BERICHT ÜBER DIE SITUATION DES STEINHUHNS IN SÜDTIROL Juli 2015 BERICHT ÜBER DIE SITUATION DES STEINHUHNES IN SÜDTIROL 2015 INHALT 1. Verbreitung …………….........................………….…....……………….… ….………………………… 3 2. Frühjahrserhebungen 2015 …......…………..............….………………………………………….. 4 3. Jagdliche Entnahme…......………………….…………………………..……..……… .……..… ……. … 10 4. Zusammenfassung, Schlussfolgerungen.........................................…..……………. 13 2 1. Verbreitung In den Jahren 2007, 2008 und 2009 wurden bei den Jagdaufsehern Informationen zu Verbreitung der Steinhühner gesammelt. Unter Zugrundelage dieser Informationen wurde eine Übersichtskarte zur Verbreitung des Steinhuhns in Südtirol angefertigt. Diese Karte wird laufend aktualisiert, wenn Hinweise der Jagdaufseher oder auch Erkenntnisse bei den jährlichen Frühjahrserhebungen durch das Personal des Amtes für Jagd und Fischerei sowie den Südtiroler Jagdverband eine Aktualisierung als gerechtfertigt erscheinen lassen. Laut aktuellem Stand 2015 kann davon ausgegangen werden, dass das Steinhuhn in Südtirol auf ca. 25.600 Hektar verbreitet ist. Nicht enthalten sind dabei jene Verbreitungsgebiete, die im Nationalpark Stilfser Joch liegen, zumal hiervon keine aktuellen Informationen aufliegen. Das Steinhuhn stellt an seinen Lebensraum recht spezifische Ansprüche. Steiles und vorwiegend trockenes, nach Süden exponiertes und grasreiches Gelände, welches durchsetzt ist von Felsen oder Steinhalden, sagt den wärmeliebenden Hühnern zu. Raues Klima sowie lang anhaltende, schneereiche Winter schränken die Verbreitung der Steinhühner weiter ein. Nur ein geringer Teil des Landes erfüllt diese sehr spezifischen Lebensraumansprüche und kommt somit als geeigneter Steinhuhnlebensraum in Frage. Das Steinhuhn ist daher in Südtirol nicht flächenhaft verbreitet, sondern kommt nur dort vor, wo es diese besonderen Lebensraumbedingungen vorfindet. In Südtirol liegt das Hauptverbreitungsgebiet der Steinhühner in den Ötztaler Alpen sowie in der Texelgruppe und somit in der Westhälfte des Landes. Hier kann der gut taubengroße Hühnervogel auf weiten Flächen angetroffen werden. Auch im Jagdbezirk Sterzing sowie in den Pfunderer Bergen kommen flächig Steinhühner vor, der Rest des Landes wird vom Steinhuhn nur inselartig besiedelt, in den südlichen Landesteilen gibt es praktisch kein Steinhuhnvorkommen mehr. Wie auch das Schneehuhn nutzt das Steinhuhn im Laufe des Jahres verschiedene Lebensräume. Man kann zwischen Sommer-, Winter- und Frühjahrslebensräumen unterscheiden. Diese liegen zwar häufig nahe beieinander, es ist aber wichtig, das jeweilige Ausmaß zu bestimmen, damit Hochrechnungen mit möglichst geringen Fehlerquellen behaftet sind. Zu diesem Zweck wurde, basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen über die Höhe und die Exposition der im Frühjahr vom Steinhuhn genutzten Gebiete, eine Verbreitungskarte für das Frühjahr erstellt. Die zwischen 2007 und 2015 gewonnenen direkten und indirekten Nachweise während der Paarungszeit (mehr als 700 Nachweise) lassen auf eine deutliche Präferenz der östlich bis Abbildung 1: Verbreitung des Steinhuhns in Südtirol. Die Karte basiert auf die Informationen des Jagdaufsichtspersonals sowie auf die im Zuge der Frühjahrszählungen gewonnenen Erkenntnisse zur Steinhuhnverbreitung. 