Kiefern - Eine Baumschutzsatzung für Bernau

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Kiefern - bald nur noch auf dem Zehlendorfer Wappen?
Wald-Kiefern regten Künstler des Jugendstils an.
Eine prächtige Kiefer schmückte das alte Bezirkswappen von Zehlendorf.
Auf dem Wappen des vereinigten Bezirks Steglitz - Zehlendorf überlebte die Kiefer.
Den einst kräftigen Kiefern geht es aber Alters bedingt schlecht.
Die dringend benötigten jungen Kiefern werden immer noch wie Unkraut entfernt.
Immer weniger Kiefern
Wer allein seinen Vorurteilen folgt, wird
bei dieser Überschrift froh sein, denn
die Vorurteile lauten:
Kiefern werfen nicht nur im Sommer
sondern auch im Winter Schatten,
trocknen den Boden aus, machen ihn
sauer, dulden keine hübschen Blumen
und lassen den Englischen Rasen verdorren. Ihre Nadeln sind Müll, sie
verstopfen die Dachrinnen und verklemmen sich in Autoscheibenwischern. Wald-Kiefern sind ordinäre
Forstbäume, die nichts in gepflegten
Gärten zu suchen haben.
All diese Behauptungen sind unberechtigt und weisen nur auf die Unfähigkeit des Gärtners hin, der mit den
natürlichen Gegebenheiten in Brandenburg nicht zurecht kommt.
Kiefern retteten Preußen vor der
Sandwüste
Nach der Besiedlung aus dem Westen
vor 800 Jahren und den folgenden
mittelalterlichen Rodungen wurde
Brandenburg vom Waldland zum Ackerland und wegen der Übernutzung
der Sandböden bald darauf zur unfruchtbaren "Streusandbüchse".
Es wurde immer schwieriger, genügende Ernten einzubringen und Holz
zum Kochen, Heizen und als Baumaterial zu erhalten.
Wanderdünen, die ganze Dörfer bedrohten, bildeten sich, weil die Wind
brechenden Wälder abgeholzt waren.
Der freiliegende Sandboden wurde bei
Unwettern weggespült. Die tiefen Rinnen sind heute noch z.B. bei Belzig als
so genannte "Rummeln" sichtbar.
Als die Umwelt-, Nahrungsmittel- und
Rohstoffkrisen auf dem Höhepunkt wa-
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ren, haben Kiefernanpflanzungen das
Land vor einem endgültigen Desaster
gerettet. Andere neu angepflanzte
Baumarten hätten zwar auch überlebt,
nicht jedoch so schnell den wirtschaftlichen Ertrag gebracht.
Wald-Kiefern sind jedoch in Brandenburg nahe an ihrer westlichen natürlichen Verbreitungsgrenze. Ihr riesiger
Lebensraum reicht über ganz Sibirien,
fast von der nordostasiatischen Pazifikküste bis zum Rhein. Diese Kiefern
können sich besonders gut an
schlechte Standorte anpassen und
wuchsen deshalb in der nachmittelalterlichen Agrarwüste besser als andere
Bäume.
Eine malerische Wald-Kiefer wurde
1907 zum Wappenbaum
Als das Land längst den schlimmen
Krisen entwachsen war, gab es Flächen deckende Kiefernforste. Märkische Kiefern und Seen waren die
Landschaftsmotive, die Künstler für
sich entdeckten. Walter Leistikow und
auch unzählige, mehr oder weniger
berühmte Maler begeisterten sich für
die blauen Wasserflächen, hohen,
leuchtend goldgelben Kiefernstämme
vor einem blauen, märkischen Himmel.
Wald-Kiefern auf Bildern wurden salonfähig und haben sogar die Malerei
reformiert.
Große Teile von Zehlendorf wurden in
den Kiefernwald hineingebaut und die
Begeisterung für Kiefern reichte so
weit, dass eine Wald-Kiefer das Zehlendorfer Wappen schmückt.
Die alte Baumgeneration wird gefällt
Zehlendorfs Kiefern sind schwach geworden. Sie können sich kaum noch
gegen die jetzt konkurrenzkräftigeren
Laubbäume durchsetzen. In den letzten Jahrzehnten sind zu wenige WaldKiefern in den Gärten und Parks nachgewachsen, andere Kiefernarten wurden bevorzugt gepflanzt.
