1. Offener Brief des Bürgermeisters vom 10. Juli

Stadt
Hohen Neuendorf
Der Bürgermeister
Stadtverwaltung  Oranienburger Straße 2  16540 Hohen Neuendorf
An die
Bürgerschaft der Stadt Hohen Neuendorf und besonders
des Stadtteils Borgsdorf
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Oranienburger Straße 2
16540 Hohen Neuendorf
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Fax
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Mo 9-12 Uhr
Di 9-12 und 14-18 Uhr
Do 9-12 und 14-16 Uhr
Datum
14.07.2015
Offener Brief des Bürgermeisters der Stadt Hohen Neuendorf an die Bürgerschaft der Stadt
Hohen Neuendorf und insbesondere der Anwohner im Stadtteil Borgsdorf in Beantwortung
vielen Schreiben, die ihn in den letzten Tagen erreichten
Sehr geehrte Damen und Herren,
in den letzten Tagen haben mich zahlreiche Zuschriften zur Unterbringung von Asylbewerbern in
Hohen Neuendorf erreicht, in denen ähnlich lautende Fragen an den Bürgermeister gerichtet
werden. Vielen Dank für Ihr Vertrauen, sich mit Ihrem Anliegen an die Stadt Hohen Neuendorf zu
wenden. Bitte haben Sie daher Verständnis, dass wir die Antworten zusammenfassen und nicht
jedes Schreiben individuell beantworten können.
Wir verstehen die Unsicherheit, die durch die Pressenachricht der Unterbringung von
Asylbewerbern bei Anwohnern entstanden ist. Der Nachteil der frühzeitigen Information war, dass
zu diesem Zeitpunkt und auch bis heute noch nicht alle Eckdaten bis ins Detail feststehen. Der
Vorteil ist, dass wir nun ein halbes Jahr Zeit haben, uns vorzubereiten.
Zunächst möchte ich noch einmal die Zuständigkeiten klarstellen:
Der Landkreis Oberhavel ist u.a. für Unterbringung, Sprachunterricht und Leistungsbeantragung
von Flüchtlingen und Asylbewerbern zuständig. Das betrifft den Ort, die Anzahl und die Art der
Unterbringung der Flüchtlinge.
Richtig ist, dass die Stadt Hohen Neuendorf in der Verantwortung steht, den Kreis bestmöglich in
dieser Aufgabe zu unterstützen. Richtig ist auch, dass die Stadt Vorschläge über 10 Standorte im
gesamten Stadtgebiet gemacht hat und die Margeritenstraße war dabei, weil wir auch glauben,
dass der Standort geeignet ist. In die konkrete Auswahl des Standortes war die Stadt jedoch nicht
involviert.
Falsch ist, dass Borgsdorf alle Flüchtlinge aufnehmen soll. Vorgesehen ist, dass alle Kommunen
eine Zahl von Flüchtlingen aufnehmen, die etwa 3 % ihrer Einwohnerzahl entspricht. Rechnerisch
werden somit in den kommenden Jahren 750 Flüchtlinge im Stadtgebiet Hohen Neuendorf
unterzubringen sein. An welchen Standorten, hat der Kreis noch nicht entschieden. Im Stadtgebiet
gibt es keine Wohnungen oder leer stehende kommunale Häuser, die Asylbewerbern zur
Verfügung gestellt werden könnten, obwohl diese Lösung sicherlich die attraktivste wäre. Aber wir
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haben sie nicht. Die Zahl der Flüchtlinge, die der Kreis aufnehmen und im ganzen Landkreis
möglichst gerecht verteilen muss, hat sich im Vergleich zur Prognose in diesem Jahr verdoppelt.
Dabei hat sich der Kreis für ein dezentrales Konzept entschieden, das die Asylbewerber möglichst
in Einheiten verteilt, die einerseits gerecht an den Einwohnerzahlen orientiert sind und andererseits
ein zeitnahes Unterkunftsangebot ermöglichen, denn es braucht schnelle Lösungen;
Modulbauweise ist hier eine Möglichkeit. Alle diese Fragen fallen jedoch nicht in die Zuständigkeit
der Stadtverwaltung.
Deshalb haben wir für die kommende Hauptausschusssitzung einen verantwortlichen Vertreter des
Landkreises eingeladen, um uns über den Sachstand informieren zu lassen. Dazu gehören
standortbezogene Informationen ebenso wie allgemeine Informationen über
Unterbringungsstandards, Sprachunterricht, das Asylbewerberleistungsgesetz bis hin zu
statistischen Erfahrungswerten. Es wird jedoch noch keine Anwohnerversammlung mit einer
offenen Debatte sein. Diese Anwohnerversammlung, zu der die Kreisverwaltung einladen wird, ist
für Mitte September geplant, wenn konkrete Aussagen über die Gestaltung des Standortes
möglich sind. Dann werden sicherlich auch Antworten beispielsweise auf Fragen der
Gesundheitsversorgung möglich sein.
Sie können sicher sein, dass wir alle Ihre Ängste sehr ernst nehmen und gemeinsam mit Ihnen
Antworten und Lösungen finden wollen und werden.
Die Kommune ist zuständig für Integration im Sinne der Einbindung in die Stadtgesellschaft. Hier
bauen sich bereits mehrere Willkommensinitiativen auf, die von der Stadtverwaltung bestmöglich
unterstützt und koordiniert werden. Ich kann Ihnen versichern: Die Stadtverwaltung und die
Stadtverordneten werden sich des Themas annehmen und die Bevölkerung vor Ort nicht allein
lassen. Es wird Geld für Integrationsprojekte bereit stehen. Die Erfahrungen an anderen Orten
zeigen, dass das Zusammenleben einwandfrei funktioniert, wenn die Flüchtlinge und Asylbewerber
erst einmal da sind. Die Statistik belegt, dass sich die Kriminalität im Umfeld der Standorte nicht
erhöht, die Grundstückspreise nicht sinken und die Kinder erst dann auf die Klassen verteilt
werden, wenn sie die Sprache soweit gelernt haben, dass sie dem Unterricht folgen können – und
auch dann ist es meist nicht mehr als ein Kind pro Klasse. Integration gelingt dort, wo die
Bürgerschaft zumindest offen auf die Ankömmlinge reagiert. Sie können für das Gelingen also
ebenso viel beitragen wie der Bürgermeister und seine Mitarbeiter.
Ich hoffe, Ihre drängendsten Fragen zunächst beantwortet zu haben, und kann Sie nur noch
einmal um die Zuarbeit von Fragen und Informationsbedürfnissen bitten. Es ist uns sehr daran
gelegen, den Ton der Debatte bei allen berechtigten Anliegen, Fragen und vielleicht Bedenken
sachlich zu halten.
Da kommt eine Herausforderung auf uns zu. Die bewältigen wir gemeinsam am besten – über die
beste Lösung können und müssen wir sicher debattieren – jedoch nur über das WIE. Das OB steht
außer Frage. Das ist für mich eine Frage von Ethik, Menschlichkeit, Verantwortung und
Gerechtigkeit – auch und gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte und unseres
heutigen Lebensstandards.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Dieter Hartung
Bürgermeister