Schaffhauser Nachrichten, 13.07.2015 "Musikalischer Tiefgang"

Montag, 13. Juli 2015
Region 13
Konzert
Musikalischer
Tiefgang
Kirche St. Johann
Matinee mit dem Soland-Chor
Schaffhausen Es war zweifellos ein
Wagnis, ein knapp zweistündiges Chorkonzert an einem Sommerferiensonntag über Mittag anzusetzen, und erst
noch mit zwei Werken, die fernab erfrischender Leichtigkeit angesiedelt sind:
Lili Boulangers Vertonung des 130.
Psalms («Du fond de l’abîme»), 1917 ein
Jahr vor dem Tod der französischen
Komponistin entstanden, und das ein
halbes Jahrhundert zuvor geschriebene «Deutsche Requiem» von Johannes Brahms. Das Wagnis hat sich gelohnt: In den Bänken der Kirche St. Johann sass ein immerhin über hundertköpfiges, höchst aufmerksames Publikum, das sich einen Hörgenuss von seltener Intensität und auf aussergewöhnlich hohem Niveau verschaffen konnte.
Ein hervorragender Chor
Es war vor allem die Übereinstimmung von Werk und Interpretation, die
zu fesseln vermochte. Der Soland-Chor,
ein professionelles Gesangsensemble
aus der Deutschschweiz, das künstlerischen Anspruch mit Nachwuchsförderung verbindet (in seinen Reihen finden sich sowohl erfahrene Berufssängerinnen und -sänger als auch junge,
ambitionierte Talente aus aller Welt),
trat als eigentlicher Kammerchor von
18 Mitgliedern auf, die auch die Solistinnen und Solisten stellten und einen
homogenen Klangkörper mit erstaunlicher Wandlungsfähigkeit bildeten. Das
erlaubte kammermusikalische Nuancierungen bis hin zu einer berührenden Intimität ebenso wie einen grossflächigen, dramatisch akzentuierten
Chorgesang. Die Leiterin Ruth Soland,
selbst Altistin, aber ebenso Stimmpädagogin und Dirigentin, legt offensichtlich grossen Wert auf eine Ausdrucksvielfalt, bei der sie sich bei ihren Sängerinnen und Sängern auf untadelige
Intonation, rhythmische Sicherheit und
stimmliche Schönheit verlassen kann.
Wenn man sich dennoch etwas wünschen wollte: Eine deutlichere Diktion
hätte vor allem Lili Boulangers Psalmvertonung gutgetan.
Werke, die sich die Hand geben
Der andere Aspekt des Konzerterlebnisses lag bei den beiden Werken,
die sich, bei allem tonalen Kontrast, auf
spannende Weise die Hand reichen. Sie
sind auf unfrömmlerische Art Trostspender, die menschlicher Not und dem
Tod die Gewissheit gegenüberstellen,
dass «bei Jahwe Erbarmen und Erlösung von allem Übel liegt» (der Psalmtext bei Lili Boulanger) und «die Seelen
der Gerechten in Gottes Hand sind und
sie keine Qual anrührt» (ein alttestamentlicher Weisheitsspruch, den
Brahms zitiert). Boulanger, die mit
knapp 25 Jahren ihrer chronischen
Bronchialpneumonie erlag, spricht sich
diesen in Musik gesetzten Trost im Gedenken an ihren Vater zu, den sie bereits als Kind verlor, Brahms nahm die
Arbeit an seinem Requiem nach dem
Tod seiner Mutter wieder auf. Wer sich
dieser Verwandtschaft der beiden
Werke bewusst war, erlebte deren
Interpretation durch den Soland-Chor
mit noch schärferen Konturen.
