Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V. | Charlottenstraße 47 | 10117 Berlin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Herrn Exekutivdirektor Raimund Röseler Graurheindorfer Str. 108 53117 Bonn Deutsche Bundesbank Herrn Erich Loeper Leiter des Zentralbereichs „Banken und Finanzaufsicht“ Kontakt: Michael Engelhard Telefon: +49 30 20225- 5331 Fax: +49 30 20225- 5325 E-Mail: [email protected] Unsere Zeichen: AZ DK: EBA-GL AZ DSGV: 7715/10 Postfach 10 06 02 60006 Frankfurt am Main 25. August 2015 EBA-Leitlinien zur Begrenzung von Risikopositionen gegenüber Schattenbanken Sehr geehrter Herr Röseler, sehr geehrter Herr Loeper, mit Datum vom 19. März 2015 hat die Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA) den Entwurf von Leitlinien zur Begrenzung von Risikopositionen gegenüber Schattenbankenunternehmen, die außerhalb eines Regelungsrahmens Banktätigkeiten ausüben (nachfolgend kurz Schattenbanken), zur Konsultation gestellt. 1 Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) haben hierzu gegenüber der EBA sehr kritisch Stellung genommen (Anlagen). Kopien sind an die Fachbereiche in Ihren Häusern sowie an das Bundesministerium der Finanzen (BMF) gegangen. Grundsätzlich unterstützen wir die Sicht der EBA, dass von unregulierten Bereichen der Finanzwirtschaft – den Schattenbanken – Risiken für das Finanzsystem ausgehen können. Die seitens der EBA genannten Gründe für eine weitere Regulierung der Schattenbanken sind daher grundsätzlich nachvollziehbar. In der vorgelegten Form lehnen wir den Leitlinienentwurf jedoch sowohl aufgrund der nicht ausreichenden Mandatierung als auch aus inhaltlichen Gründen nachdrücklich ab. Hierzu stehen wir auch in regelmäßigem Kontakt mit den Vertretern Ihrer Häuser in der EBA-Arbeitsgruppe. Angesichts der hohen Bedeutung sowie der mit den vorgeschlagenen Leitlinien verbundenen erheblichen Auswirkungen auf die gesamte deutsche Kreditwirtschaft möchten wir Sie dessen ungeachtet als Vertreter der deutschen Aufsichtsbehörden im Board of Supervisors (BoS) der EBA bereits jetzt für die Thematik sensibilisieren und um Ihre Unterstützung bitten. Aus unserer Sicht sind folgende Punkte von größter Wichtigkeit: • Keine indirekte Regulierung durch weitere Verschärfung der aufsichtlichen Anforderungen für • EBA-Mandat für Begrenzung von Risiken aus Schattenbanken über zusätzliche Säule II-Anforde- Institute - Auswirkungen auf die Realwirtschaft und die Institute umfassend analysieren rungen nicht gegeben • • Sehr problematische Begriffsdefinition Schattenbank EBA-Vorschläge zur Limitierung nicht sachgerecht - erhebliche geschäftspolitische Implikationen drohen aus zu erwartenden Limitüberschreitungen 1 EBA Guidelines on limits on exposures to shadow banking entities which carry out banking activities outside a regulated framework under Article 395 para. 2 Regulation (EU) No. 575/2013 – EBA/CP/2015/06 Seite 2 von 4 Keine indirekte Regulierung durch weitere Verschärfung der aufsichtlichen Anforderungen für Institute - Auswirkungen auf die Realwirtschaft und Institute umfassend analysieren Die mit dem Leitlinienentwurf intendierte Schaffung von vertiefter Transparenz und Risikosensitivität gegenüber Risikopositionen aus unregulierten Bereichen der Finanzwirtschaft ist grundsätzlich zu begrüßen. Eine Umsetzung des Leitlinienentwurfs würde jedoch dazu führen, dass die Anforderungen an ohnehin schon eng regulierte Institute weiter