DIE DENKMALPFLEGERISCHE UNTERSCHUTZSTELLUNG RECHT 45 Im Zusammenhang mit Bauvorhaben besteht auch bei Baugenossenschaften nicht selten Klärungsbedarf, ob eine Wohnsiedlung unter den Schutz der Denkmalpflege zu stellen ist. Gegebenenfalls ist das Erneuerungsprojekt mit der Denkmalpflege in Einklang zu bringen. Ein frühzeitiger Kontakt lohnt sich. öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Baute stehen. Wiederum bewirkt der Inventareintrag keine verbindliche Unterschutzstellung. Der Grundeigentümer kann im Nutzungsplanverfahren oder, wenn seit Errichtung des Inventars kein solches durchgeführt worden ist, im Baubewilligungsverfahren die Schutzbedürftigkeit bestreiten (Art. 10d Abs. 2 BauG; Art. 13c Abs. 2 BauV). In beiden Fällen ist Zürcher Modell die kantonale Fachstelle (Kantonale Die gesetzlichen Grundlagen finden sich Denkmalpflege/Archäologischer Dienst) hauptsächlich im Planungs- und Baugeobligatorisch durch die Baubesetz (PBG, LS 700.1)2 sowie in der willigungsbehörde in das Verfahkantonalen Natur- und Heimatren einzubeziehen, sofern die schutzverordnung (KNHV, LS MARTIN BACHMANN, RECHTSDIENST Objekte von überkommunaler 702.11). Die Unterschutzstellung Bedeutung sind (im Inventar als beginnt in aller Regel mit der InK-Objekte bezeichnet). Diese erventarisierung einer Baute im stellt einen Fachbericht. Die überkommunalen oder kommuBauherrschaft hat kein Anhönalen Denkmalschutzinventar rungsrecht durch die Fachstelle, durch das Amt für Raumentbevor diese nicht Bericht erstatwicklung beziehungsweise den tet hat.7 Indem die DenkmalpfleGemeinde- oder Stadtrat.3 Die Inventaraufnahme bedeutet aber ge bereits bei der Projektierung erst eine Schutzvermutung. Sie einbezogen wird, kann das Verist zwar nicht eigentümer-, jefahren aber allemal vereinfacht doch behördenverbindlich. Das werden. Zum Schluss ist darauf Telefonische Auskünfte: 044 360 28 40 Gemeinwesen ist verpflichtet, im hinzuweisen, dass unter beMo–Do 8:30–11:30 Uhr Inventar eingetragene Bauten stimmten Bedingungen für die und Anlagen zu schonen und zu erhalten. privaten und öffentlichen Interessen. Erhaltung oder Restaurierung von BauDaher lässt sich eine inventarisierte Rein finanzielle Interessen des Grundei- denkmälern Finanzhilfen gewährt werWohnsiedlung nicht ohne Weiteres sanie- gentümers sind nicht ausschlaggebend. den.8 ren oder umbauen. Der Ersatzneubau In die Bewertung sollte aber meines Ersetzt sogar den vollständigen Verzicht auf achtens der Umstand einfliessen, dass die die Unterschutzstellung voraus. Es ist also Baugenossenschaften dem knappen An- 1 BGE 1C_300/2011 vom 03.02.2012 E. 5.1.2 ein definitiver Entscheid über die Schutz- gebot auf dem Wohnungsmarkt mit Woh- 2 §§ 203 – 217 PBG würdigkeit und allfälliger Schutzmass- nungen zu tragbaren finanziellen Bedin- 3 Die Inventare stehen bei den Gemeindeverwaltungen am Ort der gelegenen Sache, die überkommunagungen entgegentreten.5 nahmen zu treffen. len überdies bei der Baudirektion zur Einsicht offen. Hierzu kann der Grundeigentümer ein 4 Fritzsche/Bösch/Wipf, Zürcher Planungs- und Baurecht, Band 1: Planungsrecht, Verfahren und Rechtssogenanntes Provokationsbegehren beim Kanton Bern schutz, 5. Aufl., 2011, S. 227 Gemeinderat schriftlich stellen, soweit er Auch der bernische Gesetzgeber sieht In- 5 Zum Ganzen die vom Amt für Raumentwicklung herausgegebene Broschüre «Inventare Denkmalein aktuelles Interesse glaubhaft machen ventare vor. Besonders von Interesse ist schutz – Erläuterungen zur Erarbeitung, Festsetzung 6 kann (zum Beispiel konkrete Bauabsich- das Bauinventar. Darin enthalten sind und Anwendung» und Wegleitung im Umgang mit Wohnsiedlungen im kommunalen Inventar für ten, Erbteilung, Verkauf). Der Gemeinde- die schützens- und erhaltenswerten Bauschützenswerte Bauten und Anlagen der Stadt Zürich des Regionalverbands Zürich rat überweist das Begehren der Baudirek- denkmäler. Im Gegensatz zu ersteren tion, wenn ein Schutzobjekt in einem können die erhaltenswerten Baudenk- 6 Dazu Art. 10d f. Baugesetz (BauG, BSG 721.0) und Art. 13 ff. Bauverordnung (BauV, BSG 721.1) überkommunalen Inventar betroffen ist. mäler abgebrochen werden, wenn deren 7 Zaugg/Ludwig, Kommentar zum Baugesetz, Band I, 4. Aufl., Bern 2013, Art. 10f N. 17, S. 166 Das zuständige Gemeinwesen hat spätes- Erhaltung unverhältnismässig ist. Dies ist iehe «Merkblatt für den Ablauf von Bauvorhaben tens innert Jahresfrist über das Provokati- dann der Fall, wenn die Sanierungskosten 8 Sund für das Beitragsgesuch» der Denkmalpflege des Kantons Bern onsbegehren zu entscheiden. Die Kosten in keinem vernünftigen Verhältnis zum in Denkmalschutzobjekt ist wichtiger Zeitzeuge1 und geniesst – gewollt oder ungewollt – Schutz. Dieser Schutz ist schwergewichtig eine kantonale Aufgabe (Art. 78 Abs. 1 BV). Anhand der Regelungen der Kantone Zürich und Bern soll ein Überblick über das Verfahren zur Unterschutzstellung verschafft werden. zwecks Abklärung der Schutzwürdigkeit sind vom Gemeinwesen zu tragen.4 Anstatt die Schutzwürdigkeit verfügungsweise festsetzen zu lassen, kann eine Unterschutzstellung durch Vertrag mit dem Gemeinwesen ins Auge gefasst werden. In jedem Fall ist ratsam, das Bauprojekt frühzeitig mit der Denkmalpflege abzusprechen. Letztlich geht es bei der Schutzabklärung vor allem um eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse der Denkmalpflege und entgegenstehenden WOHNEN 11 NOVEMBER 2015 E
© Copyright 2024 ExpyDoc