BDSE-Pressetext zur GDS-Pressekonferenz vom 29.07.2015

__________________________________________________________________________
BDSE-Statement anlässlich der GDS-Pressekonferenz am 29. Juli 2015
Brigitte Wischnewski,
Präsidentin des Bundesverbandes des Deutschen Schuheinzelhandels (Köln)
_________________________________________________________________________
1. Halbjahr: schwierige Geschäfte
Die Umsätze des Schuheinzelhandels entwickelten sich im ersten Halbjahr recht zäh. Sicher,
die Vorlage aus 2014 war mit plus 6 Prozent ausgesprochen hoch, und nur ausgemachte
Optimisten hatten sich wohl ein weiteres Wachstum auf dieser Basis erhofft. Dennoch kann
das nominale Umsatzminus per 30. Juni von rund 1,5 Prozent nicht zufriedenstellen. Denn
die Witterungsbedingungen waren nicht schlecht. Geschlossene Schuhe hatten ausreichend
Zeit zum Abverkauf, und als sich im Juni dann sommerliche Temperaturen einstellten, griffen
die Kundinnen und Kunden verstärkt auch zu offenen Schuhen.
Nicht nur das Wetter, auch die Konsumstimmung der Verbraucher war gut. Allerdings gaben
die Bundesbürger ihr Geld offenbar lieber für andere Konsumbereiche, beispielsweise für
Reisen oder langlebige Gebrauchsgüter, aus.
Insgesamt erreichte der Schuhfachhandel in den ersten sechs Monaten nach BDSEBerechnungen ein Umsatzvolumen von 4,5 Mrd. Euro. Die Umsätze des Online-Handels
sind darin bereits enthalten.
Unter der Annahme, dass sich der Verkauf von Schuhen in den anderen Betriebsformen des
Einzelhandels ähnlich entwickelt hat wie im Schuhfachhandel, beträgt das Marktvolumen bei
Schuhen in im ersten Halbjahr nach BDSE-Schätzungen 6,5 Mrd. Euro. Dieser Wert schließt
die Schuhumsätze der Warenhäuser, Modehäuser, Verbrauchermärkte usw. mit ein.
Weniger Innenstadtbesucher
Auch in diesem Jahr verzeichnen die Schuhgeschäfte wieder eine unbefriedigende
Kundenfrequenz. Die Besucherzahlen der innerstädtischen Einkaufslagen sind bereits seit
geraumer Zeit rückläufig. In den vergangenen 7 bis 8 Jahren musste der innerstädtische
Einzelhandel einen Frequenzrückgang von immerhin rund 20 Prozent verkraften! In der
jüngsten Konjunkturumfrage des HDE gaben 56 Prozent der Unternehmen an, dass sie an
1
ihrem Standort sinkende Besucherzahlen verzeichnen. Weniger betroffen sind davon die
Top-Lagen der Großstädte als vielmehr die Mittelzentren und ländlichen Regionen.
Neben demografischen Veränderungen dürfte das Mobilitätsverhalten der Bundesbürger
eine wesentliche Ursache dieses Phänomens sein: Die zunehmende Verbreitung und
Nutzung
des
Internet
in
vielen
Lebensbereichen
haben
dazu
geführt,
dass
Innenstadtbesuche für die Menschen nicht mehr unbedingt erforderlich sind. Sie können ihr
Leben immer mehr vom heimischen PC aus organisieren. Der Schuhhandel leidet – wie
andere modische Anbieter auch – besonders unter dem Rückgang der Laufkundschaft, da
der eine oder andere Spontankauf dadurch unterbleibt.
Digitalisierung und Multichannelling als Herausforderung
So agiert der stationäre Schuheinzelhandel in einem zunehmend digital geprägten Umfeld.
Er muss sich sowohl einem veränderten Kundenverhalten als auch neuen Wettbewerbern
behaupten. Vor diesem Hintergrund ist unsere Branche gefordert, stärker und schneller als
bisher sowohl ihren Auftritt gegenüber den Konsumenten anzupassen, als auch die internen
und externen Ablaufprozesse zu optimieren. Der Schuheinzelhandel muss sich heute mit
technischen Innovationen wie Digital Signage, virtuelle Regalverlängerung und OnlineVerfügbarkeitsabfragen von Konsumenten auseinandersetzen. Der Spannungsbogen
bewegt sich dabei von der reinen Produktinformation bis hin zur emotionalen Aufladung von
Verkaufsraum und Kundenberatung.