Exotische Kiefern folgten
Häufig hat man Schwarz-Kiefern, deren Heimat weiter südlich in Europa
liegt, nachgepflanzt. Diese haben buschigere, längere Nadeln und sehen
als junger Baum dadurch kräftiger aus.
Vielleicht erinnern sie auch stärker an
Pinien und stillen die "ItalienSehnsucht". Später wird der Stamm
einheitlich grau und damit weniger
reizvoll als der gelbe bis rote Stamm
der Wald-Kiefer. Schwarz-Kiefern vertragen schattigere Standorte und
wachsen sehr viel leichter an als WaldKiefern. Sie werden deshalb lieber gepflanzt.
In den 1950er Jahren hat man viel mit
den klein bleibenden Latschenkiefern
experimentiert. Dieses sehr schwachwüchsige Gehölz kann sich nur an
sonnigen Standorten ohne andere
konkurrierende Bäume behaupten. Ihre
natürlichen Verbreitungsgebiete liegen
in den Alpen oberhalb der Baumgrenze, deshalb sind Bergkiefern kaum auf
die Verteidigung ihres Standortes gegen andere Bäume eingestellt.
Als weitere, hier seltene, exotische
Kiefernarten sind in Zehlendorf anzutreffen:
Die aus Nordamerika stammenden
Banks-Kiefern, Dreh-Kiefern, PechKiefern und Weymouth-Kiefern.
Die in den Alpen und in Sibirien heimischen Zirbel-Kiefern sowie höchstens
fünf extrem seltene Arten.
Unsere alten Kiefern haben "Ohren"
Erdarbeiten oder unter der Baumkrone
geparkte Fahrzeuge haben die Wurzeln der Kiefern beschädigt. Alte Bombensplitter, Nägel und Schrauben
führten zu Verletzungen, die zwar oberflächlich verheilen, den Baum aber
noch nach Jahrzehnten schädigen.
Besonders Altbäume können sich nicht
mehr gegen sogenannte Schwächeparasiten, wie Pilze, die den Stamm von
Innen zersetzen, wehren.
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Deshalb beobachtet man bei fast allen
alten Kiefern weißes Harz zwischen
den Borkenplatten.
Beim sorgfältigen Absuchen des
Stammes findet man oft kleine Baumpilze, die wie (waagerechte) Ohren aus
der Rinde hervortreten.
Zur Abbildung: Baumpilzbefall an einer jungen
Kiefer im Grunewald. Das durch den Pilz weich
gewordene Holz nutzte ein Specht zum bequemeren
Bau seiner Höhle. Nun wächst der Pilzkörper wie
ein Schirm über das Eingangsloch. Der typische
Kiefernfeuerschwamm hat wesendlich unscheinbarere Pilzkörper.
Die "Ohren" sind die Sporenträger des
Kiefernfeuerschwammes. Jahre nach
dem erst unsichtbaren Pilzbefall wird
die Baumkrone immer schütterer, auch
weil sich weitere Krankheitserreger
angesiedelt haben, der Baum stirbt ab.
Das ist die Zeit der Spechte, die erst
Käferlarven, dann Bruthöhlen im Holz
finden. Später dienen die von Spechten gefertigten Höhlen vielen anderen
Tieren als Wohnung. Leider zu selten
bleibt ein sogenannter Hochstubben,
ohne Krone, mit seinen Bewohnern
absichtlich stehen. Aus Sicherheitsgründen werden in Zehlendorf alle
großen Kiefern verschwinden.
Wie kann ich Kiefern helfen?
Wenn Sie in Ihrem Garten etwas für
die Zehlendorfer Kiefern tun möchten,
dann pflegen Sie am besten diejenigen
Bäumchen, die von selbst gekeimt
sind. Wenn Sie selbst keine finden,
wird einer Ihrer Nachbarn Ihnen kleine
Kiefern abgeben. Richtig verpflanzt
sind diese Bäume widerstandsfähiger
als jede Baumschulkiefer. Besonders
die zur Zeit angebotenen 1 bis 2 m hohen, buschigen, kegelförmigen WaldKiefern sind zwar repräsentativ aber
sehr teuer und erweisen sich bald als
richtige Pflegefälle, sofern sie nicht
gleich eingehen.
Es gilt die Regel, dass kleine verpflanzte Bäume schneller und problemloser als größere anwachsen, und
in vielen Fällen größer verpflanzte
Bäume schnell überholen. Wer kleine
Kiefern kaufen muss, wird sich über
die geringen Preise der Bäumchen
wundern.
Kiefern pflegen, Kiefern pflanzen!!
