2011 Nordkap

Ein Ziel – zwei Räder –
5000 Kilometer – Nordkap
Abfahrt vom Landenberg
Es war Montagmorgen, der 1. März 1999, ich
lag mit einer Magenverstimmung im Bett und
hatte den Fernseher eingeschaltet. Bereits früh
morgens sendete das Schweizer Fernsehen live
aus Chateau d’Oex, wo sich die beiden Heissluftballonfahrer Bertrand Piccard und Brian
Jones mit ihrem Orbiter 3 zum Start bereit
machten. Bei optimalen Bedingungen sind die
um als erste die Welt mit einem Heissluftballon
zu umrunden. Während den nächsten Tagen
verfolgte ich die erfolgreiche Fahrt der beiden
mit Interesse, und tief in mir entstand der
Wunsch, auch einmal etwas «Verrücktes» und
«Abenteuerliches» im Leben zu machen. Ein
Traum ist entstanden.
Zwölf Jahre später wurde mein Traum Realität,
und ich stand in Sarnen auf dem Burghügel
Landenberg selber bereit, um mein eigenes
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verrücktes Abenteuer zu starten. An diesem
30. Mai 2011, es war ein heisser und sonnenzusammen mit meinem Aarios Tourenrad und
44 kg Gepäck auf den Weg, das Nordkap mit
dem Fahrrad zu erobern. Das Schweizer Fernsehen war zwar nicht da, dafür waren meine
Familie und viele Freunde anwesend, um mich
zu verabschieden und mir die besten Wünsche
für die verrückte Reise ans Ende von Europa zu
überbringen. Der Traum wurde Tatsache!
1. Reisewoche vom
30. Mai 2011 bis 5. Juni 2011 / 706 km
Sarnen – Basel – Strasbourg – Karlsruhe –
Mainz – Koblenz
Der Start auf dem Landenberg hatte den
Vorteil, dass ich gleich den Schwung von
der Abfahrt auf die grosse Reise mitnehmen
konnte. Endlich war ich nun unterwegs und
das Projekt Nordkap wurde nach einem Jahr
planen und vorbereiten so richtig lanciert. In
der Vorbereitungszeit habe ich mich vor allem
mit der Routenplanung und mit der Auswahl
und dem Kauf von geeignetem Material auseinandergesetzt. Natürlich gehörte auch ein intensives körperliches und mentales Training dazu.
Das Schöne am Reisen mit dem Fahrrad ist,
dass man langsam unterwegs ist und dadurch
viel mehr sieht und erlebt als mit einem
motorisierten Fortbewegungsmittel. Schon am
ersten Tag wurde mir das bewusst, als ich in
Sempach am Schweizerischen Schweinezentrum vorbei fuhr. Was es nicht alles gibt in der
Schweiz! Dass ich bereits auf der ersten Etappe
an meine körperlichen Grenzen stossen würde,
Schweizerisches Schweinezentrum in Sempach
hätte ich nie gedacht. Die Hitze, das schwere
Gepäck und vielleicht auch noch die Emotionen vom Abschied machten mir zu schaffen.
So bin ich völlig erschöpft, schon fast überhitzt
in der Jugendherberge St. Alban in Basel angekommen. Es war mir so übel, dass ich nicht
wusste, ob ich gleich erbrechen muss, oder ob
ich zuerst doch noch eine Cola trinken kann.
Ich habe mich dann für die Cola entschieden
und konnte zum Glück alles behalten.
Ganz nach dem Motto «aller Anfang ist schwer»
bin ich trotzdem mit vielen positiven Gedanken ins Bett gehuscht und habe gehofft, dass
ich am nächsten Morgen wieder bereit bin für
die zweite Etappe. Glücklicherweise habe ich
mich über Nacht so gut erholt, dass ich wieder
Reise führte mich nun am Rhein entlang Richtung Norden. Wunderschöne, idyllische Rad-
wege abseits vom Verkehr und direkt am Rhein
aufwärts. Auf der rechten Uferseite befand ich
mich in Deutschland und auf der linken Seite
in Frankreich. Ich war sehr erleichtert, dass es
mir heute bereits wieder besser lief als gestern.
Ich entschloss mich in Etappen zu planen, die
Ziele von Tag zu Tag anzupeilen und nicht
ständig ans ferne Nordkap zu denken.
In Süddeutschland bin ich jeweils abends in
Gasthöfen eingekehrt, die waren sehr bequem
und sehr preisgünstig. Meine nächsten Etappenorte waren Strasbourg, Karlsruhe, Speyer,
Ludwigshafen und Mannheim. Aus Aberglaube
bin ich nicht durch Mannheim gefahren, denn
schliesslich wollte ich noch nicht heim, sondern weiter nordwärts. Via Worms und durch
die idyllischen Weinberge führte der Weg zum
ersten grossen Etappenziel Mainz, die Stadt
der Mainzelmännchen und des ZDF. In Mainz
hatte ich meinen ersten Ruhetag eingeplant.
Nach bereits 800 km im Sattel habe ich das
Nichtstun für einen Tag richtig genossen.
