Verzehr von Erde, Salz, Keim

FÜTTERUNG
Geflügelzeitung 13|2013
Verzehr von Erde, Salz, Keim-, Grünfutter
und Mixturen
Natürliche Futterergänzung für Tauben
W
a n n u n d wo f i n d e n Tauben i n der freien Natur d e n n schon ein trockenes
Korn? Eine gute Frage - wer sie sich als Taub e n z ü c h t e r stellt, wird die Antwort spontan
parat haben: nirgendwo! Zumindest selten.
D e n anderen Haus- u n d Nutztieren geht
es ä h n l i c h . U n d unserem Hausgeflügel?
Längst hat es sich an Hausmannskost oder
professionelle Herstellermischungen gew ö h n t . M i t dem, was sie alle täglich vorgesetzt bekommen, m ü s s e n sie sich zufrieden
geben. Das ist das Los der Tiere, m i t denen
wir uns b e s c h ä f t i g e n , sie - egal i n welcher
Weise - nutzen. Sie gedeihen ja prächtig.
Die E r n ä h r u n g s w i s s e n s c h a f t ist sich
unter Zugrundelegen v o n Erf ah
rungswerten, Bedarfsberechnungen u n d n a c h Laborergebnissen auch sicher,
dass die Tiere offensichtl i c h ausreichend versorgt
sind.
Lizenzierte Hersteller
verlassen sich nach bestem
Wissen u n d Gewissen darauf
u n d werben gerade wegen der
spezifischen Vorzüge ihres Futters
u m die Gunst der Käufer. Wer seinen
Tauben aber die i n der Ü b e r s c h r i f t aufgez ä h l t e n Naturalien als Beigaben n i c h t vore n t h ä l t , f ü h l t sich angesichts der Beliebtheit dieser Gaben aufgefordert, sie i h n e n
m i t gewisser Regelmäßigkeit anzubieten.
Vor allem Volierentauben u n d solchen, die
trotz Freiflughaltung n i c h t zu Boden gehen,
eben nicht feldern.
Dabei stellen ihre Halter nachher übereinstimmend m i t stetig wachsender Begeisterung fest, wie sie z u m einen ihre Tauben
zur B e s c h ä f t i g u n g s m o b i l i t ä t angeregt haben u n d z u m anderen positive W i r k u n g e n
erkennen, wie sie vor Verabreichen n i c h t
z u m Ausdruck gekommen waren, u n d das
vor allem vor der Anpaarung, w ä h r e n d der
Jungenaufzucht sowie ü b e r die Zeit der
Mauser.
Erdeverzehr
Wer jemals den Kropf feldernder Tauben
g e ö f f n e t hat, wird ü b e r r a s c h t sein, wie viel
Erde, vor allem Bestandteile daraus sich dar i n befindet. Bei ihrer A u f n a h m e gehen sie
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damit n i c h t sparsam u m ; bei der Suche i m
Boden n a c h A n i m a l i s c h e m u n d Organischem w i r d n i c h t n a c h Sauberkeit unterschieden. Krümeliger H u m u s e n t h ä l t
vielerlei Kleinlebewesen, reguliert die
Darmflora u n d regt den Stoffwechsel an.
D e n Verzehr v o n Erde u n d sonstigen
Bodenbestandteilen wie L e h m m ü s s e n die
Tauben n i c h t erlernen. E i n spatentief ausgehobener Grasbollen den Tauben vorgesetzt, wirkt auf sie geradezu magnetisch. Bis
auf die Grasunterseite w i r d er m i t zeitlichen
sich das Bereitstellen eines Lecksteines bew ä h r t , wie er i n der G r o ß v i e h h a l t u n g z u m
Einsatz kommt. Jod-Salz" muss es sein; Jod
als S c h i l d d r ü s e n h o r m o n f ö r d e r t die Fruchtbarkeit, bei M a n g e l desselben k a n n es z u
S t ö r u n g e n , bis h i n zur Unfruchtbarkeit
fuhren.