verschärft werden und damit letztlich nicht dem Verursacherprinzip entsprochen wird. Wir sehen es daher als vordringliches Ziel, die Arbeiten für eine international koordinierte Beaufsichtigung der bislang unregulierten Bereiche der Finanzwirtschaft selbst voranzutreiben. Die Auswirkungen auf die Realwirtschaft, die aus der vorgesehenen Definition von Schattenbanken und deren Limitierung resultieren, scheinen, anders als Artikel 395 Abs. 2 CRR fordert, bei der Ausarbeitung des Leitlinienentwurfs nicht hinreichend betrachtet worden zu sein. Auch die im Juni 2015 durch die EBA angestoßene Datenerhebung kann dieses Ziel nicht hinreichend erfüllen, weil dieser eine von dem Leitlinienentwurf abweichende Definition von Schattenbanken zugrunde lag und eine einheitliche Befüllung und damit Interpretation aufgrund der Auslegungsspielräume der Ausfüllhinweise nicht gegeben ist. Eine umfassende Auswirkungsstudie – auch unter Prüfung denkbarer Alternativen, wie in der DK-Stellungnahme aufgezeigt – wäre unseres Erachtens dringend erforderlich, um der deutlich erkennbaren Intention des Gesetzgebers, negative Auswirkungen auf die Realwirtschaft zu vermeiden, angemessen Rechnung zu tragen. EBA-Mandat für Begrenzung von Risiken aus Schattenbanken über zusätzliche Säule II-Anforderungen nicht gegeben Im Kontext der Großkreditvorschriften nach Teil 4 CRR soll ausweislich Artikel 395 Abs. 2 CRR mit den Leitlinien die Möglichkeit geschaffen werden, geeignete Gesamtobergrenzen für Großkredite oder niedrigere Obergrenzen für Einzelkredite an Schattenbanken festzusetzen. Die vorgeschlagenen Leitlinien, die im Wesentlichen auf die interne Steuerung und das interne Risikomanagement abzielen, sind aus unserer Sicht durch das Mandat nach Artikel 395 Abs. 2 CRR nicht gedeckt. Zudem sind gesonderte Säule II-Vorgaben ausschließlich für Schattenbanken-Risikopositionen nicht notwendig, da eine Limitierung von Risiken bereits umfassend über die Umsetzung der relevanten CRD IV-Vorschriften (in Deutschland z. B. über § 25a KWG i.V.m. den MaRisk) gesetzlich verankert ist. In diesem Kontext ist auch zu berücksichtigen, dass die EU-Kommission nach Artikel 395 Abs. 2 CRR parallel den Auftrag hat, bis Ende 2015 einen Bericht zu erstellen, ggf. verbunden mit einem Gesetzgebungsvorschlag zur Limitierung von Risikopositionen gegenüber Schattenbankunternehmen. Das auch von den Fachabteilungen Ihrer Häuser gesehene Spannungsverhältnis zwischen den beiden inhaltlich gleichgerichteten Aufträgen darf seitens der EBA nicht durch eine Überdehnung ihres Mandats zu Lasten der Kreditwirtschaft gelöst werden, sondern erfordert eine Abstimmung mit dem europäischen Gesetzgeber. Sehr problematische Begriffsdefinition Schattenbank Wir erachten eine eigenständige, von den CRR-Vorgaben nach Artikel 394 Abs. 2 abweichende Definition von Schattenbanken für falsch. Eine Definition von Schattenbanken obliegt aufgrund der weitreichenden Implikationen nach unserer Auffassung allein dem EU-Gesetzgeber, keinesfalls sollte sie im Rahmen von EBA-Leitlinien vorgenommen werden. Unabhängig davon sehen wir die vorgeschlagene Definition von Schattenbanken sehr kritisch. Als wesentliche Ursache für Störungen im Schattenbankensystem nennt die EBA in ihrem Leitlinienentwurf “heavy reliance on short-term wholesale funding and a general lack of transparency which masked the increasing amounts of leverage, maturity and liquidity transformation in the run up