Das Beste war jedoch, dass mich meine Frau
Irène in Mainz besuchte, und wir zusammen
ein letztes gemeinsames Wochenende verbringen konnten. Ausserdem vollzogen wir einen
Materialtausch. Sie brachte mir Dinge, die ich
vergessen hatte, und ich gab ihr Utensilien
mit, die ich noch nie gebraucht hatte. Nach
dem gemeinsamen Wochenende hiess es dann
endgültig Abschied nehmen am Bahnhof in
Mainz. Irène fuhr mit dem Zug zurück in die
Schweiz und ich mit meinem Fahrrad weiter
Richtung Koblenz. Die Fahrt von Mainz nach
Koblenz war unvergesslich. Der Rhein schlängelt sich durch ein enges Tal hindurch nach
Norden. Und fast alle paar Kilometer steht eine
Burg oder ein Schloss auf einem Hügel. Ich
fühlte mich wie ein Cowboy auf seinem Pferd.
Es war eine unglaublich schöne und eindrückliche Gegend! Deutschland liegt so nahe und
ist so schön, und wir wissen es nicht. Die erste
Woche beendete ich in Koblenz mit einem
argentinischen Rindsentrecote, so wie es sich
gehört für einen echten Cowboy.
2. Reisewoche vom
6. Juni 2011 bis 12. Juni 2011
694 km – total 1400 km
Koblenz – Bonn – Köln – Düsseldorf –
Duisburg – Münster – Bremen – Hamburg
Der Weg führte nun weiter dem Rhein entlang
nach Bonn, die ehemalige Bundeshauptstadt,
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in die Domstadt Köln und nach Düsseldorf.
Ein Höhepunkt folgte dem anderen. Der nächste war das Ruhrgebiet mit den Hüttenwerken
von Mannesmann-Thyssen, Krupp oder die
Bayer Werke in Uerdingen. Es war keine schöne
Gegend, aber ein sehr lebhaftes und trotzdem
bewegendes Erlebnis. Ich habe viele Eindrücke auf meinen weiteren Weg mitgenommen.
Bei Wesel überquerte ich ein letztes Mal den
Rhein und verabschiedete mich von meinem
treuen Begleiter. In Gahlen war es dann soweit,
als ich erstmals mein Zelt aufschlug und die
Campingatmosphäre genoss. Das Programm
nach dem Radfahren war übrigens sehr intensiv. Gepäck abladen, Zelt aufbauen, einpuffen,
Kleider waschen und aufhängen, Fahrradservice machen, kochen, essen, abwaschen, Blog
schreiben, nächster Tag grob planen, erholen
und dann schlafen gehen. Natürlich ist es auf
dem Camping viel abenteuerlicher und spannender als im Hotel, dafür verzichtet man auch
auf viel, manchmal sogar auf sehr viel Luxus.
Am nächsten Morgen feierte ich meine ersten
1000 km in Haltern am See. Nun hatte ich
bereits 1/5 meiner Strecke hinter mir, was für
ein tolles Gefühl. Ich fühlte mich nun von
Tag zu Tag besser und hatte mich gut an den
Tagesablauf gewöhnt. Mein nächster Meilenstein war Münster. In Münster verbrachte ich
Hamburg
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meinen zweiten Ruhetag bei einem Bekannten
von Freunden. Ich habe Bernd vorher noch nie
gesehen, und er hat mich bei sich zu Hause aufgenommen, als ob wir uns bereits seit 20 Jahren
kennen würden. Bernd zeigte mir die Fahrradstadt Münster mit allen Sehenswürdigkeiten.
Übrigens, im Durchschnitt hat jeder Münsteraner zwei Fahrräder. Am Bahnhof in Münster
stehen tausende von Fahrrädern herum, ich
habe so was noch nie gesehen. Einfach ein
unglaublicher Anblick. Ich habe es sehr genossen bei Bernd und bin mit einem weinenden
und lachenden Auge weiter gefahren nach
Osnabrück und Bremen. In Bremen traf ich
Rheinradweg
die vier bekanntesten Bremer, die vier Bremer
Stadtmusikanten. Die Stadt hat mich sehr
fasziniert und hat bei mir einen bleibenden
Eindruck hinterlassen. Von der Hansestadt Bremen ging es weiter über die Schwarzen Berge
nach Hamburg, die Stadt voller Gegensätze.
Auf der einen Seite der bunte Szene-Stadtteil
St.Pauli mit der – nach eigenen Angaben –
sündigsten Meile der Welt, der Reeperbahn.
Auf der anderen Seite das biedere und reiche
Blankenese mit seinen unzähligen Villen und
romantisch schönen Ausblicken vom Elbhang
und den darunter liegenden Elbstränden. An
jeder Ecke sieht Hamburg anders aus und den-
und bleibt meine Lieblingsstadt. Auf dem Ochsenweg, so hiess der Radweg, fuhr ich nun weiter durch Schleswig Holstein. Der Weg führte
mich durch Wälder und über Wiesen, weit weg
vom lärmigen und stickigen Verkehr. Alles war
grün, nur die weidenden Kühe waren braun.
Schleswig Holstein ist ein wunderschönes und
interessantes Bundesland mit sehr stolzen und
heimatverbundenen Einwohnern. Nach der
Überquerung des Nordostsee-Kanals führte
mich meine Reise in das malerische Städtchen
Schleswig, mit der märchenhaften Fischersiedlung Holm. Kleine schmucke Häuschen,
verziert mit einer sagenhaften Blumenpracht,
Camping live
Fischersiedlung Holm in Schleswig
noch fügt sich alles harmonisch zusammen.
