da schau her - Universalmuseum Joanneum

2 | 2015 36. Jg. | Preis E 4,–
DA SCHAU HER
D I E
K U LT U R Z E I T S C H R I F T
A U S
Ö S T E R R E I C H S
M I T T E
Wolfgang Otte
INHALT
Ein Foto und drei Schicksale oder
Der falsche Koloman Wallisch
Von Martin Parth
Der Todesmarsch der ungarischen
Juden durch den Bezirk Liezen im
April 1945
Von Alois Leitner
7
Zur Sonderausstellung
„Spione, Schwindler,
Schatzsucher – Kriegsende im
Ausseerland 1945“ im Kammer­
hofmuseum Bad Aussee
Von Ulrich Schlie
16
Die Toten stellten sich auf
wie Mumien. Herbert Zand
und sein Weltkriegsroman
„Letzte Ausfahrt“
Von Gerhard M. Dienes
Buchbesprechung
Wolfgang Hafer: Die anderen
Mautners. Das Schicksal einer
jüdischen Unternehmerfamilie
Von Mario Zaunschirm
Impressum
Eigentümer, Herausgeber und Verleger:
Verein Schloss Trautenfels
8951 Stainach-Pürgg, Trautenfels 1
Obmann: HR DI Karl Glawischnig,
Rathausplatz 4, 8940 Liezen
Schriftleitung: Wolfgang Otte,
Schloss Trautenfels, Universalmuseum Joanneum
8951 Stainach-Pürgg, Trautenfels 1
Redaktionsteam:
Mag. Katharina Krenn, Wolfgang Otte,
Mag. Astrid Perner, Mag. Elke Reiserbauer
Bestellung und Vertrieb:
[email protected],
Tel: 03682 22233, Fax: 03682 2223344
Bankverbindung:
Raiffeisenbank Gröbming,
Bankstelle Trautenfels,
IBAN: AT963811300002101111
Verlagsort: Trautenfels
Hersteller: Medien Manufaktur Admont
JOST Druck- und Medientechnik,
Döllacher Straße 17, 8940 Liezen
Erscheinungstermin der 3. Ausgabe 2015:
August 2015
Redaktionsschluss: 22. Juni 2015
Titelseite: Zum Ende des
2. Weltkrieges vor 70 Jahren:
Einzug der amerikanischen
Truppen in Liezen, 7.5.1945
Foto: M. Aigner, Archiv Schloss Trautenfels, UMJ
2
3
20
23
Martin Parth
1945:
Ende und Anfang?
Das Erinnern an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren nimmt
die Redaktion von „Da schau her“ zum
Anlass, das vorliegende Heft mit dem
Schwerpunkt Zeitgeschichte den 1930er
und 1940er Jahren zu widmen.
Als Nachgeborener, der Krieg nur aus
Erzählungen der Eltern- und Großelterngeneration, aus historischen oder
literarischen Quellen kennt, verfolge ich
tief beunruhigt das gegenwärtige Weltgeschehen: Krieg im Osten Europas, der
Zerfall der arabischen Welt und weltweite
terroristische Krisenherde. Hoffnungsvoll
glaubte meine Generation, es könne
nicht mehr lange dauern, bis diktatorische Systeme überwunden werden
und die Unmenschlichkeit politischer
Unterdrückung einer demokratischen,
weltoffenen Gesinnung weichen würden.
Steht die Welt etwa vor einer Umkehr
jener hoffnungsvollen Werte, die in der
zweiten Hälfte dieses 20. Jahrhunderts
wie zarte Pflänzchen aus blutgetränktem
Boden zu sprießen begannen?
Dieses Heft versucht einige dramatische Ereignisse des vergangenen
Jahrhunderts neu zu beleuchten, ein
Durcheinander von „menschlichen
Dramen, enttäuschten Hoffnungen,
tollkühnen Einzelaktionen, irregeleite­
tem Idealismus, aber auch fanatischem
Hass, menschlichem Versagen und Ver­
brechen“, wie Ulrich Schlie über das
Ende des NS-Regimes im Ausseerland
schreibt. Erstmals stellt Martin Parth
in der Geschichtsschreibung bisher
kaum beachtete Ungereimtheiten bei
der Verhaftung und Hinrichtung des
Arbeiterführers Koloman Wallisch in
neuem Licht dar und verweist dabei
auf Zusammenhänge, die weit über
Österreichs Grenzen hinausreichen. Der
Fanatismus und die Unmenschlichkeit
der NS-Schergen, die Alois Leitners
Beitrag über die Todesmärsche ungarischer Juden schonungslos aufzeigt,
lassen uns erschaudern. Der Romancier Herbert Zand schildert in seinem
meisterhaften Werk „Letzte Ausfahrt“,
wie die auf bedingungslosen Gehorsam
ausgerichteten Strukturen der deutschen Wehrmacht die aussichtslose
Lage der von sowjetischen Truppen
Eingekesselten zur Hölle werden ließen.
Für Gerhard Dienes ist Zand ein vom
Krieg Gezeichneter und Verfolgter, der
diesem auch 25 Jahre nach dessen Ende
noch Tribut zollen musste.
1889 veröffentliche Bertha von Suttner
den pazifistischen Roman „Die Waffen
nieder!“ In einer Zeit der sich global
ausbreitenden Konflikte sollte sie uns
als Vorbild dienen und daran erinnern,
eine ganz persönliche Verantwortung zur
Erhaltung von Frieden und der Wahrung
von Menschenrechten auf dieser einen
Erde zu übernehmen.
Die Verfasser:
Harvard Kennedy School
Cambridge MA 02138
MMag. Martin Parth
8940 Liezen, Schillerstraße 1
Dr. Alois Leitner
8785 Hohentauern 23
Dr. Ulrich Schlie
Weatherhead Fellow,
Dr. Gerhard M. Dienes
Universalmuseum Joanneum
8010 Graz, Joanneumsviertel 2
Mag. Mario Zaunschirm
8950 Stainach,
Peter-Rosegger-Straße 367
Gendergerechtes Schreiben erfordert Kompromisse: Alle in der Zeitschrift verwendeten Bezeichnungen beziehen sich ungeachtet ihrer grammatikalischen Form in
gleicher Weise auf Frauen und Männer.
Koloman und Paula Wallisch nach ihrer Verhaftung am 18. Februar 1934 in Liezen | Foto: Archiv Parth
Ein Foto und drei Schicksale oder
Der falsche Koloman Wallisch
Während der Verzweiflungskampf der
österreichischen Sozialdemokratie gegen die geballte Staatsmacht der „austrofaschistischen“ Regierung Dollfuß
vor 81 Jahren schwere Zusammenstöße
in Wien, Linz, Steyr, dem obersteirischen Industriegebiet und Graz nach
sich zog, stand das Ennstal damals
fernab des blutigen Geschehens. Wohl
als einziger Toter des Februar 1934 aus
dem Bezirk Liezen fiel der gebürtige
Haller Leo Platzer als Alpenjäger des
Bundesheeres bei der Bergung eines
verwundeten Kameraden im Feuer
oberösterreichischer Schutzbündler.1
Ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückte die Region für einen Augenblick
durch die Festnahme des früheren
sozialdemokratischen Abgeordneten
Koloman Wallisch, dessen Schicksal
sich in Reitthal zwischen Liezen und
Admont erfüllte. Dort endete am 18.
Februar 1934 seine dramatische Flucht
aus dem Brucker Aufstandsgebiet mit
einem Autounfall auf tief verschneiter
Landstraße. Von einem Buschauffeur
der KÖB erkannt und denunziert, wurden Wallisch und seine Gattin kurz
darauf von Admonter Gendarmen
festgenommen.2 Seine rasche Aburteilung und Hinrichtung in Leoben, für
die das verhängte Standrecht bis zum
19. Februar ausgedehnt wurde, kommt
Die unverzügliche Erfolgsmeldung des Landesgendarmeriekommandos Steiermark
| Foto: ÖStA/AdR
Vgl. Martin Parth, Zwischen Krieg und Frieden. Öblarn in der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts. In: Marktgemeinde Öblarn (Hg.), Ortschronik der Gemeinde Öblarn. Öblarn 2014, S. 148-192, hier 167f.
1
einem Justizmord gleich. Was nun die
Einzelheiten der Verhaftung und die
letzten Stunden des charismatischen
Arbeiterführers betrifft, der selbst nicht
aktiv an den Kämpfen teilgenommen
hatte, sind wir weitgehend auf die
bereits 1934 von seiner Frau Paula
ÖStA, AdR 04, BKA-Inneres 22/Stmk 1934, LGK Stmk E.Nr. 13.878,
Bericht über die Februarereignisse 1934 in Steiermark, S. 82ff.
2
3
verfasste Biografie angewiesen. „In
Liezen wurden wir in die Gendarmerie­
kaserne gebracht. Die Nachricht, dass
wir verhaftet seien, verbreitete sich mit
Windeseile im ganzen Lande; auch in
Liezen wusste man es schon, und eine
dichtgedrängte Menge erwartete unser
Kommen. Freudige, schadenfrohe, rohe
Gesichter sahen wir, aber auch blasse,
traurige, erschrockene, mitleidsvolle.
[…] Wir mussten uns dann wieder anzie­
hen und wurden zum Photographieren
in ein oberes Stockwerk geführt. Der
Gendarm, der uns holen kam, war ein
brutaler Mensch. Ich sagte in einem
Anflug von Galgenhumor: „Na, machen
Sie mich wenigstens recht schön!“ „Halt
dein böses Maul, du freches Luder!“
schrie der Gendarm, worauf ihn aber
der andere Gendarm, Wießauer, ernst
zurechtwies: „Ruhig! Benehmen Sie
sich nicht brutal, wir sind doch keine
Barbaren!“3
Eduard Staudinger hat wiederholt darauf hingewiesen, dass diese Biografie
ein Konstrukt darstellt, das eine frühzeitige Mythenbildung begünstigte.
Nichtsdestotrotz bleibt sie die einzige
Quelle, die über die Entstehung der
letzten bekannten Aufnahme Koloman
Wallischs in Liezen Auskunft gibt.4 „Eine
weitere Fotografie“, so der Zeithistoriker Helmut Konrad, „(von der man
inzwischen weiß, dass es eine Fälschung
ist) zeigt Koloman Wallisch kurz vor
seiner Hinrichtung. Im schweren Mantel
an eine Mauer gelehnt macht er den
Eindruck, mit seinem Schicksal abge­
schlossen zu haben. Obwohl nicht echt,
hat dieses Foto doch stets Kultcharakter
gehabt.“5
Beim Vergleich der beiden Aufnahmen
bestätigen augenfällige Unterschiede in Physiognomie, Haartracht und
Kleidung Konrads Aussage. Der Mann
auf dem zweiten Bild ist offensichtlich
nicht Wallisch, aber es ist auch keine
Fälschung im eigentlichen Sinn. Schon
kurz nach Wallischs Tod erregte dieses
Foto internationale Aufmerksamkeit.
So brachte die Pariser Zeitschrift Vu
vom 28. März 1934 einen entspre-
chenden Bildbericht. Als Quelle wird
die New York Times angegeben. Der
französischen Legende zufolge stellt
das heimlich aufgenommene Foto den
sozialdemokratischen Abgeordneten
Kohman [sic!] Wallisch wenige Minuten vor seiner Hinrichtung dar, in der
Hand sein Testament, das er unter dem
Galgen übergab.
Die Entdeckung dieser Illustration samt
ihrer befremdlichen Beschreibung sorgte
für einiges Aufsehen in österreichischen
Regierungskreisen. Das zuständige Bundeskanzleramt vertrat die Ansicht, „es
wäre immerhin von Interesse, näheres
über den Ursprung dieser Aufnahme,
bzw. wie sie in den Besitz […] eines
ausländischen Bilderdienstes gelangte, in
Erfahrung zu bringen.“6 Der zur Stellungnahme verhaltene Sicherheitsdirektor
für Steiermark, Gendarmerie-Oberst
Franz Zelburg, erklärte dezidiert, dass
es sich bei der abgebildeten Person
nicht um Wallisch handle, so wie auch
„die beiden am Bild gezeigten Bewa­
chungsorgane keinesfalls – schon aus
ihrer Adjustierung ersichtlich – öster­
reichische Sicherheitsorgane darstellen
können.“7
Der mit weiteren Nachforschungen
beauftragten Bundespolizeidirektion
Wien war bald klar, dass die Fotografie einen ihrer eigenen Beamten
zeigte. Dieser hatte nach dem Tod
eines Bundesheeroffiziers in den Februarkämpfen Erhebungen in einem
Wiener Gemeindebau durchgeführt.
Die vermeintlichen Bewacher im Hintergrund waren Hilfspolizisten aus den
Reihen der regierungstreuen Wehrverbände. Die Amateuraufnahme war am
Todestag Koloman Wallischs von der
Firma Herlango in Wien III., Rennweg
52 entwickelt worden und dürfte „eine
Copie derselben durch Unachtsamkeit
oder missbräuchlich in den Besitz sozial­
demokratischer Kreise gelangt sein.“8
Dort hatten das Motiv und eine gewisse
Ähnlichkeit der Personen anscheinend
zur irrigen Annahme geführt, es sei
Wallisch, der im Gefängnishof seine
Hinrichtung erwarte. Schon bald kur-
Paula Wallisch, Ein Held stirbt. Graz 21946, S. 56f. Gemeint ist der
Admonter Postenkommandant Revierinspektor Josef Wiesauer, der
sich laut Verfasserin „sehr menschlich und anständig benahm“.
4
Gespräch des Verfassers mit Prof. Dr. Eduard Staudinger in Retzhof
bei Leibnitz vom 30.10.2008.
