Nur Industrialisierung schafft billigen Wohnraum

NAMEN & NACHRICHTEN
ZIMA: expansion im alpenraum erfolgreich vorantreiben
Nur Industrialisierung
schafft billigen Wohnraum
Fotos: Zima
ZIMA ist als Immo-Entwickler heute im ganzen deutschsprachigen Alpenraum
tätig und schaffte 2014 ein Rekordjahr. Trotz ausgezeichneter Geschäftslage sieht
ZIMA-CEO Alexander Nußbaumer Luft nach oben. Das Hauptproblem der
Bauwirtschaft seien die uneinheitlichen Bauvorschriften der Bundesländer.
Ein Auszug realisierter ZIMA-Projekte: DerJahresumsatz beläuft sich auf über 100 Millionen Euro.
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Wirtschaft im Alpenraum • Juli/August 2015
WIA: Herr Nußbaumer, die ZIMA
kann auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. In welchen Geschäftsfeldern bewegt sich die ZIMA Holding AG?
Alexander Nußbaumer: Seit den 70er
Jahren entwickelt die ZIMA Holding AG
Immobilien zum Wohnen und Arbeiten.
Sie hat ihren Firmensitz in Dornbirn.
Neben dem klassischen Wohnungsgeschäft sind wir auch im Gewerbebau mit
Einzelhandelsthemen vertreten. Der Imster Fachmarkt, der M-Preis beim Cyta sowie die Gebäude am Tivoli-Areal, wo in
Kooperation mit der Neuen Heimat Tirol
neben 400 Wohnungen zudem ein Bürohaus, Hotel und Einzelhandelsflächen mit
Merkur entstanden, sind Beispiele dazu.
Als viertes Projekt, das noch relativ jung
ist, bieten wir die Bauherrenpartnerschaft.
Wie sieht die letztjährige Bialnz für
die ZIMA-Gruppe aus?
Die Jahresgesamtleistung der ZIMA
Gruppe beläuft sich 2014 so wie in den
Jahren zuvor auf ca. 100 Millionen Euro.
Mit insgesamt 425 verkauften Wohneinheiten erzielten wir letztes Jahr aber ein
Rekordergebnis. Aktuell haben wir ca.
2.000 Wohnungen in der Pipeline, was
einer Auslastung von rund vier Jahren
bedeutet. Davon werden ca. 570 Wohneinheiten in Tirol bzw. 300 in Innsbruck
errichtet, ca. 420 in Südtirol, ca. 410 im
Raum München, 505 in Vorarlberg und
55 in der Schweiz. Mit einer Belegschaft
von 173 Mitarbeitern hat die ZIMA mittlerweile Niederlassungen in Innsbruck,
Bozen, München und seit kurzem auch
eine in St. Gallen. Bei den letzten beiden
Standorten sehen wir noch viel Ausbaupotenzial.
Haben Sie ein besonderes Geschäftsmodell, wie Sie an ihre Projekte herangehen?
Nach dem Erwerb der Liegenschaft entwickeln wir eine Idee, die im Einklang mit
städtebaulichen Anforderungen und den
Kundenbedürfnissen steht. Wir beschäftigen keine eigenen Architekten, sondern
nur Techniker, d.h. wir lassen planen und
setzen dann aber selber um. Damit garantieren wir eine hohe Flexibilität, was sich
auf die gegebene Aufgabenstellung positiv
auswirkt.Was wir durchführen, sind Architektenwettbewerbe, um gestalterisch ein
Foto: WIA
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Alexander Nußbaumer: Im Gegensatz zum Generalunternehmen werden bei einer Bauherrenpartnerschaft jegliche Dienste einzeln vergeben und verrechnet.
Optimum herauszuholen. Wir verkaufen
als Immo-Entwickler alle Elemente selber
und wollen vom Kunden Lob und Tadel
hören, um uns damit qualitativ verbessern
zu können.
Sie haben die Bauherrenpartnerschaft angesprochen. Was kann man
sich darunter vorstellen?
Unternehmen vergeben ihre Bauprojekte
in der Regel an einen Architekten oder sie
beauftragen ein Generalunternehmen, um
sich abzusichern. Generalunternehmen
sind aber meist nur solange dein Freund,
bis der Auftrag erteilt wurde. Anschließend geht es immer ums Kostendrücken
auf Kosten des anderen. So ein Projekt
umzusetzen, ist nicht zielführend. Deshalb
entwickelten wir von ZIMA die Bauherrenpartnerschaft für Unternehmen, wo
im Gegensatz zum Generalunternehmen
alle Dienstleistungen einzeln vergeben
und auf Honorarbasis abgerechnet wird.
