Sinkende Ausbildungszahlen fördern den Fachkräftemangel: Seit

Sinkende Ausbildungszahlen fördern den Fachkräftemangel:
Seit dem Schuljahr 2005/2006 sinken bundesweit die Schülerzahlen in der
Physiotherapie. Nach dem letzten Bericht des Bundesinstitut für Berufsbildung
gibt es steigende Schülerzahlen im Schuljahr 2013/14 im Vergleich zum
Schuljahr 2007/08, z.B. in den Ausbildungsgängen Gesundheits- und
Kinderkrankenpflege (+10,2 %) und Gesundheits- und Krankenpflege (+16,9
%), während die Schülerzahlen bei den Physiotherapeuten (–13,9 %),
Ergotherapeuten (–24,0 %) zurück gingen. Den stärksten Rückgang haben die
Bildungsgänge zum Masseur und medizinischen Bademeister (–50,8 %)
verzeichnet.
Steigender Versorgungsbedarf:
Soll sich die medizinische Versorgung der Bevölkerung– bei steigenden
Versorgungsbedarf –hier nicht gravierend verschlechtern, müssen
Handlungsfelder festgelegt und Maßnahmen zur Umsetzung von Strategien
getroffen werden. Hierzu steht die Arbeitsgemeinschaft auf Landesebene in
ständigem Dialog mit Ministerium und Politik. So wird die AG die Arbeit in der
Fachkräfte- und Qualifizierungsinitiative Gesundheitsfachberufe 2012-2015
(Berufsfeld Assistenz und therapeutische Berufe im Gesundheitswesen)
fortsetzen.
Eine Einladung des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und
Demografie für den 10. Dezember wurde bereits ausgesprochen. Die Initiativen
(Landesleitprojekt) des Landes Rheinland-Pfalz-Saar bzw. des Ministeriums
sind bundesweit beispielhaft und lobenswert.
Handlungsfelder lassen sich leicht finden, analysiert man die Gründe für eine
Berufswahl: Für eine Berufswahl als Heilmittelerbringer spricht eigentlich nur
noch das bei unseren Berufen allseits verbreitetete sogenannte Helfersyndrom.
Dagegen sprechen jedoch einige Gründe:
Handlungsfeld Ausbildung:
Schulgeld: bislang mussten in Rheinland-Pfalz monatliche Schulgelder von bis
zu 420,--gezahlt werden. Auch hier ist das Land Rheinland-Pfalz beispielhaft
aktiv und reagiert auf die Feststellungen des Landesleitprojekts. War bislang nur
eine Physiotherapie-Schule in Rheinland-Pfalz schulgeldfrei, sind es nun
mittlerweile 6 und könnten sich in Kürze 8 werden, in welchen die
Ausbildungskosten über das Krankenhausfinanzierungsgesetz getragen werden.
Ausbildungsplätze:
Laut Ausbildungsstättenplan des Landes wurde die Soll-Anzahl der
Ausbildungsplätze an den entsprechenden Krankenhäusern in Rheinland-Pfalz
von 564 auf 773 erhöht. Verbesserungsfähig ist in diesem Zusammenhang, so
die AG der Heilmittelerbringer, noch die Auslastung der Ausbildungsplätze.
Das Bemühen um mehr Berufsnachwuchs kann durch die Tatsache konterkariert
werden, dass in Rheinland-Pfalz bislang nur 6 von 18 Schulen an Krankenhäuser
angebunden waren, die restlichen, privaten Schulen eine Finanzierung über das
Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht erhalten konnten und hier deshalb
zunächst sinkende Schülerzahlen zu erwarten sind. Hier will das Land mit den
Krankenkassen thematisieren, inwieweit die Finanzierung auch für diese
Schulen übernommen werden kann, wenn diese eine Kooperation mit den
Krankenhäusern eingehen. Jedenfalls ist der eingeschlagene Weg der
Finanzierung der Ausbildungen über die Krankenkassen der Richtige, wie auch
die aufkommende Diskussionen in anderen Ländern belegen.
Novellierung der Ausbildung:
Selbstverständlich sind die Ausbildungen der Gesundheitsfachberufe den
geänderten Anforderungen anzupassen. Hier hatte das rheinland-pfälzische
Gesundheitsministerium (als Gastgebern der Gesundheitsministerkonferenz und
zusammen mit dem Ministerium des Saarlandes) einen Antrag in der
Gesundheitsministerkonferenz eingebracht, die Berufsgesetze zu novellieren.
Der Antrag wurde einstimmig angenommen.
In der Diskussion steht auch die Akademisierung der Berufe. Während in der
Ergotherapie und Logopädie die Forderung nach vollständiger Akademisierung
besteht, folgt man in der Physiotherapie eher der Empfehlung des
Wissenschaftsrates, zunächst ca. 20% des Nachwuchses akademisch
auszubilden.
Handlungsfeld Entlohnung / Preise für Heilmittelleistungen:
Verschiedene Foren im Internet belegen, dass die gezahlten Bruttolöhne nicht
geeignet sind, einen angemessenen Lebensunterhalt zu verdienen. 90 % der
Therapeuten arbeiten in freien Praxen: hier gestatten die Vergütungen der
Krankenkassen keine besseren Bezahlung der Angestellten. Der Selbständige
arbeitet schon jetzt 60 Stunden die Woche.
