Rede von Bürgermeister Dirk Glaser zu Eröffnung

Rede von Bürgermeister Dirk Glaser zu Eröffnung der Integrationskonferenz 2015 am 30.
Oktober 2015 17:00 Uhr, Ratssaal, Hattingen
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
sehr geehrte Frau Nachtigall als Vorsitzender des Integrationsrates,
sehr geehrte Frau Beigeordnete Schiffer!
Ich möchte als neu gewählter Bürgermeister dieser Stadt die Konferenz nicht nur eröffnen,
sondern auch ein kurzes Grußwort an Sie richten, denn diese Veranstaltung ist mir sehr
wichtig.
Zunächst aber möchte ich zu Beginn zwei Gäste begrüßen. Zum einen freut es mich, dass
Thorsten Klute, Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des
Landes Nordrhein-Westfalen, heute unter uns ist und nicht weniger freue ich mich
darüber, dass Dr. Hans Dietrich von Loeffelholz, ein renommierter Migrations- und
Integrationsforscher, früher beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge tätig, zu uns
sprechen wird. Herzlich Willkommen in Hattingen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich glaube in diesen Zeiten ist es ab und zu ganz hilfreich, sich ins Gedächtnis zu rufen,
dass es Zuwanderung genauso wie Abwanderung in der Geschichte unserer Stadt schon
immer gegeben hat. Wir alle haben in unserer Familiengeschichte Erfahrungen mit
Migration gesammelt, sei es, dass wir im vergangenen Jahrhundert aus den Ostgebieten
aus Schlesien, Polen oder aus anderen Himmelsrichtungen nach Westdeutschland
gekommen sind oder, dass Teil der Familie vielleicht sogar in andere Länder
ausgewandert sind. Ich glaube, es kann uns ein klein bisschen helfen, zu verstehen, dass
es Migrationsbewegungen und seien es Völkerwanderungen ähnliche Mengen von
Menschen, die Zuflucht bei uns suchen, Gründe und Ursachen haben und in der
Menschheitsgeschichte nichts Neues sind.
Der 2. Weltkrieg brachte etwa 5000 Flüchtlinge nach Hattingen – die Südstadt wurde
gebaut, um Ihnen Wohnraum zu bieten. Natürlich gab es auch mit den innerdeutschen
Vertriebenen Probleme. Aber letztlich wurden auch sie integriert und die Stadt hat von der
Zuwanderung, man denke nur an die Arbeitskräfte, die auf der Hütte benötigt wurden,
profitiert.
Hattingen hat seit den 1950er-Jahren gelernt, Menschen zu integrieren, die aus vielerlei
Gründen zu uns gekommen sind. Mit den Anwerbewellen, die in den 1960er Jahren
kamen ja nicht nur Arbeitskräfte für die Thyssen-Henrichshütte, sondern Menschen.
Menschen, die am Leben in der Stadt teilhaben wollten. Es reifte der Gedanke, dass
Migrantinnen und Migranten eine eigene Interessenvertretung brauchen und dass mehr
für ihre Integration getan werden muss. Die Erfahrungen, die damals gesammelt wurden,
begleiten uns noch heute. Und wir sind froh, dass wir in Hattingen auf eine gute Tradition
von Integrationsarbeit – damals hieß das noch Ausländerarbeit – zurückblicken können
und wir diese Integrationsleistung ständig weiter entwickelt haben – in jüngster
Vergangenheit auch mit den jährlichen Integrationskonferenzen.
Meine Damen und Herren,
wir erleben im Moment eine Flüchtlingswelle hauptsächlich aus dem Nahen Osten, von
der wir glauben, dass es sie in dieser Größenordnung noch nie gegeben hat. Auch wir in
Hattingen merken, wie Kräfte zehrend die Aufnahme und die Versorgung von Menschen,
die bei uns Zuflucht suchen, ist. Sicher ist es verführerisch, an diesem Punkt einfach
"Stopp" zu rufen und zu meinen, man könne das Problem der Zuwanderung dadurch
lösen, indem man einen großen Zaun um Europa, wenn nicht sogar um Deutschland,
zieht. Aber damit wäre keines der Probleme gelöst und zudem müssten wir mit der Schuld
leben, den Tod Hunderter oder tausender Menschen damit zu verursachen.
Meine Damen und Herren,
das Thema der massenhaften, fluchtartigen Zuwanderung von Menschen, die Tausende
Kilometer unter schrecklichen Umständen zurücklegen, um zu uns zu kommen, wird
sicher – vielleicht auch unausgesprochen – die Gespräche und Diskussionen am heutigen
Abend begleiten.
Ich möchte Ihnen sagen, dass ich als Bürgermeister dieser Stadt stolz darauf bin, dass wir
es bislang geschafft haben, unsere Pflicht als Mitmenschen am Mitmenschen zu erfüllen.
Ich kenne die Belastung, die sowohl die Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe als auch
die Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Fachbereichen ertragen, um hilfreich zu
sein. Ich bin dankbar dafür.
Und ich bin zuversichtlich, dass wir in einigen Jahren mit Stolz darauf zurückblicken
werden, dass es uns gelungen ist, Menschen bei uns aufzunehmen, die sich als
Bereicherung in kultureller aber auch wirtschaftlicher Hinsicht erwiesen haben. In diesem
Punkt bin ich mit meiner Vorgängerin völlig einer Meinung, die im Begleitwort zu Einladung
zur Integrationskonferenz 2015 geschrieben hat, dass sie die gesellschaftliche Vielfalt in
all ihren individuellen Aspekten als wertvolles Potenzial sieht, dass es zu achten und zu
pflegen gilt.
Ich weiß sehr wohl, dass wir im Moment sehr große praktische Probleme haben, was die
Unterbringung und Versorgung einer wachsenden Zahl von Vertriebenen angeht. Aber
wenn unser Handeln von einer Perspektive oder vielleicht sogar von einer Vision geleitet
wird, wird uns das möglicherweise helfen, die Erschwernisse der Gegenwart zu meistern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich freue mich sehr, dass sie die Einladung zur Teilnahme an dieser Integrationskonferenz
nachgekommen sind, ich bedanke mich bei denen, die mit Thementischen und
Gesprächsangeboten bereitstehen, ich bedanke mich schon jetzt herzlich für die Beiträge
unserer beiden prominenten Experten und ich wünsche uns allen einen guten,
konstruktiven und Mut machenden Verlauf dieser Integrationskonferenz.
Glückauf!