Die ZIMA agiert dabei quasi als „Leihbauherr“ übernimmt als Dienstleister das
Projektmanagement und realisiert das
Bauprojekt. Beim Bauherrn bleibt dabei
die Entscheidung über Vergabe und Kosten bis zum Schluss. Infolgedessen sitzen
wir bis zur Fertigstellung des Gebäudes
auf derselben Seite des Tisches.
Können Sie ein konkretes Beispiel
einer Firma nennen, die von Ihrem
Modell der Bauherrenpartnerschaft
profitiert hat und konkret wie?
Mit Doppelmayr sind wir gerade dabei,
den Neubau des Verwaltungsgebäudes
Wirtschaft im Alpenraum • Juli/August 2015
Wolfurt mit einem Bauvolumen von ca.
50 Millionen Euro umzusetzen. Die Zwischenbilanz zeigt, dass unser Honorar bereits mehrfach für Doppelmayr eingespart
wurde. Und weil bei der Auftragsvergabe
immer der Bauherr das letzte Wort hat,
fördert das auch die Regionalwirtschaft.
Gute Beziehungen und traditionelle Seilschaften zu Firmen aus der Region können so bewahrt bleiben. Ein weiteres Beispiel ist die Firma z-Werkzeugbau, die wir
bei der Realisierung der neuen Zentrale
ebenfalls begleiten. Im Endeffekt könnte
dieses Geschäftsmodell genauso auf Kommunen und den öffentlichen Bereich ausgeweitet werden. Das wäre wünschenswert.
Die ZIMA hat bereits Projekte mit
Gemeinnützigen Bauträgern umgesetzt. Wie ist das Verhältnis zwischen
den Gemeinnützigen und den Privaten Wohnbauträgern, das ja oftmals
als sehr angespannt dargestellt wird?
Wir haben mit der NHT, aber auch der
Tigewosi und der Alpenländischen Heimstätte bereits Projekte umgesetzt. Das Lagerdenken aufzulösen, empfinde ich als
eine spannende Geschichte. Es ist aber
letztlich auch so, dass der geförderte soziale Wohnbau vom frei finanzierten profitiert. Durch die Durchmischung wird er
gesellschaftlich erst verträglich und finanzierbar. Es braucht letztlich beides.
Die österreichische Bauwirtschaft hat
schwere Zeiten hinter sich. Teilen Sie
diese Einschätzung mit Rückblick
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auf 2014 und Vorschau auf das bereits
laufende Jahr für Tirol?
Das Immobiliengeschäft war in Tirol in
den letzten Jahren schon sehr heiß. Nach
einer dynamischen Preisentwicklung
kommt es jetzt zu einer Seitwärtsbewegung, die gut ist. Preissteigerungen von
bis zu sieben Prozent sind nicht gesund,
auch wenn sich keine Immobilienblase gebildet hat. Das wäre der Fall, wenn
Objekte keine Abnehmer finden, Banken zugleich Bewertungsdruck ausüben
und die Wohnungsnachfrage in die Höhe
schnellt. Prinzipiell ist ZIMAs Einzugsgebiet der deutschsprachige Alpenraum, und
hier gibt es noch Potenzial. Vor allem im
Großraum München, wo 1,6 Millionen
Menschen allein im Speckgürtel wohnen.
Gerade in Südtirol hat es in den letzten Jahren in der Bauwirtschaft spektakuläre Insolvenzen gegeben. Entstand dadurch ein gewisses Vakuum,
das Sie jetzt füllen möchten?
In Südtirol hat sich der Markt von allein
bereinigt, was uns hilft. In Südtirol brach
die Bankenlandschaft weg. Dadurch entstanden Probleme mit der Refinanzierung. Kunden, besonders im Segment
Neugeschäft, konnten nicht mehr weiterfinanzieren werden. Viele Freiberufler in
Südtirol, wie Steuerberater oder Unternehmensberater, die eigentlich nicht vom
Fach sind, haben nebenbei mit Immobilien gehandelt. Diese sind jetzt vom Markt
verschwunden. ZIMA hat hingegen 2014
100 Wohnungen in Südtirol verkauft.
Seit vielen Jahren schon verspricht
die Politik immer wieder, leistbares Wohnen zu schaffen. Es passiert
aber praktisch nichts. Wo sehen Sie
Lösungsansätze, um Wohnen für die
Bevölkerung leistbar zu machen?
Für die Wohnungskunden gibt es keinen
eigenen Anwalt. Wir wissen heute, dass
fürs Wohnen im Schnitt 30 Prozent des
Haushaltseinkommens aufgebracht wird.