Mit einem leckeren Nachtessen am Jungfernstieg, einem genüsslichen Hafenspaziergang
und einem sensationellen Abendrot schloss ich
meine zweite Reisewoche ab.
Mit dem Erreichen von Hamburg war mein
persönlicher Erfolgsdruck nun wie weggeblasen. Ich war so zufrieden und dankbar, dass
ich es bis hierher geschafft hatte. Wenn ich
nun meine Reise aus irgendeinem Grund hätte
abbrechen müssen, ich hätte es problemlos verkraftet. Schliesslich fährt nicht jeder mit dem
Rad von Sarnen nach Hamburg.
ich fühlte mich wie in einem Märchen, nur
Schneewittchen fehlte noch.
Die letzte deutsche Stadt auf meiner Radreise
war Flensburg, bevor es dann nach Dänemark
ging. Mit Tränen in den Augen überquerte ich
die Grenze nach Dänemark. Es war für mich
ein unbeschreiblicher Glücksmoment, der mir
wieder sehr viel Kraft gab. Nun hatte ich
ganz Deutschland vom Süden bis zum Norden
durchradelt. Ich konnte es selber kaum fassen – Freude herrschte. Mittlerweilen bin ich
vom Cowboy zum echten Wikinger geworden.
Demzufolge führte die Reiseroute an der Küste
entlang nach Kolding und über den Lillebælt,
der die Halbinsel Jütland und die Insel Fünen
trennt. Übrigens wer gemeint hat Dänemark
3. Reisewoche vom
13. Juni 2011 bis 19. Juni 2011
668 km – total 2068 km
Hamburg – Schleswig – Flensburg – Odense
– Kopenhagen – Östra Karup
Am nächsten Morgen verliess ich Hamburg
und radelte der Elbe entlang durch St. Pauli
hinaus nach Blankenese. Es war eine fantastische Fahrt an der Elbe entlang. Hamburg ist
gewaltig. Es hat zwar keine Berge wie bei uns,
aber es ist sehr hügelig. Es ist etwa so, wie wenn
man über das Dach vom Paul Klee Museum in
Bern fährt, oder in der Wikingersprache ausgedrückt: der Wellengang war hoch!
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Mittlerweile hatten sich meine Essensgewohnheiten so stark verändert, dass ich zu einer
Fressmaschine wurde. Bereits zum Frühstück
verdrückte ich riesen Portionen, so dass ich
mich fast nicht mehr kannte. Unterwegs ver-
kam soweit, dass ich kaum an einer Bäckerei
vorbeifahren konnte, ohne dort einzukehren. Mandelgipfel, Nussgipfel, Schoggigipfel,
dänischer Plunder, Vanillebrötchen…
Zum Nachtessen hiess es dann aber Kohlenhydratespeicher nachfüllen. Ich verdrückte
locker 250 Gramm Teigwaren, und für das Dessert hatte es auch immer noch genügend Platz!
Die Reise quer durch Dänemark war sehr schön
und abwechslungsreich. In Odense besichtig te
ich das Geburtshaus des bekannten Märchendichters Hans Christian Andersen. Das Haus
liegt in einem wunderschönen, märchenhaften Quartier, so dass es eigentlich logisch
ist, dass er Märchen geschrieben hatte. Nun
lag der Storebælt mit der 13.4 km langen
Storebælt-Brücke vor mir. Ein unglaubliches
Bauwerk, das die beiden Inseln Fünen und
Seeland verbindet. Leider durfte ich als Radler
die Brücke nicht überqueren und musste auf
die Bahn umsteigen. Via Roskilde, der ehemaligen Hauptstadt des dänischen Königreiches
fuhr ich stolz und glücklich in Kopenhagen
ein. Eine tolle Stadt mit sehenswerten Sehenswürdigkeiten wie der Nyhavn mit den farbigen
Häusern und den Segelschiffen im Vordergrund. Auf was ich mich aber am meisten
freute war die kleine Meerjungfrau, das Wahrzeichen von Kopenhagen. Ich habe sie geküsst,
doch es ist nichts passiert. Logisch, das ist ja
auch ein anderes Märchen.
In Kopenhagen verbrachte ich meinen dritten
Ruhetag, und den genoss ich in vollen Zügen.
Ganz nach dem Motto: Nichts bringt uns auf
unserem Weg besser voran als eine Pause!
Ausgeruht und voller Energie radelte ich von
Kopenhagen nach Helsingœr. Von dort nahm
ich die Fähre nach Helsingborg und war somit
schon in Schweden gelandet. Schweden das
Land der Elche, das Land von IKEA, das Land
mit den hübschesten Prinzessinnen und das
den angekommen, wurde ich mit einem heftigen Gewitter begrüsst. Klitschnass machte
ich heute bereits etwas früher Feierabend und
hatte mich für diese Nacht in einem Motel nie-
Aarios Tourenrad am Ochsenweg
Ochsenweg
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dergelassen. Zur Feier des Tages gönnte ich mir
eine typische schwedische Mahlzeit; Pannbiff.