5
Helmut Konrad, Der Februar 1934 im historischen Gedächtnis. In:
DÖW (Hg.), Themen der Zeitgeschichte und der Gegenwart. Arbeiterbewegung – NS-Herrschaft – Rechtsextremismus. Ein Resümee aus
Anlass des 60. Geburtstags von Wolfgang Neugebauer. Wien 2004,
3
4
Der falsche Koloman Wallisch in der französischen Presse | Foto: ÖStA/AdR
sierten zahlreiche Abzüge mit entsprechendem Text innerhalb der illegalen
Sozialdemokratie. Obwohl die Authentizität der Aufnahme mittlerweile auch
durch namhafte Historiker verneint
wurde, ist sie bis heute in zahlreichen
Publikationen und auf Internetseiten
zum Februar 1934 zu finden.9
Eine Besonderheit dieses Bildes ist es,
dass sich darin die Lebenswege dreier
Männer überschneiden, die nahezu
gleich alt waren und deren Lebensläufe bei aller Verschiedenheit doch
auch so manche bisweilen zeitbedingte
Parallele aufweisen. Allesamt waren
sie Angehörige der unteren Gesellschaftsschichten mit offenkundigem
Bildungswillen, der ihren jeweiligen
beruflichen Aufstieg begünstigte. Zu
ihren prägenden Jugenderfahrungen
zählte der mehrjährige Militärdienst
inmitten des ungarisch-rumänischdeutschen Völkergemisches im Südosten der Habsburgermonarchie. So
nimmt etwa in der Biografie des am
28. Februar 1889 geborenen Banater
Zimmermannssohnes Koloman Wallisch
dessen siebenjährige Friedens- und
Kriegsdienstzeit als mehrfach dekorierter Feldwebel des südungarischen
k.u.k. Pionierbataillons Nr. 7 breiten
S. 12-26, hier 16.
ÖStA, AdR 04, BKA-Inneres 22/Stmk 1935, GDfdöS Zl. 150.205St.B./34 vom 10. 4. 1934.
7
Ebd., SiD Stmk Zl. Na 1303-1934 vom 20. 4. 1934.
8
ÖStA, AdR 04, BKA-Inneres 22/Stmk 1935, GDfdöS Zl. 150.205St.B./34, BPD Wien Pr.Z. IV-3466/4/34 vom 6. 5. 1934. Der Bericht
trägt den Vermerk „Streng vertraulich!“.
9
So beispielsweise im digitalen Kulturinformationssystem AustriaForum und im Web-Lexikon der Wiener Sozialdemokratie.
6
Hauptmann Rudolf Gieb (1890-1934)
| Foto: Öffentliche Sicherheit 3/1934
Reumannhof, Architekturdetail | Foto: M. Parth
Raum ein.10 Letztendlich wurden alle
drei Lebenswege schicksalhaft von
den großen politischen Umbrüchen
ihrer Epoche beeinflusst und endeten
gewaltsam vor deren vorbestimmter
Zeit.
Der tatsächliche Schauplatz der Aufnahme führt zu jenem Mann, dessentwegen das Foto gemacht wurde. Wie
vom Verfasser an Ort und Stelle überprüft, entstand das Bild im Inneren der
weitläufigen städtischen Wohnanlage
Reumannhof im V. Wiener Gemeindebezirk. Im Tanzsaal des Reumannhofes
befand sich am unheilvollen 12. Februar
1934 ein Maschinengewehrstützpunkt
des Republikanischen Schutzbundes.
Bei wiederholten Versuchen das Kellerlokal zu stürmen, starb im Lauf des
Nachmittags ein Wachebeamter, vier
weitere erlitten Schussverletzungen.
Gegen 20 Uhr traf Militärassistenz in
Form des Kraftfahrjägerbataillons Nr.
4 ein. Nachdem zwei Soldaten schwer
verwundet worden waren, ging der
Hauptmann Rudolf Gieb selbst mit
Handgranaten gegen den rückwärtigen
Lokaleingang vor, fiel jedoch wenige
Schritte davor durch Kopfschuss; eine
gegen ihn geworfene improvisierte
Handgranate riss ihm beide Beine weg.
Erst nach Einsatz geballter Ladungen
ergaben sich die eingeschlossenen
Schutzbündler, darunter mehrere Verletzte.11
Es entspricht der Tragik der damaligen
Ereignisse, dass der aus einfachen Verhältnissen stammende Gieb durch Anhänger jener Partei getötet wurde, der
er wohl selbst nahe stand und die Männern wie ihm als „Volkswehrleutnants“
die Erlangung der zuvor unerreichbaren
Offizierscharge ermöglicht hatte. Rudolf
Gieb kam am 23. Jänner 1890 als Sohn
eines Armeedieners in Wien zur Welt
und trat nach Besuch der Handelsschule
1909 freiwillig in das k.u.k. Infanterieregiment Nr. 31 ein. Bis zum Ersten
Weltkrieg war er Kompanieunteroffizier
und dienstführender Feldwebel in den
siebenbürgischen Garnisonen Gyulafehérvár (Alba Iulia/Karlsburg) und
Nagyszeben (Sibiu/Hermannstadt). Ab
Herbst 1915 leistete er Frontdienst als
Zugskommandant. Als solcher geriet er
während der 10. Isonzoschlacht im Mai
1917 in italienische Kriegsgefangenschaft, aus der er im August 1919 als
Offizierstellvertreter zurückkehrte. An
Auszeichnungen wurden ihm die Bronzene Tapferkeitsmedaille, das Silberne
Verdienstkreuz mit der Krone und das
Karl-Truppenkreuz verliehen.12
Nach Eintritt in die provisorische, sozialdemokratisch dominierte Volkswehr
und Übernahme in das Bundesheer
absolvierte Gieb einen zweijährigen
Offizierslehrgang für „militärisch beson­
ders begabte, als Unterführer erprobte
Unteroffiziere“ an der Heeresschule in
Vgl. Paula Wallisch, Ein Held stirbt. Graz 21946, S. 76-103.
Öffentliche Sicherheit 14 (1934), Nr. 3, S. 6f.
12
ÖStA, AdR 05/LV, Grundbuchblatt Rudolf Gieb.
13
Vgl. Bundesministerium für Heerwesen (Hg.), Österreichs Bundesheer.
10
11
Enns.13 Als einer der besten Absolventen kam der als „fester, zielbewuss­
ter Charakter, […] sehr verlässlich,
bescheiden […] und sehr anständig“
beschriebene Gieb 1924 als Leutnant
zum Wiener Feldjägerbataillon zu Rad
Nr. 1.14 Während seiner langjährigen
Verwendung als Zugskommandant in
verschiedenen Truppenkörpern war
er beständig bestrebt, sich fachlich
weiterzubilden, ehe er, wie der letzte
Eintrag in seinem Personalakt lautet,
am 12. Februar 1934 „in den Kämpfen
gegen die roten Aufrührer fiel“. Getreu
seinem Eid, aber möglicherweise gegen
seine innere Überzeugung. Er hinterließ
eine Witwe.15
Zuletzt stellt sich die Frage nach dem
Mann, der fälschlicherweise für Koloman Wallisch gehalten wurde. In
Wahrheit ist es der damalige KriminalRayonsinspektor Josef Ertolitsch des
Kommissariats Margareten, der auf
der Fotografie jene Stelle bezeichnet,
an der Hauptmann Gieb starb. Der am
27. Juli 1887 im niederösterreichischen
Hauskirchen geborene Ertolitsch wuchs
in bescheidenen Verhältnissen auf.
Kenntnisse der böhmischen Sprache
und eine ausgeprägte Musikalität waren das Erbe seiner Vorfahren. Von
Beruf „Privatdiener“, erwarb er durch
vierjährigen, freiwillig verlängerten Präsenzdienst, zuletzt als Rechnungsunteroffizier des k.u.k. Infanterieregiments
Wien 1929, S. 92f.
ÖStA, AdR 05/LV, Dienstbeschreibungen Rudolf Gieb, Beschreibung
für das Schuljahr 1923/24.
15
ÖStA, AdR 05/LV, Offizierskartothek Rudolf Gieb.
14
5
Nr. 82 im siebenbürgischen Székelyudvarhely (Odorheiu Secuiesc), den Anspruch auf eine Staatsanstellung.16
Seit 1913 Wachmann der Wiener Sicherheitswachabteilung 26/II, wurde
er 1920 in das Kriminalbeamtenkorps
übernommen. Berufsbedingt stand er
im Verlauf der zunehmenden innenpolitischen Radikalisierung an vorderster
Front gegen die Widersacher des autoritären Ständestaates. Da er bei seinen
Amtshandlungen in der Verbotszeit
rücksichtslos gegen Nationalsozialisten
vorging, war er nach dem Anschluss Österreichs Gegenstand entsprechender
Untersuchungen der Wiener Gauleitung. Diese bezeichnete Josef Ertolitsch
als einen „der gehässigsten Gegner
der NSDAP, der die Nationalsozialisten
mit allen ihm zur Verfügung stehenden
Mitteln verfolgte. Er ist mit Rücksicht
auf seine gehässige Einstellung zur NS­
DAP im heutigen Staat als öffentlicher
Beamter untragbar.“17
Anfang 1939 wurde der nunmehrige Kriminaloberinspektor nach dem
„Gesetz über die Neuordnung des österreichischen Berufsbeamtentums“
im Zuge der „Maßregelung“ mit gekürzten Bezügen zwangspensioniert.
Daran konnten auch sein offenbar aus
opportunistischen Gründen erfolgter
Parteieintritt und der Versuch einer
Reinwaschung durch den zuständigen
Ortsgruppenleiter nichts ändern, der
ihn als „pflichtbewussten Beamten mit
nationaler Gesinnung, obwohl er sich
als Kriminalbeamter sehr reserviert
halten musste“, schilderte.18
Trotz aller politischen Vorbehalte erinnerten sich die neuen Machthaber
während des Zweiten Weltkrieges an
die besonderen Qualifikationen des
ehemaligen Polizisten. 1940 wurde
Josef Ertolitsch als Wehrmachtbeamter
zur Abwehrstelle Wien eingezogen. Das
totalitäre System, das er bis 1938 aktiv
bekämpft hatte, machte ihn nun zum
Mittäter und wurde ihm zuletzt zum
persönlichen Verhängnis. Im Frühjahr
1941 erfolgte seine Versetzung zur
neuerrichteten Abwehrstelle Belgrad.
Als Mitarbeiter des Referats III C war
Alois Leitner
Der Todesmarsch der ungarischen
Juden durch den Bezirk Liezen
im April 1945
Josef Ertolitsch (1887-1946)
| Foto: Privatbesitz Elisabeth Schlögl
Koloman Wallisch (1889-1934)
| Foto: Archiv Parth
er mit Aufbau und Koordination eines
Agentennetzwerkes betraut, das als
Stadtbüro Saturn unter dem Deckmantel eines Handelsunternehmens
Zuträger für Hitlers Vernichtungskrieg
auf dem Balkan wurde.
Unterstützt von Volksdeutschen und
einheimischen Kollaborateuren leitete
der weitgehend selbständig agierende
Ertolitsch die Beschaffung nachrichtendienstlicher Informationen für die
Wehrmachtsabwehr. Dazu gehörten
Vorsorgemaßnahmen gegen Sabotage
an militärischen Einrichtungen und im
Verkehrswesen, die Überwachung Einund Ausreisender, sowie die Erstellung
von periodischen und anlassbezogenen
Berichten. Dabei ging es beispielsweise
um die Stimmung der Bevölkerung in
Bezug auf die Besatzungspolitik, versteckte Juden, jüdisches Eigentum, den
Schwarzmarkt, ehemalige Mitarbeiter
ausländischer Botschaften, frühere jugoslawische Militärpersonen und sogar
die Spitzen der deutschfreundlichen
nationalserbischen Marionettenregierung mit ihren âetnik-Milizen.19
Nach der Auflösung seiner Dienststelle
im Jahre 1944 erlebte Ertolitsch das
Kriegsende als Volkssturmangehöriger in Wien. Bereits am 16. Mai 1945
wurde er von der sowjetischen Geheimpolizei NKWD verhaftet. Eine letzte
Spur stammt „von einer Privatperson“,
die ihn im Juni 1945 im russischen
Hauptquartier in Baden lebend gesehen haben wollte. Weitere Nachforschungen der Gattin und des Sohnes
blieben lange Zeit ergebnislos. Erst
nach Jahren fand sich ein Zeuge, nach
dessen „glaubwürdigen Angaben“ Josef Ertolitsch von den Sowjets an die
jugoslawischen Behörden übergeben
wurde und am 30. März 1946 unter
nicht näher genannten Umständen im
Zentralgefängnis Belgrad ums Leben
kam.20
ÖStA/KA, Grundbuchblatt Josef Ertolitsch.
ÖStA, AdR 05/BPA (ZBA), Akt Nr. 56-0603, darin enthalten Gau-Akt
Nr. 90.6 vom 10.5.1939.
18
Ebd.
19
DrÏavni sekretarijat za unutrašnje poslove FNRJ, uprava drÏavne
bezbeonosti III odeljene, Nemaãka obaveštajna sluÏba u okupiranoj
Jugoslaviji IV. Beograd 1959, 277ff. (=Staatssekretariat für interne
Angelegenheiten der Volksrepublik Jugoslawien/Staatssicherheits16
17
6
Was bleibt, ist ein Foto, das durch die
drei mit ihm verbundenen Schicksale
symptomatisch für die tiefe innenpolitische Zerrissenheit Österreichs und
den verhängnisvollen Weg ist, der von
der Ausschaltung der Demokratie über
den „Anschluss“ an das nationalsozialistische Deutschland in die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges führte.
Wie die Epoche selbst sind auch die
aufgezeigten Biografien vielschichtig
und nicht immer widerspruchsfrei, wovon die verfügbaren Quellen oft nur
eine vage Ahnung vermitteln. Was für
die Fotografie des „falschen Koloman
Wallisch“ gilt, trifft auch hier zu: Nicht
immer sind die Dinge so, wie sie auf
den ersten Blick zu sein scheinen.
direktion Abteilung III, Der deutsche Nachrichtendienst im besetzten
Jugoslawien IV. Belgrad 1959). Für ihre Hilfe bei der Erschließung der
Quelle ist der Verfasser Frau Mag. Nada Huber und Frau Mag. Anita
Kollau zu Dank verpflichtet.
20
ÖStA, AdR 05/BPA (ZBA), Akt Nr. 56-0603, LGfZRS Wien Zl. 48 T
230/57-15 vom 11. 9. 1957. Für persönliche Hinweise ist der Verfasser
Frau Elisabeth Schlögl zu Dank verpflichtet.
