Text auf der Goslar-Tafel in der Lutherausstellung: Goslar: Seit dem 11. Jahrhundert wichtigster Regierungssitz der salischen Kaiser, ab 1290 Status einer Freien Reichsstadt, der bei der früh einsetzenden reformatorischen Entwicklung zu erheblichen Konflikten führte, die ab 1528 aber unumkehrbar war. Luther und die Reformation in der Reichsstadt Goslar Schon bald nach Luthers Thesenpapier änderte sich das religiöse Klima in Goslar. In Wittenberg und anderswo studierende Goslarer, Kleriker, Lehrer und Händler brachten das neue Gedankengut mit. Im Umfeld der Jakobikirche soll es erste evangelische Predigten gegeben haben. 1522 schrieb Luther einen Brief an einen Geistlichen der Stadt. Dank des Silberbergbaus am Rammelsberg lebte Goslar im Wohlstand. Das änderte sich, als Herzog Heinrich d.J. von Braunschweig und Lüneburg, Fürst von Braunschweig- Wolfenbüttel, 1525 alte Bergbaurechte einforderte und der Stadt Einnahmequellen entzog. So beschleunigte er indirekt reformatorische Bestrebungen. 1525 forderte die Bevölkerung vom Rat: „So das Wort Gottes nicht recht gepredigt wird, sollen abgesetzt werden Pfarrherren oder Prediger!“ Aus Angst vor dem Herzog, aufgrund antiklerikaler Stimmungen und nach der Zerstörung von vier Klosteranlagen 1527 geriet die Stadt unter Anklage beim Reichskammergericht. In dieser Not suchte der Rat einen Reformator von außerhalb, denn keiner der über 60 Kleriker in Goslar hatte einen Abschluss in Theologie. 1528 lieh der Magdeburger Rat Luthers Freund Nikolaus von Amsdorf aus, der am 14. März 1528 die erste offizielle lutherische Predigt in Goslar hielt und eine neue Gottesdienstordnung schrieb. 1528 wurde Johannes Amandus erster Superintendent und gründete auf dem Gemeindehof eine Lateinschule, ganz im Sinne von Luthers Appell an die Räte, christliche Schulen einzurichten. Damit war aber die Reformation in der Kaiserstadt keineswegs durchgesetzt. Der überwiegend altgläubige Rat schwankte zwischen den Forderungen der Bevölkerung und den Verboten des Kaisers. Die Domschule bestand weiterhin, die Klöster verharrten im alten Glauben. Luther war besorgt wegen der unklaren Meldungen aus der Harzstadt: Es war von Bilderstürmerei die Rede, etwa durch Anton Corvin in St.Stephani. So empfing Luther 1529 in Wittenberg eine Delegation, der er schließlich einen bis heute erhaltenen Brief an die Gemeinde St.Jakobi mitgab: „Hinfürder helff euch, der bey euch angefangen hat“. Erst der dritte Superintendent, Eberhard Weidensee, konnte in den Jahren 1533 – 1547 die Reformation in Goslar festigen. Er gehörte schon in Halberstadt zu den frühen Reformern, wurde dort verfolgt und verhaftet. Nach einem Wittenberg-Aufenthalt trat er als Reformator in Magdeburg und Nordschleswig auf – dort mit dem Goslarer Lehrer Johann Wendt, dem späteren ersten Bischof von Ribe in Dänemark. Weidensee hatte bereits um 1522 in Halberstadt eine kleine Universität im Sinne des Humanismus und der Reformatoren betrieben, zu der es auch Kinder reicher Goslarer „samt ihren Pädagogen“ gezogen hatte. Weidensee war es auch, der 1535 Luthers Forderung nach guten Buchbeständen in den Städten erfüllte. Er gründete die heute noch bestehende Marktkirchen-Bibliothek Goslar. Grundstock war die Büchersammlung des Halberstädter Klerikers Andreas Gronewalt. Sie enthält Luthers erste Ausgabe des Neuen Testamentes, das „Septembertestament“ von 1522, und handschriftliche Einträge von Melanchthon. Ein Unikat ist das 1524 erschienene „Erfurter Färbefaß-Enchiridion“, das erste Gemeindegesangbuch überhaupt. Darin ist Luthers erstes Lied abgedruckt. Helmut Liersch
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