4. Reisewoche vom
20. Juni 2011 bis 26. Juni 2011
684 km – total 2752 km
Östra Karup – Halmstad – Göteborg –
Sarpsborg – Oslo – Hov
Am Montagmorgen hatte ich eine Premiere!
Meinen ersten Platten. Nach kurzer Zeit hatte
Nyhavn Kopenhagen
Kleine Meerjungfrau
gehen. Das Wetter in Schweden war sehr rauh,
es regnete viel und der Wind blies mir ständig
ins Gesicht. Mit Rückenwind wäre es natürlich viel erträglicher gewesen. Der Weg führte
weiter Richtung Norden an der Küste entlang,
unter anderem nach Mellbystrand, wo der
grösste Sandstrand Schwedens liegt. Bei diesen äusseren Bedingungen musste ich meine
Badehose nicht auspacken. Schade! Auch bei
schlechtem Wetter genoss ich die wunderschöne Fahrt durch die Natur, musste jedoch
meine zweite Krise überwinden. Das Wetter
machte mir mental so zu schaffen, dass ich
am liebsten das nächste Flugzeug in den Süden
genommen hätte. Einen kleinen Lacher konnte
ich dann aber nicht verkneifen, als ich die
«geilste» Ortschaft meiner Reise erreichte: Tangaberg! Via Halmstad erreichte ich die grösste
Hafenstadt Schwedens, Göteborg. Die Stadt ist
mit vielen Kanälen durchzogen, ist aber kein
Vergleich mit Venedig.
Über eine imposante Brücke erreichte ich die
Insel Tjörn, und es wurde eine super geniale
Fahrt durch die schwedische Schärenküste.
Zwar ging es ständig rauf und runter, aber
dafür wurde ich mit super schönen Bildern
verwöhnt. Inseln, Meer, Fjorde, typische skandinavische Häuser, alles was das Auge begehrt.
Zwischendurch zeigte sich sogar einmal die
Sonne in Schweden. Nachdem ich die Insel
verlassen hatte, führte der Weg im Landesinneren weiter Richtung norwegischer Grenze,
die ich dann auch schon bald erreichte. Nun
hatte ich bereits mein letztes Land auf meiner
Reise erreicht und bin noch nicht einmal in
der Hälfte angekommen. Das Wetter war auch
in Norwegen immer noch sehr schwedisch.
Aber je näher ich nach Oslo kam, umso schöner wurde das Wetter. Das tat meiner Seele
sehr gut.
Mit dem Erreichen von Oslo hatte ich nun auch
die Hälfte meiner Tour hinter mich gebracht.
Ich war sehr zufrieden und glücklich. Das
Selbstvertrauen war unermesslich gross, und
ich hatte das Gefühl, nichts kann mich mehr
aufhalten. In der norwegischen Hauptstadt
gönnte ich mir wieder einmal einen Ruhetag.
Der Ruhetag bezog sich jeweils auf das Radfahren, denn die Arbeit ging mir auch an solchen
Tagen nicht aus. Fahrrad reinigen, kleinere
Reparaturen vornehmen, aber was vor allem
anstrengend war, war die Wäsche. Ich habe
meine Fahrradkleider jeden Tag gewaschen
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und an den Ruhetagen wurde der ganz Rest
auch noch mitgewaschen. Ruhetag = Waschtag. Das gehört auch zu einer solchen Reise
und diese Arbeit habe ich im Vorfeld ganz klar
unterschätzt. In Oslo feierte ich Halbzeit mit
einem fürstlichen Essen an der Agger Brygge.
Mit Bahn, Bus, Schiff und zu Fuss erkundete
ich die schöne Stadt am Oslofjord. Oslo ist für
mich die Stadt im Walde, mit einem ganz speziellen Charme. Der Höhepunkt war die neue
Skisprungschanze am bekannten Holmenkollen. Das Skistadion fasst unglaubliche 50 000
Zuschauer. Es ist Wahnsinn, dass da Simon
Ammann und Co. runterspringen.
Am Sonntag ging meine Traumreise weiter von
Oslo raus in die Berge. Irgendwie war ich aufgeregt, wie früher vor einer Prüfung oder einem
wichtigen Tag. Ich glaube die Bergetappen
machten mir nicht Bauchweh, aber ich hatte
schon et was Respekt davor. Langsam aber
sicher verabschiedete ich mich von der Stadt
und war wieder mitten in der Natur. Mein Radführer empfahl mir heute eine abenteuerliche
Fahrt durch den norwegischen Wald. Während
rund 30 Kilometern war ich auf einer Schotterstrasse im Wald unterwegs. Zum Glück habe
ich mich da nicht verfahren! Nachdem ich
den ersten Höhenzug überquert hatte, kam ich
in ein Tal mit einem unendlichen langen See.
Der Randsfjorden misst eine Länge von 80 km!
Ich habe mich für die linke und verkehrslosere
Seeseite entschieden und genoss die Fahrt in
der Wildnis. Auf halbem Weg habe ich dann
aber doch den See mit der Fähre überquert, um
anschliessend mein Nachtlager im Camping
in Hov aufzuschlagen. Die Abwechslung war
Trondheim
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genial, gestern Luxushotel, heute Camping
und morgen wieder Jugendherberge. Ich war
so abwechslungsreich wie die Natur. Zum
Abschluss der vierten Woche kochte ich mir
ein Pasta-Menu und genoss die Kohlenhydrate
und das Campingfeeling.
