Erhebung des (Fach-)Sprachstands von Lehramtsstudierenden im

Erhebung des (Fach-)Sprachstands von Lehramtsstudierenden
im Fach Chemie
Hanne Rautenstrauch, Maike Busker
Ausgangslage und Forschungsziel
 Hohe Relevanz der Fachsprache im Chemieunterricht
 Hohe Korrelation zwischen sprachlichem und fachlichem Lernen
 Zunehmende sprachliche Heterogenität in der Schule bedingt durch
Mehrsprachigkeit und/oder den sozioökonomischen Status [1]
 Forderung nach durchgängiger Sprachbildung in allen Fächern [2]
⇨ Neues Aufgabenfeld für Chemielehrkräfte
 Sprachliche Kompetenzen der Lehrkraft wesentlich für erfolgreiche
Sprachförderung
Forschungsdesign
Die empirische Analyse der allgemein- und fachsprachlichen Fähigkeiten
angehender Chemielehrkräfte ist Teil des interdisziplinären Forschungsprojektes „Fach-ProSa“ der Fachdidaktiken Chemie und Germanistik.
 Fokus auf Erfassung schriftsprachlicher Kompetenzen
 Erhebung allgemein- und fachsprachlicher Fähigkeiten
 Einsatz verschiedener Tests (Textrezeption, C-Test, Textproduktion)
 Erfassung einflussnehmender Faktoren (biographische Daten, schulische
Vorbildung, Fachwissen, Selbstwirksamkeitserwartung)
 Studien zu allgemeinsprachlichen Fähigkeiten von Lehramtsstudierenden
weisen deutlichen Handlungsbedarf aus [3]
Übersicht über Testbereiche
 Kaum Kenntnisse über (Fach-)Sprachstand von höheren Klassenstufen [4]
oder Studierenden
Einflussnehmende Faktoren
SWE
Ziel des Projektes ist die Erfassung der allgemein- und fachsprachlichen
Kompetenz von Lehramtsstudierenden im Kontext des Faches Chemie.
Auf Basis dieser Ergebnisse sollen an den (Fach-)Sprachstand angepasste
Studieninhalte zur (Fach-)Sprache und ihrer Förderung entwickelt,
implementiert und evaluiert werden.
biographische Daten
allgemein- und
fachsprachliche
Kompetenz
Textrezeption
(fach-)sprachliche Kompetenz
schulische Vorbildung
Fachwissen
Textproduktion
Textrezeption
Methode und Stichprobe
Methode und Stichprobe
 Kombination aus C-Test und TF-Test
 Vier Texte über verschiedene Atommodelle
 Jedes dritte Wort zur Hälfte getilgt (Stammtilgung)
 Ziel: Rekonstruktion der Wörter zu einem orthographisch und
grammatikalisch korrekten Text
 Erhebung mit Lehramtsstudierenden des Faches Chemie an sieben
deutschen Universitäten und pädagogischen Hochschulen (N = 225)
 In Anlehnung an Skalen zur Messung des Textverstehens nach PISA
 Informationen ermitteln
 Textbezogenes Interpretieren
 Reflektieren und Bewerten [5]
 Kriteriengeleitete Auswahl eines Fachtextes:
 Textlänge, Inhalt, diskontinuierliche Elemente
 Verwendung zwei offener und drei geschlossener Fragen
 Inhaltsbezogene Fragen zum Fachtext für alle drei Skalen
 Frage zur Selbsteinschätzung in Bezug zu schwierigkeitsbereitenden
Merkmalen im Fachtext
 Erhebung mit Lehramts- und Fachstudierenden des Faches Chemie an
sieben deutschen Universitäten und pädagogischen Hochschulen (N = 231)
Textbeispiel:
Demokrit und ___________ere griechische Philosophen, ___________e Epikur,
haben ___________ch vorgestellt, dass ___________e Welt aus
___________nen, unteilbaren Teilchen ___________eht, Materie also
____________uierlich ist.
Ausgewählte Ergebnisse
Ausgewählte Ergebnisse
 Angemessene Schwierigkeit (𝑝RF-Wert = .722)
 Eindimensionaler Test (α = .886, 𝑟it >.748, 𝑟it = .678)
 Signifikanter Unterschied zwischen der Rekonstruktion der fachsprachlichen und der allgemeinsprachlichen Begriffe (p = .000, r = .24),
wobei die Rekonstruktion fachsprachlicher Begriffe schwerer ist
(𝑥 AS = .7632 > 𝑥 FS = .6957)
 Signifikanter Unterschied zwischen Richtig/Falsch-Wert (inkludiert
orthographische und grammatikalische Korrektheit) und richtiger
Worterkennung (p = . 000, r = .55)
 Angemessene Schwierigkeit (𝑝=.759)
 Vermutlich mehrdimensionaler Test (α = .184, 𝑟it = .011 - .157, 𝑟it = .044)
 Höhere Itemschwierigkeit bei offen gestellten Fragen (𝑝offen =.657) als bei
geschlossenen Fragen (𝑝geschlossen = .86)
 Der Großteil der Studierenden kann gegebene Informationen in einem
Fachtext identifizieren.
 Aber 49% der Studierenden formulieren ihre Antwort nicht mit eigenen
Worten.
 Schwierigkeiten der Studierenden in der eigenständigen Textproduktion
 Der Befund deutet darauf hin, dass fachlich und orthographischgrammatikalisch korrekte Textproduktion ein Bereich sein könnte, in
dem die Studierenden einen Förderbedarf aufweisen.
 Die Förderung der fachbezogenen Textproduktion erscheint aufgrund
der Daten notwendig, wobei die bestehenden Schwierigkeiten einer
genaueren Analyse bedürfen.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Aufgaben zur Textproduktion werden derzeit mit Hilfe eines Analyserasters,
das auf Grundlage des Zürcher Textanalyserasters entwickelt [6] und um fachsprachliche und fachliche Aspekte erweitert wurde, analysiert. Untersucht wird,
ob der Befund, dass die eigenständige Textproduktion im Kontext des Faches
Schwierigkeiten bereitet, mit Hilfe dieser Analysen bestätigt werden kann.
Des Weiteren sollen konkrete Bereiche der fachbezogenen Textproduktion (z.B.
Textkohärenz, fachtypische Sprachstrukturen, fachliche Korrektheit usw.) auf
ihren Förderbedarf hin untersucht werden. Diese Analyse soll mögliche
Anknüpfungspunkte für eine angemessene, an den (Fach-)Sprachstand
angepasste Förderung der (fach-)sprachlichen Fähigkeiten Studierender geben.
Literatur:
Hanne Rautenstrauch,
Prof. Dr. Maike Busker
Institut für mathematische, naturwissenschaftliche
und technische Bildung
Abteilung für Chemie und ihre Didaktik
Auf dem Campus 1
24943 Flensburg
[email protected]
[1] FEILKE, H. (2012): Bildungssprachliche Kompetenzen – fördern und entwickeln. In: Praxis Deutsch 39 (2012) 233, 4-13.
[2] GOGOLIN, I. (2010): Chancen und Risiken nach PISA – über Bildungsbenachteiligung von Migrantenkindern und Reformvorschläge. In: Auernheimer, G. (Hrsg.):
Schieflagen im Bildungssystem. Die Benachteiligung der Migrantenkinder. 4. Auflage. Wiesbaden. 33-50.
[3] SCHOLTEN-AKOUN, D., BAUR, R.S., MASHKOVSKAYA, A. (2012): Der C-Test als ein Instrument zur Messung der Schriftsprachkompetenzen von Lehramtsstudierenden
(auch) mit Migrationshintergrund – eine Studie. In: Ahrenholz, B. (Hrsg.): Sprachstand erheben – Spracherwerb erforschen. Stuttgart: Fillibach bei Klett. 307-330.
[4] REDDER, A. ET AL (2011): Bilanz und Konzeptualisierung von strukturierter Forschung zu „Sprachdiagnostik und Sprachförderung“. ZUSE-Berichte, Band 2.
Hamburg.
[5] BAUMERT, J. (Hrsg.) (2001): PISA 2000: Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. Opladen. 78-101.
[6] NUSSBAUMER, M. & SIEBER, P. (1994): Texte analysieren mit dem Zürcher Textanalyseraster. In: Sieber, P. (Hrsg.)(1994): Sprachfähigkeiten - Besser als ihr Ruf
und nötiger denn je! Aarau u.a., 141-186.