3 südwestlich exponierten Hänge unterhalb von 2.550 Metern ü.d.M. schließen, während West- bis Nordostexpositionen fast vollständig gemieden werden. In der Abbildung ist das im Laufe eines Jahres von den Steinhühnern genutzte Gebiet in Südtirol dargestellt. Dieses Gebiet umfasst 25.600 Hektar. Der Großteil davon, nämlich 23.000 Hektar, kann nach obigen Kriterien als Frühjahrslebensraum angesehen werden. Sowohl die Art der Verbreitung als auch die vorhandenen Dichten unterscheiden sich in den einzelnen Gebirgsgruppen merklich voneinander. Daher beziehen sich Bestandesschätzungen auf größere zusammenhängende und pedologisch gleichartige Gebiete mit ähnlichem Vegetationsbestand. Gebirgsgruppe Rhätische und Ötztaler Alpen Texelgruppe Ultental - Maddalene Mendel-Roen Südliche Dolomiten Zentrale Dolomiten Östliche Dolomiten Zillertaler Alpen und Rieserfernergruppe Stubaier Alpen Sarntaler Alpen Südtirol gesamt Frühjahrslebensraum in ha 6.613 5.004 1.170 136 159 407 321 2.588 4.108 2.494 23.000 Anteil Westliche Landeshälfte 12.787 Ha 55% Dolomiten 1.023 Ha 5% 40% Tabelle 1: Übersicht über die Verteilung des Steinhuhn-Frühjahrslebensraums auf die einzelnen Gebirgsgruppen des Landes. 4 2. Frühjahrserhebungen 2015 Die diesjährigen Frühjahrszählungen erstreckten sich über den Zeitraum von 16. April bis 18. Mai. Verglichen mit den anderen Jahren wurde versucht, die Erhebungen im Zentrum der Provinz auszuweiten (Rhätische und Sarntaler Alpen). Ein Vergleich zwischen den Ergebnissen aus den einzelnen Jahren ist nur dann gut möglich, wenn auch die meteorologischen Verhältnisse und nicht zuletzt auch die Schneebedeckung zum Aufnahmezeitpunkt vergleichbar sind. So können lang anhaltende Schneebedeckung oder auch Schneefälle im späten Frühjahr eine Verlagerung der Tiere zur Folge haben, ebenso beeinträchtigen Niederschläge oder starke Winde die Gesangsaktivität der Steinhühner, dies wiederum macht die Erhebungen wenig aussagekräftig. Im Frühjahr 2015 haben zwischen 1 und 5 Mitarbeitern des Amtes für Jagd und Fischerei oder des Südtiroler Jagdverbandes in 22 Stichprobenflächen den Frühjahrsbestand an Steinhühnern erhoben. Die Zählungen umfassten eine Fläche von 3.315 Hektar (das entspricht 14 Prozent des landesweit von Steinhühnern genutzten Frühjahrsareals), davon befanden sich nur 100 Hektar im Bereich des Vinschger Sonnenberges. Der Großteil der erhobenen Probeflächen liegt im Vinschgau, hier wurden auf 1.283 Hektar Erhebungen durchgeführt, gefolgt vom Jagdbezirk Meran mit 271 Hektar allein im Bereich Ultental – Maddalene. Weitere 684 Hektar Erhebungsfläche wurden im Gebiet der Stubaier Alpen untersucht, die beinahe den ganzen Jagdbezirk Sterzing umfassen, sowie 377 Hektar in den Sarntaler Alpen. Insgesamt wurden im zentralen Bereich der Alpen in Südtirol 1.071 Hektar begangen, was mehr als 16% des im Frühjahr genutzten Steinhuhnlebensraumes zwischen Rhätischen und Sarntaler Alpen widerspiegelt. Somit bestehen für dieses Gebiet hoch repräsentative Daten in Bezug auf die vorhandenen Steinhuhnbestände. Die