5. Reisewoche vom
27. Juni 2011 bis 3. Juli 2011
697 km – total 3449 km
Hov – Lillehammer – Dovrefjell
Unglaublich, gestern noch so ein wunderschöner und wolkenloser Abend, um Mitternacht
noch hell und heute Morgen regnete es, und
es war kalt. Die heutige Etappe führte über drei
Bergzüge nach Lillehammer, die sympathische
Olympiastadt von 1994. Es war ein hartes
Stück Arbeit. Auf dem letzten Bergpass musste
ich sogar meine gesamte Winterausrüstung
anziehen, das heisst Winterkappe und dicke
Handschuhe. Es war so bitter kalt und irgendwie rollte es heute auch nicht so gut wie auch
schon. Umso mehr freute ich mich, als ich
nach all den Qualen in Lillehammer einfuhr.
Nach einer warmen Suppe und einer leckeren
Portion Spaghetti Bolognaise, erkundete ich
das Städtchen und verkroch mich anschliessend in der Jugendherberge und genoss die
Nachtruhe.
Der nächste Tag führte mich durch das Gudbrandsdalen an den bekannten Skiorten Hafjell und Kvitfjell vorbei. Da das Wetter immer
noch nicht besser war, entschied ich mich für
eine andere Route als ursprünglich geplant.
Die Hauptstrasse E6 war nun mein Begleiter
nach Trondheim. Die Strasse war zwar stark
frequentiert, aber der grosse Vorteil war, dass
sie in der Ebene verläuft und ständig wieder
Tankstellen und Shops anzutreffen waren. Das
ist natürlich wichtig, wenn man so viele Kalorien verdrückt, wie ich es tat.
Am 10. Geburtstag meines Sohnes Fabio stand
mit der Überquerung des Dovrefjell Nationalparkes die Königsetappe auf dem Programm.
Ich hatte super Beine und habe den Aufstieg
locker geschafft. Der Dovrefjell Nationalpark
ist ein schönes Hochtal, durchsetzt mit endlosen Mooren und Seen. In Hjerkinn erreichte
ich mit 1026 m. ü. M. den Höhepunkt meiner
Reise. Nach dem Aufstieg folgte eine unglaubliche Abfahrt. 45 Kilometer ging es runter in
den bekannten Skiort Oppdal, wo ich mir als
Belohnung ein schönes Hotelzimmer leistete.
Am nächsten Tag folgte die Fahrt durch den
Nieselregen nach Trondheim. Nach all den
Bergetappen war ich sehr erleichtert, als ich
mein Zimmer in der Jugendherberge Rosenborg bezog. In Trondheim gönnte ich mir
einen Wellness-Ruhetag. Ich war im grössten
Hallenbad von Norwegen. Das Bad liegt direkt
am Trondheimfjord, und man sieht direkt ins
Meer hinaus. Sprudelbad, Dampfbad, Sauna,
Schwimmen und Massage, was für eine Wohltat. Das Wetter draussen war wieder einmal
kalt und regnerisch.
Am nächsten Tag verlief die Route der Küste
entlang, und das hiess Fjorde umfahren oder
wenn möglich eine Fähre nehmen. Von nun
an musste ich meinen Tagesablauf etwas planen, damit ich jeweils die gewünschte Fähre
erreichte. Es gab Fähren die fuhren 10 Mal
täglich, andere liefen nur 2 Mal täglich aus,
Ruheoase
oder sogar nur 3 Mal wöchentlich. So habe
ich mich in der Jugi für rund zwei Stunden
nur mit den Fährplänen herumgeschlagen,
aber es hat sich gelohnt. Das Wetter zeigte sich
heute von der besten Seite, Sonnenschein und
angenehme Temperaturen, und die Fahrt war
wiederum traumhaft schön. Grüne Wälder,
satte Wiesen und immer wieder das Meer mit
seinen vielen Fjorden, die tief ins Landesinnere
eindrangen. Die Nacht verbrachte ich auf dem
Camping in Steinkjer und konnte das erste Mal
die Mitternachtssonne geniessen. Es ist schon
ein spezielles Gefühl, wenn man um Mitternacht vor dem Zelt sitzt, die Sonne scheint,
und eigentlich sollte man ins Bett gehen.
Am nächsten Tag war dann die Sonne leider
wieder verschwunden und es regnete wie aus
Kübeln. Meine Stimmung war so ziemlich auf
dem Tiefpunkt, denn ich wusste, heute Nacht
musste ich auf einem Camping verbringen, da
es auf diesem Wegabschnitt kein Hotel gab.
Am Abend regnete es immer noch und doch
hellte sich meine Mine auf. Auf dem Camping
habe ich mir ein kleines Häuschen direkt am
Meer, mit eigener Heizung, gemietet. Genial,
es war für mich fast wie Weihnachten und ich
war einfach nur glücklich und zufrieden. Man
schätzt mit dem Wenigen auszukommen, das
man hat.
