Einfache quantenmechanischen Systeme Vorlesungsunterlagen

Einfache quantenmechanischen Systeme
Vorlesungsunterlagen
Armin Scrinzi
January 13, 2016
Contents
1 Der
1.1
1.2
1.3
unendlich hohe Potentialtopf
Hamiltonoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Konstruktion des Hamiltonoperators - Korrespondenzprinzip
Gebundene Zustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.1 Eigenzustand des Hamiltonoperators . . . . . . . . .
1.3.2 Hilbertraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.3 Superpositionszustand . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4 Abwesenheit von ungebundenen Zuständen . . . . . . . . . .
1.5 Kommensurable Energien . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.6 Symmetrie: Parität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Endlich hoher Potentialtopf
2.1 Hamiltonoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Qualitative Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Eigenfunktionen der gebundenen Zustände . . . . . .
2.3.1 Stärke des exponentiellen Abfalls . . . . . . .
2.4 Eigenwerte und -funktionen der gebundenen Zustände
2.5 Verschiebung des Energienullpunkts . . . . . . . . . .
2.6 Verschiebung im Ort . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.7 Eigenfunktionen des kontinuierlichen Spektrums . . .
3 Wellenpakete
3.1 Kontinuierliches Spektrum - Wellenpaket
3.2 Ungebundenes Teilchen — Zerfliessen des
3.3 Freies Teilchen . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Freies Teilchen — Dispersion . . . . . . .
3.5 de Broglie Wellenlänge . . . . . . . . . .
1
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Pakets
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3
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8
9
9
10
10
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10
11
12
12
13
14
4 Harmonischer Oszillator
4.1 Potential, Hamiltonian, Einheiten . . . .
4.2 Physikalische Motivation . . . . . . . . .
4.2.1 Photonen . . . . . . . . . . . . .
4.3 Hamiltonian und Spektrum . . . . . . .
4.4 Eigenfunktionen . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Hermitepolynome . . . . . . . . . . . . .
4.6 Vernichtungs- und Erzeugungsoperatoren
4.7 Algebraische Eigenschaften . . . . . . . .
4.7.1 Matrixbild . . . . . . . . . . . . .
4.7.2 Orts- und Impulsobservable . . .
4.8 Nochmals Photonen . . . . . . . . . . . .
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19
19
19
5 Nachtrag: Separationsansatz und
zeitunabhängige Schrödingergleichung
20
6 Nachtrag: 2te Ableitung der Eigenfunktionen
21
2
Eine Reihe von Problemen der QM lassen sich mit rein analytischen Methoden lösen. Die einfachsten davon dienen dazu, Intuition für das Verhalten der quantenmechanischer Systeme zu entwickeln.
Vordringlich geht es immer um das Auffinden der Spektraldarstellung für den Energieoperator.
Wir betrachten zunächst ein Teilchen im Kastenpotential. Obwohl das System ziemlich künstlich
wirkt, können sehr ähnliche Systeme in Halbleiterstrukturen als “quantum wells” realisiert werden:
dies ist z.B. eine Schicht von Gallium-Arsenid (GaAs) zwischen 2 Schichten von Aluminium-Arsenid
(AlAs), in deer Elektronen gebunden sein können.
1
Der unendlich hohe Potentialtopf
Im Limes unendlich hoher “Wände” des Kastens lässt sich die Spektraldarstellung exakt angeben.
Damit kennen wir alle möglichen Lösungen der Schrödingergleichung und wir können ihre Charakteristik ohne viel Aufwand studieren.
1.1
Hamiltonoperator
b2
b
b = P + V (X)
H
2m
(1)
mit
V (x) = 0 für x ∈ [−x0 , x0 ],
= ∞ sonst.
(2)
Eigenvektoren des diskreten Spektrums H 3 ΦE := |Ei
b
H|Ei
= |EiE,
hE|Ei = 1
(3)
haben den endlichen Erwartungswert der Energie
b
hE|H|Ei
=E<∞
(4)
Im Orstraum sieht man damit sofort
für |x| > x0 ,
ΦE (x) = 0
(5)
da ansonsten
b
hE|V (X)|Ei
= ∞.
(6)
Ausserdem muss eine Eigenfunktion auch überall differenzierbar sein mit Ableitungen die stetig sind,
ausser eventuell an einzelnen Punkten: ansonsten hätten wir (Übungen)
hE|Pb2 /2m|Ei = ∞.
(7)
Da beide Unendlichkeiten positiv sind, können sie sich auch nicht kompensieren, d.h. die Bedingungen sind unabhängig von einander.
Im Ortsraum und Bereich [−x0 , x0 ] findet man leicht Eigenfunktionen aus Linearkombinationen
der Eigenfuntionen der Impulse ±p:
|Ep i = α+ eipx + a− e−ipx
auf [−x0 , x0 ],
3
= 0 sonst
(8)
Die a± müssen so gewählt werden, dass unsere Begingungen erfüllt sind (Übungen). Sie sehen dann
auch, dass nur diskrete Eigenwerte En diese Bedingungen erfüllen können. Schliesslich werden Sie
zeigen, dass sich jede Funktion auf [−x0 , x0 ] mittels dieser Eigenfunktionen darstellen lässt:
|Ψi =
∞
X
|En ihEn |Ψi,
∀Ψ ∈ L2 ([−x0 , x0 ]).
(9)
n=0
Unser Operator hat also ein reines Punktspektrum.
Damit ist unsere Spektraldarstellung komplett und wir können uns ein wenig der Physik zuwenden.
