Das Theater zieht es zum Museum Gert Bruderer Das Altstätter Diogenes-Theater könnte im Schloss Prestegg zu einem kulturellen Leuchtturm werden. Die Zustimmung der Museumsgesellschaft ist dem Projekt bereits sicher. Die Nachbarschaft von Theater und Museum brächte beiden erhebliche Vorteile. Der Vorschlag, das Theater von der Peripherie der Altstadt mitten ins Städtli zu verlegen und im Museumsgebäude neue, bedeutend grössere Räume zu beziehen, kommt überraschend. Die Möglichkeit hat sich eröffnet, weil das Kreisgericht im neuen Rathaus tagen kann und ein Gerichtssaal im Schloss Prestegg in den Hintergrund gerückt ist. Bleiben oder zügeln? Die Frage, wie es mit dem Kleintheater weitergeht, treibt den Diogenes-Verein und die Stadt als Eigentümerin des Gebäudes schon länger um. Eine Erneuerung des Hauses ist dringlich und der dreissigjährige Mietvertrag zwischen Theater und Stadt ausgelaufen. Jeweils auf Ende Juni ist eine Kündigung durch die Stadt oder durch den Verein grundsätzlich möglich. Soll das Theater auf den bisherigen Standort setzen, sich also weiter an der Kugelgasse in unveränderbaren Räumen «verstecken», es eng haben und viel Geld in einen Umbau stecken – oder soll es sich an einem neuen Ort ausbreiten und noch stärker in die Region ausstrahlen können? Mehrere Standorte wurden geprüft, bis das Diogenes-Theater sich einer länger zurückliegenden Liebesbekundung entsann. Die Museumsgesellschaft hatte einmal das Zusammenrücken angeregt, für das Diogenes-Theater war die Zeit jedoch nicht reif. Jetzt ist sie es. So ergriff diesmal der Theatervorstand die Initiative – und löste beim Museum Freude aus. Gesetzlicher Druck Paul-Josef Hangartner, der Präsident der Museumsgesellschaft, sagt: «Es gäbe wesentliche Synergien.» Räume wie das Café oder das Entrée liessen sich gemeinsam nutzen, verschiedene kulturelle Projekte gemeinsam anpacken. Der vom Investitionsdruck am bisherigen Standort begünstigte Meinungsumschwung beim DiogenesTheater hat auch mit dem neuen Kulturgesetz zu tun. «Wir sind erschrocken, als wir uns damit befassten», sagt Diogenes-Präsident Michel Bawidamann. Das Gesetz fördert die «Leuchttürme», lässt aber die kleinen Kultureinrichtungen leer ausgehen. Somit ist der Plan, ins Schloss Prestegg zu zügeln, eine Flucht nach vorn. Sie fällt dem Vorstand leicht, denn dessen Wunsch verträgt sich bestens mit dem Zwang zum Leuchten. Michel Bawidamann sagt: «Wir wollen gesehen werden.» Dass es dem Museum ernst ist, hat die Gesellschaft mit raschem Handeln bewiesen. Bereits ist eine Vorstudie ausgearbeitet worden, es gibt erste Pläne und grobe Kostenschätzungen, die dem Diogenes-Theater zeigen: unabhängig davon, ob renoviert, am bisherigen Standort neu gebaut oder in der Prestegg ein neues Theater bezogen würde – die Mietkosten unterscheiden sich minimal und dürften für ein Theater in der Prestegg bei jährlich 48?000 Franken liegen. Beiträge an Betriebskosten Die Gesamtinvestition, die das Diogenes-Theater bei einem Umzug ins Schloss Prestegg aufzubringen hätte, wird mit 1,1 Mio. Franken beziffert. Diese Kosten dürften zu zwei Dritteln subventioniert werden. Den Rest von 360?000 Franken beabsichtigt das Diogenes-Theater dank Stiftungen, Fundraising, Sponsoren und Gönnern zusammenzubringen. Dass ein Mietverhältnis dem Bau eines eigenen Theaters vorgezogen wird, hat einen einfachen Grund: Von der Rheintaler Kulturstiftung wird das Theater mit Beiträgen an die Betriebskosten unterstützt. Viel mehr Platz Im Nordflügel des Museumsgebäudes entstünde bei einem Ja zum Projekt ein neues, rollstuhlgängiges Kleintheater mit 120 bequemen Plätzen. Das Foyer und die Bühne wären grösser, die Lüftung viel besser, Künstler und Techniker hätten mehr Platz, es würden zeitgemässe sanitäre Anlagen eingebaut; auch ein Atelier für Workshops und Sitzungen hat man im Sinn. Zu Neuem bereit Eine Besonderheit am alten Standort ist der schöne Garten. Das Nutzungsrecht ist allerdings beschränkt (auf Pausen, Apéros und Matinees). Nach einem Umzug zum Museum stünde ebenfalls ein Garten zur Verfügung, überhaupt der ganze Hof. «Alle Anlässe, die im Diogenes-Garten stattgefunden haben, waren defizitär», sagt Michel Bawidamann wie jemand, dem man nicht erklären muss, dass auch Kultur nicht ohne Geld auskommt. Der Vorstand ist denn auch «bereit, neue Wege zu beschreiten», die mehr Geld einbringen. Die Räume bestmöglich zugunsten von Einnahmen zu nutzen und Defizitgarantien einzuholen, ist das eine. Aber auch dem Zauberwort der bürgerlichen Politik verschliesst sich das Theater nicht. Dem Sparen.
© Copyright 2025 ExpyDoc