to the crisis”. Seite 3 von 4 Wir stimmen dieser Analyse zu. Allerdings geht die Definition im Leitlinienentwurf über Unternehmen mit einem entsprechenden Risikoprofil deutlich hinaus und stellt aus unserer Sicht eine Mehrfachregulierung für AIF- und Geldmarktfonds sowie Verbriefungs-/Finanzierungszweckgesellschaften dar. Aktuell wird insbesondere durch die EZB eine Initiative vorangetrieben, die europäische Wirtschaft durch die regulatorische Privilegierung einfacher, standardisierter und transparenter Verbriefungen mit hohem realwirtschaftlichem Nutzen zu fördern. Eine weitergehende Regulierung und Begrenzung solcher Geschäfte würde die laufenden Aktivitäten der EU (Kapitalmarktunion) und der europäischen Bankenaufsicht zur Schaffung eines hoch-qualitativen Verbriefungssegments konterkarieren. Daher sollte insbesondere bei ABCP eine differenzierte Betrachtung erfolgen. In diesem Kontext möchten wir insbesondere auf Ausführungen im Bericht des BMF an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages „zur Überprüfung von Regulierungsmaßnahmen auf dem Gebiet des Finanzmarktes“ hinweisen. In dem Bericht heißt es: "Mit dem Ziel angemessener Überwachung nimmt die Regulierung insbesondere auch „Schattenbanken“ in den Blick. Hier sind derzeit noch wichtige Reformen in Gang. Ein wichtiger Schritt in diesem Bereich war die europäische Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds, mit der u.a. Manager von Hedgefonds europaweit einheitlich reguliert werden". Dies zeigt nach unserer Interpretation, dass von deutscher Seite in der EU zugelassene AIF, also auch die für viele Institute aus Risikodiversifizierungs- und Performancegründen wichtigen Spezialfonds, als zwischenzeitlich gut reguliert angesehen werden und damit nicht als Schattenbank anzusehen sind. Der Leitlinienentwurf trifft zudem solche Strukturen, bei denen keine erhöhten Risiken bestehen, die Anlass zu den genannten Bedenken geben. Dies gilt insbesondere für Leasing- und Factoringfinanzierungen sowie für die Industriefinanzierung. So muss sichergestellt sein, dass Finanzierungsgesellschaften von Industriekonzernen, deren primärer Zweck es ist, das operative Geschäft durch Finanzierungs-, Liquiditätssteuerungs- und Absicherungsmaßnahmen zu unterstützen, nicht als Schattenbanken gelten. Leasingund Factoringunternehmen in Deutschland sind bereits weitestgehend reguliert. Deutsche Leasingunternehmen wurden im Jahr 2008 vom nationalen Gesetzgeber der Aufsicht für Finanzdienstleistungsinstitute unterstellt. Die Leasing-Aufsicht beinhaltet umfassende Zulassungs-, Melde- und Kontrollpflichten, die aus dem Bankensektor übernommenen sind. Zudem sind dem Geschäftsmodell der deutschen Leasing- und Factoringbranche keine schattenbankspezifischen Risiken im Sinne der durch die EBA zu Grunde gelegten Kriterien zu unterstellen. Eine Abstimmung des Leitlinienentwurfs mit bereits bestehenden Vorschriften und Regelungen erachten wir mit Blick auf die Ziele der Regulierung und die Auswirkungen auf den Wettbewerb an den Finanzmärkten daher als zwingend notwendig. Wir sehen es - sollte es zu einer eigenständigen Definition von Schattenbanken im Rahmen finalisierter Leitlinien kommen – als unabdingbar an, den Kreis der „excluded undertakings“ deutlich auszuweiten. So sollte der in den EBA-Leitlinien enthaltene Ausnahmekatalog mindestens für solche AIFs erweitert werden, die keine Hebelfinanzierung im beträchtlichen Umfang nutzen, und