1.2
Konstruktion des Hamiltonoperators - Korrespondenzprinzip
Anders als zum Beispiel im Fall eines Fadenpendels oder klassischer elektrischer Kräfte haben
wir keine “direkte” Kenntniss der Kräfte auf mikroskopischer Ebene, dennoch mussten wir einen
Hamiltonoperator angeben, um die Dynamik beschreiben zu können. Wir haben einen Operator
einfach in Analogie zum klassischen Operator hingeschrieben. Ob dieser Hamiltonian dann ein reales
System beschreibt, muss man durch Experimente feststellen. Alle möglichen Messgrössen sind unser
einziger Zugriff auf das System, wir können nicht davon unabhängig z.B. das Potential vermessen.
Als Heuristik zur Konstruktion haben wir einfach im Hamiltonian der Standarddarstellung die
b ersetzt. Dieses Verfahren nennt man, nach einer
Funktionen p und x durch Operatoren Pb und X
Wortschöpfung von Nils Bohr, das “Korrespondenzprinzip”: der Gedanke ist, dass in Bereichen wo
die Unschärferelation keine Rolle spielt, weil das kleine ~ nicht ins Gewicht fällt, das klassische
Resultat reproduziert werden soll.
Beachten Sie, dass diese allgemeine Korrespondenz zwar eine notwendige, aber natürlich keine
hinreichende Bedingung zur Konstruktion von Hamiltonoperatoren ist. Man erhält Hamiltonoperatoren, die dem Korrespondenzprinzip gehorchen, auch, wenn man Orte und kanonischen Impulse
b = r, Pbr = −i~∂r usw. ersetzt. Ein
für eine Wellenfunktion in Polarkoordiaten Ψ(r, θ, φ) durch R
so konstruierter Operator wird sich im allgemeinen Fall von einem in kartesischen Koordinaten konstruierten Operatoren unterscheiden.
Heuristisch und vielfältig experimentell bestätigt finden wir aber das
Korrespondenzprinzip der Quantenmechanik Man konstruiert den Hamiltonoperator eines
QM Systems, für das eine Entsprechung in der KM existiert, dadurch, dass man in der klassischen Hamiltonfunktion in kartesischen Koordianten Orte x, y, z und Impulse px , py , pz durch die
b Yb , Zb und Pbx , Pby , Pbz ersetzt.
entprechenden QM Operatoren X,
1.3
Gebundene Zustände
Hier nur eine Begriffsklärung: natürlich bezeichnen wir als “gebundenen Zustand” einen Zustand, der
langfristig in einem endlichen Raumbereich verharrt. Im Fall des unendlichen Potentialtopfs ist das
trivial für alle Wellenfunktionen mit endlicher Energie erfüllt. Üblicherweise meint man spezifischer
einen
4
1.3.1
Eigenzustand des Hamiltonoperators
b
H|Ψi
= |ΨiEn = |En iEn : dies ist ein Zustand im vollen Wortsinn, da sich weder die Verteilung der
Orstwahrscheinlichkeit |Ψt (x)|2 noch die Impulsverteilung |Ψ̃t (p)|2 mit der Zeit t verändern (siehe
Übungen). Im Punktspektrum haben wir |En i ∈ H. Daraus folgt schon, dass der Zustand gebunden
ist: da die Funktion im Ortsraum quadratintegrabel ist, muss jedenfalls gelten, dass man immer
einen Bereich [−L, L] finden kann, der fast, bis auf ein L , die gesamte Funktion enthält:
Z
Z
−itEn /~
2
|e
ΨEn (x)| dx =
|ΨEn (x)|2 dx < L
(10)
|x|>L
|x|>L
Andernfalls würde das Integral ja divergieren.
Für Eigenfunktionen des kontinuierlichen Spektrums gilt das nicht, da ja das Integral in der
Tat divergieren muss, siehe Übungen. Für die Eigenfunktionen des Impulses, ebene Wellen, ist das
offensichtlich.
1.3.2
Hilbertraum
Wir waren zunächst noch etwas vage geblieben, was denn der korrekte Hilbertraum für unser System
ist. Jetzt sehen wir, dass das Teilchen ausserhalb von [−a, a] nicht vorkommen kann. Daher
Z a
dx|Ψ(x)|2 = 0, Ψ(x) = 0 für x > a} = L2 [−a, a], dx
(11)
H = {Ψ(x)|
−a
1.3.3
Superpositionszustand
von Energieeigenzuständen. Natürlich ist auch jede Wellenfunktion der Form
X
X
|cn |2 = 1
|En icn , ||~c||2 :=
|Ψi =
(12)
n
n
gebunden (und normiert), wenn alle |En i gebunden sind. Obwohl Ortsverteilung |Ψt (x)|2 und Impulsverteilung |Ψt (p)|2 sich mit der Zeit verändern, spricht man dennoch gerne von einem “Zustand”,
eben von einem Superpositionszustand
1.4
Abwesenheit von ungebundenen Zuständen
Zunächst hatte ich schon angedeutet, dass kontinuierliches Spektrum mit ungebundenen Zuständen
assoziiiert wird. Dies finden wir hier indirekt bestätigt. Natürlich beschränkt unser Potentialtopf das
Teilchen auf einen kompakten Raum, jeder mögliche Zustand ist jedenfalls gebunden. Wie erwartet
finden wir, dass auch mathematisch kein kontinuierliches Spektrum auftritt. Davon werden Sie sich
selbst in den Übungen überzeugen.