Wenn auch nicht in den wesentlich
öfter zu hörenden Orchesterfassungen, sondern in den Versionen mit Begleitung an zwei Flügeln (sehr intensiv
und mit viel Einfühlungsvermögen
durch Reto Reichenbach und Matthias
Kipfer), gewann der Chor gerade dadurch zusätzliche Transparenz. Die
Solostimmen sangen Ruth Soland mit
ungekünsteltem Alt und der Tenor Dàniel Arvai hell und klar in «Du fond de
l’abîme», Victor Pulver die Baritonsoli
(manchmal etwas gar theatralisch)
und Valérie Beney wunderbar in der
Sopranarie des Requiems (ihr berührendes «Ihr habt nun Traurigkeit»
bleibt uns noch lange im Gedächtnis.
Martin Edlin
Gästeführerin Rexa Müller wusste den Teilnehmern der Rheinfallführung am vergangenen Samstag viel Interessantes zu erzählen und war mit ihrem Hut bestens gegen
die Sonne gewappnet.
Bilder Jeanette Vogel
Sonne, Rheinfall und Wissenswertes
Viel Neues hörten Touristen
und Einheimische an einer
Rheinfallführung über den
grössten Wasserfall Europas.
VON Ursina Storrer
Neuhausen Am Rheinfall Warm war es,
die Sonne drückend, das Rheinfallbecken gut besucht. Zwischen den Softeis
schleckenden und fürs Foto posierenden Besucherinnen und Besuchern fand
sich am frühen Samstagnachmittag
eine Gruppe zur Rheinfallführung vor
dem Info-Shop beim Schlössli Wörth
ein. Alle hatten sie sich bereits vorab
angemeldet, die sommerlichen Temperaturen am Führungstag freuten die
meisten. Auch Rexa Müller, die Leiterin
der Führung, war guter Dinge und dank
ihrer langjährigen Erfahrung gut ausgerüstet: «Bei diesem Wetter nur mit
Hut» mache sie die Führungen. Die
Gruppe setzte sich übrigens nicht nur
aus Touristen zusammen. Mit Brigitte
Madyan war sogar eine Neuhauserin dabei. Ob sie denn den Rheinfall nicht genug gut kenne? «Man hat nie ausgelernt», lachte sie. Tatsächlich war es
nicht das gemeinhin Bekannte, das die
Führung ausmachte: Neben Geologie
und Entstehung des Falls thematisierte
Rexa Müller dessen industrielle und
touristische Erschliessung und wusste
vieles über den prominenten Besuch
vergangener Tage. Dass der russische
Zar einst den Rheinfall besuchte, wussten einige der Gruppe – was Goethe auf
seiner Rheinfallreise über das Naturschauspiel schrieb oder dass der berühmte englische Maler William Turner den Wasserfall mehrfach porträtierte, war den wenigsten bekannt.
«Wirklich eindrücklich», fanden Frank
und Edmunde Jungermann, welche aus
dem Ruhrgebiet zu einem Besuch ihres
Sohnes Jan nach Konstanz angereist
waren. Nicht mit dem eigenen Kind, dafür mit dem Göttimeitli Anja Niederberger
war Jens Osswald aus dem Kanton Zug
unterwegs. «Das war ein Weihnachtsgeschenk von mir, schon viel zu lange
her.» Von weiter her kamen Laune und
Alex Numeric: Zum Besuch ihres Neffen
Olivier Chabal und seiner Freundin Nicole
Unterlechner aus dem Kanton Thurgau
waren sie von Paris angereist.
Hat viel Neues über den Rheinfall und dessen Geschichte dazugelernt: Brigitte Madyan aus Neuhausen.
Alex Numeric ist mit seiner Frau Laune zum Besuch ihres Neffen
Olivier Chabal, der im Thurgau wohnt, aus Paris angereist.
Wie frisch verliebt: die Thurgauerin Nicole Unterlerchner mit
ihrem Freund Olivier Chabal.
Ein Weihnachtsgeschenk von Götti Jens Osswald war der Rheinfallbesuch für Anja Niederberger.
Beeindruckt von den Wassermassen zeigten sich Frank und
Edmunde Jungermann aus dem Ruhrgebiet.
Fast so gut wie sein Domizil Konstanz gefiel der Rheinfall Jan
Jungermann.