Freitag, 9. Mai 2014 Kultur Ruinaulta 15 «Es war eine regelrechte Odyssee, bis die ‘Odissea’ bühnenreif war» Die drei Aufführungen des Jungen Theaters Graubünden von letztem Wochenende in Ilanz haben das Publikum überzeugt und berührt. Bis die improvisierte Version der Odissea nach Homer jedoch bühnenreif war, wurde den fünf Akteuren und ihren Regisseuren Barbara Schneider und Roman Weishaupt so einiges abverlangt. n Von Susi Rothmund «Können die nicht einmal zufrieden sein mit dem, was sie haben?», fragen sich die «Götter» in der «Odissea». Lange hören die Zuschauer in der dunklen Lagerhalle der Getränke Oswald AG in llanz nur das Geräusch der brechenden Brandung an den Klippen. So werden sie auf das Gefühl des Wartens eingestimmt, und genau darum geht es in dem Stück. Warten und hoffen. Tagelang, monatelag, jahrelang – aber auf wen, und was? Lange Zeit war nicht klar, mit wie vielen Schauspielern das Stück aufgeführt würde. Anfangs wollten nur vier mitmachen, dann waren es 15 und am Ende wieder fünf. Laut Roman Weishaupt hätten auch viele andere das Talent für die Bühne mitgebracht, haben jedoch abgebrochen, als sie begriffen, wie viel Zeit sie für den Theaterkurs investieren müssen. So konnten die Regisseure denn auch erst Anfang März mit der Inszenierung als solcher beginnen. «Bis wir die jetzige Gruppe hatten, war es ein ständiges Auf und Ab, eine regelrechte Odyssee mit der ‘Odissea’», erklären Barbara Schneider und Weishaupt. Improvisierte Szenencollage Auf den Harassen – die als Bühnenbild dienen – wartet Telemachos auf die Rückkehr seines Vaters, Penelope auf die ihres Ehemannes. Der Sohn kommt mit dem Heldenmythos seines Vaters nicht wirklich klar, und die treue Gattin wird ihr Bild von der heilen Familie auch revidieren müssen. Die einsame Kalypso hofft, dass ihr Held sie nicht verlässt, während Nausikaa und ihre Freundinnen sich zu Tode langweilen und hoffen, dass endlich mal was passiert in diesem gottverlassenen Tal, wo es zwar Schafe und Rinder gibt, aber bestimmt keine tollen Typen und auch keine Möglichkeit, Snowboardprofi zu werden. Das Gefühl, gestrandet zu sein und nie mehr wegzukommen. Da muss es doch noch mehr geben als fressen, grunzen und sich im Schlamm suhlen wie ein Schwein? Beeindruckend, wie viel schauspielerisches Talent die fünf jungen Leute zeigen und mit welcher Begeisterung und Konzentration sie in die verschiedenen Rollen schlüpfen. Mit dieser Inszenierung von aneinandergereihten – meist eigenen, improvisierten – Szenen brachten die Regisseure und die Jugendlichen von 13 bis 20 Jahren das Publikum dazu, über den Sinn, das Warten, die Erwartungen und Ansprüche des täglichen Lebens zu sinnieren. Vom Theater fasziniert Seit drei Jahren bietet das Junge Theater Graubünden Jugendlichen in verschiedenen Regionen die Möglichkeit, die Basics des Theaters zu lernen. Jasmin Bernhardsgrütter ist von Anfang an von der Partie und so begeistert, dass sie auch ihre Geschwister Ladina und Jamun und die Freundin Maria Tournas mit ins Boot ziehen konnte. «Man muss sehr präsent sein und kreativ, manchmal auch auf abstrakte Art und Weise, das gefällt mir», so Jasmin, die nach ihrem Handelsschulabschluss ein Praktikum beim Stadttheater Chur machen wird. Zur diesjährigen Gruppe zählt auch Kally Künnap. Die Schülerin der Talentschschule Ilanz hat durch ihre Rolle einen neuen Zugang zu ihrem Instrument – der Geige – gefunden. Profitieren konnten die Jugendlichen auch vom bekannten Rapper Gimma, der sie lehrte, wie man Textpassagen reimt und vorträgt. Nun darf sich die Gruppe auf einen weiteren Auftritt freuen, sie wurde nämlich ans Jugendtheater-Festival Spillplätz in Bern eingeladen, wo sie am Mittwoch, 4. Juni, 19.30 Uhr, in der Dampfzentrale in Bern auftritt. Weitere Informationen: www.jungestheater.gr Jamun, in der Rolle von Odysseus, träumt davon, ein Snowboardstar zu werden. Bilder Marco Hartmann
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