Spezialisierungen in der Bronzezeit. Archäologische Quellen und

Einladung zur Sitzung der AG Bronzezeit
auf der Jahrestagung des Nordwestdeutschen Verbands für Altertumsforschung
am 18.–21. September 2016 in Münster
Spezialisierungen in der Bronzezeit. Archäologische Quellen und
Modelle
Die von den archäologischen Quellen abgeleiteten Formen spezialisierten Wissens
(handwerklich, rituell usw.) bilden seit langem die Grundlage für weitreichende Diskussionen
über die Organisation prähistorischer bzw. frühschriftlicher Gesellschaften. Mit der
Beschäftigung der Frage nach einer Spezialisierung gehen meist ganz konkrete Auffassungen
der Organisation von Arbeit und Zeit einher. In der Folge dienen die Beobachtungen an
archäologischen Funden und Befunden der Rekonstruktion von sozialen Zusammenhängen
sowie der Ausarbeitung bzw. Bestätigung ökonomischer Modelle. Indem das Level der
handwerklichen Produktion Rückschlüsse auf den Grad der Standardisierung einer
prähistorischen Gesellschaft erlaubt, wird es zugleich als Indikator für die Organisation von
Eliten herangezogen. Der Nachweis einer zunehmenden Spezialisierung seit dem Neolithikum
und insbesondere der Bronzezeit gilt als Gradmesser für komplexe Gesellschaftsstrukturen.
Der Vorgang der Spezialisierung wird jedoch nicht nur als technischer und sozialer, sondern
auch als kognitiver Prozess der Entwicklung komplexer individueller Fähigkeiten verstanden,
der mit herausragenden mentalen Leistungen (Innovation, Erfindungsgabe, Ideenreichtum)
verknüpft wird.
Durch die Beobachtung der materiellen Kultur über lange Zeiträume bieten die
archäologischen Quellen insbesondere für eine handwerkliche Spezialisierung großes
Erkenntnispotential. Da aber lediglich nur ein Teil zugänglich ist, stellt die Kontextualisierung
der Beobachtungen häufig eine große interpretatorische Herausforderung dar. Die Diskussion
um den Nachweis von spezialisiertem Wissen bzw. von Spezialisten wird in der Archäologie
der Bronzezeit daher methodisch ganz unterschiedlich geführt.
Neben der handwerklichen Sphäre wird eine Spezialisierung in unterschiedlichen
Wirkungsbereichen (z. B. rituelle Spezialisten) gesehen und die Rolle verschiedener
spezialisierter Akteure der bronzezeitlichen Gemeinschaften thematisiert. Traditionell wird der
Beginn des Spezialistentums und damit eine (umfassende oder partielle) Arbeitsteilung als
eine Folge gesellschaftlicher Umwälzungen gedeutet. In der Diskussion um diese
Transformation rücken jedoch mittlerweile mehrdimensionale Modelle und damit vor allem der
soziale Background der Spezialisten stärker in den Vordergrund.
Für die Sitzung der Arbeitsgemeinschaft Bronzezeit in Münster möchten wir mit dem Thema
„Spezialisierungen in der Bronzezeit. Archäologische Quellen und Modelle“ eine
Auseinandersetzung mit dem Fragekomplex in seinen unterschiedlichen Facetten anregen.
Dabei erhoffen wir uns Beiträge, die Modelle der Spezialisierungen und Arbeitsteilung
diskutieren sowie solche, die sich dem konkreten Nachweis anhand der archäologischen
Quellen widmen. Insbesondere eine Vielfalt von Perspektiven und thematischen
Gewichtungen dürfte für die Fragestellung eine fruchtbare Diskussion begünstigen. Für eine
möglichst große Bandbreite an Aspekten möchten wir anregen, gezielt auch das Potential
nicht metallener Quellengruppen und ihre materialspezifischen methodischen Ansätze in
dieses Thema einzubringen.
Für die Sitzung schlagen wir die Fokussierung auf folgende Fragestellungen vor:
-
Was verstehen wir überhaupt unter spezialisiertem Wissen und welche Indikatoren
bietet der archäologische Befund?
Lassen sich verschieden Formen der Spezialisierung (Handwerk, Ritual, Krieg,
Medizin, Kunst) oder gar die „Spezialisten“ selbst nachweisen?
Welche Motive, Mechanismen und Folgen werden in der Forschung diskutiert bzw.
lassen sich anhand der Quellen nachweisen?
Welche Modelle von Zeit, Arbeit und Sozialwelt liegen den entsprechenden Deutungen
zugrunde und lassen sie sich archäologisch nachweisen?
Welche gesellschaftlichen Strukturen können für die Entwicklung von Spezialisten
vorausgesetzt werden bzw. sind für die Entstehung eines Bedarfs nach spezialisierter
Tätigkeit oder speziellen Gütern verantwortlich?
Wie üblich bietet unsere Sitzung die Gelegenheit „Neue Forschungen zur Bronzezeit“, die
nicht im Zusammenhang mit dem Tagungsthema stehen, und aktuelle Vorhaben aus den
Museen und Denkmalpflege zu präsentieren und zu diskutieren. Neben mündlichen Beiträgen
im Rahmen unserer Sitzung wird es bei der Tagung des Nordwestdeutschen Verbands für
Altertumsforschung in Münster auch die Möglichkeit geben Poster zu präsentieren. Dezidierte
Layoutvorgaben gibt es seitens der Veranstalter nicht, allerdings sollten die Poster möglichst
eine Größe von DIN A1 haben (594 x 841 mm) und die Schriftgrößen ausreichend sein
(Empfehlung für Fließtext: mind. 20 pt, Überschriften entsprechend größer).
Bitte richten Sie ihre Themenvorschläge mit einer halbseitigen Zusammenfassung bis zum 21.
Februar 2016 an die Sprecher der AG Bronzezeit. Wenn es nicht besonders vermerkt wird,
gehen wir von einer digitalen Präsentation über einen Beamer aus. Pro Vortrag sind 20
Minuten Redezeit und 10 Minuten Diskussion eingeplant. Sollte die Anzahl der angemeldeten
Vorträge den zur Verfügung stehenden Zeitrahmen überschreiten, werden Sprecher und
Beirat eine Auswahl treffen.
Ihre AG-Sprecher
Dr. Daniel Neumann
Römisch-Germanische Kommission des
Deutschen Archäologischen Instituts
Palmengartenstraße 10-12
D-60325 Frankfurt a. M
Dr. Gisela Woltermann
Abteilung für Ur- und Frühgeschichtliche
Archäologie
– Prähistorische Bronzefunde –
Robert-Koch-Straße 29
D-48149 Münster
[email protected]
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