Landwirtschaftliche Betriebsleiterinnen meistern

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W irtschaft, Bildung und Fors chung W BF
Agroscope
Mediendienst
Medienmitteilung
Datum: 22. 06. 2015
Landwirtschaftliche Betriebsleiterinnen meistern vielfältige Herausforderungen
Die traditionelle Rollenteilung auf bäuerlichen Familienbetrieben wird auch auf
Betrieben beibehalten, die von Frauen geführt werden. Landwirtschaftliche Betriebsleiterinnen sind nicht von den Arbeiten in Haushalt und Familie entbunden. Frauen leiten häufig kleinere Betriebe mit einfacheren Betriebsstrukturen
und betreiben zum Beispiel Mast- und Mutterkuhhaltung statt Milchwirtschaft.
Die Vereinbarkeit von Betrieb und Familie ist schwierig, aber nicht unmöglich,
wie die Zeitbudgeterhebung von Agroscope zeigt.
Der Zeitaufwand von landwirtschaftlichen Betriebsleiterinnen auf bäuerlichen Familienbetrieben in der Schweiz
beträgt durchschnittlich sechzig Stunden pro Woche. Dies hat eine Zeitbudgeterhebung von Agroscope bei fünfzig
Betriebsleiterinnen im Jahr 2011 ergeben. Betriebsleiterinnen investieren
rund einen Drittel ihrer Arbeitszeit in
den Betrieb und die Administration auf
(20,5 von 60,3 Stunden). Landwirtschaftsnahe Tätigkeiten (eine Stunde)
Betriebsleiterinnen in der Landwirtschaft werund ausserbetriebliche Erwerbstätigkeit den von ihren Partnern kaum entlastet.
(fünf Stunden) nehmen rund zehn Pro- (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)
zent ihrer Zeit in Anspruch. Gut die
Hälfte ihrer Arbeitszeit (33,8 Stunden) setzen sie für Haushalt und Familie ein
(58 Prozent). Im Vergleich dazu haben landwirtschaftliche Betriebsleiter mit gut
64 Stunden pro Woche zwar ein ähnlich hohes Arbeitspensum wie die Betriebsleiterinnen. Sie investieren aber mehr als drei Viertel ihrer Arbeitszeit, fast fünfzig Stunden, allein in den Betrieb. Dies hängt teilweise mit der Art und Grösse des Betriebs
zusammen: Betriebsleiterinnen bewirtschaften häufiger flächenmässig kleinere Nebenerwerbsbetriebe und betreiben kaum Milchwirtschaft. Aber vor allem wenden die
Betriebsleiterinnen viel mehr Zeit für Haushalt und Familie auf. Die Rollenteilung von
Frauen und Männern wird also nicht grundsätzlich verändert: Während die Betriebsleiter im Haushalt und bei der Erziehung stark von ihren Partnerinnen, den Bäuerinnen, unterstützt werden, ist die Mithilfe der Partner von Betriebsleiterinnen gering.
Besonders wenn die Kinder klein sind, ist die familiäre Belastung der Betriebsleiterinnen gross.
Betriebsleiterinnen und Bäuerinnen haben bezüglich Arbeitsalltag vieles gemeinsam.
Die Frauen mit Führungsfunktionen arbeiten zwar wöchentlich einige Stunden mehr
im Betrieb (plus 2,5 Stunden), jedoch nur geringfügig weniger im Haushalt (minus
1,2 Stunden), bei der Erziehung (minus 1,4 Stunden) und bei der ausserbetrieblichen
Erwerbsarbeit (minus 3,4 Stunden). Bezüglich Betriebsleitung und Betriebsplanung
ist von Unterschieden in der Arbeit von Betriebsleiterinnen und Bäuerinnen auszugehen, was aber aufgrund einer Zeitbudgeterhebung nicht eruiert werden kann.
Betriebsleiterinnen und ihre Betriebe
Die fünfzig Betriebsleiterinnen der Zeitbudgeterhebung sind im Durchschnitt 49 Jahre
alt, die jüngste Teilnehmerin war 33- und die älteste 68-jährig. Von den Partnern ist
das Alter nicht bekannt. 71 Prozent der Betriebsleiterinnen sind bäuerlicher und
29 Prozent nichtbäuerlicher Herkunft. Fast ein Drittel der landwirtschaftlichen Betriebsleiterinnen sind folglich Neueinsteigerinnen und haben ihren Betrieb nicht innerhalb der eigenen Familie übernommen.
Die von Betriebsleiterinnen bewirtschaftete landwirtschaftliche Nutzfläche (Eigenland
und Pachtland) betrug im Durchschnitt 12,7 Hektaren. Die Betriebe der Betriebsleiterinnen sind folglich flächenmässig kleiner als der schweizerische Durchschnittsbetrieb mit 18,3 Hektaren im Erhebungsjahr 2011. Im Gegenzug ist der Anteil biologisch bewirtschafteter Betriebe bei den Betriebsleiterinnen doppelt so hoch wie im
schweizerischen Schnitt (22,5 Prozent gegenüber zehn Prozent).
Die in der Zeitbudgetstudie erhobenen Betriebe liegen zu 42 Prozent in der Bergregion, zu 34 Prozent in der Talregion und weitere 24 Prozent liegen in der Hügelregion. Ein Drittel der Betriebe von Betriebsleiterinnen werden im Haupterwerb (34 Prozent) geführt und zwei Drittel im Nebenerwerb (66 Prozent), was die realen Verhältnisse abbildet.
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Auch Berufsverbände sind gefordert
Damit in Zukunft in der Schweiz mehr Frauen einen Landwirtschaftsbetrieb leiten,
muss nicht nur bei der Hofübergabe ein Umdenken stattfinden. Es müssen vermehrt
Frauen den Bildungsweg als Landwirtin mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis
(EFZ) einschlagen und bewusst eine Betriebsleitung anstreben. Neben dem nötigen
fachlichen Know-how benötigen Betriebsleiterinnen ein intaktes Selbstbewusstsein.
Unterstützung in der Versorgungsarbeit durch den Partner und / oder andere Personen und Institutionen helfen Betriebsleiterinnen, Beruf und Familie zu vereinbaren.
Um die gesellschaftlichen und strukturellen Veränderungen voranzutreiben, sind
auch die Berufsverbände gefordert.
Weitere Informationen:
Ruth Rossier, Linda Reissig: Zwischen Betrieb und Familie: landwirtschaftliche Betriebsleiterinnen in der Schweiz. Eine Zeitbudgeterhebung 2011. Agroscope Transfer:
www.agroscope.ch/transfer
Kontakt
Ruth Rossier, Forschungsgruppe Sozioökonomie
Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH
Tänikon 1, CH-8356 Ettenhausen, Schweiz
[email protected]
+41 (0)58 480 32 33
Ania Biasio, Mediendienst
Corporate Communication Agroscope
Reckenholzstrasse 191, 8046 Zürich, Schweiz
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