Auch Multichanneling bleibt eine Herausforderung. So manches Handelsunternehmen, das
den Weg in den Online-Vertrieb gegangen ist, hat Innovationstempo und Investitionsbedarf
unterschätzt. Für viele andere stationäre Unternehmen dürfte der E-Commerce-Zug bereits
abgefahren sein, da im Online-Business schon heute deutliche
Konzentrationsprozesse
verbunden mit einer Marktbereinigung zu beobachten sind. Zwar wachsen Marktführer wie
Amazon und Zalando nach wie vor im (niedrigen) zweistelligen Bereich, doch weitgehend auf
Kosten anderer Online-Anbieter. Der Internet-Handel mit Schuhen war per Saldo in 2014
sogar
leicht
rückläufig:
Nach
Angaben
des
Bundesverbandes
E-Commerce
und
Versandhandel schrumpfte der Online-Umsatz bei Schuhen um 0,6 Prozent. Der stationäre
Schuhfachhandel schaffte dagegen nach den Erhebungen des Statistischen Bundesamtes
im vergangenen Jahr immerhin ein Wachstum von 1,3 Prozent. Damit stagniert der
Marktanteil des Online-Schuhhandels und liegt nach den Berechnungen des BDSE bei ca.
13 Prozent vom gesamten Einzelhandelsumsatz mit Schuhen. Dies bedeutet umgekehrt,
dass sich der Anteil des stationären Schuhhandels bei derzeit ca. 87 Prozent stabilisiert hat.
2
Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass sich der Online-Handel – insbesondere mit
Blick auf die sogenannten „Digital Natives“ – auch in den nächsten Jahren positiv entwickeln
und einige Marktanteile hinzugewinnen wird. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund bleibt eine
aktuelle, informative und inspirierende Unternehmens-Präsenz im Internet für alle
Schuhgeschäfte oberstes Gebot. Dies muss ja nicht zwangsläufig mit einem eigenen OnlineVertrieb verbunden sein. Eine große Hilfe für viele inhabergeführten Fachgeschäfte stellen
Marktplätze und Online-Plattformen dar, insbesondere jene der Schuh-Verbundgruppen.
Diese gilt es umfänglich zu nutzen und die technischen Anbindungen zu realisieren. Denn
die Kunden von morgen erwarten von allen Betriebsgrößen des Schuhhandels via Internet
Informationen über die aktuelle, möglichst größen- und farbgenaue Verfügbarkeit einzelner
Artikel am Point of Sale.
Elektronischen Geschäftsverkehr zügig einführen
Nicht nur bei Auftritt und Kommunikation gegenüber den Kunden gilt es, digitale Elemente in
die Geschäftsmodelle des Schuheinzelhandels zu integrieren. Sondern es wird auch höchste
Zeit – denn der Wettbewerb bei Schuhen zwingt dazu – dass Handels- und
Industrieunternehmen endlich die technischen Voraussetzungen für eine Elektronisierung
ihres B2B-Geschäftsverkehrs schaffen. Der BDSE appelliert daher an Handels- und
Industrieunternehmen, EDI-Module in ihre IT-Systeme zu integrieren und von ihren
Marktpartnern den elektronischen Datenaustausch einzufordern. Es kann und darf nicht sein,
dass die Schuhbranche bei diesem Thema immer noch weit hinter der Textil- und
Bekleidungsbranche hinterher hinkt!
GDS auch für Strategiegespräche nutzen
Die GDS ist eine unverzichtbare Messe, auf der sich der Einzelhandel über die neuen
Schuhtrends umfassend und mit der gebotenen Gründlichkeit informieren kann. Die GDS
sollte aber zudem als Kommunikationsplattform für strategische Gespräche zwischen
Hersteller und Handel genutzt werden. Denn viele der anstehenden Herausforderungen
lassen sich nur gemeinsam und in vertikaler Partnerschaft meistern. Der BDSE wünscht
Industrie und Handel auch in diesem Sinne einen erfolgreichen Messeverlauf!
Köln, im Juli 2015
3