6. Reisewoche vom
4. Juli 2011 bis 10. Juli 2011
719 km – total 4168 km
Lofoten – Moskenes – Svolvær – Harstad
Was für ein herrliches Erwachen am nächsten Morgen in meinem Weihnachtshäuschen.
Weihnachtshäuschen
49
Norwegen live
Nach dem ich meine Velokette gewechselt
hatte, ging die Fahrt wieder voll motiviert
wunden. Die Route verlief direkt am Meer
entlang, herrlich, idyllisch einfach nur schön.
Kurz nachdem ich am Torghatten, ein Berg
mit einem riesengrossen Loch, vorbei fuhr,
habe ich zwei Elchkühe auf einer Wiese weiden sehen. Was für ein Glück! Ich war schon
mehrmals in Skandinavien, hatte aber bisher
keine freilebende Elche gesehen. Ich beendete
meinen Radlertag in Skogmo im Camping. In
der Nacht hatte es wie aus Kübeln geregnet,
doch pünktlich zum Morgen hatte Petrus ein
Einsehen und schloss die Regenschleusen. Die
Herausforderung an diesem Tag war, dass ich
dreimal die Fähre nehmen musste, um auf die
nächste Insel zu gelangen. Der Terminplan
war somit eher eng und vorbestimmt, was ich
auf meiner Reise nicht unbedingt liebte. Es ist
doch schön und befreiend, wenn man einfach in den Tag hinaus fahren kann, und dort
anhalten kann wo man gerade dazu Lust hat.
In Sandnesjøen wurde ich von einem heftigen
Gewitter heimgesucht, und nur wenige Minuten später strahlte die Sonne wieder über dem
Camping in Nesna, der direkt am Meer lag.
Am nächsten Morgen erwartete mich die
Sonne, und im nu war alles zusammenge50
packt, und ich war wieder unterwegs. Als
erstes musste ich den Sjonafjord umfahren. Es
war der schönste Umweg den ich je gemacht
hatte. Die Fjordumfahrung hatte eine Länge
von 60 Kilometer, aber es war wie im Bilderbuch. Das Meer, die Sonne, die Berge, die wie
eine Toblerone Schoggi aus dem Meer ragten.
Norwegen wie man es aus dem Prospekt kennt.
Als Höhepunkt hatte ich heute den Polarkreis
überquert und den zweitgrössten Gletscher,
den Svartisen aus der Ferne gesehen. Mit der
Sonne am Himmel war das Campieren natürlich viel angenehmer.
Am nächsten Tag ging es erst am Mittag los,
weil die einzige Fähre auf die nächste Insel erst
um 14 Uhr übersetzte. Der heutige Tag war voller Überraschungen. An einem Kioskrestaurant
auf einer Felsklippe, fernab von einem Dorf,
wollte ich eine Cola kaufen, und da sah ich
eine Cremeschnitte. Wow, was für ein Luxus,
hier eine Cremeschnitte zu essen. Ich habe sie
so genossen, dass ich heute noch genau weiss,
wie sie geschmeckt hat. Kurz darauf machte
ich Bekanntschaft mit Noldi und John, zwei
pensionierte Schweizer Kinderärzte, die mit
ihrem Fahrrad in Berlin gestartet waren, um
die Lofoten zu erreichen. Fürs Nachtessen
schlossen wir uns zusammen und organisierten eine Gemeinschaftsküche. Noldi kochte
für uns drei acht Portionen Pasta. Es war schön
wieder einmal mit jemandem Schwiizerdiitsch
zu reden.
Bereits um 6.30 Uhr fuhr am nächsten Morgen
das Schnellboot nach Bodø, wo sich unsere
Wege wieder trennten. Ich nahm die nächste
grosse Fähre auf die Lofoten und die beiden
Ärzte blieben noch in Bodø. Die Überfahrt
dauerte drei Stunden. In Moskenes schien die
Sonne und der Himmel war wolkenlos. Schon
auf den ersten Kilometern erschien mir diese
Gegend wie im Paradies. Die Häuser einfach
malerisch gelegen am Meer, im Hintergrund
die spitzigen und imposanten Berge, das Wasser war so klar, dass es grün erschien. Es hat
mir so richtig den Ärmel reingezogen. Der
Weg nach Norden führte über unzählige grosse
und kleine Brücken. Ich war in einer anderen
Welt und habe alle Eindrücke aufgesogen, wie
ein Schwamm, der das Wasser aufzieht. Mittlerweilen fühlte ich mich so wohl im Sattel,
dass ich das Radfahren sogar als Erholungszeit
empfand. Das Afterbike-Programm war viel
mühsamer und anstrengender.
In Mitten der sensationellen Naturlandschaft
erreichte ich die 4000 Kilometer Marke. Nun
waren es also nur noch 1000 km bis ans Nordkap. Dieser Meilenstein motivierte mich nochmals und setzte noch mehr Energie in mir frei.
immer breiter, und ich verliess langsam aber
sicher die märchenhaften Lofoten. Eine tolle
Woche mit herrlichem Sommerwetter ging am
Sonntag in Harstad zu Ende.
7. Reisewoche vom
11. Juli 2011 bis 18. Juli 2011
817 km – total 4985 km
Honningsvåg – Nordkap
Die letzte Woche vor dem grossen Ziel begann
mit Regen und Kälte. Es war so kalt, dass ich das
Gefühl hatte, es beginnt gleich zu schneien.
