473 Brief 102 102. Paul Marquard an Anton Schindler [Weinheim, 9. Dezember 1861] Hochgeehrtester Herr Professor! Eine Krankheit, welche mich mehrere Tage im Bette gehalten, hat mich verhindert, meinen vorigen Brief sofort zu expediren, ich bitte daher um Verzeihung, daß Sie ihn einige Tage später erhalten haben, als er geschrieben war. Heute bin ich zum ersten Male aufgestanden und eile, Ihre so eben empfangenen lieben Zeilen zu beantworten, zugleich auch, falls meine Kräfte es erlauben, die mir freundlichst geliehenen Bücher einzupacken und Ihnen mit vielem, herzlichen Danke zurückzusenden. Sie übergießen mich ein Wenig mit kaltem Wasser, damit ich nicht zu hitzig auf meine Pläne losgehe.1 Solche Douchen sind sehr gut und nützlich und ich danke Ihnen sehr für Ihren freundlichen, väterlichen Rath. Was nach dieser Abkühlung von meinem Plane übrig bleibt, will ich genau untersuchen und gewissenhaft überlegen, wenn ich mich erst wieder etwas kräftiger und wohler fühle; für jetzt bin ich natürlich nicht im Stande, Ihnen ein Endresultat meiner selbständigen Endschließung vorzulegen. Bei jener Ueberlegung werde ich dann natürlich auch nicht versäumen, die für mich traurige Thatsache in Erwägung zu ziehen, daß ich in dem Falle, daß ich dennoch den Plan festhalten wollte, – was, wie gesagt, erst später sich entscheiden kann, – auf Ihre freundliche und mir werthe Unterstützung verzichten muß. Für heute, hochgeehrter Herr Professor, nehmen Sie mir meine Kürze nicht übel; ich bin vom Liegen im Bett sehr matt und kann nicht viel schreiben, so gern ich möchte. Nur lassen Sie mich Ihnen nochmals meinen aufrichtigsten, besten Dank für Ihre Freundlichkeit in Rath und That sagen, durch die ich wiederum ein Stück in der Erkenntniß vorwärts gekommen bin. Somit leben Sie recht wohl, viele Grüße von der Familie Bender.2 Wie immer mit vorzüglichster Hochachtung Ihr ergebenster Paul Marquard. Weinheim den 9. Dezember 1861. Quelle: Autograph, Beethoven-Haus Bonn (BH 213,165). 1 2 Marquard hatte Schindler im Hinblick auf eine geplante Publikation über die neunte Sinfonie um Informationen und Hilfe gebeten (siehe Brief 101). Mit den Töchtern der Familie Bender besprach Marquard die neunte Sinfonie Beethovens. Siehe Brief 101.
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