5
1.5
Kommensurable Energien
Die Energien stehen in rationalem Verhältnissen zueinander (Übungen). Insbesondre sind alle Energien ganzzahlige Vielfache der niedrigsten Energie E1 . Dies hat eine interessante Konsequenz für
die Zeitentwicklung des Systems: Sei zu einem Beliebigen Zeitpunkt Ψt gegeben, dann finden wir,
dass das System nach einer Zeit T = 2π~/E1 genau in den Anfangszustand zurückkehrt:
Ψt = Ψt+T ,
T = 2π~/E1 ,
∀Ψt , t.
(13)
da ja (Spektraldarstellung)
Ψt =
X
|Eie−itEn hE|Ψ0 .
(14)
n
Für En = M (n)E1 und M (n) ∈ N hat man T En = 2πM (n) und daher exp[(−iT En ) = 1.
Näherungweise kann man solche Phänomene z.B. bei Molekülschwingungen beobachten, wo man
es zumeist “revival” nennt. Die experimentellen Techniken dazu wurden mit einem Nobelpreis
gewürdigt (Ahmet Zewail, Chemie 1999).
1.6
Symmetrie: Parität
Der Hamiltonoperator ist invariant x → −x, er ändert sich nicht bei dieser Substitution. Das gilt
nicht für die Eigenfunktionen, die ändern sich sehr wohl. Wir schreiben die Symmetrieoperation im
Ortraum als
b
(SΨ)(x)
= Ψ(−x).
(15)
Sb ist klarereweise ein hermitischer linearer Operator. In den Übungen werden Sie finden, dass alle
b auch Eigenfunktionen von Sb sind. Die Tatsache, dass Eigenvektoren von H
b
Eigenvektoren von H
b
auch Eigenvektoren von S sind, ist kein Zufall: Invarianz des Hamiltonoperators bedeutet
b S]
b = 0.
[H,
(16)
In der Zentralübung kam, dass kommutierende Operatoren gemeinsame Eigenvektoren haben.
b
Der Operator Sb : SΨ(x)
= Ψ(−x) wird Paritätsoperator genannt. Seine Eigenzusände zu den
Werten ±1 nennt man Zustände mit positiver/negativer Pariät.
b ±Ψ =
Im Fall von Sb kann man sehr leicht Projektoren auf Zustände fester Parität +1 oder -1: SΠ
±Π± Ψ konstruieren. Ähnlichen Konstruktionen werden Sie immer wieder begegnen.
Anmerkung Zu jedem Operator, der mit dem Hamiltonoperator kommutiert, kann man Projektor ähnlicher Art konstruieren und damit den Hilbertraum in Teile mit jeweils festen Eigenwerten
bezüglich des kommutierenden Operators zerlegen. Insbesondre beim Drehimpuls werden wir diese
Möglichkeit ausgiebig nützen.
2
Endlich hoher Potentialtopf
(Griffith, 2.6)
6
Hier sind die Eigenfunktionen schon erheblich schwieriger zu bestimmen. Es tritt darin auch
ein Parameter auf, der im Prinzip nur durch eine transzendente Gleichung bestimmt werden kann.
b 6= ∅). Damit sieht man
Weiters gibt es sowohl gebundene Zustände als auch ungebundene (σc (H)
schon erste Charakteristika von Atomen oder Molekülen.
2.1
Hamiltonoperator
Das Potential eines endlich hohen Potentialtopfs ist
0
für |x| < a
V (x) =
:
V0 > 0 sonst
(17)
In dieser Form kann man die Lösungen direkt mit den Lösungen des unendlich hohen Topfs vergleichen.
2.2
Qualitative Diskussion
Bevor wir die konkrete Rechnung machen, studieren wir, wass wir erwarten können:
1. Zustände bei Energien > V0 können nicht mehr gehalten werden: nichts hindert das Teilchen,
sich beliebig weit zu entfernen. Das tut es auch: das Spektrum wird kontinuierlich.
2. Das endliche V0 macht die energetischen Kosten für eine Aufenthaltswahrscheinlichkeit in der
Wand nicht mehr unendlich gross. Wir können also aus Gründen des Erwartungswerts der Energie nicht mehr ausschliessen, dass ein Teilchen in den Bereich der Wand vordringt. Tatsächlich
werden wir finden, dass es auch für gebundene Zustände eine gewisse Wahrscheinlichkeit gibt,
das Teilchen im Bereich der Wand anzutreffen.
3. Kinetische Energie sinkt mit grösserer Ausdehnung der Wellenfunktion, daher hat das Teilchen
ein “Interesse”, sich weiter in die Wand auszudehnen, wenn die Kosten an potentieller Energie
nicht zu hoch sind.
4. Wenn sich die Energien dem Rand des “Topfs” näheren, werden die Energiekosten für einen
Aufenthalt in der Wand immer geringer, entsprechend erfolgt der exponentielle Abfall der
Aufenthaltswahrscheinlichkeit immer langsamer. (Siehe unten für den konkreten Wert).
5. Die grössere Ausdehnung der Eigenzustandsfunktionen im Vergleich zum unendlich hohen
Topf führt dazu, dass die Energien der gebundenen Zustände im vergleich etwas niedriger
liegen: Lokalisierung im Ort muss mit einer Erhöhung der kinetischen Energie bezahlt werden.
Schliesslich gilt ∆x2 ∆p2 > ~2 /4: vergrössert man ∆x, so kann man ∆p = hp2 i−hpi2 verkleinert
werden, und damit die kinetische Energie hPb2 /2mi.