Trieben 1940, Postkarte Verlag Franz Knollmüller Graz I Archiv Verein Schloss Trautenfels
Zwischen 60.000 und 70.000 jüdische
Menschen waren Ende 1944 von Budapest aus in Bewegung gebracht worden,
um als „Leihjuden“ den Deutschen übergeben zu werden. Wie viele von ihnen
auf diesen Todesmärschen in das KZ
Mauthausen getrieben wurden, kann
nur durch Schätzungen annähernd erschlossen werden. Die Zahl derer, die
das KZ Mauthausen lebend erreicht
haben dürften, wird vom Lagerschreiber
von Mauthausen auf etwa 20.000 geschätzt. Das hieße, dass zehntausende
Juden während dieser „Märsche“ ihr
Leben lassen mussten – erschlagen,
erschossen, verhungert, vor Erschöpfung gestorben.
In diesem Beitrag – eine gekürzte Fassung des 2010 in „Der Tauern. Beiträge
zur Kultur- und Heimatgeschichte Hohentauerns“ erschienenen Artikels1 – soll
anhand von historischen Quellen und
Zeitzeugenberichten der Versuch unternommen werden, den Todesmarsch ungarischer Juden vor 70 Jahren durch den
Bezirk Liezen in Erinnerung zu rufen.
Historische Vorbemerkungen
Im Laufe des Jahres 1943 zeichnete sich
ein radikaler Wandel in der Kriegsführung des Deutschen Reiches ab. Die
anhaltenden militärischen Misserfolge und der de facto bereits verlorene
1
Krieg zwangen Adolf Hitler schließlich
im Herbst 1943 von einer offensiven zu
einer defensiven Strategie überzugehen.
Seine Vorstellungen gipfelten in einer
„Festung Europa“, die er um jeden Preis
und mit allen Mitteln zu halten beabsichtigte. Mit dem Bau des Atlantikwalls und
des so genannten Ostwalls ab Februar
1944 wurden Befestigungsprojekte begonnen, die unvollendet blieben und weder die Westalliierten noch die Russen
ernsthaft aufhalten konnten.
Im September 1944 ernannte Hitler die
Gauleiter der Grenzgaue zu „Reichsverteidigungskommissaren“, womit die
Frage der Reichsbefestigung von einer
militärischen auch zu einer politischen
wurde. Der Ausbau der Reichsschutzstellung erfolgte durch die Organisation
Todt (OT) unter Einsatz der Zivilbevölkerung, KZ-Häftlingen und deportierten
ungarischen Juden, die bis zur Erschöpfung arbeiten mussten. Die Bauarbeiten,
aber auch die militärischen Maßnahmen
boten ein Bild der Desorganisation, da
die Kompetenzen zwischen den politischen und militärischen Instanzen
keineswegs klar geregelt waren.
Ungarn im Zweiten Weltkrieg2
Ungarn verfolgte ab 1939 eine Politik der
militärischen Neutralität. Die außenpolitische Strategie, keinen Konflikt mit den
Großmächten einzugehen, scheiterte
und Ungarn konnte sich nicht länger aus
dem Krieg heraushalten. Im April 1941
nahm das Land am Angriff auf Jugoslawien teil und war damit auf die Vorgaben
Schanzarbeiten am Südostwall, Herbst 1944 I Internet
Leitner, Alois: Der Todesmarsch der ungarischen Juden über den Triebener Tauern im April 1945, in: Der Tauern. Beiträge zur Kultur- und
Heimatgeschichte Hohentauerns Nr. 60/April 2010.
2
Szabolcs, Szita: Ungarn 1918 bis 2004, in: GrenzenLos Österreich,
Slowenien und Ungarn 1914.
7
Marsch ungarischer Juden durch Hieflau
I Archiv Heimo Halbrainer
Hitler-Deutschlands ausgerichtet. Am
19. März 1944 wurde Ungarn durch
Truppen des Großdeutschen Reiches
besetzt. Bis dahin lebte die jüdische
Bevölkerung in Ungarn mehr oder weniger in Sicherheit. Bei der Unterredung
der beiden Staatsführer (Klessheimer
Treffen) machte Miklós Horthy Hitler die
Zusage, dass die „als Juden geltenden“
ungarischen Staatsbürger der SS und
der Gestapo ausgeliefert werden. Sie
traf 825.000 Menschen in Ungarn vollkommen unvorbereitet. Damit begann
auch in Ungarn der Abschnitt der sogenannten „Endlösung“. Auch in Ungarn
verfuhr man nach dem NS-Fahrplan der
Volksausrottung. Die Verfolgten wurden
zunächst durch Reise- und Umzugsverbot am Ort gebunden, zur diffamierenden Kennzeichnung mit dem Judenstern
verpflichtet, zwangsumgesiedelt oder
in Ghettos gesperrt.
Im Dezember 1944 errichtete das Regime Szálasis das Budapester Ghetto, das letzte in Europa, wo mehr als
70.000 Juden hineingepfercht wurden.
Der überwiegende Teil, über 50.000
Juden, wurde dann aus der Hauptstadt
in Richtung Westgrenze getrieben und
von der SS zu diversen Arbeiten eingeteilt. Der größte Teil der Juden wurde
zur Befestigung der Grenzregion, d.h.
zur Errichtung des sogenannten Südost
Salla bei Köflach, Postkarte Verlag W. Kramer
I Archiv Alois Leitner
walls abgestellt.3 Der Südostwall war
ein Stellungs- und Befestigungssystem,
das als letztes Bollwerk den Vormarsch
der Roten Armee stoppen sollte, sich
aber, wie sich später zeigte, als völlig
wirkungslos erwies. Das Arbeitspensum der jüdischen Zwangsarbeiter
betrug zwölf Stunden, danach gab es
eine minimale Versorgung. Bereits dort
kam es zu Exekutionen und nicht selten mussten Juden ihr eigenes Grab
schaufeln. Nach Ende der Schanzarbeiten und dem Durchbruch der Roten
Armee Ende März 1945 mussten die
Gefangenen zu Fuß zunächst von Graz
nach Mauthausen und von dort in das
Auffang- und Sammellager Gunskirchen
marschieren. Die Todesmärsche hatten
begonnen.
Todesmärsche durch die
Steiermark
Zu Ostern (1. April 1945) mussten tausende ungarische Juden unter Bewachung von SS, Gestapo und Volkssturm
über Gleisdorf nach Graz teils über den
Präbichl und teils über das Gaberl marschieren. Ohne Nahrung, durch Übernachtungen im Freien völlig durchnässt
und erschöpft, schleppten sie sich in
Richtung KZ Mauthausen.
In den 17 Tagen wurde nur viermal Essen
ausgegeben. Wer ein Essen erbettelte,
Karner, Stefan: Die Steiermark im Dritten Reich 1938-1945. Graz,
1986. S. 398-401.
4
Kremshofer, Engelbert: Rettung ungarischer Juden in der Steiermark,
in: Mutige Steiermark, 2007. S. 135.
5
Halbrainer, Heimo u. Ehetreiber, Christian (Hg.): Todesmarsch Eisenstraße 1945. CLIO Graz 2005, S. 73. Aschauer, Anton: Zur Geschichte
der Todesmärsche ungarischer Juden durch das Kremstal, in: Kastner,
Wolfram und Aschauer, Anton (Hg.): Furchtbare Wege. Der Todesmarsch
3
8
einen Fluchtversuch unternahm oder zu
schwach war, wurde vom Wachpersonal
erschossen. Die SS war zwar zuständig,
ausführend waren aber meist Angehörige der Hitler-Jugend, der SA und des
Volkssturmes.4 Dabei kam es am 7. April
am Präbichl zu einem Massaker, bei
dem Volkssturm- und SA-Männer wahllos in die Menge schossen und etwa
250 Juden ermordeten. Im Eisenerzer
Mordprozess wurden der Kreisleiter
Otto Christandl, Kommandant Ludwig
Krenn und acht weitere Angeklagte
durch das Oberste Englische Militärgericht in Graz zum Tode verurteilt und
am 21. Juni 1946 durch Erschießen
hingerichtet.5
Die Marschroute der
ungarischen Juden
Ein Transport mit etwa 1000 bis 1200
Personen verließ am 7. April 1945 GrazLiebenau in Richtung Voitsberg, von wo
er über Köflach, die Stubalpe (Passhöhe
Gaberl, 1547 m), Weißkirchen, Judenburg, Fohnsdorf, St. Johann am Tauern,
über den Rottenmanner Tauern (Passhöhe Hohentauern, 1274 m) und Trieben
nach Liezen getrieben wurde.6
Die Route führte weiter über den Pyhrn­
pass (Passhöhe 945 m), Windischgarsten, St. Pankraz, Steyrling, Klaus und
Kirchdorf. Von hier gab es zwei Mög-
ungarischer Juden durch den Bezirk Kirchdorf. Ein Projekt im Rahmen
des Festivals der Regionen 2007. S. 39.
6
Bericht des Controller Military Government Courts Branch to Director,
Subject: Atrocities Cases South East Styria and Judenburg Area vom
6.6.1947, PRO FO 1020/2063. Vgl. Lappin, Eleonore: Ungarisch-jüdische
Zwangsarbeiter in Österreich 1944/45, in: Martha Keil u. Eleonore
Lappin (Hg.): Studien zur Geschichte der Juden in Österreich. Reihe
B, Bd. 3, 1997. S. 158.
Auszug aus der Gendarmeriechronik St. Johann am Tauern vom 12. April 1945
I Archiv Alois Leitner
Gasthof Weingruber 1930, Postkarte
I Archiv Alois Leitner
lichkeiten. Eine durch das Steyrtal und
eine durch das Kremstal, wobei dieser
Transport nach dem derzeitigen Forschungsstand durch das Kremstal, also
über Schlierbach, Adlwang, Waldneukirchen, Sierning und nach Steyr führte.
Von dort ging es gemeinsam mit der
Ennstalroute (Präbichltransport) nach
Mauthausen.
Einen ersten literarischen Hinweis auf
den Judentransport über diese Route
liefert uns der langjährige steirische Kulturpolitiker Hanns Koren in seinen Momentaufnahmen, wo er im Kapitel über
seine Mutter zum Schluss schreibt:
„Ein Judentransport wurde durch Köf­
lach geführt. Nicht die Hauptstraße,
sondern den Ortsrand entlang und so
auch durch die Griesgasse, in der unser
Heimathaus steht, zog die Schar der
Hoffnungslosen, müde und erschöpft.
Alte und Junge, Frauen und Kinder,
denen Durst und Verlangen nach La­
bung aus den stummen Zügen sprach.
Unsere Mutter stand am Gartenzaun,
als die schweigende Kolonne vorüber­
zog. Und ihr Enkel führte sie in den
Keller und half ihr einen großen Korb
mit Äpfeln heraufzuholen, und als die
bittenden Hände die Last des Korbes
abgenommen hatten, holte sie wieder
einen und wieder einen, bis der Zug, der
kein Halten kannte, in Richtung Salla
und Obersteiermark verschwunden war.
Das ist das Bild, das auf keinem Film und
keiner Platte festgehalten wurde, aber
„Der damalige Hubmoar Leitgeb (Unterhauser) kam vom Einkaufen in St. Jo­
hann mit der Nachricht zurück, dass ein
Transport von 1000 Juden von Judenburg
kommend sich zu Fuß über den Tauern
bewegen würde. Schon am Nachmittag
sollte sich der Zug bei uns einfinden.
Gespannt warteten wir auf die Dinge, die
da kommen sollten. Tatsächlich kam der
Zug am späten Nachmittag vom Wein­
gruber Bichl herauf die Straße entlang.
Wir saßen in gehöriger Entfernung auf
der Wiese und schauten still hinunter
auf die Straße. Von mehreren bewaff­
neten Bewachern umgeben schleppten
sich die bedauernswerten Menschen
langsam und schier endlos dahin. Da
es schon Abend wurde, musste im Un­
terhauser Wald zwischen vlg. Kainz und
unserem Haus (= Nähe der Moser-Villa)
das Nachtquartier aufgeschlagen wer­
den. Später erfuhren wir, dass einer der
Juden, der sich des nachts vom Lager
entfernt hatte, beim Weingruber er­
schossen wurde. Am nächsten Morgen
sind sie über den Tauern weitergezogen.
Nach dem Ende des Krieges wurde
den Bewachern dieses Transportes von
einem englischen Militärgericht in Graz
der Prozess gemacht. Herr Egger, ein
Fohnsdorfer, war einer der Angeklag­
ten; er wurde zum Tode verurteilt und
hingerichtet.“10
In Hohentauern berichtet auch die Pfarrchronik, wenn auch nur kurz, über den
Judentransport: „Juden und Sträflinge
7
8
es bleibt dennoch eines der schönsten
und besten, das ich von meiner Mutter
besitze.“7
Einen ersten schriftlichen Beleg findet
man in der Gendarmeriechronik von
Salla, wo es heißt: „Am 9.4.1945 wurde
von der SS eine große Zahl ungarischer
Juden durch Salla getrieben. Zwei Juden
starben unterhalb des Schutzhauses
Gaberl-Stubalpe.“8
Die nachfolgenden Schilderungen widmen sich nun vorrangig dem Verlauf des
Todesmarsches im Bezirk Liezen und in
den angrenzenden Gemeinden.
Von St.Johann nach Hohentauern
St. Johann am Tauern „12. April 1945:
Vom Stellungsbau in der Oststeiermark
usw. kam ein Judentransport in der
Stärke von ungefähr 1.000 Mann, ver­
schiedener Nationalität, die durch Volks­
sturmmänner aus Fohnsdorf begleitet
wurden. Der Transport machte nördlich
der Moser-Villa Rast. Ein Jude sprang
beim ehemaligen Gasthaus Weingruber
wegen Kartoffeln usw. vor. Er wurde des­
halb sogleich in der Nähe der dortigen
Brücke von Männern des Volkssturmes
erschossen und beerdigt. Weiters wur­
den wegen Marschunfähigkeit ein Jude
am Rastplatz beim Gasthaus Steinkog­
ler, Tauernwirt und 2 unterhalb vom
Brotjäger erschossen und beerdigt.“9
Ein Zeitzeuge berichtet über den Judentransport durch St. Johann am
Tauern:
Koren, Hanns: Momentaufnahmen. Menschen, die mir begegneten.
Styria, 1975. S. 18.
Gendameriechronik Salla, Vgl. Lappin, Eleonore: Ungarisch-jüdische
Zwangsarbeiter in Österreich 1944/45, in: Martha Keil u. Eleonore
Lappin (Hg.): Studien zur Geschichte der Juden in Österreich. Reihe
B, Bd. 3, 1997. S. 184.