Keimfutter
Eine Energiequelle, die dem n a t ü r l i c h e n
Nahrungsangebot f ü r Tauben am n ä c h s t e n
kommt. Das leuchtet ein, w e n n m a n - wie
eingangs e r w ä h n t - bedenkt, dass Tauben
u n d H ü h n e r v ö g e l i n der Natur so gut
wie nie ein trockenes K o r n f i n den. Körner sind sowohl i n
reinem Wasser angesetzt
oder i n Verbindung m i t
Mutterboden sehr leicht,
sozusagen i m N u z u m
Treiben zu bringen. Bef ü r c h t u n g e n , es k ö n n t e z u
Schimmelvergiftungen
Magisch anziehend: Altdeutsche
Mövchen und Show Antwerp beschäftigen sich mit einem Grasbollen
Unterbrechungen ausgeweidet; sie lassen
erst davon ab, w e n n i m Wurzelwerk der Rasenkruste nichts Verwertbares mehr zu f i n den ist.
Salzhunger
Der regelrechte Salzhunger wird bei Tauben
besonders i m Winter sehr auffällig. Freifliegende suchen - wenn sie einmal erfolgreich
gewesen sind - m i t Salz bestreute Fahrwege
u n d Kraftfahrzeuge an deren Unterseite
danach ab. Diese Vorliebe hatten die Jäger
bereits vor 200 Jahren erkannt. Vor Jagdbeginn legten sie an Lockplätzen salzhaltige
Köder aus, u m das W i l d an diesen Sammelstellen zu erlegen.
Der Bedarf v o n N a t r i u m c h l o r i d (Vollsalz) ist insbesondere w ä h r e n d der Jungenaufzucht am g r ö ß t e n . Salz wirkt appetitanregend, f ü h r t allerdings z u m Tode, w e n n
davon zu viel aufgenommen wird. Deshalb
nie i n Tränken auflösen, weil es sich am Boden konzentriert absetzt. In der Praxis hat
fuhren, sind v o l l k o m m e n u n b e g r ü n d e t ; so
e m p f i n d l i c h sind die Vogelorganismen
nicht. In h a n d e l s ü b l i c h e n Keimsilos lässt
sich Getreide m ü h e l o s z u m Keimen b r i n gen. Voraussetzung sind Hygiene, sauberes
Wasser (oder Erde) u n d w ä h r e n d kalter Jahreszeiten wohlige Raumtemperaturen. Bereits nach 24 Stunden lassen Gerste u n d
Weizen, Mischfutter nach 36 Stunden
Keimspitzen erkennen. D a n a c h ist es die
beste Zeit f ü r die F ü t t e r u n g .
Grünfutter und auch Möhren
W e n n v o n a u ß e n Zweige v o n B ü s c h e n oder
Grashalme durch das Volierengitter n a c h
i n n e n wachsen, lassen sich die Tauben
n i c h t davon abhalten, v o n den Sitzstangen
aus oder v o m Boden aufspringend an den
G r ü n w u c h s heranzukommen. E i n Zeichen,
dass sie m i t diesem Verlangen ihren Bedarf
n i c h t nur aus Neugier decken wollen. U n d
wer da meint, Tauben sind an G r ü n e m n i c h t
interessiert oder sie ignorieren solche Ga-
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FÜTTERUNG
Wenn sie erst einmal daran gewöhnt sind, nehmen Tauben mit Vorliebe Salat und Möhren (in kleingewürfelter Form) zu sich
ben, n i m m t sich wahrscheinlich zu wenig
Zeit f ü r die Tiere, u m sie d a f ü r zu interessieren. M i t einer Prise Salz angelockt, werden
sie daran ein V e r g n ü g e n f i n d e n es aufzunehmen.
N i c h t umsonst gibt der eine u n d andere
Z ü c h t e r v o n sich: „Meine Tauben fressen
G r ü n e s wie die Kühe". N i c h t nur Salate jeglicher Geschmacksrichtungen, vor allem
den bitterschmeckenden Eisbergsalat nehm e n sie m i t Begierde auf, Vogelmiere i n jeder Menge, Schnittlauch, das Kraut v o n
G r ü n k o h l , Radieschen u n d Rettich, Rote
Beete, W e i ß k r a u t , Brennnesseln, Löwenzahn lassen sie n i c h t u n b e r ü h r t . Die Früchte der Eberesche, die roten Vogelbeeren sind
Delikatessen, Radieschen- u n d Rettichwürfel wie auch i n gleicher G r ö ß e zu recht
gemachte M o h r r ü b e n bleiben n i c h t ohne
Interesse. Wer den Verzehr dieser Pflanzenteile aus dem Garten schon beobachtet hat,
bedauert, jetzt erst damit begonnen z u
haben, sie auch z u m Zwecke der Beschäftigung vorzusetzen.