6. Bei Gesamtenergien E > V0 , im kontinuierlichen Spektrum, ist die “lokale” kinetische Energie
im Bereich des Potentials grösser als auserhalb: Teilchen ist “über dem Topf” schneller als
abseits.
7
b
7. Symmetrie gilt weiterhin, damit auch die Kategorisierung der Eigenfunktionen (auch des σp (H)).
Der auffälligste Unterschied zum unendlich tiefen Topf ist, dass hier die Funktionen ein wenig in
die Wand hineinreichen können: ganz anders als in der klassichen Physik!!!. Es gibt eine gewisse
“Tunnelwahrscheinlichkeit” für das Teilchen in die Wand des Topfs.
2.3
Eigenfunktionen der gebundenen Zustände
Mathematisch müssen wir hier grösseren Aufwand treiben, um jene Funktionen auszuwählen, auf
denen Impuls und kinetische Energie definiert sind. Wenn wir nicht nur Erwartungswerte, also
b
hΨ|H|Ψi
berechen wollen, sondern Eigenfunktionen suchen, verschärfen sich die Bedinungen für die
Orstwellenfunktion. Wir suchen ja Lösungen im Hilbertraum Ψ ∈ H so dass (der Einfachheit halber
in Einheiten ~ = m = 1
1
(18)
[− ∆ + V (x)]ΦE (x) = ΨE (x)E.
2
Hier darf auf der linken Seite keine δ-artige Singularität auftauchen, denn solche Funktionen kommen
im L2 (R, dx) nicht vor. Das heisst, als Eigenfunktionen kommen nur Funktionen in Frage, die
differenzierbar sind und deren Ableitungen überall stetig sind.
Qualitativ werden wir folgendes Bild finden: Für tief gebundene Zustände ähnelt das Bild stark
dem unendlich tiefen Potentialtopf: die Wellenfunktion fällt sehr rasch nach Beginn der Wand auf
exponentiell kleine Werte, so gut wie null. Je höher die Energien, desto weiter können die Teilchen in
die Topf-Wand vordringen und desto mehr unterscheiden sich die Funktionen von denen des unendlich
tiefen Potentialtopfs. Schliesslich “geht der Topf über” (ein Missgeschick, das beim unendlich tiefen
Potentialtopf ausgeschlossen ist): hier werden wir kontinuierliches Spektrum finden und Wellenfuntionen die mindestens so “ungebunden” sind wie die Milch am Herd.
Bei den gebundenen Zuständen geht die exakte Kommensurabilität der Energien verloren und
damit die exakten Revivals. Bei tiefen Energien können ungefähre Revivals dennoch beobachtet
werden.
2.3.1
Stärke des exponentiellen Abfalls
In den Wänden fällt die Lösung exponentiell ab. Die Eigenwertgleichung muss ja lokal, d.h. an jedem
Punkt gelten, insbesondre auch in der rechten Wand. Dort gilt also (in Einheiten ~ = 1)
[−
1 2
∂ + V0 ]e−κ(E)x = Ee−κ(E)x
2m x
für x > a.
(19)
Damit kann man κ(E) bestimmen
− κ(E)2 /(2m) + V0 = E
(20)
oder
κ(E) =
p
p
2m(V0 − E) =: 2mEB
(21)
Dieses Verhalten des exponentiellen Abfalls ist typisch für gebundene Zustände: die Länge über die
Wahrscheinlichkeit in den “klassisch verbotenen” reicht, wächst mit der Wurzel aus der
8
Bindungsenergie, den Abstand der Energie des gebundenen Zustands zur Oberkante des Potentials
EB := V0 − E
(22)
Anmerkung Ein ganz ähnliches Phaenomen der exponentiellen abfallenden Teile der Lösung findet
sich in der Optik als “evaneszente Welle”.
2.4
Eigenwerte und -funktionen der gebundenen Zustände
Konkrete Verfahren zur Bestimmung der Eigenfunktionen finden Sie in Griffith und in jeder Einführung
in die QM.
Hier ein kurzer Hinweis: Wir nützen gleich unser Wissen, dass Eigenfunktionen entweder symmetrisch oder anti-symmetrisch sein müssen. Dann geht es darum, die Lösung für |x| < a (also
cos(kx) bzw. sin(kx) so mit der Lösung für |x| > a: exp(−κ|x|) zu verbinden, dass Wert und
Ableitung der Funktion an den Punkten x = ±a stetig sind. Wählen wir der Einfachheit halber
a = 1. Dann sind die Bedingungen (für den Fall gerader Lösungen cos(kx))
A cos(kx)|x=1 = Be−κx |x=1
−Ak sin(kx)|x=1 = −κBe−κx |x=1
(23)
(24)
und wenn wir die untere Gleichung durch die obere dividieren
p
κ
κ(k) = 2V0 − k 2 .
(25)
tan(k) = ,
k
Die Lösung für k kann nicht durch bekannte Funktionen ausgedrückt werden, sondern muss numerisch
oder, nicht sehr genau, aber sehr instruktiv, graphisch gefunden werden. Dazu zeichnet man die linke
und die rechte Seite der Gleichung und sucht die Schnittpunkte.
Den allgemeineren Fall m, a 6= 1 studieren sie in den Übungen.
2.5
Verschiebung des Energienullpunkts
Für die bessere Vergleichbarkeit mit dem unendlich hohen Topf haben wir das Potential hier so
definiert, dass es im inneren Bereich =0 ist, und aussen die Höhe V0 hat.
Oft wird in das Potential für das Problem als endlich tiefer Potentialtopf geschrieben:
−V0 , V0 > 0 für |x| < a
V (x) =
.