9
Gendarmeriechronik St. Johann a.T.
10
Gewährsperson 4
9
Hohentauern 1941, Postkarte Verlag Franz Knollmüller Graz I Archiv Alois Leitner
werden hier vorbeigeführt. Die Juden,
die vor Erschöpfung nicht mehr folgen
können werden erschossen. Im Pfarrge­
biet drei Judengräber.“11
Ein heute 75-jähriger Zeitzeuge erinnert
sich an folgende Begebenheiten:
„Als der Judentransport in Hohentauern
halt gemacht hat und einer nicht mehr
gehen konnte, wir haben gerade beim
Fenster hinaus geschaut, hat der Vater
gesagt, die Kinder müssen sich ducken,
damit wir nicht zuschauen mussten, wie
dieser erschossen wurde.“
Derselbe Zeitzeuge weiter: „Die Un­
termüllerin, Frau Katharina Jetz, wollte
ihnen etwas zu Essen geben. Sie wurde
aber mit der Androhung des Erschießens
zurückgetrieben.“12
„Der ermordete Ungar wurde bei der
Ecke des Tauernwirt-Stadls begraben. Der
nächste wurde beim Stauchner (heutiges
Brotjäger) erschossen und bis zur ,Was­
sertrogreit‘ gezogen und dort notdürftig
begraben, wobei die Füße herausgeschaut
haben und wir als Buben immer wieder
schauen gegangen sind.“13
Nach dem Krieg mussten dann ortsbekannte Nazis die Leichname ausgraben
und ordentlich bestatten.
„Von Seiten der Gemeinde wurden die
Eltern informiert, dass ein Judentransport
über den Tauern geführt wird und es sind
alle Fenster zu verhängen. Wir haben
trotzdem hinaus geschaut. Es war ein
fürchterlicher Anblick.“ […] „Es hat sich
rasch verbreitet, dass am Nachmittag ein
Judentransport über den Tauern im Anzug
ist. So sind fast alle Sunkler, so auch
meine Eltern, zur Straße hinaus schauen
gegangen. Ich war zur damaligen Zeit
schwanger (Jg. 1921) und habe mir das
nicht angeschaut. In Trieben wurden
sie hinten, also bei der Pappenbude
hinuntergetrieben.“14
„Ich war noch ein Jugendlicher und wir
streckten die Hand zum Hitlergruß ent­
gegen, als die Juden vorbeigetrieben
wurden. Da haben uns einige die Faust
gezeigt.“15
Vom Paltental nach Liezen
Trieben: „Am 12. April 1945 erhielt der
hiesige Posten den telefonischen Be­
fehl, am 13. April an der Rayonsgrenze
im Sunk mit Volkssturmmännern einen
Judentransport von ca. 1000 Juden zu
übernehmen, bis zur Rayonsgrenze
nach Edlach zu begleiten und dort dem
Posten Rottenmann zur Weiterleitung
zu übergeben. Die Juden waren derart
ausgehungert und entkräftet, dass der
Transport nur schleppend vor sich ging.
Die ca. 6 km lange Strecke brauchte ei­
nen Zeitaufwand von 4 Stunden. Nächst
Trieben wurde vom Volkssturmmann
Ludwig Stütz ein Jude erschossen, weil
Pfarrchronik Hohentauern, 2. Teil. 1945.
12
Gewährsperson 1 (Die nur mit Nummern versehenen Gewährspersonen sind dem Autor persönlich bekannt!)
13
Gewährsperson 1
14
Gewährsperson 3
15
Gewährsperson 10
16
Gendarmeriechronik Trieben, Bd. 2 (1936-1962), Vgl. Lappin, Eleonore:
Ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter in Österreich 1944/45, in: Martha
Keil u. Eleonore Lappin (Hg.): Studien zur Geschichte der Juden in
11
10
er nicht mehr weiter konnte. Stütz, so­
wie der Volkssturmkommandant Johann
Hager wurden wegen dieser Tat im Juni
1945 verhaftet und eingeliefert.“16
Der ehemalige und bereits verstorbene
Bürgermeister von Trieben, Hans Grassegger, erinnert sich in seinen schriftlichen Aufzeichnungen daran:
„Dieser Elendszug, aus dem die meisten
letztendes doch umkamen, wurde nicht
durch die Ortschaften, sondern an den
Ortsrändern geführt, um möglichst den
Einheimischen nicht die Möglichkeit zu
geben, dieses schreckliche Bild zu se­
hen.“17
Die letzten Kriegstage in St. Lorenzen
im Paltental. Diese Schilderung stammt
aus einer anonymen Aufzeichnung aus
dem Jahre 1951, die im Landesarchiv
verwahrt wird.18
„In der Osterwoche 1945 war ein Ge­
schehen, das ich, so lange ich lebe, nie
vergessen werde. Schon einige Tage
vorher wurde bekannt, dass 5000 Juden
über den Triebener Tauern getrieben
würden – Ziel Mauthausen. Ich war mit
meinem Töchterl auf unserem Schre­
bergarten, der hart an der Reichsstraße
lag. Auf einmal sahen wir, wie sich eine
dunkle Masse langsam dahinschleppte.
‚Mam’, sagte entsetzt mein Töchter­
lein, ‚schau, die Juden!’ Wir suchten
in einem Gesträuch Versteck, weil wir
Angst hatten. Es war ein grauenhafter
Anblick! – Barfuß, in Lumpen gehüllt, fast
verhungerte Gestalten, die man kaum
mehr Menschen nennen konnte, krochen
mehr, als sie gingen in Achterreihen, links
und rechts bewacht von Männern, die
Gewehre trugen. Die Letzten, halbtot,
wurden getragen, nachgeschleift. Als die
Dunkelheit anbrach, hörte man Schüsse,
wahrscheinlich Fangschüsse, wie der
Jäger sagt. Wir sahen mit eigenen Augen,
wie die Geschöpfe Gras rupften und es
gierig „fraßen“, Schnecken und Würmer
auflasen und ebenfalls verzehrten. Das
nun genügte, um uns den letzten Glau­
ben zu nehmen. Daheim angekommen,
verbrannten wir unser Hitlerbild, denn
wer so Menschenunwürdiges duldete,
hatte bei uns keinen Platz.“
Österreich. Reihe B, Bd. 3, 1997. S. 185. Die Nachkommen von Herrn
Stütz waren durch diese Tat sehr belastet bzw. betroffen. (GP 3)
17
Grassegger, Hans: Unveröffentlichte Chronik über Trieben. S 37.
18
Anonyme Aufzeichnungen (1951), Steiermärkisches Landesarchiv,
Zeitgeschichtliche Sammlung 210, „Einiges aus den Umsturztagen
in meinem Wohnort St. Lorenzen i. Paltental“; vgl. Jontes, Günther
(Hg.): Vom „Umbruch“ zum „Zusammenbruch“. Steirische Schicksale
1938-1945 in Augenzeugenberichten. Selbstverlag des Obersteirischen
Kulturbundes, 2009. S. 245.
Rottenmann 1942, Postkarte Verlag Franz Knollmüller Graz I Archiv Verein Schloss Trautenfels
Rottenmann: „13./14.4.[1945]: Juden
aus Ungarn in Richtung Mauthausen zu
Fuß durchgezogen, die ihre eigenen To­
tengräber bei sich hatten. Es waren noch
mehrere hundert. Viele sind unterwegs
infolge Erschöpfung umgekommen.“19
In Rottenmann wurden nach dem Krieg
die Leichen von drei jüdischen Opfern
gefunden. Eine Erhebung bei der Pfarre
und der Friedhofsverwaltung in Rottenmann ergab, dass Gräber mit ermordeten Zwangsarbeitern weder bestanden
noch bestehen.20
Ein ehemaliger Postbediensteter von
Rottenmann (Jg. 1926) erinnert sich wie
folgt: „Es muss im April 1945 gewesen
sein, als ich wie schon oft vorher, bei
meiner Tante auf Besuch war. Sie hatte
in Boder (Ortsteil von Rottenmann) ein
Häuschen, das von einem Zaun umgeben
war. Angrenzend an den Zaun verlief die
Straße Büschendorf – St. Georgen. Ich
stand damals am Zaun und blickte auf
die Straße. Plötzlich sah ich eine Menge
Menschen, flankiert von Soldaten mit
Gewehren in der Hand, von Büschendorf
kommend in meine Richtung gehen. Ich
war erschüttert und erschrocken, als die
ersten Menschen an mir vorbeiwankten.
Abgemagert bis auf das Skelett, mit
gebrochenen Augen, die nirgendwo­
hin blickten, erschöpft, ausgemergelt,
sich nur mühsam auf den Beinen halten
konnten, dazu das ewige Gebrülle der
Soldaten: weiter, weiter! Auf einmal – ich
traute meinen Augen nicht – ließen sich
vier, fünf dieser armen Kreaturen auf die
Knie fallen, rupften das neben der Straße
wachsende Gras und schlangen es in
sich hinein. Weiter, weiter! So schrien
die Soldaten, das Gewehr teilweise im
Anschlag. Ich war von dem Gesehenen so
erschüttert, ich konnte nicht mehr hinse­
hen und ich lief mit Tränen in den Augen
in das Haus. Angezogen waren diese
Menschen, wenn mich die Erinnerung
nicht täuscht, mit Sträflingskleidern. Sie
wurden von Irgendwo nach Irgendwohin
getrieben. Dieses Geschehnis hat sich
tief in meine Seele eingefressen. Ich
werde diese Bilder mein ganzes Leben
lang nicht vergessen.“21
Von Liezen auf den Pyhrnpass
Am späten Nachmittag des 13. April
1945 traf der Transport in Liezen ein.
Übernachtet wurde in einer Scheune
am Ortseingang, wo es auch Verpflegung gab. Bereits am nächsten Morgen um sieben Uhr früh mussten sie
weitermarschieren und erreichten am
Nachmittag die Gaugrenze. Dreizehn
zu sehr geschwächte Juden blieben in
Liezen zurück. Sie hätten nach einer
Ruhepause mit einem Zug von Nachzüglern mitgehen sollen, wurden aber
wegen Verdacht auf Flecktyphus erschossen.23 Nachdem am 14. April 1945
Liezen 1940, Postkarte Frank Verlag Graz I Archiv Verein Schloss Trautenfels
Gendarmeriechronik Rottenmann (Vgl. Kremshofer, Engelbert: Mutige
Steiermark, 2007. S. 135.
20
Weisgram, Sonja: Die Erinnerungsaktivitäten der österreichischen
Gemeinden an die ungarisch-jüdischen Opfer des Südostwallbaus und
der Todesmärsche. Seminararbeit am Institut für Politikwissenschaft der
Univ. Wien (Fakultät für Sozialwissenschaften). Wien, 2008. S. 117.
19
Ein damals 16-jähriges Mädchen erinnert sich: „Am Sonntag in der Früh um
ca. 6 Uhr sind wir in den Stall gegangen
um mit der Arbeit zu beginnen. Da hörten
wir trapp, trapp. Dort wo heute die Fa.
Deisl ihr Geschäft hat (kurz vor Liezen),
sind sie dann gekommen. Entsetzlich
zum Anschauen, einige haben Gras und
die anderen Regenwürmer gesucht und
gegessen. Unsere Nachbarin wollte ihnen
Brot reichen, da wurde sie von der Wach­
mannschaft sofort mit dem Erschießen
bedroht. Die Gehbehinderten wurden
erschossen und an Ort und Stelle von den
Kameraden notdürftig beerdigt. Meist
haben noch die Hände und Füße heraus­
geschaut. Lautlos, außer das trapp, trapp
sind sie Richtung Liezen verschwunden.
Ich werden diesen Anblick mein Leben
lang nicht vergessen.“22
Gewährsperson 2
Gewährsperson 5
23
Lappin, Eleonore: Die Todesmärsche ungarischer Juden durch den
Gau Steiermark. In: Gerald Lamprecht (Hrsg.): Jüdisches Leben in der
Steiermark. Marginalisierung, Auslöschung, Annäherung, Innsbruck:
Studien Verlag 2004, S. 263-290.
21
22
11
Noch in den letzten Kriegstagen wird die Bevölkerung mit Plakaten auf Widerstand gegen den
„Volksfeind“ und Durchhaltevermögen eingeschworen, Liezen April 1945
I Foto: M. Aigner, Archiv Schloss Trautenfels, UMJ
der Transport Liezen verlassen hatte,
marschierten sie über den Pyhrnpass
nach Kirchdorf an der Krems und Steyr
nach Mauthausen.24
Frau Hafner, die Gattin eines Straßenwärters in Liezen berichtet:25
„Es war schrecklich anzuschauen, wie
die armen Menschen daherkamen. Die
Gefangenen hoben Regenwürmer und
Schnecken von der Straße auf, um sie
gierig zu verschlingen. Mein ehemaliges
Pflichtjahrmädchen, Stefanie Rudorfer,
und ich wollten den hungrigen Men­
schen Kartoffeln und Rüben geben, aber
wir wurden von der Begleitmannschaft
mit erhobenen Revolvern ins Haus ge­
jagt. Die Gefangenen konnten nicht
mehr weiter, und so mussten sie in
einem Heustadl am Ufer der Enns, in
der Nähe der Röthelbrücke, lagern. In
der Wachmannschaft befanden sich die
Volkssturmmänner Lasser, Sulzbacher,
Skalnik und andere aus Liezen.
Am Sonntag sahen wir vom Fenster aus,
wie sechs Gefangene am Ufer der Enns,
kaum 300 Meter von uns entfernt, un­
ter Bewachung Gräber ausschaufelten.
Nach vollbrachter Arbeit mussten sie
sich vor die Gräber stellen. Sie wurden
erschossen, ich zählte sechs Schüsse.
An der Erschießung waren der jetzige
Leiter des DP-Lagers, Pauritsch, und
ein gewisser Mernik beteiligt. Die Lei­
chen liegen noch heute, oberflächlich
verscharrt, an derselben Stelle. Bei
Hochwasser besteht die Gefahr, dass
die Toten bloßgelegt und fortgespült
werden. Im Oktober 1946 wurden vom
Bezirksinspektor der Gendarmerie, Hein­
rich, Erhebungen durchgeführt. Doch
Heinrich war selbst der Leiter dieses
Transportes gewesen.“
Herr Wienerroither aus Liezen berichtet:26
„Meine Frau und ich gingen mit unseren
zwei Buben an dem in Frage kommen­
den Samstag zur Röthelbrücke. Auf der
Straße stand Baumeister Reigel von
der Firma Poor (wahrscheinlich ‚Porr’)
aus Liezen Wache. Er forderte uns auf,
umzukehren, da am anderen Ufer Juden
lagern. Als wir umkehrten, kamen uns
auf der Hauptstraße die Volkssturmmän­
ner Pauritsch, Mernik, Messnig, Lasser,
Karl Walcher und andere entgegen. Sie
fungierten als Posten.