auch OGAW-konforme Geldmarktfonds umfassen. Ebenso sehen wir mit der Dienstleistung von Asset Managern (Portfolioverwaltung und -beratung) keine Schattenbanken zugeschriebenen Risiken verknüpft. EBA-Vorschläge zur Limitierung nicht sachgerecht - erhebliche geschäftspolitische Implikationen drohen aus zu erwartenden Limitüberschreitungen Der Leitlinienentwurf sieht vor, dass – neben Einzellimiten – aggregierte interne Limite für Schattenbanken festzusetzen sind. Dabei wird unterschieden zwischen einem Hauptansatz (principal approach) und einem Rückfallansatz (fallback approach). Der Rückfallansatz soll dann zur Anwendung kommen, wenn einem Institut die zu einer Schattenbank geforderten Informationen nicht vorliegen. Seite 4 von 4 In der Praxis droht angesichts der umfangreichen Anforderungen der Rückfallansatz zum Regelfall zu werden. Im Rückfallansatz soll nach Vorstellung der EBA ein aggregiertes Limit i.H.v. lediglich 25 % der anrechenbaren Eigenmittel greifen. Wir halten eine solche Limitierung angesichts der Heterogenität der Schattenbanken – legt man die vorgeschlagene Definition der EBA zugrunde – aufgrund der fehlenden einheitlichen Steuerung für nicht sachgerecht. Zudem ist die vorgeschlagene Grenze wesentlich zu niedrig bemessen. Von den Restriktionen wären hohe Volumina betroffen: So werden aktuell aus Risikodiversifizierungs- und Performancegründen bspw. AIF-Spezialfonds von deutschen Kreditinstituten mit einem Volumen von über 158 Mrd. EUR gehalten. 2 Es drohen erhebliche geschäftspolitische Implikationen, insbesondere im Hinblick auf die Eigenanlagen der Institute, aus notwendigen Portfolioanpassungen als Folge von Limitüberschreitungen mit negativen Implikationen auf die Portfoliodiversifizierung. Zudem dürften sich erhebliche Refinanzierungsbeschränkungen für Leasing- und Factoringunternehmen sowie die Kapitalmarktrefinanzierung von Industriekonzernen ergeben. Insgesamt bestehen nach unserer Auffassung eine Reihe valider Argumente, die gegen eine Verabschiedung der Leitlinien sprechen. Nach unserem Eindruck äußern sich zudem alle 48 bei der EBA eingegangenen Stellungnahmen ablehnend zu dem Leitlinienentwurf. Dies zeigt uns, dass es sich bei unseren Anmerkungen nicht um „nationale Einzelmeinungen“ handelt. Wir möchten Sie als Vertreter im BoS der EBA daher bitten, sich nachdrücklich für eine Berücksichtigung unserer Positionen einzusetzen und sich aktiv um entsprechende Mehrheiten auf europäischer Ebene zu bemühen, damit es nicht zu einer Verabschiedung der Leitlinien kommt. In keinem Fall darf eine auch inhaltlich angepasste EBA-Leitlinie dem Bericht der Europäischen Kommission gemäß Artikel 395 Abs. 2 CRR zeitlich vorgreifen, insbesondere, da die EBA gemäß ihrer Pressemitteilung vom 19. März 2015 von einer Umsetzung durch die zuständigen Aufsichtsbehörden schon zum 31. Dezember 2015 ausgeht. Eine Kopie dieses Schreibens erhält Herr Dr. Holle, Bundesministerium der Finanzen. Mit freundlichen Grüßen für Die Deutsche Kreditwirtschaft Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V. Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis Dr. Markus Kerber Geschäftsführendes Vorstandsmitglied BDI-Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Präsidiums BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. Thomas Richter Hauptgeschäftsführer 2 Vgl. in BVI 2015, Daten. Fakten. Perspektiven, S. 10.
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