß ich nicht. Auch weiß ich nicht, ob man
sich die im Ausland erworbenen Leistungen statt im Schwerpunktbereich im Pflichtfachbereich
anrechnen lassen kann.
Zusammenfassend kann ich ein Auslandsemester in Lissabon auf jeden Fall weiterempfehlen.
Enttäuscht bin ich lediglich von der nicht so guten Betreuung durch das Erasmus-Büro vor Ort.
Die Stadt ist sehr schön und man kann in Lissabon und Portugal viel entdecken. Belegt man
mehr Kurse und erreicht die vollen 30 ECTS, kann man sich wohl in Frankfurt zwei
Schwerpunktleistungen anrechnen lassen, so dass man durch das Auslandssemester auch
kaum Zeit im Studienverlauf verliert.