Pressemitteilung - Uniklinik RWTH Aachen

Wie unsere Darmbakterien die Produktion von Antikörpern steuern
Institut für Molekulare Medizin veröffentlicht neueste
Forschungsergebnisse
Aachen, 08.07.2015 – Antikörper schützen den Körper vor Infektionen und
spielen eine wichtige Rolle bei Impfungen. Hierbei gilt: Je besser ein
Antikörper einen Fremdstoff, zum Beispiel ein Virus oder einen bakteriellen
Giftstoff, binden kann, desto effektiver kann dieser bekämpft werden. Für die
Entwicklung von Impfstoffen ist es daher wichtig, möglichst genau zu
verstehen, wie Antikörper gebildet werden. Wissenschaftler aus dem Team von
Prof. Oliver Pabst, Direktor des Instituts für Molekulare Medizin der Uniklinik
RWTH Aachen, haben jetzt in der Fachzeitschrift Nature Immunology berichtet,
wie Immunglobulin A (IgA)-Antikörper im Darm gebildet und kontinuierlich an
Veränderungen in der Zusammensetzung der Darmbakterien angepasst
werden.
Um Veränderungen im Antikörpermuster aufzuspüren, haben die beiden
Erstautorinnen der Studie, Dr. Cornelia Lindener und Irene Thomsen, während ihrer
Doktorarbeit an der Medizinischen Hochschule Hannover Millionen von IgAGensequenzen aus Mäusen und Patienten untersucht. Sie haben herausgefunden,
dass sich die grundsätzliche Zusammensetzung dieser Antikörper im Darm in
Neugeborenen und Erwachsenen kaum unterscheidet. Auch Infektionen und
Antibiotikagabe bewirken nur geringe Veränderungen des Antikörperprofils. „Es war
für uns unerwartet zu sehen, dass nach einem derart massiven Eingriff wie einer
Therapie mit Antibiotika ähnliche Antikörper gebildet werden wie vor der
Behandlung“, sagt Prof. Pabst. „Anfänglich hätten wir in dieser Situation sehr
unterschiedliche Antikörperprofile erwartet, da die Zusammensetzung der
Darmbakterien durch Antibiotika stark verändert wird.“
Diesen Befund konnten die Wissenschaftler weiter entschlüsseln. Sie haben gezeigt,
dass früh nach der Geburt gebildete Gedächtniszellen über lange Zeit hinweg die
Antikörperproduktion im Darm bestimmen. Über einen stabilen Pool dieser
langlebigen Gedächtniszellen kann die Zusammensetzung der Antikörper aufrecht
gehalten und gleichzeitig an die aktuelle Zusammensetzung der
Darmbakterienangepasst werden. Weitere Experimente zeigten darüber hinaus, dass
im Darm gebildete Immunzellen auch die Produktion von Antikörpern in der
Muttermilch bestimmen. So gelingt es, bereits in der Muttermilch Antikörper bereit zu
halten, die das Neugeborene sowohl vor Infektionen schützen als auch dessen
Zusammensetzung der Darmbakterien kontrollieren.
„Grundsätzlich wussten wir schon lange von der Existenz dieser Gedächtniszellen“,
sagt Cornelia Linder, „im Darm scheinen diese aber – anders als bislang
angenommen – quasi dauerhaft im Einsatz zu sein.“ Diese Ergebnisse werfen ein
neues Licht auf Wege der Antikörperproduktion. Weitere Arbeiten der Forscher sollen
in einem nächsten Schritt zeigen, wie diese Beobachtungen bei der Entwicklung
oraler Impfstoffe berücksichtigt werden können.
Weitere Informationen:
Prof. Oliver Pabst
Institut für Molekulare Medizin
Tel.: 0241 80-85496
Fax: 0241 80-82094
[email protected]
Pressekontakt:
Universitätsklinikum Aachen (AöR)
Dr. Mathias Brandstädter
Leitung Unternehmenskommunikation
Pauwelsstraße 30
52074 Aachen
Tel.: 0241 80-89893
Fax: 0241 80-3389893
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