Samstag, Sonntag und Montag hörten
wir vom Lager her fortwährend Schie­
ßen und Schreien. In der Nähe des
Heustadls, wo sich das Lager damals
befand, liegt heute ein Grab. Vor einiger
Zeit stolperte einer unserer Buben über
LG Graz V g 1 Vr2116/49 gegen Otto Maessing u.a.; Erhebungen
gegen Hugo Zemanek, AdR BuMinJu 20.304/2-A/63. Vgl. Lappin,
Eleonore: Ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter in Österreich 1944/45,
in: Martha Keil u. Eleonore Lappin (Hg.): Studien zur Geschichte der
Juden in Österreich. Reihe B, Bd. 3, 1997. S. 158.
25
Friedmann, Benedikt: Iwan, hau die Juden! Die Todesmärsche ungarischer Juden durch Österreich nach Mauthausen im April 1945.
Augenzeugen berichten, H. 1, St. Pölten, 1989. S. 62-63.
24
12
einen Schuh. Als er ihn näher ansah,
bemerkte er, dass der Schuh am Fuß
einer Leiche stak.
Die Transporte der Gefangenen von der
Röthelbrücke aus über den Pyhrnpaß
leitete damals Bezirksinspektor Heinrich.
Er muss daher sehr genau wissen, wer
die Erschießungen der Marschunfähigen
durchführte und in welchem Auftrag sie
durchgeführt wurden.“
Herr Wölger aus Liezen berichtet: 27
„Der Volkssturmmann Dunkel, Sattler­
meister, führte einen Häftling, der die
Bevölkerung um Brot bat, zum Lager.
Dort wurde der Häftling erschossen. An
der Bewachung des Transports nahmen
neben Dunkel folgende Volkssturmmän­
ner teil: Böhm, Theodor Sonnenberg und
Hartner, alle aus Liezen.“
Die langjährige Oberlehrerin Margarethe Aigner erinnert sich an die
letzten Kriegstage. Ihre schriftlichen
Aufzeichnungen sind im Steiermärkischen Landesarchiv verwahrt.28 „15.
April: Vormittags ein Zug Kazettler durch
den Ort geführt worden. Diesem Zuge
folgte ein Zug von circa 1000 Juden, ein
Bild des Elends. Matt, gebeugt, die Füße
mit Fetzen umwickelt, schlichen sie in
der Kolonne dahin, Reihe um Reihe. Sie
wurden von der ungarischen Grenze
dahergeführt und über den Pyhrn nach
Oberösterreich. Bei der Ennsbrücke
haben sie auf einer Wiese übernachtet.
Vor Hunger aßen sie Gras und Schne­
cken. Ein Hiesiger wollte ihnen ein Brot
geben. Er wurde von der Wache mit
dem Erschießen bedroht. Einer Frau
im Ort, die zufällig mit einer Schüssel
Erdäpfelschalen aus einem Haus kam,
wollten Juden solche Schalen aus der
Schüssel nehmen und sie gierig essen.
Der Wächter war sofort da und wies die
Frau energisch in das Haus zurück.“
Über den Pyhrnpass nach
Windischgarsten
Anfang April kam der erste Marschblock
nach Spital am Pyhrn. Die begleitende
SS-Wachmannschaft wurde von Ort zu
Ort durch Gendarmen, Volkssturmmännern und Angehörige der Hitlerjugend
verstärkt und erhielt von der SS den
Ebd. S. 63-64
Ebd. S. 64
28
Abschrift eines Tagebuch-Auszuges der Oberlehrerin Margarethe
Aigner. Steiermärkisches Landesarchiv, Zeitgeschichtliche Sammlung
210, Liezen im Ennstal 1938-1945; vgl. Jontes, Günther (Hg.): Vom
„Umbruch“ zum „Zusammenbruch“. Steirische Schicksale 1938-1945
in Augenzeugenberichten. Selbstverlag des Obersteirischen Kulturbundes, 2009. S. 221.
26
27
Die Route des Transportes der ungarischen Juden im April 1945, Österreichkarte, 1936 STAA.
I Archiv Alois Leitner
Befehl, jeden nicht mehr marschfähigen Juden zu erschießen. Der Großteil
der Bevölkerung war über den Zustand
und die Behandlung der Juden entsetzt.
Vereinzelte Hilfsaktionen der Zivilbevölkerung wurden durch brutale Drohungen
unterbunden.29
Das Nachtlager (14./15. April 1945) in
Spital am Pyhrn errichtete man beim Pölz,
beim Kolmer und im Stiftshof und wurde
von Volkssturmmännern bewacht.30
Auch die Pfarrchronik von Spital am
Pyhrn berichtet von einem Judenmord:
„Ein KZ-ler wurde, weil er nicht mehr
weiter konnte, beim Lafer erschossen
und dort begraben. Nach dem Zusam­
menbruch wurde der Leichnam exhu­
miert.“31
Ausgemergelt, halb verhungert und
erfroren schleppten sich Gestalten in
Sträflingskleidern, die von manchen Zu-
schauern für Pyjamas gehalten wurden,
dahin. Im Blick stumpfe Verzweiflung,
wahrlich ein gespenstischer Zug, der der
Bevölkerung Angst vor Vergeltungsmaßnahmen der nahenden Sieger einflößte.
Aber die Befehlsmaschinerie des NSRegimes funktionierte noch immer. Ganz
selten, dass es jemand riskierte, offen
Kritik zu äußern oder gar einen Befehl zu
verweigern. Nur aus Spital am Pyhrn wird
berichtet, dass ein alter Sozialist dem
Bürgermeister ins Gesicht gesagt hat, „er
lasse sich eher erschießen, bevor er sich
beim Judentreiben beteiligt.“ Angeblich
soll ihm nichts passiert sein.32
Auch der Soziologe Roland Girtler, ein
gebürtiger Spitaler (Spital am Pyhrnpass,
Oberösterreich), verweist in seinem
Buch „Aschenlauge“ auf eine Aussage
einer damals 35 Jahre alten Bauerntocher:
Stanzel, Rudolf: Der Todesmarsch der ungarischen Juden über den
Pyhrn im April 1945, in: Betrifft Widerstand. Zeitschrift des Zeitgeschichtemuseums Ebensee, Nr. 43 (1999).
30
Krawarik, Hans (Hg.): Ein Dorf im Gebirge. Spital am Pyhrn 1190 –
1990. Linz 1990. S. 408.
31
Aschauer, Anton: Zur Geschichte der Todesmärsche ungarischer
Juden durch das Kremstal, in: Kastner, Wolfram und Aschauer,
Anton (Hg.): Furchtbare Wege. Der Todesmarsch ungarischer Juden
29
„Ich war wirklich eine Nationalsozialistin,
doch wie ich gesehen habe, wie SSler
durch Spital am Pyhrn gegen Ende des
Krieges Leute getrieben haben, war
ich entsetzt. Es waren bei 30 Juden
in Pyjamas (Anm.: wohl KZ-Kleidung),
die schon recht müde waren, die man
wie Tiere vor sich hertrieb. Das habe
ich verurteilt. Meine Überzeugung hat
sich da sehr gewandelt. Wenn Spitaler
diesen müden Juden etwas zu trinken
geben wollten, haben die Bewacher das
verboten. So grausam waren sie. Das
kann man nicht gutheißen und auch
nicht die Konzentrationslager.“33
In seinem Buch „Sommergetreide. Vom
Untergang der bäuerlichen Kultur“
beschreibt Girtler auch die Haltung
des damaligen Bürgermeisters: „Es
gab nur sehr wenige, die den Mut auf­
brachten, dem menschenfeindlichen
Wahnsinn des Nationalsozialismus zu
widersprechen. Jedoch erfuhr ich von
einem ehemaligen Holzarbeiter, der
1938 bei der Abstimmung anlässlich des
Anschlusses Österreichs an Deutsch­
land mit drei anderen eine Neinstimme
abgab. Seine Tochter erinnert sich ihres
aufrechten Vaters: „1938 gab es nur
ein paar Gegner des Nationalsozia­
lismus. Die, die am lautesten damals
geschrien haben, waren nach dem Krieg
Sozialisten ersten Ranges. Zu einem
habe ich einmal gesagt: ‚Interessant,
dass du heute so ein großer Sozi bist,
bei dir habe ich damals Marschlieder
gelernt, wie der Hitler kam.’ Mein Vater
war ein Gegner der Nazis. Als 1945 an
einem Samstag der nationalsozialisti­
sche Bürgermeister zu ihm kam und
ihm sagte: ‚Um 12 Uhr Mittag sind Sie
mit dem Volkssturm auf dem Pyhrnpaß,
um eine Gruppe von gefangenen Juden
zu übernehmen’, da hat mein Vater
sein Hemd aufgerissen. Er hat gesagt:
‚Ihr könnt mich erschießen, aber Ju­
den treiben tue ich nicht. Sie können
mich sofort abführen.’ Meinem Vater
ist nichts passiert. Der Bürgermeister
war so anständig und hat ihm keine
Schwierigkeiten gemacht. Mein Vater
hat zu ihm gesagt: ‚Ich bin ein Roter und
bleibe ein Roter. Sie können denken,
durch den Bezirk Kirchdorf. Ein Projekt im Rahmen des Festivals der
Regionen 2007. S. 44.
32
Stanzel, Rudolf: Der Todesmarsch der ungarischen Juden über den
Pyhrn im April 1945, in: Betrifft Widerstand. Zeitschrift des Zeitgeschichtemuseums Ebensee, Nr. 43 (1999).
33
Girtler, Roland: Aschenlauge. Bergbauernleben im Wandel. Linz
1988.S. 67.
13
(es ist in den Chroniken immer wieder
die Rede von 1.000 Juden) und der
zeitlichen Zuordnung (Mitte April 1945)
nach Kirchdorf, Schlierbach, Adlwang
nach Sierning wahrscheinlich und nicht
die zweite Variante über Leonstein.
Am 18. April 1945, also elf Tage nach ihrem Abmarsch in Graz, traf die Marschkolonne in Sierning ein. Erschöpfte
und Tote wurden durcheinander auf
Leiterwagen geworfen und sollten
am Friedhof beerdigt werden. Zwölf
Häftlinge musste man erst erschießen,
bevor man sie mit dreizehn anderen
begraben konnte. Die Totengräberin
soll sich geweigert haben, Lebende
zu begraben.37
Wie die wahre Route weitergeführt wurde, lässt sich nur schwer eruieren. Zwei
Möglichkeiten bieten sich an: Eine von
Steyr weiter durch das Ennstal könnte
im Gemeindegebiet von Dietach geteilt
worden sein und führte entweder über
Kronsdorf oder über Hargelsberg nach
Enns und weiter nach Mauthausen. Eine
andere Route soll von Sierning über
St. Marien und weiter nach Neuhofen
geführt haben.38 Aber auch in Steyr,
wo der Pyhrntransport dann auf die
Ennstalroute stieß, auf der es dann
Richtung Mauthausen ging, fand der
Todesmarsch noch kein Ende. Man
schickte die letzten Überlebenden von
Mauthausen noch nach Gunskirchen,
wo sie das Kriegsende erlebten.39
Liezen 1944, Franz Knollmüller Graz I Archiv Verein Schloss Trautenfels
was Sie wollen. Ich werde euch nie mit
,Heil Hitler!‘ grüßen.“34
Am nächsten Tag erreicht der Zynismus der Bewachungsmannschaft in
Windischgarsten einen Höhepunkt. Vor
dem Ort mussten die Juden große Steine
aufheben und beidhändig tragen, damit
sie ja keine Hand für milde Gaben frei
hatten. In Rastpausen „grasten“ die
Häftlinge Wiesen im Nu ab oder gruben
Komposthaufen auf der Suche nach
ein paar Kartoffelschalen mit bloßen
Händen um. Nach mündlichen Berichten
hat der Zug in Spital am Pyhrn, in St.
Pankraz und Klaus genächtigt, und zwar
einfach auf freiem Feld.35
Der Weitermarsch Richtung
Mauthausen
Über St. Pankraz, wo der Zug laut Eintragung in der Gemeindechronik nur
mehr 800 Personen stark war36, führte
der Weg nach Klaus. Durch die mögliche
Routenaufteilung kurz nach Klaus ist die
Marschroute dieses Transportes nur
aufgrund der Größe des Transportes
Girtler, Roland: Sommergetreide. Vom Untergang der bäuerlichen
Kultur. Böhlau Verlag, 1996. S. 24.
35
Stanzel, Rudolf: Der Todesmarsch der ungarischen Juden über den
Pyhrn im April 1945, in: Betrifft Widerstand. Zeitschrift des Zeitgeschichtemuseums Ebensee, Nr. 43 (1999).
36
Gendarmeriechronik St. Pankraz vom 7.5.1945.
37
Aschauer, Anton: Zur Geschichte der Todesmärsche ungarischer
Juden durch das Kremstal, in: Kastner, Wolfram und Aschauer,
Anton (Hg.): Furchtbare Wege. Der Todesmarsch ungarischer Juden
durch den Bezirk Kirchdorf. Ein Projekt im Rahmen des Festivals der
Regionen 2007. S. 51.
38
Stanzel, Rudolf: Der Todesmarsch der ungarischen Juden über den
34
14
Anmerkungen des Autors
Die Zeitzeugen werden immer weniger und die Nachforschungen immer
schwieriger. Schon bisher stieß man
mit Fragen nach dem Todesmarsch
entweder auf eine Mauer des Schweigens oder zumindest auf Ablehnung. Die
Todesmärsche tausender Juden durch
die damalige Ostmark gehörten zu den
großen Tabuthemen in Österreich der
Nachkriegszeit und sind es bis heute
geblieben. Man wollte und will nicht
daran erinnert werden.
Pyhrn im April 1945, in: Betrifft Widerstand. Zeitschrift des Zeitgeschichtemuseums Ebensee, Nr. 43.