Seit einigen Jahren läuft ein Programm
zur Nachpflanzung von Kiefern in
Parkanlagen und auf Privatgrundstücken, das von der AGENDA 21, dem
ehemaligem Bezirksbürgermeister und
dem Naturschutz- und Grünflächenamt
unterstützt wird. Aber auch Sie können
zum Erhalt der Wald-Kiefern beitragen.
Am besten ist es, wenn Sie die gekeimten Kiefern in Ihren Garten pflegen. Eventuell müssen sie auch umgesetzt werden. Kiefern (ver-) pflanzt
man vom Spätsommer bis April,
Herbstpflanzungen sind vorteilhafter.
Größere Kiefern können oder müssen
nach dem Verpflanzen zurückgeschnitten werden, einige Triebspitzen
sollten aber erhalten bleiben.
Frisch verpflanzte Kiefern brauchen
viel Wasser! An Wassermangel gehen
anfangs mehr Kiefern ein, als an
Lichtmangel.
Sie mögen eine mit Kiefernnadeln oder
Rindenmulch bedeckte Pflanzstelle.
Anfangs werden sie schnell von Gräsern oder anderen Kräutern überwuchert. Man sollte diese Konkurrenz
entfernen, ohne die schwachen Kiefernwurzeln zu zerstören. Ohne Wurzelballen verpflanzte Kiefern „wackeln“
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manchmal in der Erde hin und her.
Dann muss (!!) man sie fest antreten,
ohne die Rinde mit dem Schuh zu
verletzen, etwas Erde aufschütten und
vielleicht an einem Pflanzpfahl anbinden.
Zur Abbildung: Die junge Kiefer in Bildmitte wurde zusammen mit weiteren Geschwistern aus einem
Privatgarten an die Rehwiese verpflanzt, weil die
alten Kiefern stark vom Feuerschwamm befallen
sind. Unter günstigen Bedingungen werden sie in
gut 100 Jahren die Landschaft als Großbäume
schmücken.
Junge Kiefern benötigen viel Licht, aber keinesfalls soviel wie immer behauptet wird. Leider verhindert das
Vorurteil, demzufolge Kiefern nur auf
Freiflächen wachsen, zu oft eine
Nachpflanzung. Mit dem Schattenwurf
eines Gebäudes können sie leben,
unter dicht belaubten Bäumen gehen
sie jedoch ein.
Überhaupt nicht vertragen sie Birken,
noch schlimmer sind Robinien in ihrer
Nähe.
Die richtigen Nachbarpflanzen sind
wichtig
Unter Kiefern wächst nichts - dieses
Vorurteil ist unhaltbar.
Kiefern lieben Rosen und ursprünglichere Rosenarten gedeihen unter
Kiefern sehr gut. Die Hundsrose kann
sogar mit langen Zweigen hoch in die
Kiefern hinauf klettern. Dort oben blüht
sie und bringt leuchtend rote Hagebutten zwischen den dunkelgrünen
Kiefernnadeln im Winter hervor.
Von den vielen anderen Pflanzen, die
unter Kiefern gut gedeihen, ist der
Rhododendron zu nennen. Immergrün,
Heidekräuter, Roter Holunder und Wacholder oder Ilex, die Stechpalme,
wachsen gut unter nicht zu dicht stehenden Kiefern. Aprikosenbäumchen
können unter dem Schutz einer Kiefer
recht gute Ernten bringen.
Weder unter Kiefern noch sonst wo im
regenarmen Brandenburg gedeiht
Englischer Rasen ohne gigantischen
Pflegeaufwand. Wer aber unter seiner
Kiefer pflegeleichte, struppige Gräser
mag, die keine Bewässerung, fast keinen Schnitt und überhaupt keinen
Dünger benötigen, kommt voll auf seine Kosten.
Die Pflege eines kiefernreichen Gartens lohnt sich, wenn man davon ausgeht, dass prinzipiell nicht alle Pflanzen überall dort wachsen können, wo
wir sie uns wünschen, und wenn wir
auch etwas „Natur“ an der Gartengestaltung beteiligen möchten.
Fotos und Inhalt:
Dr. Achim Förster
Feb. 2006
Bund für Umwelt- und Naturschutz
Bezirksgruppe Südwest
Kontakt:
BUND Berlin e.V.
Crellestr. 35
10827 Berlin
Fon: 030 787900 0
Fax: 030 787900 18
E-Mail: [email protected]
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