Obschon: N i c h t selten reagieren Tauben
recht h a r t n ä c k i g desinteressiert auf „ g r ü n e "
Angebote. Sie m ü s s e n es lernen; angeboren
ist i h n e n die A u f n a h m e dieser Nahrungsmittel scheinbar nicht. W e n wundert's,
n i c h t v o n Rasse zu Rasse, sondern individuell, wie sie i n j edem Alter damit vertraut gemacht gewo'rden sind, wissen sie n a c h den
ersten Aufnahmeversuchen damit umzugehen.
braut, auf eigene Zutaten. Zuweilen v o n
Züchter zu Züchter weiter gegeben u n d ausgetauscht, kocht so mancher sein eigenes
S ü p p c h e n . M i t der K ö r n e r m i s c h u n g d a n n
vermengt, m i t dem Sud ü b e r Nacht „zieh e n " gelassen, soll Wunder wirken. W e n n
Züchter bei einer derartigen F ü t t e r u n g s m e thode jähre-, sogar lebenslang daran festhalten, werden sie v o m spür- u n d sichtbaren Erfolg n i c h t u n b e g r ü n d e t ü b e r z e u g t
sein. D a v o n gibt es n i c h t wenige, m a n
k ö n n t e m e i n e n es w i r d i n allen Züchterwerkstätten nicht b l o ß experimentiert, sondern t a t s ä c h l i c h e r f a h r u n g s g e m ä ß praktiziert.
E i n den Tauben i n w o h l vielerlei H i n sicht zu Gute kommender Extrakt - u m
wenigstens e i n Beispiel vorzutragen - ist
folgende Rezeptur, die so genannte RoteR ü b e n - S u p p e m i t den Zutaten: 5 Rote Rüben (Rote Beete), 5 Zwiebeln, 1 Selleriekopf,
1 bis 2 Knoblauchknollen i m Mixer zerkleinert u n d alles miteinander zu einer Flüssigmasse m i t Obstessig vermengt, ergeben et-
Mixturen
Rezepte zur Herstellung v o n M i x t u r e n gibt
es viele. In der Praxis s c h w ö r t jeder, der sie
n a c h eigenen Vorstellungen zusammen
So funktioniert ein Keimsilo
FOTOS: STACH
wa 3,5 Liter. In Gläsern oder Flaschen k ü h l
(im Keller) aufbewahrt, hat der Inhalt bis
z u m e n d g ü l t i g e n Verbrauch eine sehr lange
Haltbarkeitsdauer. Zweimal w ö c h e n t l i c h
4 Esslöffel dieser B r ü h e m i t 2,5 kg Körnerfutter abends vermischt u n d am n ä c h s t e n
Tag den Tauben angeboten, w i r d die Trogf ü l l u n g die ersten Male zwar skeptisch
b e ä u g t , später doch gern angenommen.
A u f g r u n d m ö g l i c h e r Brustgefiederverfärbungen ist aber w ä h r e n d der Ausstellungsvorbereitungen d o c h gewisse Vorsicht geboten.
Knoblauch und Zwiebeln
Ohne die garantierten Gesundheitsknollen
besonders herauszustellen, sind Knoblauch
u n d Zwiebeln i n der Taubenhaltung so gut
wie n i c h t wegzudenken. Zerkleinert, gepresst, geteilt oder als ganze Zehen k o m m e n
beide sowohl i m Futter als auch ü b e r das
Trinkwasser angeboten zur A n w e n d u n g .
Ihre prophylaktische W i r k u n g ist nachgewiesen, sogar die M e n s c h e n profitieren
davon. In Regionen, wo alle Menschen den
gleichen Atem verbreiten, g e h ö r t vor allem
der K n o b l a u c h z u m alltäglichen Verzehr;
demzufolge sind dort die Lebenserwartungen besonders h o c h nachgewiesen. I m Rohzustand dem Trinkwasser beigegeben, m i n i mieren Knoblauch u n d Zwiebel die M i k r o f l o r a u n d -fauna.
Die Natur weist uns den Weg m i t Tieren
umzugehen. Wer dort seine Augen o f f e n
h ä l t u n d so m a n c h e n Ratschlag v o n erfahrenen Zuchtfreunden als E m p f e h l u n g guth e i ß e n d nachvollzieht, w i r d symbolisch
genommen F r ü c h t e ernten, u m die m a n
vielleichtbeneidetwird.
GÜNTER STACH
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