beiden Erhebungsflächen der Einheit Zillertaler Alpen – Rieserfernergruppe stellen fast 20% der dortigen in Frage kommenden Habitate dar, obwohl sie zusammen nur 500 Hektar umfassen. Die starke Fragmentierung der Steinhuhnhabitate in den Dolomiten und die teilweise sehr schwierig zu erreichenden Gebiete haben auch dieses Jahr die Erhebungsflächen in diesem Areal eingeschränkt. Aus diesen Gründen wurde dort nur auf 200 Hektar der geschätzten 1.000 Hektar vorhandenen Lebensraums eine Zählung durchgeführt. Obwohl dies anteilsmäßig zwar eine adäquate Fläche darstellt, kann die Erhebung auf nur einer einzigen Probefläche nie für ein ganzes Gebiet in der Größe der Dolomiten, die immerhin ein Viertel der Landesfläche bedecken, stellvertretend sein. In den ausgewählten Stichprobenflächen erhoben 1 bis 5 Mitarbeiter mit Hilfe eines Lockgerätes die Anzahl der auf die Lockrufe antwortenden territorialen Steinhühner. Auch wenn bei höheren Dichten eine höhere Antwortbereitschaft verzeichnet wurde als bei geringen Dichten, können die in den vergangenen sieben Jahren gewonnenen Daten als ausreichend genau angesehen werden, um Rückschlüsse auf den Frühjahrsbestand ziehen zu können. 5 Abbildung 2: Verteilung der im Frühjahr 2015 aufgesuchten Zählgebiete Ähnlich wie in den vorhergehenden Jahren wurden die Erhebungen bevorzugt in der westlichen Landeshälfte durchgeführt (s. Abbildung 2), zumal sich hier zum einen die besten Steinhuhnvorkommen finden, zum anderen hier auch der Großteil der jagdlichen Entnahmen erfolgt. Aufgrund der günstigen Wetterlage war es heuer im Gegensatz zu den letzten Jahren möglich, die Untersuchungen auch in den anderen Landesteilen auszuweiten und zu vertiefen. VINSCHGAU – SCHNALSTAL - Zählergebnisse Von den über 6.613 Hektar an Frühjahrslebensraum für Steinhuhn in diesem Gebiet wurden 1.158 Hektar, das entspricht 18 Prozent der Fläche, im Zuge der diesjährigen Frühjahrserhebungen aufgesucht. Im Vergleich zum Vorjahr, als durchschnittlich 3,7 Hähne pro 100 Hektar Lebensraum festgestellt worden waren, wurde in diesem Jahr mit 3,9 balzenden Hähnen pro 100 Hektar ein geringfügiger Anstieg der Dichte verzeichnet, dieser Wert befindet sich jedoch immer noch weit unter dem der Jahre 2008-2010. Eine Hochrechnung dieser durchschnittlich festgestellten Dichte auf den gesamten zur Verfügung Lebensraum in diesem Gebiet ergibt einen Frühjahrsbestand von mehr als 700 Steinhühnern (bei Annahme eines Geschlechterverhältnisses von 1:1,2 zu Gunsten der männlichen Tiere). Eine Bewertung des prozentuellen Anteils der freigegebenen Abschüsse in Bezug auf den Bestand in der westlichen Landeshälfte sah im Jahr 2014 den Abschuss von 5% der gezählten Frühjahrspopulation vor. 2015 wurden in der Texelgruppe keine Frühjahrszählungen durchgeführt. 