Wir haben zwar einen gemeinsamen
Wirtschaftsraum, aber in jedem Bundesland unterschiedliche Vorschriften und
Reglementierungen. Jeder glaubt, er sei
schlauer als der andere und seine Gesetze
seien die besseren. Das ist ein Wahnsinn
und erschwert die Situation enorm. Und
drittens, wir müssen die Industrialisierung
im Wohnbau schaffen. Wobei das keinen
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Grafik: Zima
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gestalterischen Einheitsbrei gibt, sondern standardisierte,
technische
Lösungen auf Basis einer
harmonisierten Bauverordnung im Alpenraum.
Sonst werden die Kosten
nie und nimmer runter
gehen. Hätte Henry Ford
die Automobilherstellung
nicht industrialisiert, würde ein Auto heute noch
eine Million Euro kosten.
Rund 2.000 Wohneinheiten stehen derzeit in der
Haben Sie den Ein- Pipeline: Verteilung auf die einzelnen Regionen.
druck, dass die Impulse für die Bauwirtschaft durch die Förderungsrichtlinien jedes Jahr. Spart jePolitik wirklich etwas bewirkt haben? mand auf ein Eigenheim, weiß er heute
In der Wirtschaftskrise hätte z.B. die nicht, ob er im nächsten Jahr noch AnBundesimmobiliengesellschaft Kon- spruch auf Wohnbauförderung hat. Das
junkturmotor spielen sollen. Tatsäch- kann es doch nicht sein. Für mich ist der
lich wurden kaum Projekte umge- Wert eines Zuhauses viel zu bedeutend.
setzt. Jetzt scheint die Entwicklung Deshalb sind hier solche regulatorische
mit Blick auf die Arbeitslosenzahlen Maßnahmen einfach fehl am Platz. Denn
wieder in die selbe Richtung zu ge- niemand entscheidet von heute auf morhen und die Ankündigungen sind die gen, ein Eigenheim zu erwerben.
selben.
Wir sehen der Wirtschaftsentwicklung in Heute hört man wieder öfter, dass
Europa generell mit Sorge entgegen. Der Grundbuch besser sei als Sparbuch.
Bauwirtschaft fehlt die Industrialisierung. Sehen Sie das auch so?
Dies erfordert auch einheitliche Standards, Nicht unbedingt, weil es von der Leüber die wir derzeit nicht verfügen. So ver- benssituation des einzelnen abhängt. Mit
heerend eine hohe Arbeitslosigkeit auch einem Objekt im Grundbuch ist das Geld
sein mag, für die Wirtschaft ist die insofern zwar gut investiert, aber man hat keinen
gut, weil wir ansonsten eine unerträgliche Zugang dazu, wenn man es braucht. Es
wirtschaftsfeindliche Politik hätten. Denn gibt hier aber kein richtig und falsch. Am
steigen die Arbeitslosenzahlen, kommt die besten ist die jüdische Weisheit, von allem
Politik auf uns Unternehmer zu, um zu ein Drittel.
helfen, Arbeitsplätze zu schaffen. Denken
wir im Gegenzug an das letzte Sparpaket, Gilt aus Ihrer Sicht noch der alte
wo drei Milliarden Euro über verschärfte Spruch, dass Handwerk mit Blick auf
Betriebsprüfungen eingenommen werden die aktuelle Situation der Bauwirtsollen. Man suggeriert doch damit, Un- schaft goldenen Boden hat? Macht
ternehmer seien Betrüger.
Bauwirtschaft unter den gegebenen
Rahmenbedingungen
eigentlich
Die Politik will mit der Wohnbauför- noch Spaß?
derung Impulse setzen und den so- Schauen Sie, wir leben heute in einer Gezialen Auftrag erfüllen. Gelingt das sellschaft, die von einer Überreglementiein Tirol? In Oberösterreich hat man rung getragen wird. Wenn unser Geschäft
z.B. einen Leistungskatalog mit vie- in manchen Bereichen schwierig ist, dann
len genauen Vorgaben erarbeitet, um stimmt das absolut. Aber ich muss auch sagen, wenn alles so leicht wäre, bräuchte
die Kosten zu dämmen.
In Österreich gibt es neun Bundeslän- es uns Immo-Entwickler gar nicht. Alle
der mit neun komplett unterschiedlichen Branchen, in denen die Einstiegsbarriere
Wohnbauförderungsbestimmungen. Das weit unten liegt, unterliegen meist einem
produziert nur Kosten und niemand ver- ruinösen Preiskampf.
steht es. In Vorarlberg ändern sich die Oka/Op
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