39
Kammerstätter, Peter: Der Todesmarsch ungarischer Juden von Mauthausen nach Gunskirchen im April 1945. Eine Materialsammlung mit
Bildern, unveröffentlichtes Manuskript, Linz 1971.
40
Friedmann, Benedikt: Iwan, hau die Juden! Die Todesmärsche ungarischer Juden durch Österreich nach Mauthausen im April 1945.
Augenzeugen berichten, H. 1, St. Pölten, 1989. S. 4-5. (Der Autor
Benedikt Friedmann, geb. 1910 in Lemberg, arbeitete nach dem Krieg
eine Zeit lang als Stefan Mendocha bei den Briten als Zensor, dann
unter seinem richtigen Namen bei der UNRRA in Koblenz und Admont.
1948 wanderte er nach Israel aus.).
Betroffene gibt es fast keine mehr,
weil schon damals, 1945, nur wenige
überlebten. Augenzeugen auf Seiten der
Täter und der Zuschauer – alles spielte
sich ja in der Öffentlichkeit ab! – gab
es schon damals kaum, weil fast alle
schwiegen. Und die Berichte jener, die
überlebt hatten oder doch sprachen,
wurden unterdrückt – nicht nur vom
offiziellen Österreich, sondern auch von
den alliierten Besatzungsbehörden.40
Dazu kam noch, dass es vorwiegend
Frauen waren, die von diesem Todesmarsch berichten konnten. Die Männer
waren zu diesem Zeitpunkt noch im
Krieg oder bereits in Kriegsgefangenschaft.
Bei der Suche nach schriftlichen Spuren
der Todesmärsche durch die Steiermark
wird man bei einzelnen an den Marschrouten gelegenen Gendarmerieposten
(heute Polizeikommissariat), durch die
der Zug der ungarischen Juden führte,
fündig. Die in diesen Posten geführten
handschriftlichen Chroniken erweisen
sich, neben den Prozessakten, als einzig erhaltenes und damit wichtigstes
schriftliches Zeugenmaterial von dokumentarischem Wert. Natürlich gehört
es zu den Aufgaben einer kritischen
Quellenedition, den Wahrheitsgehalt
eines Berichtes zu prüfen. Die Verlässlichkeit, vor allem die Vollständigkeit
dieser Eintragungen in den Gendarmeriechroniken muss daher allerdings
auch mit Vorsicht behandelt werden, da
so manche Chronik erst im Jahre 1946
nachgetragen wurde. Gelegentlich ist
auch in diversen Pfarrchroniken ein
kurzer Hinweis zu finden. In den Schulchroniken wurden die Seiten der Jahre
1938 bis 1945 entfernt.
Für wichtige Hinweise und Infor­ma­
tionen bedanke ich mich bei:
Herrn Prof. Mag. Anton Aschauer,
4560 Kirchdorf, Keplerstraße;
Herrn Mag. Meinhard Brunner,
Mitarbeiter der HLK Steiermark,
8010 Graz, Karmeliterplatz;
Herrn Ing. Franz Kreuzer,
8785 Hohentauern 38;
Herrn Prof. Dr. Ernst Lasnik,
8570 Voitsberg, Laubgasse 30;
Frau Dr. Eleonore Lappin,
wissenschaftliche Mitarbeiterin
des Institutes für Geschichte der
Juden in Österreich in St.Pölten;
Herrn OSR Rudolf Stanzel, Dambach
89, 4580 Windischgarsten;
Herrn Dr. Michael Schiestl,
Leiter des Stadtmuseums Judenburg;
Herrn Dr. Johann Tomaschek,
Stiftsarchivar, i.R.
3910 Zwettl, Hauptplatz 13
Literatur- und
Quellenverzeichnis:
Andritsch, Johann: Judenburg 1945
in Augenzeugenberichten, in: Judenburger Museumsschriften XII,
1994.
Bachl Irmgard, Klaus Steyrling Kniewas: Meine Heimat unsere Heimat.
Steyrling 1997 (2.Aufl.).
Brunner, Walter: Geschichte von
Pöls. Eigenverlag der Gemeinde.
Pöls, 1975.
Burczik, Günther: Nur net dran rührn.
Auf den Spuren der Todesmärsche
ungarischer Juden durch Österreich
nach Mauthausen im April 1945. In:
Martha Keil, Eleonore Lappin (Hgg.),
Studien zur Geschichte der Juden
in Österreich 2 (Bodenheim/Mainz
1997), 169-204.
Friedmann, Benedikt: Iwan, hau die
Juden! Die Todesmärsche ungarischer
Juden durch Österreich nach Mauthausen im April 1945. Augenzeugen
berichten, H. 1, St. Pölten, 1989.
Girtler, Roland: Aschenlauge. Bergbauernleben im Wandel. Landesverlag, Linz 1988 (2.Aufl.).
Girtler, Roland: Sommergetreide.
Vom Untergang der bäuerlichen
Kultur. Böhlau Verlag, Wien . Köln .
Weimar, 1996.
Halbrainer, Heimo u. Ehetreiber,
Christian (Hg.): Todesmarsch Eisenstraße 1945. Terror, Handlungsspielräume, Erinnerung: menschliches
Handeln unter Zwangsbedingungen.
Graz 2005.
Jontes, Günther (Hg.): Vom „Umbruch“ zum „Zusammenbruch“.
Steirische Schicksale 1938-1945 in
Augenzeugenberichten. Selbstverlag
des Obersteirischen Kulturbundes,
2009. S. 221.
Kammerstätter, Peter: Der Todesmarsch ungarischer Juden vom KZ
Mauthausen nach Gunskirchen, April
1945. Eine Materialsammlung mit
Bildern, (unv. Manu.) Linz 1971. In:
Marsalek: Mauthausen, S. 144.
Karzanowitsch, Erni: Die Brücke.
Ein österreichisches Schicksal. Graz:
Leykam 1988, S. 76f.
Kastner, Wolfram u. Aschauer,
Anton: Furchtbare Wege. Der Todes­
marsch ungarischer Juden durch den
Bezirk Kirchdorf. Ein Projekt zum
Gedenken an die in Oberösterreich
ermordeten ungarischen Juden. Ottensheim, 2007.
Karner, Stefan: Die Steiermark
im Dritten Reich 1938-1945. Graz,
1986. S. 398-401.
Keil, Martha und Lappin, Eleonore
(Hg.): Studien zur Geschichte der
Juden in Österreich. Philo, Bodenheim, 1977.
Koren, Hanns: Momentaufnahmen.
Menschen, die mir begegneten.
Styria, 1975. S. 18.
Krawarik, Hans (Hg.): Dorf im Gebirge. Spital am Pyhrn 1190-1990.
Linz 1990
Kremshofer, Engelbert: Mutige
Steiermark. Eigenverlag, Ziegenberg 2007.
Lappin, Eleonore: Die Todesmärsche ungarischer Juden durch den
Gau Steiermark. In: Lamprecht, Gerald (Hg.): Jüdisches Leben in der
Steiermark. Marginalisierung – Auslöschung – Annäherung. Innsbruck
2004, S. 263-290.
Lappin, Eleonore: Die Rolle der
Waffen-SS beim Zwangsarbeitseinsatz ungarischer Juden im Gau Steiermark und bei den Todesmärschen ins
KZ Mauthausen (1944/45). In: DÖW
(Hrsg.). Jahrbuch 2004. Schwerpunkt: Mauthausen, S. 77-112.
Schreglmann, Rudolf: 100 Jahre
Adlwang. Adlwang 1993.
Stanzel, Rudolf: Der Todesmarsch der
ungarischen Juden über den Pyhrn im
April 1945. In: Betrifft Widerstand. Die
Zeitschrift des Vereins WiderstandsMuseum Ebensee, Nr. 43 (Februar
1999), 32f.
Szabolcs, Szita: Ungarn 1918 bis
2004, in: GrenzenLos Österreich,
Slowenien und Ungarn 1914 – 2004.
Beitragsband zur Ausstellung im
Gerberhaus Fehring, 2007.
Szabolcs, Szita: Verschleppt, verhungert, vernichtet. Die Deportation von ungarischen Juden auf das
Gebiet des annektierten Österreich
1944-1945. Wien, 1999.
Gendarmeriechroniken Trieben,
Oberzeiring, Pöls, Fohnsdorf. Die
Einsicht in die Chroniken erfolgte
mit schriftlicher Genehmigung durch
das Landespolizeikommando Steiermark (Schreiben vom 21.08.2009
GZ 2810/39062/2009).
15
Ulrich Schlie
Zur Sonderausstellung
„Spione, Schwindler, Schatzsucher Kriegsende im Ausseerland 1945“
im Kammerhofmuseum Bad Aussee
Rückzugsgebiet Wildenseealm, 1943 I Foto: Archiv Schloss Trautenfels, UMJ
Was genau in den letzten Tagen unmittelbar vor dem Zusammenbruch
des „Dritten Reiches“ im Ausseerland
geschah, ist bis heute vielfach noch
rätselhaft, wenn nicht umstritten. Da
waren Hitlers Paladine wie SS-General
Ernst Kaltenbrunner mit seinen Getreuen, die auf ein Auseinanderbrechen der
Anti-Hitler-Koalition, eine Wendung der
Amerikaner gegen die Russen spekulierten. Sie phantasierten vom Überwintern
und der Fortsetzung des Kampfes aus
einem Rückzugsraum in den Alpen heraus. Dann gab es den undurchsichtiggerissenen, späteren Nationalrat und
kurzzeitigen Bezirkshauptmann Albrecht
Gaiswinkler, der im April 1945 mit einem
Fallschirm buchstäblich vom Himmel
gefallen war, und dann gab es noch jene
mysteriösen Transporte - Lastwagen,
die Kisten ankarrten, um am Toplitzsee
versenkt zu werden.
Eine Ausstellung zum Kriegsende
Viele dieser Geschichten sind oft kolportiert worden, manches wurde ausgeschmückt, Mutmaßungen ersetzten
16
Faktenwissen. Die Ausstellung „Spione,
Schwindler, Schatzsucher“ geht den
Fährten dieser geheimnisumhüllten
Begebenheiten aus der Endphase des
„Dritten Reiches“ nach. Sie wurde vom
Sommer 2013 bis Ende Juli 2014 im Bad
Ausseer Kammerhofmuseum gezeigt
und wird in erweiterter Form 2015 wiederum in Bad Aussee (Palmsonntag bis
16. Juli) und in der Gemeinde Obertraun
(17. Juli bis Ende September) zu sehen
sein. Der hier anzuzeigende, die Ausstellung begleitende Katalog vertieft
einzelne Aspekte.*
Ausstellung und Katalog erzählen von
der Rettung der Kunstschätze in den
Altausseer Salzbergstollen, von der
abenteuerlichen Flucht und Verhaftung
Kaltenbrunners auf der Wildenseehütte
Anfang Mai und vom Ende der größten
Geldfälschungsaktion aller Zeiten, dem
„Unternehmen Bernhard“ am Toplitzsee.
Man erfährt von den Feriendomizilen
der führenden Nationalsozialisten, den
Undercoveraktionen des britischen und
amerikanischen Geheimdienstes im
Ausseerland und so manchem mehr.
Die Folie dafür bilden Kriegsführung und
Strategie der großen Mächte der AntiHitler-Koalition im Zweiten Weltkrieg.
Die Ausstellung basiert auf umfangreichen Recherchen in zahlreichen Archiven, darunter:
Washingtoner und Londoner National
Archives, Schweizerisches Bundesarchiv
Bern, Institut für Zeitgeschichte München, Politisches Archiv des Auswärtigen
Amtes Berlin, Dokumentationsarchiv
des österreichischen Widerstands in
Wien, Zeitgeschichte Museum Ebensee,
Die Amerikaner übernahmen nach ihrem Einmarsch in Bad Aussee unverzüglich den Schutz der im
Salzbergwerk Altaussee eingelagerten Kunstschätze I Foto: www.monumentsmenfoundation.org
SS-Obergruppenführer Ernst Kaltenbrunner
(1903-1945), Chef der Sicherheitspolizei
und des SD I Foto: Internet
Oberösterreichisches Landesarchiv in
Linz, Steiermärkisches Landesarchiv
Graz. Weiters wurden zahlreiche bislang
unbekannte Unterlagen aus lokalen
Archiven und aus privater Hand genutzt.
Die Ausstellung bietet damit erstmals
eine Gesamtschau der verzweigten
Ereignisse und hat dadurch über die
Bedeutung der Geschichte der Region
hinaus auch einen globalgeschichtlichen
Aspekt. Dabei verbinden sich große
Politik, Kriegsführung und Strategie
mit lokaler Geschichte. Gerade in dieser Verbindung liegt der eigentliche
Erkenntniswert der Ausstellung.
NS-Granden im Ausseerland
Das Ausseerland rückte anno 1945
zunächst nur zufällig ins Zentrum des
Geschehens: Ernst Kaltenbrunner, der
Chef des Reichssicherheitshauptamtes
(RSHA), weilte häufig in Altaussee bei
seiner Geliebten, Gisela Gräfin Westarp, und konnte sich zudem bei SSSturmbannführer Wilhelm Höttl, dem
Balkanreferenten des RSHA, auf einen
ortsansässigen, kundigen und umtriebigen Gefolgsmann verlassen. Kaltenbrunners Bande nach Altaussee waren
jedoch nicht die einzigen Verbindungsstränge zum offiziellen Dritten Reich.
Die Faszination jener Geschichte rührt
zunächst daher, dass sich die nationalsozialistische Prominenz bei Kriegsende
plötzlich auf wenigen Quadratkilometern
verdichtete. Es fanden sich damals ein:
SS-Obergruppenführer Ernst Kaltenbrunner, der mit weitgehenden Vollmachten ausgestattete Stellvertreter
Himmlers, dazu führende Angehörige
des Reichssicherheitshauptamtes wie
Kaltenbrunners rechte Hand, SS-Ober-
SS-Obersturmbannführer Wilhelm Höttl (19151999), bei Kriegsende Kaltenbrunners wichtigster Ratgeber I Foto: aus Walter Hagen, Unternehmen
SS- Obersturmbannführer Otto Skorzeny
(1908-1975) war im Zweiten Weltkrieg für
Spezialaufträge und Kommandounternehmen
verantwortlich I Foto: aus Otto Skorzeny, Meine
Bernhard. Wels, Starnberg 1955
Kommandounternehmen. Krieg ohne Fronten. Wiesbaden 1976
sturmbannführer Wilhelm Höttl, sowie
dessen andere österreichische Vertraute, die beiden SS-Obersturmbannführer
Wilhelm Waneck und Werner Göttsch.