6 Tabelle 2: Eckdaten zum Steinhuhnbestand in den Rhätischen und Ötztaler Alpen, basierend auf den Ergebnissen der Frühjahrserhebungen 2015 sowie auf dem 2014 getätigten jagdlichen Eingriff. Gebiet Rhätische und Ötztaler Alpen Frühjahrslebens- mittlere Dichte in geschätzter raum Hähnen pro 100 Frühjahrsbestand gesamt/erhoben ha (♂+♀) 6.613 / 1.158 3,9 688 Abschussplan/ getätigter Abschuss 2014 34/14 Abschussplan zu Frühjahrsbestand in Prozent 5% In den Jahren zwischen 2008 und 2012 wurde in den Probeflächen in der nordwestlichen Landeshälfte ein anhaltender Rückgang der Steinhuhnbestände beobachtet. Im Jahr 2013 deutete sich eine leichte Erholung der Bestände an, die danach jedoch wieder auf das Niveau von 2011 zurückgingen. Trotz dieses Negativtrends beherbergt dieser Landesteil mit fast vier territorialen Hähnen auf 100 Hektar Steinhuhnlebensraum im alpenweiten Vergleich immer noch gute Steinhuhnbestände. In untenstehender Abbildung 3 sind die im Verlauf der vergangenen acht Jahre im Vinschgau sowie in der Texelgruppe festgestellten mittleren Steinhuhndichten dargestellt. Die im Frühjahr durchgeführten Erhebungen erfolgen vorwiegend im Gebiet Vinschgau/Schnalstal, weshalb ein direkter Vergleich der Ergebnisse möglich ist. Vinschgau-Schnals 9 8 8 Anzahl Hähne/100 ha 7 6,1 6 5,4 5 3,8 4 3,7 4,1 3,7 3,9 2014 2015 3 2 1 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Jahr 7 Abbildung 3: Verlauf der im Zuge der Frühjahrserhebungen der letzten acht Jahre festgestellten Steinhuhndichten (in Hähnen pro 100 Hektar Untersuchungsfläche) im Vinschgau. Die jeweils erhobene Fläche in diesem Gebiet schwankte zwischen 380 und 1.300 Hektar. ULTENTAL – GRUPPO DELLE MADDALENE - Zählergebnisse In den Jagdrevieren St. Pankraz, Laurein und Proveis wurden auf 271 Hektar Erhebungen zum Frühjahrsbestand durchgeführt. Dies entspricht einem Anteil von 23 Prozent des zur Verfügung stehenden Frühjahrslebensraums in diesem Gebiet. Durchschnittlich wurden auf 100 Hektar 3,0 balzende Hähne angetroffen. Hochgerechnet auf die gesamte Fläche in dieser Gebirgsgruppe kann man von einem gesamten Frühjahrsbestand von ca. 60 Steinhühnern ausgehen. Tabelle 3: Gegenüberstellung der Freigaben/Abschüsse 2014 und geschätzter Steinhuhnbestand basierend auf den Frühjahrszählungen 2015 im Gebiet Ultental-Gruppo delle Maddalene. Gebiet Ultental - Maddalene Mendel-Roen Frühjahrslebensraum gesamt/erhoben Dichte 2015 (Hähne/100ha) geschätzter Frühjahrsbestand (♂+♀) Abschussplan/ getätigter Abschuss 2014 Abschussplan zu Frühjahrsbestand in Prozent 1.170 / 271 3,0 64 4/0 6% Der Abschussplan 2014 in diesem Gebiet belief sich auf vier Steinhühner und somit auf knapp sechs Prozent des geschätzten Frühjahrsbestandes, davon wurde jedoch keines erlegt. NÖRDLICHE UND NORDÖSTLICHE GEBIRGSGRUPPEN (Sterzing und Zillertaler Alpen) – Zählergebnisse In diesen Landesteilen war es möglich, die Erhebungsflächen deutlich auszuweiten und aussagekräftige Daten über diese für das Steinhuhn mäßig geeigneten Gebiete zu erheben. Es konnten im Zuge der Frühjahrszählungen 1.200 Hektar begangen werden, diese stellen ca. 16 Prozent des bekannten Frühjahrslebensraumes in diesem Gebiet dar. Tabelle 4: Zählungsergebnisse und Bestandsschätzung für den Jagdbezirk Sterzing (Stubaier Alpen) und den Bereich Zillertaler Alpen - Rieserfernergruppe Gebiet Stubaier Alpen Zillertaler Alpen/Rieserfernergruppe Frühjahrslebensraum gesamt/erhoben Dichte 2015 (Hähne/100ha) geschätzter Frühjahrsbestand (♂+♀) Abschussplan/ getätigter Abschuss 2014 4.108 / 684 2,3 174 0/0 2.588 / 506 2,4 114 0/0 