(26)
0
sonst
Klarerweise stehen die die entsprechenden Hamiltonoperatoren in einfacher Beziehung zueinander:
b =H
b + V0 ,
H
(27)
sie unterscheiden sich also nur um eine Konstante. Dies entspricht einer Re-Definition des Energienullpunkts. Beide Operatoren haben die gleichen Eigenfunktionen. Die Eigenwerte (Spekrum)
unterscheiden sich, aber das hat keinerlei Auswirkungen auf Erwartungwerte. Sie werden sich davon
anhand einer einfachen Übung überzeugen.
9
2.6
Verschiebung im Ort
Natürlich kann man auch das räumlich verschobene Problem
Vs (x) = V (x − s)
(28)
b (x) 6= V (x). Aber natürlich
betrachten. Dabei scheint man die Reflexionstsymmetrie zu verlieren SV
gilt eine “verschobene” Symmetrie.
2.7
Eigenfunktionen des kontinuierlichen Spektrums
Oberhalb der Potentialkante ist das Spektrum kontinuierlich:
σc = [V0 , ∞).
(29)
Lokal müssen Eigenfunktionen die Differenzialgleichungen (wir verwenden ~ = 1) erfüllen
−
also
1 2
∂ φE (x) = [E − V0 (x)]φE (x),
2m x

 Al eik0 x + Bl e−ik0 x
φE (x) =
Ceikx + De−ikx

Br eik0 x + Ar e−ik0 x
(30)
p
für x < −a, k0 :=√ 2m(E − V0 )
für |x| < a, k := 2mE
für x > a
(31)
Hier haben wir zunächst 6 Unbekannte. Wie im Fall der gebundenen Zustände vereinfachen wir das
Problem, indem wir zuerst nur die symmetrischen Eigenfunktionen
(+)
(+)
Π+ φE = φE
bzw. Ortsdarstellung:
betrachten: A := Al = Ar , B := Bl = Br , C = D

 Aeik0 x + Be−ik0 x
(+)
2C cos kx
ΦE (x) =

Beik0 x + Ae−ik0 x
(+)
(+)
φE (x) = φE (−x)
für x < −a
für |x| < a,
für x > a
(32)
(33)
Eine Beziehung zwischen den Konstanten erhält man wegen der δ-Normierung von Eigenfunktionen
des kontinuierlichen Spektrums. Die verbleibenden 2 freien Variablen bestimmen sich durch die
beiden Stetigkeitsbedingungen für Wert und Ableitung an den Punkten x = ±a:
Wir diskutieren die Werte A, B, C hier nicht, uns genügt es zu wissen, dass sie bestimmt werden
können. Im Gegensatz zu den gebundenen Zuständen gibt es eine Lösung für beliebige E > V0 . Wir
können jedenfalls im Prinzip ein Kontinuum von Eigenfunktionen berechnen.
3
Wellenpakete
Alle Streuexperiemente werden letztlich durch die zeitliche Entwicklung von Wellenpaketen aus
Eigenfunktionen des kontinuierlichen Spektrums beschrieben, und dies ist eine sehr grosser Anteil
10
aller möglichen Experimente. Wellenpakete entstehen in einer Vielzahl von physikalischen Prozessen:
wenn ein Atom ionisiert wird, wird ein Elektron als Wellenpaket emittitert; als “künstliches Atom”
verhält sich ein “Quantendot” ganz ähnlich; auch ein Atom als ganzes, das sich im freien Raum
bewegt, wird als ein Wellenpaket dargestellt. Man kann solche Wellenpaket durch “Beschuss” mit
einem Teilchenstrahl erzeugen usw. Jedes ungebundene, aber ungefähr lokalisierte Teilchen ist ein
Paket aus Eigenfunktionen aus dem kontinuierlichen Energiespektrum. Im Fall der freien Bewegung
sind Eigenfunktionen der Energie auch (Linearkombinationen von ) Eigenfunktionen des Impulses.
Tatsächlich kann man für eine grosse Klasse von System beweisen, dass ihr kontinuierliches Spektrum “isomorph” zum Spektrum eines freien Teilchens ist. Physikalisch entspricht das in etwa der
Annahme, dass ein Potential mit endlicher Ausdehnung keine unendlich grosse Reichweite hat. Dies
bedeutet, das das qualitative Verhalten von Wellenpaketen eines beiliebgen Systems vergleichbar ist
mit dem Verhalten eines freien Teilchens.
3.1
Kontinuierliches Spektrum - Wellenpaket
Da wir die Zeitentwicklung studieren wollen, ist es am besten, in der Spektraldarstellung der Energie
zu rechnen.
Eigenfunktionen des kontinuierliche Spektrums können nicht normiert werden und daher hat ihr
Absolutquadrat keine direkte physikalischen Interpretation als Wahrscheinlichkeitsverteilung. In der
Spektraldarstellung bezüglich der Energie können wir aber natürlich normierte Wellenfunktionen
ΨHb (E) ∈ L2Hb angeben, die ganz im kontinuierlichen Spektrum liegen, z.B.