Um 6.30 Uhr nahm ich die Fähre auf die Insel
Andorja, die nur dreimal wöchentlich fährt.
51
Aber der Plan ist prima aufgegangen. Es war ein
nasstrüber Tag und ich entschied mich wieder
einmal die Route zu ändern. Ich verabschiedete
mich vom Meer und fuhr im Landesinneren
auf der alt bekannten E6 weiter nach Norden.
Sogar mein Hotel in Bardufoss passte sich dem
Wetter an, kühl und ohne Charme. Am nächsten Tag stand eine lange Etappe nach Tromsø
auf dem Programm. Das Wetter war wiederum
wenig berauschend und die Fahrt war eine
Herausforderung. Schlussend lich waren solche
Tage eine reine Kopfsache. Meine Beine waren
Kopf muss auch wollen.
Mittlerweilen war es wieder so kalt, dass ich
mit meiner Winterausrüstung in Tromsø bei
9 Grad eingefahren bin. Die warme Dusche
im Hotel genoss ich Minuten lang, ich glaube
sogar der Boiler kam an seine Grenzen. In
Tromsø verbrachte ich meinen letzten Ruhetag.
Die Stadt liegt am Eismeer und war Ausgangspunkt fast aller Fischfahrten in das Polarmeer
und spielte eine wichtige Rolle in der Polarforschung. Das Wahrzeichen ist die eindrückliche
und in ihrer Form spezielle, aber sehr schöne
Eismeerkathedrale. Nach einem ausgiebigen
Besuch im Polarmuseum organisierte und
buchte ich von hier aus meine Rückreise.
Lofoten
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Der Weg ist das Ziel
Nach dem erholsamen Tag startete ich auf den
letzten Teilabschnitt Richtung Nordkap. Mit
6 Grad, Regen und einem rauen Wind verabschiedete ich mich von der Eismeerstadt und
radelte durch die Lyngenalpen, die vor lauter
Nebel gar nicht zu sehen waren. Der heutige
Tag war von den äusseren Bedingungen her
der härteste Tag meiner Tour. Es war wiederum
eine reine Kopf- und Willensleistung. Aber
mit jedem Tag kam ich meinem grossen Ziel
immer näher, Tritt für Tritt. Die Strecke führte
nun wieder der E6 entlang, und es ging stän-
Brücke über den Fjord
Arktische Wildnis
dig rauf und runter. Die Natur wurde wilder
und karger, und die Dörfer lagen immer weiter
auseinander. Nur noch einzelne Häuser säumten den Weg. Arktische Atmosphäre. In Langfjordbotn mietete ich nochmals ein schmuckes
Häuschen auf dem Camping und genoss die
tolle Stimmung. Meinen Kohlenhydratespeicher füllte ich mit einer riesen Portion Pasta,
und zum Dessert gab es wie immer etwas
Süsses.
Endlich kam sie wieder einmal zum Vorschein, die Sonne. Ein herrlicher aber frischer
Sommertag erwartete mich. Der Weg führte
dem Langfjorden entlang nach Alta. Heute
traf ich die ersten Rentiere auf der Strasse.
Kuschelige und tolpatschige Viecher mit einem
imposanten Geweih. In Alta verbrachte ich
die Nacht in der Jugendherberge bevor es am
nächsten Tag nochmals über zwei Bergzüge
nach Olderfjord ging. Die Strasse führte über
ein Fjell. Es war endlos lang, die Landschaft
war karger als karg, nichts, keine Bäume, keine
Rentiere, einfach diese Fläche. Es war so uninteressant, aber doch irgendwie faszinierend
diese Landschaft zu beobachten. In Olderfjord
verbrachte ich auf dem Camping meine letzte
Nacht vor dem Nordkap. Ich war nervös und
angespannt und konnte es kaum erwarten, die
letzte Etappe in Angriff zu nehmen.
Montag 18. Juli 2011, es war 7 Uhr und ich
startete zur unvergesslichen Triumphfahrt. Ich
fühlte mich heute wie ein Bergsteiger, der gut
vorbereitet von seinem Basislager startet, um
den Gipfel zu erreichen. Unglaublich aber
genau heute an meinem 50. Reisetag scheint
die Sonne und der Himmel war strahlend
blau. Die Fahrt am Porsangerfjord entlang, in
Mitten der arktischen Wildnis, war einfach ein
Genuss, tausend Sachen gingen mir durch den
Kopf, und ich war völlig aufgewühlt. Im Nordkap-Tunnel erreichte ich meinen Tiefpunkt mit
212 Meter unter Meer. Ich war froh auch dieses
Hindernis gut und problemlos gemeistert zu
haben. Bereits am frühen Nachmittag erreichte
Lofoten
53
Am grossen Ziel
Nordkap
ich Honningsvåg, wo ich in der Jugi mein
Zimmer bezog. Mehr als den Schlüssel holte
Ich genoss den Moment, liess Fotos von mir
schiessen, Bilder für die Ewigkeit. In der Nordkapkapelle fand ich dann die gewünschte
Ruhe, um einige Minuten inne zu halten. Es
war einfach nur schön. Wie ein Bergsteiger
musste ich nun meinen Gipfel wieder verlassen
und die 30 beschwerlichen Kilometer zurück
nach Honningsvåg fahren. Die Rückfahrt dauerte fast 3 Stunden. Der Wind hat mir nochmals alles abverlangt und hätte mich fast vom
Sattel gepustet. In der Jugi kochte ich mir als
Belohnung ein feines Risotto und machte mich
bereit für das nächste Abenteuer.
auf die letzten Kilometer. Und die hatten es in
sich!