Die Gebührenverhandlungen der Heilmittelerbringer stehen unter dem Aspekt
von § 71 SBG V d.h. dem Dekret der Beitragssatzstabilität und der Anbindung
der Abschlüssen an die Grundlohnsummenprognose. Die Schaffung einer
unabhängigen Schiedsperson –hiermit sollte nach dem Willen des Gesetzgebers
eine angemessene Vergütung erreichbar sein – hat sich nicht als wirksam
erwiesen, da das LSG des Saarlandes feststellte, dass auch bei einem
Schiedsspruch die Grundlohnsummenanbindung hätte berücksichtigt werden
müssen. Die Schiedsperson im Saarland hatte schon 2010 erkannt, dass weder
die bisherigen Preise, noch die angebotene Erhöhung den wirtschaftlichen
Betrieb einer Praxis erlauben würden!
Unabdingbar für eine Verbesserung der Position der Heilmittelerbringer
gegenüber den Krankenkassen (gekennzeichnet durch Verweigerungshaltung)
ist daher die Abschaffung der Grundlohnsummenanbindung.
Keine wirkliche Verbesserung bringt das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz mit
der sog. obersten Drittel-Regelung.
Versorgungslücken:
Der Fachkräftemangel wird die notwendige medizinische Versorgung in
Zukunft jedenfalls akut gefährden. Hausbesuche auf dem flachen Land oder
Manuelle Lymphdrainagen sind schon jetzt wirtschaftlich nicht mehr zu
erbringen.
Die Krankenkassen verweigern nicht nur eine angemessene Vergütung, sondern
verschließen sich Forderungen wie z.B. nach einer Position Befunderhebung,
obwohl wir uns in der Physiotherapie eine Verbesserung des
Behandlungserfolges erhoffen und damit auch mehr Wirtschaftlichkeit.
Handlungsfeld Arbeitsbedingungen:
Rezeptprüfungen und Absetzungen haben zu unerträglichen Arbeitsbedingungen
und zu Verärgerungen bei Ärzten und Patienten geführt – hier haben wir auch
jegliches Feingefühl der Kostenträger vermisst. Nun hoffen wir auf die EDV:
nach GKV-Versorgungsstärkungsgesetz sollen Vertragsärzte ab dem 01.01.2017
elektronische Programme nutzen müssen, welche die Heilmittel-Richtlinie
(HMR) berücksichtigen.
Direktzugang:
Die Diskussion hierzu ist nicht zuletzt durch das CDU-Papier in Gang gesetzt
worden. Im Rahmen des Antrags von Rheinland-Pfalz und dem Saarland an die
Gesundheitsministerkonferenz wird nun geprüft, ob und welche
Voraussetzungen für Modellvorhaben geschaffen werden können.
Gute Erfahrungen mit dem Direktzugang in anderen europäischen Ländern oder
auch mit dem Blankorezept (IKK Berlin-Brandenburg) lassen sowohl bessere
Behandlungserfolge, als auch Kostenspareffekte erwarten. Die Kompensation
zukünftiger Versorgungsengpässe und eine höhere Patientenzufriedenheit sind
weitere Gründe für den Direktzugang.
Ausblick in die Zukunft:
Die Politik muss die Abschaffung der Grundlohnsummenanbindung in unserem
Bereich endlich umsetzen. Hieran führt kein Weg vorbei.
Auch von Seiten der Krankenkassen wünschen wir uns ein deutliches
Augenmerk auf den sich ausweitenden Fachkräftemangel und die daraus
entstehenden Probleme für die notwendige medizinische Versorgung; dabei
müssen die Krankenkassen über den „Tellerrand Budget“ hinausblicken.
Wir bauen auf weiterhin gute Zusammenarbeit mit dem Ministerium und der
Politik im Land.
Von der Ärzteschaft erhoffen wir uns eine offene Diskussion mit uns über die
Abgabe von Verantwortung zur eigenen Entlastung und zur Sicherung der
Versorgung der gemeinsamen Patienten.
AG Heilmittelverbände in Rheinland-Pfalz und Saarland:
IFK – Verband der selbständigen Physiotherapeuten www.ifk.de
DVE – Deutscher Verband der Ergotherapeuten www.dve.info
dbl – Deutscher Verband für Logopädie www.dbl-ev.de
Physio Deutschland – Deutscher Verband für Physiotherapie, Landesverband RPS www.rps.physio-deutschland.de
VPT – Verband physikalische Therapie www.vpt-rps.de
Gemeinsames Landesgremium Rheinland-Pfalz
Rheinland-Pfalz verfügt seit 2014 über ein Gemeinsames Landesgremium. Hier sind neben
dem Gesundheitsministerium, die Landesverbände der Krankenkassen, die Kassenärztlichen
Vereinigung und die Landeskrankenhausgesellschaft vertreten. Zudem beteiligt sind die
Landesärztekammer, die Landespsychotherapeutenkammer, die Landesapothekerkammer, der
Landkreistag, der Städtetag sowie die Pflegeorganisationen, die Patienten- und
Selbsthilfeorganisationen chronisch kranker und behinderter Menschen und – bundesweit
einmalig - die Heilmittelerbringer.
Die Position der Heilmittelerbringer in der politischen Diskussion in Rheinland-Pfalz und im
Saarland wurde nicht zuletzt durch die gute Zusammenarbeit der Heilmittelverbände in der
Arbeitsgemeinschaft der Heilmittel-Verbände auf Landesebene Rheinland-Pfalz/Saarland
gestärkt. VPT, PHYSIO-DEUTSCHLAND, IFK, DVE und DBL arbeiten seit 2012
zusammen, stimmen sich gegenseitig ab und organisieren gemeinsame Veranstaltungen bis
hin zu Podiumsdiskussionen. Wichtige Vorstöße hinsichtlich Schulgeldfreiheit und
Novellierung der Berufsgesetze kommen nicht von ungefähr aus diesen Bundesländern.