Wie in Tabelle 4 ersichtlich wurden im Zuge der Erhebungen in den beiden Gebieten zwar sehr ähnliche mittlere Bestandesdichten festgestellt, diese sind jedoch im Vergleich zu den Dichten in anderen Landesteilen relativ gering. Das völlige Aussetzen der Bejagung in allen mittleren und östlichen Landesteilen im Jahr 2014 rechtfertigt sich durch den deutlichen Bestandesrückgang in den letzten Jahren in diesem Gebiet sowie dadurch, dass es keine Zeichen für eine Besserung dieser Situation gibt. 8 SARNTALER ALPEN - Zählergebnisse Tabelle 5: Zählergebnisse und Bestandsschätzung für die Sarntaler Alpen Gebiet Sarntaler Alpen Frühjahrslebensraum gesamt/erhoben Dichte 2015 (Hähne/100ha) geschätzter Frühjahrsbestand (♂+♀) Abschussplan/ getätigter Abschuss 2014 2.494/377 0,8 37 0/0 Die während der Frühjahrszählungen 2015 festgestellte mittlere Dichte in diesem Gebiet liegt weit unter den Werten, die in den restlichen Berggebieten der Provinz erhoben werden konnten. Hochrechnung der Ergebnisse auf den landesweiten Steinhuhnbestand Insgesamt konnte erneut bestätigt werden, dass der Westen Südtirols (Rhätische und Ötztaler Alpen) im Vergleich mit den restlichen Landesteilen eindeutig die höchste mittlere Dichte an Steinhühnern aufweist. Jedoch kann auch in den weniger begünstigten Gebieten, mit Ausnahme der Sarntaler Alpen, deren Bestände einen besorgniserregenden Tiefstand erreicht haben, ein leichter Anstieg verzeichnet werden. In den Dolomiten ist die Verbreitung des Steinhuhns auf sehr kleine und stark verstreute Flächen beschränkt (s. Abbildung 1). Das Verbreitungsgebiet des Steinhuhns in den Dolomiten umfasst nur ca. 1.000 Hektar. Die einzige 2015 im Zuge der Frühjahrszählungen untersuchte Fläche in diesem Gebiet mit einer Ausdehnung von knapp 200 Hektar weist eine mittlere Dichte von 1,5 Hähnen pro 100 Hektar auf, was, mit Ausnahme der Sarntaler Alpen, den niedrigsten erhobenen Wert aller Landesteile darstellt. Es erscheint schließlich aufschlussreich, die während der Jahre erhaltenen Zählergebnisse aus dem Jagdrevier Matsch genauer zu untersuchen. Hier kommen landesweit mit jährlich zwischen 10 und 15 Tieren (seit 2008) am meisten Steinhühner zur Strecke. Die Bejagung erfolgt auf der orografisch rechten Talseite in einem Gebiet mit hervorragender Eignung für Steinhühner, welches auch für die Jagdausübenden leicht erreichbar ist. Aufgrund der drastischen Bestandesabnahme in diesem Areal auch im Vergleich zum restlichen Vinschgau, die mit den Zählungen 2014 belegt werden konnte, wurde im Vorjahr die Bejagung völlig ausgesetzt. Die heurige Frühjahrszählung bestätigt nach diesem jagdfreien Jahr einen deutlichen Bestandeszuwachs: die mittlere Populationsdichte hat sich seit 2014 beinahe verdoppelt. 9 Sonnseite Matsch 7 6 5,8 5 Dichte 4,3 4,3 4,2 4 4,1 3 2,6 2,2 2 1 0 2008 (226 ha) 2010 (161 ha) 2011 (232 ha) 2012 (344 ha) 2013 (307 ha) 2014 (228 ha) 2015 (344 ha) Jahr Abbildung 4: Die Entwicklung der bei den Frühjahrserhebungen festgestellten durchschnittlichen Frühjahrsdichte an balzenden Hähnen pro 100 Hektar in den starkem Jagddruck unterliegenden Probeflächen im Jagdrevier Matsch. 