ΨHb (E) =
(∆E)−1/2 für E ∈ [E0 , E0 + ∆E]
0
sonst
Natürlich ist jede andere, normierte Funktion von E geeignet:
Z
ΨHb (E) :
dE|ΨHb (E)|2 = 1
(34)
(35)
σc
b b , in Bra-Ket Notation schreibt man ein
In eine beliebige Darstellung transformiert man mittels U
H
solches
Wellenpaket
Z
|Ψi =
dE|EiΨHb (E)
(36)
Wellenpakete “zerfliessen”: Sie haben das schon an einem Beispiel in den Übungen gesehen (GaussPaket). Das gilt aber ganz allgemein und rechtfertigt die Assoziation des kontinuierlichen Spektrums
mit ungebundene Zuständen
11
3.2
Ungebundenes Teilchen — Zerfliessen des Pakets
In den Übungen haben Sie schon gesehen, dass ein Wellenpaket im Lauf der Zeit “zerfliesst”, wenn
es sich nach dem Hamiltonian Pb2 /2m entwickelt: die Breite wächst wie
√
τ gross
σ(t) ∝ 1 + τ 2 ≈ τ, τ := 2a~t/m.
(37)
Beachten Sie, dass fuer grosse Zeiten die Breite einfach linear mit der Zeit wächst.
Ganz ähnliches Verhalten werden wir erwarten, wenn wir ein Wellenpaket aus den ungebundenen
Zuständen des Potentialtopfs bilden. Die Situation ist klar, wenn wir das Paket weit weg vom
Potentialtopf setzen: dort sehen die Eigenfunktionen ja aus wie ebene Wellen. Wenn wir daraus
ein Gauss-Paket bilden, wird es wieder zerfliessen, jedenfalls bis relevante Anteile in den Bereich
des Potentialtopfs gelangen. Dort geschieht aber nichts besonderes: die Teilchen werden ein wenig
schneller, können auch reflektiert werden, aber insgesamt setzt sich der Zerfliessprozess fort.
Die Details dieser Vorgänge werden wir im Rahmen der “Streutheorie” diskutiert, der wir gegen
Ende des Semesters etwas Zeit widmen werden. Die verallgemeinerte Botschaft hier ist:
Jedes Wellenpaket im kontinuierlichten Energiespektrum “zerfliesst” zu beliebig grosser
Ausdehnung im Raum: Pakete des kontinuierlichen Spektrums sind nicht gebunden, d.h. sie bleiben
nicht auf einen endlichen Raumbereich begrenzt. Dies gilt nicht nur für das freie Teilchen oder den
Potentialtopf, sondern ist eine allgemeine Eigenschaft des jedes kontinuierlichen Energiespektrums.
Der mathematische Beweis existiert, Interessierte können ihn in fortgeschrittenen Vorlesungen kennen
lernen.
Anmerkung: Ein kontinuierliches Spektrum ist eine unendliche Menge aus ganz und gar unkommensurablen Energien, die “Revival”-Periode ist unendlich.
3.3
Freies Teilchen
Sie haben auch in den Übungen gesehen, dass sich ein Gauss’sche Wellenpaket eines freien Teilchens,
das um p0 zentriert ist, mit der Geschwindigkeit p0 /m fortbewegt. Dies kann man auch aus dem
Ehrenfesttheorem sehen, das ebenfalls im Rahmen der Übungen diskutiert wird. Uns interessiert
wieder der allgemeine Aspekt dieses Verhaltens.
Nehmen wir zunächst an, dass das Potential im Bereich des Wellenpakets konstant ist. Dann ist
Energie des Wellenpakets vom Ort unabhängig und wir finden im Wesentlichen das Verhalten des
freien Teilchens. Nur der Zusammenhang zwischen Impuls und Energie ist etwas modifiziert
q
2
b − V0
b
b
b
(38)
H = P /2m + V0 ,
P = ± 2mH
Die beiden Vorzeichen spiegeln die Tatsache wieder, dass die Energiezustände entartet sind.
Für nicht-konstante Potentiale werden die Zusammenhänge komplizierter. Wenn das Potential
sich über die aktuelle Breite des Wellenpakets nur langsam ändert, kann man es als stückweise
konstant ansehen. Dann kommt es aber langfristig dennoch zu einer Verformung des Wellenpakets,
die über das Zerfliessen hinausgeht.
12
Variiert das Potential relevant über die Breite des Pakets, dann ist das Bild des Zerfliessens
nicht mehr anwendbar und man muss mit allgemeineren Verformungen rechnen, die insbesondere
auch “Reflexion”, d.h. die Umkehr des Wahrscheinlichkeitsflusses von der ursprünglichen Richtung
beinhaltet.
3.4
Freies Teilchen — Dispersion
Es sei |Ψp0 i ∈ H ein Wellenpaket, das im der Impulsdarstellung auf einen relativ engen Bereich rund
um p0 begrenzt ist
Ψ̃p0 (p) ≈ 0 für p 6∈ [p0 − ∆p, p0 + ∆p]
(39)
Nehmen wir an, dass sich die Energie im Impulsraum als reine Funktion
des Impulses schreiben lässt,
R
b Ψ̃(p) ≈ F (p)Ψ̃(p) (und nicht ≈ F (p, ∂p )Ψ̃(p) oder HΨ(p)
b
also H
= dp0 g(p, p0 )Ψ̃(p0 )). Das ist selten
exakt der Fall, kann aber manchmal eine sinnvolle Approximation sein.
Wir schreiben also
b = F (Pb)
H
(40)
Für das freie Teilchen gilt exakt
Ffrei (Pb) = Pb2 /2m.