Zudem hatte das letzte Aufgebot des
Alpenschutzkorps unter Führung des
NS-Idols und Mussolini-Befreiers, SSObersturmbannführer Otto Skorzeny,
im Eichelhof in Bad Aussee Quartier
bezogen. Auch der fanatische Gauleiter
von Oberdonau, August Eigruber, mit
Sommervilla in Altaussee, nur scheinbar
auf dem Rückzug und zum Auftritt als
Herostratos entschlossen, war nicht
weit. Sie alle einte, dass sie in Verkennung der Kriegsrealitäten Vorbereitungen für die Zeit nach Hitler treffen,
ihre eigene Haut retten und Vermögensschätze für die ungewisse Zukunft
beiseiteschaffen wollten. Die Villa Kerry
in Altaussee wurde auf diese Weise zum
letzten Hauptquartier der irrlichternden
Kaltenbrunner- „Regierung“, der sich
auch der Sonderbeauftragte Südost,
Hermann Neubacher, der einstige Vizekanzler und Statthalter in Kroatien,
Edmund Glaise von Horstenau, sowie
weitere Nationalsozialisten aus den
vorderen Reihen angeschlossen hatten.
In Altaussee hatten sich zudem seit
Anfang 1945 die Exilregierungen der
entmachteten Verbündeten der „HitlerKoalition“ - Bulgarien, Rumänien, Ungarn
und Kroatien – niedergelassen, und
das deutsche Auswärtige Amt hatte
eine Außenstelle der „Dienststelle Gesandter Altenburg“ zur Betreuung der
aufgabenlos gewordenen Verbündeten
eingerichtet. Im Hotel am See in Altaussee waren die rumänische Exilregierung
sowie eine Gruppe von privilegierten
Reichskünstlern, u.a. Johannes Heesters
und Ernst von Klipstein, einquartiert. In
Gößl am Grundlsee hielt sich wiederholt
Das Quartier von Gräfin Westarp und Kaltenbrunner in Altaussee
I Foto: aus Walter Hagen, Unternehmen Bernhard. Wels, Starnberg 1955
17
Das Seehotel in Altaussee, Sitz der rumänischen und bulgarischen Exilregierungen
I Foto: A. Rastl, Archiv Schloss Trautenfels, UMJ
Joseph Goebbels mit seiner Familie auf.
Zudem waren in den Salzbergstollen
Altaussees die von den Nazis europaweit zusammengeraubten Kunstschätze
eingelagert worden. Ihre Rettung in
den letzten Kriegstagen ist dem couragierten Wirken einzelner zu verdanken. Seit dem Absprung des einstigen
Wehrmachtdeserteurs und britischen
Agenten Albrecht Gaiswinkler im April
1945 hatten zudem die Aktivitäten der
Freiheitsbewegung signifikant zugenommen, und – je deutlicher sich der
Zusammenbruch des Dritten Reiches
abzeichnete –, desto größer wurde der
Kreis derer, die sich der Freiheitsbewegung zurechneten.
Der Mythos Alpenfestung
Wie realistisch war die Alpenfestung
überhaupt? Die Ausstellung bestätigt
hier die Ergebnisse der zeithistorischen
Forschung: Die militärischen Vorbereitungen für die „Kernfestung Alpen“
waren unzureichend. Lange schon
hatte der Tiroler Gauleiter Franz Hofer
in Denkschriften dafür geworben, ein
rückwärtiges Stellungssystem nach dem
Vorbild des Schweizer Alpenreduits aufzubauen, war damit jedoch am Hofe
Hitlers nicht durchgedrungen.
Erst am 28. April 1945 erging dann der
Befehl für den Befehlshaber Nord der
Alpenfestung sowie der „Erkundungsund Ausbaubefehl“ für die „Kernfestung
Von einer britischen Halifax-Maschine sprang die vierköpfige Gruppe mit Gaiswinkler über dem
Salzkammergut ab I Foto: Archiv des Autors
1
18
Ein- und ausgehende Befehle, Meldungen usw. des Führungsstabs B
(6. April bis 1. Mai), Eintragung 28. April 1945. In: Kriegstagebuch
Albrecht Gaiswinkler (1905-1979) war die wohl
schillerndste politische Figur der Nachkriegszeit
im Ausseerland I Foto: Archiv Kammerhofmuseum
Bad Aussee
Alpen“: „Auf Befehl des Führers Ausbau,
Ausstattung mit Munition und Verpfle­
gung, so dass Verteidigung als Bollwerk
und zur Aufnahme der Verbände des OB
West, des OB Südwest und der Heeres­
gruppe Süd möglich wurde.“1
Auch in den alliierten Planungen - insbesondere der Vereinigten Staaten –
hatten Annahmen über die Alpenfestung
durchaus eine Rolle gespielt. Die Idee,
den Kampf aus einem Rückzugsraum
heraus fortzusetzen, folgte keiner militärstrategischen Bewertung und war
schon gar nicht realistisch. Maßgeblich
dafür waren Spekulationen, wonach ein
Auseinanderbrechen der Anti-Hitler-Koalition unmittelbar bevorstünde. Auch
egoistische Überlebensmotive spielten
eine wesentliche Rolle, denn spätestens
als sich Adolf Hitler Mitte April 1945 entschied, in Berlin zu verbleiben, war der
totale Untergang unausweichlich.
Die letzten Tage im Salzkammergut
Am 2. Mai wurden unter anderem Gmunden, Bad Ischl, Goisern, Sankt Wolfgang und Bad Aussee zu Lazarettorten
erklärt. Der Zuzug dorthin war jetzt
nur noch Verwundeten gestattet. Das
Panzerjagdregiment Oberdonau unter
Sturmbannführer Wolkerstorfer zog
sich nach der Erklärung Gmundens zur
Lazarettstadt nach Ebensee zurück.
Eigruber befahl jetzt auch die Preisgabe
von Ebensee, worauf Wolkerstorfer sein
Regiment an den Pötschenpass verlegte,
Schanzarbeiten beauftragte und bis zum
des Oberkommandos der Wehrmacht 1944-1945, Teilband II, hg. von
Percy Ernst Schramm, München 1982, S. 1447.
Einmarsch der amerikanischen Truppen
in Bad Aussee, 8.5.1945
I Foto: Archiv Kammerhofmuseum Bad Aussee
Die geografische Linienführung der „Kernfestung Alpen“
I Foto: aus: Hugo Portisch, Sepp Riff, Der lange Weg zur Freiheit, Bd. 2. Wien 1985
7. Mai hartnäckigen Widerstand leistete.
Noch am Vormittag des 8. Mai war vom
Pötschen weitum das Geschütz- und
Maschinengewehrfeuer zu vernehmen.
Zwischen Aussee und Kainisch kam es
zu Straßensprengungen. Am Nachmittag
rollten dann die ersten amerikanischen
Panzer über den Pötschenpass. In Bad
Aussee hatten zu jenem Zeitpunkt schon
die Angehörigen der Freiheitsbewegung,
allen voran Albrecht Gaiswinkler und
der Gendarm Valentin Tarra, die Macht
übernommen. Als die Amerikaner am
8. Mai einrückten, waren Bad Aussee
und Umgebung rot-weiß-rot beflaggt.
Spätestens jetzt waren die Illusionen
zerstoben.
Adolf Eichmann, seit Ende April Logisgast im Parkhotel, hatte vergeblich auf
höhere Befehle gehofft. Zwar versuchte
er noch mit einem letzten Aufgebot eine
Verteidigungsstellung am Pötschenpass
aufzubauen, doch am 8. Mai musste
er zusammen mit dem rumänischen
Faschistenführer Horia Sima überstürzt
den Gang in den Untergrund antreten.
Aufstieg zur Wildenseealm im Schnee
I Foto: Archiv Zeitgeschichte Museum Ebensee
Auf der Rettenbach-Alm wurde er ein
letztes Mal gesichtet.
Kaltenbrunners Flucht mit einigen wenigen Getreuen auf die Wildenseehütte
und seine Verhaftung durch den CICObersten Matteson am 12. Mai sowie
Skorzenys Weigerung, die bedingungslose Kapitulation anzuerkennen und
sein in den darauffolgenden Tagen bis
zum 15. Mai (!) folgendes Versteckspiel
in den Wäldern des Öderntals und um
den Ödensee bilden die Schlusspunkte des letzten Aktes. Ein Da capo war
ausgeschlossen.
Menschliche Dramen, enttäuschte Hoffnungen, tollkühne Einzelaktionen, irregeleiteter Idealismus, aber auch fanatischer Hass, Versagen und Verbrechen:
In Zeit und Raum, zwischen März und
Mai 1945, haben sich im Ausseerland
persönliche Geschichten, Heimatgeschichte und Weltgeschichte auf einzigartige Weise verdichtet. Die Ausstellung
in Bad Aussee und Obertraun vermittelt
davon einen plastischen Eindruck. Sie
lässt ahnen, welchen Anfechtungen
und Gewissenskonflikten einzelne ausgesetzt waren. Aber sie gibt auch eine
Vorstellung von den Vermögenswerten
und „Überbrückungshilfen“, die in der
Endphase des Dritten Reiches aus ganz
unterschiedlichen Motiven ihren Weg
ins Ausseerland fanden.
Die Ausstellung „Spione, Schwindler, Schatzsucher – Kriegsende im
Ausseerland 1945“ ist nur mehr
bis 16. Juli 2015 im
Kammerhofmuseum
Bad Aussee zu sehen. Im Anschluss
daran wird sie bis
30. September in
der Gemeinde Obertraun präsentiert.
*Der Katalog zur Ausstellung „Spione,
Schwindler, Schatzsucher – Kriegsende im Ausseerland 1945“ ist zum
Preis von E 14,– im Shop von Schloss
Trautenfels und im Kammerhofmuseum Bad Aussee erhältlich.
Die Wildenseehütte, Kaltenbrunners Rückzugsort
I Foto: Archiv Schloss Trautenfels, UMJ
19
Gerhard M. Dienes
Stellungen der Deutschen Wehrmacht an der Ostfront zwischen Leningrad (St. Petersburg) und Moskau, 1942 I Foto: A. Otte, Privatarchiv
Die Toten stellten sich auf
wie Mumien
Herbert Zand und sein Weltkriegsroman „Letzte Ausfahrt“
Im Mai 1945 kapitulierte HitlerDeutschland. Der Zweite Weltkrieg
war zu Ende.
70 Jahre danach reduzieren sich die
Retrospektiven oft „nur“ auf die unmittelbaren Schäden, auf die Zerstörung,
auf die Opferzahlen. Weitaus weniger
beachtet werden jene Menschen, die
mit „Langzeitschäden“ physisch und/
oder psychisch verkrüppelt und zerstört aus dem Krieg zurückkehrten.
Herbert Zand im März 1953
I Foto: Archiv Schloss Trautenfels, UMJ
20
In jungen Jahren in den Krieg
Der 1923 in Knoppen als Bauernsohn
geborene Lyriker und Romancier Herbert Zand war einer von ihnen.
„Man kann in Herbert Zand“ – so Wolfgang Kraus, einer seiner Förderer –
„mehr als ihn selbst, man kann in ihm
die Personifizierung einer Generation
sehen. Einer Generation, die in frühes­
ter Jugend in einen unverschuldeten
Krieg, in eine Hölle auf Erden, gestoßen
wurde.“
Einundzwanzigjährig vor Moskau
ver­­wundet, schleppte sich Zand mit
schwersten Bauchverletzungen tagelang zu einem Lazarett:
„Eines meiner besonderen Kennzeichen
entdeckte ich mit einundzwanzig Jahren
in einem kleinen, billigen, runden Spie­
gel, der immer nur einen Teil meines
Gesichts wiedergab. Es war eine weiße
Strähne, die quer durch mein Haar
lief, und sie war dort aufgesprungen
nach einem Nachtmarsch, bei dem die
Nähte, eine nach der anderen, rissen,
mit denen ein Chirurg wenige Stunden
vorher eine schwere innere Verletzung
geschlossen hatte. Erst zwei Monate
später sah ich in einem Spiegel mein
ganzes Gesicht auf einmal, und das
Ereignis gehört zu jenen, die ich bis
heute nicht verstehe: Nicht nur dass
ich einen fremden Menschen sah - die­
ser Fremde schoss mich mit dunklen
Augen an, wie ich niemals angeblickt
werden möchte.“
Während des Krieges und danach
musste sich Zand zahlreichen Operationen unterziehen. Doch nicht alle
Granatsplitter konnten entfernt werden. Eiterungen und Fieberschübe
waren die Folge und langsam zerstörte
ein nur zwei Millimeter kleiner Splitter
seine beiden Nieren. Zand starb im
Sommer 1970 an den Spätfolgen seiner Kriegsverletzung. Sein Tod war ein
Kriegstod, sein Leben vom Schicksal
des Kriegs gezeichnet.
Der Staatspreis für einen
Kriegsroman
Im Jahre 1953 war sein Buch „Letzte
Ausfahrt. Roman der Eingekesselten“
– „Eingekesselt, eingekreist sind wir
alle, solange wir leben und streben“
– erschienen.
Zand erhielt den österreichischen
Staatspreis für Literatur. Doch das
Buch war zur falschen Zeit erschienen.
Kaum jemand wollte damals im be-
Cover des im Europa-Verlag 1971 neu
edierten Werkes „Letzte Ausfahrt“
I Foto: Archiv Schloss Trautenfels, UMJ
ginnenden Wirtschaftswunder an das
eben überstandene Grauen erinnert
werden, nach dem Motto:
„Geschichte wird zuerst gelebt, von den
meisten erlitten. Dann wird sie selektiv
vergessen und bald tabuisiert. Man
nennt das Vergangenheitsbewältigung.“
(Emanuel Hurwitz)
„Schwamm drüber“, „unter den Teppich kehren“, das war der vorherrschende Tenor in Österreich, das sich
als das erste Opfer der Hitlerschen
Aggressionen gab, Verstrickung und
Mitschuld an Krieg, Terror und Verbrechen zu verschweigen suchte. Und so
war Zand für die breite Öffentlichkeit
bald vergessen. Dabei zählte er zu
den größten literarischen Talenten
des Landes. „Aus der Generation der
Dichter, die durch den Krieg gezeichnet
wurden“, meinte Elias Canetti, „kenne
ich keinen, der mich so ergriffen hätte
wie Herbert Zand.“
Die Handlung von Zands Roman spielt
knapp vor Kriegsende im Osten und
versucht, die tragische Situation der
Soldaten in den Monaten März und
April 1945 wiederzugeben.