3. Jagdliche Entnahme Die langjährige Jagdstatistik zeigt eine starke Abnahme der Steinhuhnstrecke in Südtirol, die in den 1980er Jahren einen historischen Tiefststand erreichte. Der Rückgang der Jagdstrecke geht mit einer deutlichen Abnahme der Bestände einher, in zahlreichen Gebieten mit einstigen Steinhuhnvorkommen ist der taubengroße Hühnervogel gänzlich verschwunden. Dieser Bestandesrückgang ist in erster Linie auf einen großflächigen Lebensraumschwund zurückzuführen, im Besonderen sind zahlreiche Winterlebensräume landwirtschaftlich umgestaltet worden. Wo einst Getreideäcker weite Flächen bedeckten, erstrecken sich heute vielerorts Obst- und Weinkulturen, aber auch andernorts ist der Getreideanbau zu einer Ausnahmeerscheinung geworden. In anderen Fällen, wie sie im Vinschgau häufig vorgefunden werden, sind einstige Weideflächen kontinuierlich verbuscht und zugewachsen oder auch künstlich aufgeforstet worden, womit sie für das Steinhuhn nicht mehr als Lebensraum in Frage kommen. Die mittleren und niedrigen Hänge im Vinschgau, die von den Wiederbewaldungen der 1950er und 1960er Jahre nicht betroffen waren, unterliegen in den letzten Jahren häufig einer landwirtschaftlichen Umwandlung, die für das Steinhuhn katastrophal ist. Die ehemals trockenen 10 Weiden werden innerhalb kürzester Zeit in feuchte Fettwiesen umgestaltet, was das Steinhuhn zur Abwanderung zwingt, da es trockene Magerrasen mit Felseinlagerungen als Habitat benötigt. Dieser Bewirtschaftungswandel ist zu einem weiteren Grund für den Rückgang des Lebensraums und somit der Population des Hühnervogels geworden. Auch die Kontingentierung des Abschusses in den Vinschger Revieren, welche bereits im Jagdkalender des Jahres 1983-84 enthalten ist, hat sicher zu einer Verringerung des Jagddruckes und dementsprechend auch der Jagdstrecke beigetragen. Schließlich war in den Jahren zwischen 1986 und 1988 und zwischen 1990 und 1996 jegliche Jagdausübung auf das Steinhuhn in Südtirol untersagt. 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 3 5 9 1 6 5 9 1 9 5 9 1 2 6 9 1 5 6 9 1 8 6 9 1 1 7 9 1 4 7 9 1 7 7 9 1 0 8 9 1 3 8 9 1 6 8 9 1 9 8 9 1 2 9 9 1 5 9 9 1 8 9 9 1 1 0 0 2 4 0 0 2 7 0 0 2 0 1 0 2 3 1 0 2 Abbildung 5: Langjährige Statistik zum getätigten Steinhuhnabschuss in Südtirol. Tabelle 6: Übersicht über die jagdliche Entnahme zwischen 1997 und 2013. Jagdbezirk 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2011 2012 2013 Bozen 18 21 11 4 9 14 18 18 14 5 8 5 10 6 4 3 Brixen 16 13 3 13 9 2 7 1 4 10 8 5 10 6 4 6 Bruneck 25 21 20 24 9 4 11 5 5 3 7 5 0 7 4 3 Meran 43 40 46 38 35 43 38 28 30 29 29 28 34 36 32 36 Oberpustertal 2 2 1 1 Sterzing 18 14 16 13 15 14 9 16 4 8 12 11 14 10 13 10 Vinschgau 80 58 55 62 69 54 65 44 38 30 34 47 36 26 31 25 SUMME 202 167 151 154 148 132 149 112 95 85 98 101 104 91 88 83 11 Seit der Aufnahme des Steinhuhns in die Liste der jagdbaren Wildarten im Jahr 1997 kam jeweils nur ein Bruchteil der im Abschussplan genehmigten Steinhühner zur Strecke (s. Abbildung 6). Dies ist zum einen auf die einst sehr großzügige Freigabe zurückzuführen, zum anderen aber auch auf das gebietsweise geringe jagdliche Interesse an dieser Wildart. Von 1997 an, als 202 Steinhühner zur Strecke