Es wurde ein Kraftakt. Die Sonne war mittlerweile verschwunden und ein heftiger Wind
blies mir um die Ohren. Wenigstens war es trocken. Den Nordkapfelsen hatte ich schon lange
gesehen, aber er kam einfach nicht näher. Es
waren nochmals einige Hundert steile und
anspruchsvolle Höhenmeter zu bewältigen,
und irgendeinmal hat jedes Leiden ein Ende
und der letzte Hügel war überwunden, und vor
mir lag das Ende von Europa, das Nordkap. Mit
Tränen in den Augen bin ich am 18. Juli 2011
um 17.42 Uhr nach 50 Tagen und 4952 km
und rund 300 Stunden im Sattel am grossen
Ziel angekommen. Ich streckte meine Arme
zum Himmel und machte einen Jubelschrei.
Es war geschafft, unglaublich. Ich war einfach
nur glücklich und dankbar, dass ich das alles
erleben durfte. Natürlich war ich etwas stolz
auf mich und mein Aarios Tourenrad. Kurz
zusammengefasst: Freude herrschte!
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8. Reisewoche: Heimreise mit der
Hurtigrute nach Bergen und mit dem
Flugzeug nach Zürich
Bereits am nächsten Morgen um 6.15 Uhr
durfte ich auf die Hurtigrute, um mich in den
nächsten Tagen auf der schönsten Seereise der
Welt zu erholen. Ein weiterer Traum ging für
mich in Erfüllung. Gestern Abend noch am
Nordkap und heute Morgen bereits auf der
Nordstjernen, dem ältesten Hurtigrutenschiff,
welches noch in Betrieb ist. Kein Luxusschiff,
Während fünf Tagen war ich Gast auf der
Nordstjernen, die mich via Tromsø, Lofoten,
Bodø, Trondheim, Molde, Alesund nach Bergen
brachte. In Bergen verpackte ich dann meinen
treuen und zuverlässigen Begleiter, mein Aarios
Tourenrad in eine Schachtel, und wir sind
wurde ich von meiner Familie im SchweizerLook erwartet und stürmisch begrüsst. Das
Wiedersehen nach acht Wochen war wunderschön, und ich musste die eine oder andere
Träne verdrücken. Zur Überraschung organisierten meine Eltern einen Welcome-Apéro, an
dem viele Freunde, Verwandte und Bekannte
anwesend waren. Ein toller Abschluss meiner
verrückten Reise.
Hurtigrute Nordstjernen
Fazit
Was hat mir diese Reise gebracht? Ich habe
viel gesehen, viele nette Leute kennen gelernt,
mich selber kennen gelernt und viele wertvolle
Erfahrungen gesammelt. Ich habe festgestellt,
was wirklich wichtig ist im Leben. Meine
Alltagssorgen waren unterwegs: Wohin gehe
ich heute, wo gibt es etwas zu Essen und wo
kann ich übernachten. Es vergeht heute nicht
ein Tag, an dem ich mich nicht an meine
Reise erinnere. Das Erlebnis ist tief in mir drin
gespeichert, und es wird mich ein Leben lang
begleiten.
Was hat es gebraucht? Wer sich eine solche
Auszeit nimmt braucht ganz viel Mut. Mut den
Alltag zu verlassen und sich in ein Abenteuer
zu stürzen. Es braucht Ausdauer, Zuversicht,
einen starken Willen, ein bisschen Glück und
vielleicht einen gewissen Grad an Verrücktheit.
Das wichtigste ist aber die Unterstützung und
das Verständnis der Familie und vom Partner.
Wann machen Sie eine Auszeit?
Der Empfang zu Hause
dafür ein Schiff mit sehr viel Charme, Charakter und einer Brise Nostalgie. Es war so
schön, einen Teil meines Weges wieder zurück
zu fahren, viele Erinnerungen kamen in mir
wieder auf. Mit dem Schiff fuhren wir unter
Brücken durch, die ich mit meinem Aarios
Tourenrad überquerte. Es war ein tolles Gefühl,
all das nochmals zu sehen. Die Erinnerungen
an die verschiedenen Passagen waren mir
gleich wieder präsent. Auf der Nordstjernen
hatte ich auch genügend Zeit, um meine Tour
richtig zu verarbeiten.
Zahlen
Strecke 4985 Kilometer, durchschnittlich 113
Kilometer/Tag gefahren, 301 Stunden unterwegs während 50 Tagen, 6 Ruhetage, 145 000
Kalorien verbrannt, 2 Platten, keine Unfälle –
während einer Woche Kniebeschwerden und
einmal in Folge Erdbeerenüberdosis Pickel am
Allerwertesten. Dank Ledersattel und Hirschtalg immer ein zartes Popo.
Weitere Infos unter: www.nordkap2011.ch
Christoph Amstad
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