(41)
1
F (p) ≈ F0 + (p − p0 )F00 + (p − p0 )2 F000 + höhere Ableitungen
2
(42)
In Impulsdarstellung ist die Energie
Wir erhalten die Zeitentwicklung für ein Wellenpaket (Einheiten ~ = 1):
hp|Ψt i = Ψ̃t (p) = e−itF (p) Ψ̃0 (p)
1
2 00
0
≈ exp −itF0 − it(p − p0 )F0 − it (p − p0 ) F0
2
0
0
1
2
00
−it 2 (P −p0 ) F0
0 −p0 F0 ) −itF0 P
= hp| e|−it(F{z
} e| {z } e|
{z
} |Ψ0 i
(a)
b
(b)
b
(43)
(44)
(45)
(c)
Die drei Faktoren haben unterschiedliche Bedeutung
(a) Dies ist nur ein Phasenfaktor, der nicht von p abhängt und daher keinen Einfluss auf Impulsoder Ortsverteilung hat. Man kann ihn, wenn man will, als Re-definition des Energienullpunkts
interpretieren. Im Fall F (p) = p2 /2m entspricht die Verschiebung einfach der mittleren Energie
p20 /2m.
(b) Hier erkennen wir den Operator für Ortsverschiebung um einen Wert tF00 . Natürlich wird man
F00 als Geschwindigkeit interpretieren. Im Fall der freien Bewegung erkennen wir F00 = p0 /m.
Allgemeiner sehen wir, dass die Ableitung der Energie nach dem Impuls wie in der klassischen
Mechanik auch die Geschwindigkeit eines quantenmechanischen Wellenpakets definiert.
13
(c) Dieser Term bestimmt, wie rasch das Wellenpaket zerfliesst. Den Term Pb − p0 kann man
als Abweichung der Teilchenimpulses vom zentralen Impuls p0 sehen. Er beschreibt also ein
Teilchen, dessen mittlerere Aufenthaltsort sich nicht ändert, dessen Wellenfunktion aber schon
zerfliesst, da es eine Wahrscheinlichkeit für Impulse p < p0 und auch p > p0 gibt. Hier verhält
sich das System nicht anders als ein statistisches Ensemble von Teilchen, deren Impuls um
einen Zentralimpuls p0 verteilt ist. Im Fall des freien Teilchens gilt F000 = 1/m. Je schwerer
das Teilchen, desto kleiner der Term und desto langsamer zerfliesst die Ortswellenfunktion.
Dies konnten Sie schon am Übungsbeispiel erkennen. Allgemeiner erkennt man, dass die zweite
Ableitung der Energie nach dem Impuls die Rolle eine “inversen Masse” spielt. Dies ist eines
der wesentlichen Konzept der Festkörperphysik und wird ihnen dort als effektive Masse
wiederbegegnen.
Wir sehen also, dass, je nachdem wie die Ableitungen unserer Energiefunktion F (p) in der Umgebung von p0 aussehen, das Teilchen unterschiedlich schnell ist und seine Wellenfunkt unterschiedlich
schnell zerfliesst. Besonders bei der “effektiven Masse”, ist dieser Effekt auffällig, da diese PseudoMasse keine Konstante mehr ist, sondern selbst vom zentralen Impuls p0 abhängt.
Gruppengeschwindigkeit und Dispersion Das Verhältnis zwischen Energie E (oder auch Frequenz ω := E/~) und Impuls p (oder Wellenzahl k := p/~) begegnet Ihnen auch in der Optik: hier
wie dort nennt man die Ableitungen ∂k ω(k) und ∂k2 ω(k) allgemein Dispersionsrelationen der Wellengleichung, ∂k ω(k) nennt “Gruppengeschwindigkeit”, die 2te Ableitung in der Optik “Group delay
dispersion” (GDD).
Dispersion höhrerer Ordnung Insbesondre in der Optik spielen höhere Terme in der Taylorentwicklung eine wichtige Rolle, weil sie bestimmen, wie sich Wellen beim Durchgang durch ein
Medium im Detail, jenseits einer Änderung der Lichtgeschwindigkeit (Brechungsindex) und des einfachen “Zerfliessens” (Dispersion) verändern. In der QM werden solche höhren Korrekturen selten
verwendet, sondern stattdessen das System mit anderen Methoden berechnet.
3.5
de Broglie Wellenlänge
Die Eigenfunktionen des Impulses
hx|pi = e−ipx/~
(46)
sind periodisch mit periode λ:
λp/~ = 2π,
λ=
h
.
p
(47)
Die deBroglie-Wellenlänge gibt ein ungefähres (nicht strenges) Mass dafür, welche Ausdehnung ein
Zustand kinetischer Energie hPb/2mi = p20 /2m ca. braucht, nähmlich ∆x ≈ λ. Dies können Sie
anhand der Potentialtöpfe sehr leicht studieren. Will man einen Zustand auf einem Raumbereich
von der Gössenordnung λ lokalisieren, so “zahlt” man dafür mit Impuls p0 ≈ 2π/λ, oder der der
entsprechenden kinetischen Energie. Diese Art der Überlegung muss Sie überall in der QM begleiten.
14
4
4.1
Harmonischer Oszillator
Potential, Hamiltonian, Einheiten
Hamiltonian in Ortsdarstellung
2
2
b = − ~ ∂ 2 + mω x2
(48)
H
2m x
2
p
Wir wählen nun Längeneinheiten x → λx mit λ =
~/(mω) und Energie ~ω = 1. In diesen
Einheiten hat der Hamiltonoperator die einfache Form:
1 b2 b 2 b
P +X
(49)
H=
2
4.2
Physikalische Motivation
Viele Potentiale können lokal durch ein harmonisches Potential approximiert werden. Es ist aber
dabei darauf zu achten, dass der Bereich, in dem Das Potential als harmonisch aufgefasst werden
kann, zumindest grösser ist als die Ausdehnung des Grundzustands in diesem Potential.