„Jeder Tag“, schreibt Zand 1953 in
einem Brief, „bringt die unvermeidliche
Niederlage näher, keines der gebrach­
ten Opfer konnte für das eigene Volk
oder für die Menschheit oder auch für
den Nebenmann Hilfe oder Nutzen be­
deuten, nichts ist mehr zu verteidigen,
Deutsche Maschinengewehrstellung an der Ostfront zwischen Leningrad und Moskau, 1942
I Foto: A. Otte, Privatarchiv
nur der Opfergang wird konsequent bis
zum Ende gegangen. […] Ich habe in
der ‚Letzten Ausfahrt‘ versucht, den
Krieg von innen her zu unterlaufen“ und
am Beispiel des Kriegsgeschehens die
existenzielle Situation des Menschen
überhaupt darzustellen.
Die Allgegenwart des Todes
Im Roman erweist sich die Bezeichnung „Krieg“ als „dünner Schleier vor
den Worten Mord und Totschlag aus
Notwehr.“ Ungeschminkt schildert der
Autor das Kriegsgeschehen: „… das
Zweiundvierziger [Maschinengewehr]
surrt wie eine Nähmaschine. Es näht
an einem großen Gewand, einer weiten
Robe, die von einem nächtlichen Ho­
rizont zum anderen reicht, und heftet
mit tausend Stichen Tod an Tod.“ Der
Tod war allgegenwärtig an der Front:
„Einen der Wagen hatten sie getroffen.
Er schwang über den Rand des Abgrun­
des hinaus […] mit wirbelnden Rädern
und splitternder Deichsel. Die Pferde
überschlugen sich frei in der Luft. Die
Verwundete deutsche Soldaten in einem Lazarettzug Richtung Westen, 1943
I Foto: A. Otte, Privatarchiv
21
Herbert Zand in seinem Arbeitszimmer in der Kantzergasse, Wien 1969
I Foto: Archiv Schloss Trautenfels, UMJ
Toten und Verletzten wurden aus dem
Kastengestell gerissen, stellten sich
zuerst auf wie Mumien, starr und er­
staunt, und sackten ab. Allen voran aber
schlug der Fahrer mit ausgebreiteten
Armen, ein graues Nebelgespenst in
der fernen Düsternis, der Schwärze
des Abgrundes entgegen.“
Zand sah viele seiner Kameraden sinnlose Tode sterben: „So weit hatte sich
Höhn schon dem Tode genähert, als
Blut in seine Kehle sickerte […] und ihn
würgte. Er konnte denken, und er wusste
in aller Klarheit, daß er sich nun selber
leertrank. […] Er verblutete in sich hin­
ein […] und verströmte sich in die Erde,
die sein Leben an sich saugte.“
Als Frontsoldat sah Zand sich vor
einem Feld liegen, „weiß bereift, in
Planquadrate eingeteilt […] Gewisse
Nummern hießen Tod. […] Aber das ist
nicht das Schlimmste. Viel schlimmer
ist, daß du selber zerbrochen bist.“
Zand prangert an, ohne laut zu werden, so etwa einen General, der bis
zum Schluss unbelehrbar ist, wenn er
sinniert: „Ich habe die Befehle ausge­
führt, die mir gegeben wurden, weil ich
glaubte, daß es besser sei, sogar das
Schlechte zu tun, das Sinnlose, das
Fluchwürdige, als einen Befehl nicht
zu erfüllen.“
Für Zand war der Gegner nicht der
„Feind“ auf der anderen Seite der
Kampflinie. Darin gleicht er Heinrich
Böll, der 1984 in einem Brief an seine
Söhne ausführte: „Übrigens hatte ich
nicht den geringsten Grund, gegen
22
die Sowjetunion Klage zu erheben.
Daß ich dort einige Male krank, auch
verletzt wurde, liegt in der ‚Natur der
Sache‘, die da Krieg heißt, und es war
mir immer klar: eingeladen waren wir
dorthin nicht. … Soldaten – und ich
war einer – sollten ohnehin nie über
die klagen, gegen die sie sich in den
Krieg haben schicken lassen, nur über
die, von denen sie sich haben in den
Krieg schicken lassen.“
Zand erlebte den Krieg bis zu seinem
bitteren Ende: „Und Shiwa tanzte im
Rauche. Seine Ferse war Dynamit und
seine Sohle Phosphor. Er traf die Men­
schen in die Eingeweide und ließ sie
brennen von innen heraus.“
Grab von Herbert Zand am Friedhof in Obersdorf
I Foto: W. Otte, Archiv Schloss Trautenfels, UMJ
Der Niederbruch des deutschen Reiches und seiner Politik bedeutete für
Zand kein Unglück, dieses lag für ihn
nur aber umso stärker im menschlichen Herzen. Das Kriegsende verband er mit dem Licht: „Die Zeit der
Verdunkelung ist vorüber. Licht in den
Fenstern, in den Häusern, auf der Stra­
ße. Wir müssen uns wieder gewöhnen,
gesehen zu werden.“
Gelernt hat Zand „im Kriege die Gering­
schätzung aller Arten von Todesmut,
wenn Tapferkeit und Überwindung der
Furcht nicht das Leben eines Nächsten
zu retten vermögen, wenn sie zerstö­
rerisch da sind, um ihrer selbst willen,
Ausdruck höchsten Grades innerer Lee­
re und Erbärmlichkeit; von der Erde,
dass Grausamkeit herrscht in allen
Wurzelbereichen und nur die bedin­
gungslose Hingabe des Eigenen Frucht
bringt; von der Literatur, wie schwer
es ist, ein wahres Wort zu denken und
auszusprechen.“
1961 erschien sein Roman „Erben
des Feuers“, in dem er ein filigranes
Stimmungs­bild der sich in den alten
Kompromiss fügenden Nachkriegsgesellschaft zeichnet, welche die Chance
eines echten Neuanfangs versäumt.
Sie hat nicht nur das „Feuer“, sondern
fatalerweise auch sich selbst überlebt.
Ihre Werte fußen auf Traditionen,
die innerlich verwest sind. Und die
Jungen verkörpern zwar eine moderne Welt, die jedoch „amorph und
scheinheilig ist und Worte aufplustert,
die keine sind.“
Mario Zaunschirm
Buchbesprechung
Wolfgang Hafer: Die anderen Mautners.
Das Schicksal einer jüdischen Unternehmerfamilie
Hentrich & Hentrich Verlag Berlin, Berlin 2014. 15,6 x 1,5 x 23,3 cm. 216 S. 29 Abbildungen.
€ 22,- ISBN 978-3-95565-061-2. Erhältlich im Buchhandel und im Shop von Schloss Trautenfels.
Abenteuerlich mutet es an, wie der
Autor, Wolfgang Hafer, über das Thema
seines Buches stolpert. Während der
Recherchen über seinen Großvater
Hugo Meisl, den jüdisch-österreichischen Wegbereiter des modernen Fußballs, stößt er bei der Untersuchung
dessen Nachlasses auf den Namen
Mautner – entfernte Verwandte, wie
sich herausstellt. Der Historiker begibt sich auf Spurensuche, um mehr
über diese Familie zu erfahren, die im
Gegensatz zu den Mautner-Markhofs
mittlerweile in Vergessenheit geraten
ist. Einzig ihr Sohn, Konrad
Mautner, dürfte
kulturhistorisch interessierten Menschen, ein Begriff sein. War er es doch,
der sich zeitlebens den Trachten und
Volksliedern des Ausseerlandes widmete und dessen Leidenschaft auch
heute noch in Form der bibliografischen
Kostbarkeit „Steyerisches Raspelwerk.
Lieder, Vierzeiler und Gasselreime aus
Goeßl am Grundlsee“ nachhallt.
In fünf thematisch gegliederten Kapiteln erzählt Wolfgang Hafer „vom
märchenhaften Aufstieg und der Ver­
treibung und Vernichtung einer
jüdischen Familie aus Öster­
reich.“ Seine Reise in die Vergangenheit führt den Leser
„vom Osten und Norden der
Tschechischen Republik über
Wien der Wende zum 20.
Jahrhundert, in eine Epo­
che enormer ökonomischer
Expansion, hinein in die
Paläste und Salons des zu
Reichtum gelangten jüdi­
schen Großbürgertums
mit seinem Mäzenaten­
tum und wieder hinaus
ins Wien der Inflation
und Weltwirtschafts­
krise.“
Im Zentrum dieser
Familienbiografie
steht der Textilpatriarch Isidor
Mautner. Schon
im Alter von 15
Jahren steigt
er in das Unternehmen
seines Vaters Isaac Mautner ein, bewahrt es infolge
wirtschaftlicher Turbulenzen vor dem
Ruin und formt daraus den größten
Textilkonzern Europas. 1916 beschäftigt
er in seinen 42 Betrieben 23.000 Arbeiter, stampft mit dem Industriekomplex
Rosenberg/Ru Ïomberok die größte
Fabrikanlage der Monarchie aus dem
Boden, unterhält Handelsbeziehungen
bis nach Asien und Südamerika und besitzt mehrere Hundert Millionen Kronen.
Aus heutiger Sicht ein mehrfacher EuroMilliardär. Seine Frau Jenny Mautner
führt indes einen der bedeutendsten
Salons von Wien, wo, um nur einige der
Gäste zu nennen, Richard Strauss, Hugo
von Hofmannsthal oder Max Reinhardt
verkehren. Von all dem sollte, wie die
Geschichte erzählt, schließlich nicht
mehr als eine Handvoll Staub übrig
bleiben.
Dem Historiker Wolfgang Hafer gelingt
mit seinem Buch ein kaleidoskopisches Stück Geschichte, das zu fesseln
versteht. Akribisch recherchiert und
detailreich geschildert, liefert er tiefe
Einblicke in das durch Assimilation gekennzeichnete jüdische Leben, die Welt
des österreichischen Großbürgertums
und vermittelt zugleich den vielfältigen
und widersprüchlichen Zeitgeist des
Fin de Siècle. Sein Werk führt auch
weiter in jene Jahre, als, wie Robert
Musil sagt, „im Mittelpunkt Europas, wo
die alten Weltachsen sich schneiden“,
der Vorhang der k. u. k. Monarchie
langsam zu Boden fiel und die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts auch
schon die Weichen für einen weiteren
Krieg stellte. Einen Krieg, der die Welt
in einen tiefschwarzen Abgrund riss, in
dessen Ouvertüre sich „die“ vormalige
Kunst- und Kulturmetropole Wien in
ein albtraumhaftes Zentrum grausam
zur Schau gestellten Antisemitismus
verwandelte und dessen langer Arm
des Terrors letztendlich auch an die Tür
der „anderen Mautners“ klopfte.
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Rückblick | Einblick | Ausblick
Workshop: „Heimat ist …zu den persönlichen Heimat­
bildern und -konzepten im modernen Europa des
21. Jahrhunderts“ und Jeux Dramatiques mit der
Theatergruppe der Lebenshilfe Stainach
Im Rahmenprogramm zur Sonderausstellung „Wohnzimmer
Steiermark – zusammen. vielfalt. leben“ wurde am 9. April
2015 in Kooperation mit der ARGE Jugend gegen Gewalt
und Rassismus und im Beisein von Frau Landesrätin Bettina
Vollath ein Workshop zum Thema „Heimat im Kontext von
gelebter Vielfalt“ veranstaltet.
Zum Auftakt des Abends trat im großen Lichthof von Schloss
Trautenfels die Theatergruppe der Lebenshilfe Stainach auf. In
der Form von Jeux Dramatiques vermittelten neun Klientinnen
und Klienten der Lebenshilfe in berührender Weise das Thema
Ausgrenzung und Integration. Die Leiterin der Lebenshilfe
Stainach Edith Pfeifer und die Spielleiterin Gudrun Gruber
begleiteten die Aufführung mit informativen Worten ein. Das
anwesende Publikum, darunter auch die erste steirische
Integrationslandesrätin, Dr.in Bettina Vollath, dankten den
Akteurinnen und Akteuren mit anhaltendem Applaus.
Theatergruppe der Lebenshilfe Stainach mit Dr.in Bettina Vollath,
Landesrätin für Finanzen, Frauen und Integration, Gudrun Gruber (li),
Spielleiterin und Edith Pfeifer (3. v. re), Leiterin der Lebenshilfe Stainach
I Foto: H. P. Wildling
23. Steirischer Museumstag im Schloss
Trautenfels in Kooperation mit dem Steirischen
Museumsverband MUSIS
Rund 100 Museumsfachleute fanden sich am 11. April
im Schloss Trautenfels ein, um unter dem Generalthema
„Museum für alle! Barrieren erkennen, vermeiden, beseitigen“ über den Abbau verschiedenster Hindernisse beim
Museumsbesuch zu diskutieren.
Ein Höhepunkt dieses Tages war der Sensibilisierungsworkshop mit dem Titel „Barrieren selbst erleben“. Die
Teilnehmenden erkundeten das Schloss mit Rollstühlen
und Sehbehinderungsbrillen, wodurch sie ein besseres
Verständnis für die Beseitigung von Barrieren gewinnen
konnten.
Tenor der Vorträge: „Wir können nicht die ganze (Museums-)
Welt barrierefrei machen aber grundsätzlich geht es uns um
die „Barrierefreiheit im Herzen!“
Die Rollstühle wurden dankenswerterweise von der Gräfin
Anna-Lamberg-Stiftung in Unterburg zur Verfügung gestellt.
Der Gemeinde Stainach-Pürgg danken wir herzlich für die
Unterstützung!
Die Vortragende beim Sensibilisierungsworkshop, Frau DI Sarah Taucher,
verteilt Sehbehinderungsbrillen I Foto: E. Reichenfelser
Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz:
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der Generalversammlung des Vereins Schloss Trautenfels seinen Mitgliedern vorgelegt. Im Sinne der Vereinsstatuten dient DA SCHAU HER der
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