gekommen waren, verringerte sich die Jagdstrecke kontinuierlich bis zum Jahr 2004. Seither hat sie sich bei ca. 90 bis 100 Stück eingependelt. Die Jagd auf Steinhühner konzentriert sich nun hauptsächlich auf den Jagdbezirk Meran und den Vinschgau (s. Tabelle 6). Abbildung 6: Gegenüberstellung von genehmigtem Abschussplan für Steinhühner (orange Balken) und getätigtem Abschuss seit dem Jahr 1997. Da die Frühjahrszählungen 2014 sehr niedrige mittlere Steinhuhndichten ergaben, wurde die Jagd nur in den westlichen Landesteilen (Vinschgau und Jagdbezirk Meran) aufrechterhalten, wie es bereits in den Jahren 1983 und 1984 der Fall gewesen war. Ausgenommen war hier nur das Jagdrevier Matsch, für das, genau wie für alle übrigen Landesteile, ein Verbot der Jagd auf das Steinhuhn verhängt wurde, da die Zählergebnisse der letzten Jahre auf Werte deutlich unter den Mittelwert der übrigen westlichen Landesteile zurückgegangen waren. 250 214 199 200 191 181 176 150 147 Freigaben 101 104 103 Abschüsse 91 100 88 83 50 50 25 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Freigaben 181 191 199 214 176 147 50 Abschüsse 101 104 103 91 88 83 25 Abbildung 7: Gegenüberstellung der Abschussfreigaben und der Abschüsse seit Durchführung der Überprüfung des jagdlichen Einflusses auf den Bestand 12 Abbildung 8: Verteilung der zugeteilten und der getätigten Steinhuhnabschüsse 2014 in den einzelnen Gebirgsstöcken des Landes. 13 5. Zusammenfassung der Ergebnisse Aufgrund der unterschiedlichen Ergebnisse der stichprobenartig durchgeführten Erhebungen im Frühjahr 2015 ist es nicht möglich, landesübergreifende Schlussfolgerungen zu treffen. Westliche Landeshälfte Im westlichen Teil der Provinz haben sich die Bestandesdichten in den letzten Jahren nicht nennenswert verändert. Die negativen Bestandestrends im restlichen Land schlagen sich somit auch in den Jagdbezirken Vinschgau und Meran nieder. Obwohl die Bereiche weiterhin bejagt wurden, ist die Anzahl der Abschüsse zurückgegangen, vor allem Dank des Jagdverbotes im Jagdrevier Matsch, wo laut der diesjährigen Frühjahrszählung eine deutliche Erholung des Bestandes verzeichnet werden konnte. Ultental und Gruppo delle Maddalene Obwohl dieses Gebiet einige der am besten geeigneten Lebensräume für das Steinhuhn aufweist, macht sich auch hier der Bestandesrückgang der letzten Jahre deutlich bemerkbar. Jagdbezirk Sterzing und Südtirols östliche Alpen In diesen Arealen wurden die Zählungen auf einer Fläche in repräsentativem Ausmaß durchgeführt. Wie in Tabelle 4 dargestellt, befinden sich die Mittelwerte der Populationsdichte zwischen 2,3 und 2,4 Hähnen pro 100 Hektar Lebensraum. Obwohl diese Werte relativ niedrig erscheinen, deuten sie doch auf eine langsame Erholung der Steinhuhnpopulationen im nördlichen und mittleren Teil der Provinz hin. Sarntaler Alpen und Dolomiten Die gesammelten Daten bestätigen einmal mehr den kritischen Zustand der Steinhuhnpopulation in diesen beiden Berggebieten. Vor allem die niedrigen Bestände der Sarntaler Alpen lassen keinerlei Rückschlüsse auf eine Verbesserung der Situation im Vergleich zu den letzten Jahren zu. 14
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