Handfütterung für die Jüngsten

Handfütterung
für die Jüngsten
Hof nach Jahrzehnten wieder im Vollerwerb
Von Marita Rinke
WESTENBORKEN. Als Josef Rottbeck Kind war, suhlten sich noch zehn Sauen
auf den Wiesen im Lange
Fohr 9. 15 Kühe wurden täglich gemolken, und einige
Hühner liefen hier über den
Hof. „Auch ein paar Mastschweine hatten wir“, erinnert sich der 49-Jährige, der
als junger Mann zwar noch
eine Lehre als Landmaschinenmechaniker absolvierte.
Doch: Landwirt im Vollerwerb? Das war für ihn vor
drei Jahrzehnten undenkbar.
„Der Hof konnte die Familie
nicht mehr ernähren.“ Rottbeck ging als Zusteller zur
Post, stellte den Betrieb auf
Kälbermast um und wurde
Landwirt im Nebenerwerb –
bis zum vergangenem Jahr.
Im Jahr 2011 baute Rottbeck einen neuen Maststall,
und seither ist er Vollerwerbs-Landwirt. „Ein ungewöhnlicher Schritt in der
heutigen Zeit“, räumt er ein.
„Doch irgendwann muss
man sich entscheiden.“ Rottbeck entschied sich für die
Kälbermast „als Lohnunternehmer“. Damit brauche er
sich „nur“ um die Aufzucht
der Tiere zu kümmern, nicht
um deren Vermarktung. Ein
in Bocholt ansässiger Konzern liefert ihm zwei Mal im
Jahr die nunmehr 680 Kälbchen (früher 270) und holt
die schlachtreifen Tiere nach
sechs Monaten wieder ab.
Gerade einmal 14 Tage
sind die Kälber alt, wenn sie
auf den Hof im Lange Fohr
kommen. Bis dahin war ihre
Futterquelle das Euter ihrer
Mütter. „Sie müssen bei uns
erst einmal lernen, eigenständig zu saufen“, sagt Rottbeck und berichtet, dass die
erste Woche, in der die Kälber auf den Hof kommen,
die arbeitsintensivste ist. „In
dieser Woche muss immer
die ganze Familie mit ran“,
betont er. Mit den Fingern,
die er jedem Kälbchen beim
Füttern zunächst ins Maul
steckt und dann zum Eimer
führt, zeigt er den noch unselbstständigen Tieren, wo
sie künftig ihre Nahrung
herbekommen. „Mit sechs
Erwachsenen sind wir damit
680 Kälber mästet Josef Rottbeck seit einem Jahr als Landwirt im Vollerwerb.
zwei Mal am Tag jeweils gut
drei Stunden beschäftigt“, erzählt Rottbeck. Nach etwa
vier Tagen haben die Kälber
raus, wie sie an die Milch
kommen und brauchen die
Hilfe nicht mehr.
„Nach und nach kommt
dann zur Milch auch das
Raufutter hinzu“, beschreibt
Rottbeck den weiteren Weg.
Denn schließlich ist es seine
Aufgabe, dass die Tiere
Fleisch auf die Rippen bekommen, Weißfleisch, das
bei den Verbrauchern besonders beliebt sei. Gute 50
Kilogramm Lebendgewicht
hat jedes der Kälbchen,
wenn es die so genannte Babybox auf dem Hof Rottbeck
bezieht. Wenn die Tiere nach
sechs Monaten Mast abgeholt und zum Schlachthof
gefahren werden, bringt ein
Kalb laut Rottbeck gute 150
Kilogramm Schlachtgewicht
auf die Waage.
Gefüttert werden die Tiere,
die sich nach fünf Wochen
eine Box mit sechs Tieren
teilen, mit Nebenprodukten
aus der Molkerei. „Das sind
Milch, Molke und Magermilch“, sagt Rottbeck – und
natürlich dem Raufutter, in
Foto: Rinke
der Regel Stroh.
Hat der Unternehmer aus
Bocholt die gemästeten Tiere
nach sechs Monaten abholen lassen, steht der Stall etwa eine Woche leer. „In dieser Zeit wird der Stall gereinigt und desinfiziert“, sagt
Rottbeck. Außerdem werden
die Babyboxen für die
nächsten Kälbchen wieder
eingebaut.