REFERAT Referent/in Frau Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer Thema/Anlass Einweihungsfeier Hagneck: Einweihungsfeier Datum/Zeit Freitag, 23. Oktober 2015, 9:45 Uhr Ort Hagneck Es gilt das gesprochene Wort! Ich begrüsse Sie ganz herzlich zu dieser Einweihungsfeier. Vielen Dank für die Einladung. Frau Schwickert, Herr Ineichen und ich haben soeben eine kurze Medienkonferenz gegeben. Man hat uns dazu sinnigerweise den Kommando-Raum des Kraftwerks zur Verfügung gestellt. Jetzt hoffe ich natürlich schon, dass der Name Programm ist und dass die Medien für einmal wie auf Kommando ganz genau so berichten, wie wir das möchten. Für mich als Energiedirektorin müsste eine solche Berichtersterstattung die Bedeutung des sanierten Wasserkraftwerks Hagneck mittel- und langfristig einordnen. Da ist zuerst die historische Bedeutung: Die Einweihung des Hagneck-Kraftwerks ist der krönende Abschluss für die Sanierung des Hagneckkanals und der Juragewässerkorrektion. Den Abschluss der Arbeiten am Kanal haben wir vor zwei Monaten feiern können. Seither können die Dämme einem grossen und auch einem sehr grossen Hochwasser wieder standhalten. Der Kanton Bern hat mit der Sanierung des Hagneckkanals aber auch den Geist der Juragewässerkorrektion erneuert. Nicht wahr: Es ist ja quasi aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden, dass der florierende Gemüsegarten im Grossen Moos nicht schon immer da war. Viele Bernerinnen und Berner haben vergessen, dass wir ihn den Visionen, dem Pioniergeist und dem politischen Willen unserer Vorfahren zu verdanken haben. Sie haben vor 137 Jahren aus der sumpfigen, ungesunden Seenregion einen neuen Kantonsteil und damit Lebensraum für unzählige Bernerinnen und Berner geschaffen. Diese historische Bedeutung möchte ich heute als erstes betonen. Dazu kommt die Bedeutung, welche alle Bauten der Juragewässerkorrektion für den Mut und den Pioniergeist dieses Kantons haben: Das Hagneck-Kraftwerk und der Hagneckkanal sind eng miteinander verbandelt. 1 Fortschrittliche Ingenieure und Politiker haben schon während dem Bau des Kanals darüber gesprochen, dass bei der Einmündung später ein Wasserkraftwerk gebaut werden solle. Den Mut muss man sich einmal vorstellen! Es waren damals noch kaum Haushalte an das Stromnetz angeschlossen, die Stuben wurden mit Kerzen oder Gaslicht beleuchtet. Und trotzdem gründete sich im Dezember 1898 die „Aktiengesellschaft Elektrizitätswerk Hagneck“ – obwohl niemand wusste, wann (und ob überhaupt) es Abnehmer für den Strom vom Hagneck-Werk geben würde. Die „Aktiengesellschaft Elektrizitätswerk Hagneck“ ist eine Vorläuferin der BielerseeKraftwerke und der BKW. Und ich muss sagen: Das Visionäre hat sich fortgepflanzt. Die BKW wird das Atomkraftwerk Mühleberg im Jahr 2019 vom Netz nehmen – als erstes und bisher einziges AKW in der Schweiz. Sie wird das machen, obwohl noch nicht hundertprozentig klar ist, wo der fehlende Strom dann genau herkommt. Diesen Pioniergeist möchte ich heute ebenfalls in den Vordergrund stellen. Der Kanton Bern braucht heute viel mehr davon und ich danke der BKW, dass sie vormacht, wie das geht. Und damit komme ich zur dritten Bedeutung dieser heutigen Einweihung – nämlich der energiepolitischen: Die Wasserkraft ist in unserem Bernischen Strommix mit 60 Prozent die allerwichtigste Energiequelle. Und sie kann noch wichtiger werden. Zum Beispiel wird das Werk Hagneck nach der Sanierung dank Effizienztechnik einen Drittel mehr Strom produzieren. Und trotzdem – erlauben Sie mir diesen Einschub – wird es mehr Lebensraum für Pflanzen, für Tiere und für Spaziergänger geben. Wir haben das ja schon bei der Sanierung des Hagneckkanals gesehen: Wenn wir das heutige Wissen anwenden, schaffen wir Win-Win-Win-Lösungen. Beim Hagneck-Kanal und beim Wasserkraftwerk heisst das: Strom erzeugen und der Natur wieder Platz geben und vor Hochwasser schützen. Das haben unsere Vorfahren noch nicht gekonnt. Wir haben mit den Sanierungen in diesen Jahren ökologisch vieles wiedergutgemacht. Doch zurück zur energiepolitischen Bedeutung der heutigen Einweihung. Wir alle wissen: Der Strommarkt ist unübersichtlich geworden. Sogar die traditionelle Wasserkraft hat im Moment Rentabilitäts-Probleme. Sie kennen die Gründe: Subventionspowerplays und vor allem billiger Kohlestrom in Deutschland. 2 Trotzdem bleibt die Wasserkraft eine zentrale Zukunftstechnologie. Sie ist erprobt, erneuerbar und einheimisch. Was wir heute haben, sind vorübergehende Hürden – nicht zu vergleichen mit den Markt-Aussichten, welche die „Aktiengesellschaft Elektrizitätswerk Hagneck“ bei ihrer Gründung hatte. Trotzdem dürfen wir uns natürlich nicht zurücklehnen und abwarten, bis sich der Markt beruhigt. Die BKW geht da sehr aktiv vor, sie agiert an allen Fronten einer nachhaltigen Energieversorgung. Und das tut auch der Kanton Bern. Wir setzen die politischen Rahmenbedingungen, damit der Ausstieg aus der Atomenegie realistisch bleibt, das heisst: tatsächlich umsetzbar wird. Im Kanton Bern haben wir seit bald zehn Jahren eine sehr fortschrittliche Energiestrategie. Sie setzt auf sämtliche Erneuerbaren Energien, die Sinn machen. Und auf Energieeffizienz. Und auf Gebäudesanierungen. Und auf kontinuierliche Überprüfung, ob und – wenn Ja – wo es Probleme beim Erreichen unserer Ziele gibt. Diese Überprüfungen laufen zurzeit in meiner Direktion auf Hochtouren. Meine Damen und Herren Die vergangenen Monate haben uns Schritt für Schritt vor Augen geführt, wie die nationale „Energiestrategie 2050“ immer mutloser wird. Es sieht danach aus, dass nicht einmal mehr die Laufzeiten der AKW verbindlich definiert werden. Im Kanton Bern sind wir fortschrittlicher. Das wird auch national anerkannt und ich bin stolz darauf. Wenn wir also heute das erneuerte Wasserkraftwerk Hagneck einweihen, dann feiern wir den Pioniergeist und den Mut unserer Bernischen Vorfahren; wir feiern aber auch, dass es in unserem Kanton Energieversorger gibt, die immer noch – oder vielleicht besser gesagt: wieder – Mut und Pioniergeist haben, und wir feiern, dass die Politik des Kantons Bern fit ist für die Energiezukunft. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie dazu beitragen, dass diese bernische Energiepolitik auch weiterhin fit bleibt. 3
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