4.2.1
Photonen
Eine systematische Beschreibung der masselosen, lichtgeschwindigkeits-schnellen , also relativistischen “Photonen” werden Sie im Rahmen der “Quantenelektrodynamik” kennen lernen. Interessanterweise spielt die mathematische Struktur des HO dabei eine zentrale Rolle. Hier ein Hinweis darauf,
wie das funktioniert.
Energie des elektromagnetischen Felds (der Einfachheit halber wieder nur mit x-Koordinate)
Z
~ 2 (x, t) + B
~ 2 (x, t)
H = dxE
(50)
Ein “Photon” sollte mit einer “Wellenlänge” assoziert sein. Deswegen, Fourier-Transformation:
Z
~˜ 2 (k, t) + B
~˜ 2 (k, t)
H = dk E
(51)
~ und
Der Schritt zur “Quantisierung” des Feldes besteht darin, zu erkennen, dass elektrisches Feld E
~
magnetisches Feld B nicht kommutieren: etwas vereinfacht ausgdrückt, haben, bei festem k und
geeigneten Einheiten, die gleichen Vertauschungsrelationen wie Ort und Impuls
[Ẽx (k), B̃y (k)] = i~,
(52)
und analog für die anderen Komponenten des elektromagnetischen Feldes.
Wir sehen, dass ein Photon die gleiche mathematische Struktur wie ein harmonischer Oszillator
hat. Für eine gebebene Wellenzahl k übernimmt das elektrische Feld die Rolle des “Orts”, das
~ und B
~ gehen in
magnetische Feld verhält sich dazu wie der “Impuls”; oder auch umgekehrt, denn E
gleicher Weise in die Gesamtenergie ein, der Unterschied äussert sich nur in einer Wahl der Vorzeichen.
Wir kommen nach der Analyse des HO nochmal auf diese Interpretation zurück.
15
Warnung Man muss darauf achten, welche Komponenten jeweils nicht kommutieren. Sie wissen oder werden bald lernen, dass z.B. in einer ebenen elektromagnetischen Welle (was auch das
klassischen Verständnis von Licht umfasst), elektrisches und magnetisches Feld senkreicht zueinander stehen und beide senkrecht zur Ausbreitungsrichtung des Lichts stehen. Z.B. sind die nichtkommutierenden Komponenten in einem Lichtstrahl in z-Richtung, die beiden dazu und zueinander
bx , B
by ] 6= 0.
orthogonalen Komponenten [E
4.3
Hamiltonian und Spektrum
Qualitative Diskussion des Systems im Vergleich zu Potentialtopf:
• Reines Punktspektrum
• Energieabstände nehmen nicht quadratisch zu, wie nehmen sie zu? Werden sie vielleicht
geringer?
• Räumliches Verhalten: über-exponentieller Abfall
• Symmetrie
4.4
Eigenfunktionen
Es ist leicht zu verifizieren, dass die folgenden Funktionen Eigenfunktionen des Operators im Ortsraum sind:
2
φn (x) = Hn (x)e−x /2 /Nn
(53)
Nn . . . Normierung.
Problem 4.1: Verifiziere unter Verwendung der Eigenschaften der Hermitepolynome.
Problem 4.2: Finde die Eigenfunktionen im Impulsraum (Verwendung der Fouriertransformation
ist nicht nötig.
4.5
Hermitepolynome
Orthogonale Polynome
Z
√
2
dxHm (x)Hn (x)e−x = 2n n! πδmn
(54)
1
2x
(2x)2 − 2 = 4x2 − 2
(2x)3 − 6(2x) = 8x3 − 12x
(2x)4 − 12(2x)2 + 12 = 16x4 − 48x2 + 12
(55)
(56)
(57)
(58)
(59)
bis zum Grad 4:
H0 (x)
H1 (x)
H2 (x)
H3 (x)
H4 (x)
=
=
=
=
=
16
4.6
Vernichtungs- und Erzeugungsoperatoren
und natürlich
b Pb] = i sieht man
Mittels [X,
Hamiltonian
1 b
a = √ [X
+ iPb],
2
1 b
a† = √ [X
− iPb]
2
(60)
b = √1 [a† + a],
X
2
b = √i [a† − a]
X
2
(61)
i
b − i [X,
b Pb] = 1
[a, a† ] = [Pb, X]
2
2
(62)
b+1
b = a† a + 1 = aa† − 1 =: N
H
2
2
2
(63)
Anzahloperator (Englisch “number operator”)
b = a† a
N
4.7
(64)
Algebraische Eigenschaften
Das interessanteste am harmonischen Oszillator ist, dass das Spektrum des Hamiltonoperators und
damit alle physikalischen Eigenschaften aus den rein algebraischen Eigenschaften des “Vernichtungsoperators” a und seines hermitisch konjugierten Partners, des “Erzeugungsoperators” a† folgen.
Diese Aussage verallgemeinert sich insofern, als die gesamte Quantenmechanik durch die algebraischen Eigenschaften ihrer Operatoren (Kommutatorrelationen) im wesentlichen schon festgelegt ist.
Im Fall des Harmonischen Oszillators ist das besonders leicht zu überblicken. Mit ganz ähnlichen
(aber komplizierteren) Methoden kann man auch das Spektrum des Wasserstoffatoms berechnen.
Auch beim Drehimpuls kommen ähnliche “Tricks” zur Anwendung, was wir ausgiebig diskutieren
werden.
b = a† a + 1 = aa† − 1
H
2
2
Daraus folgt, nur unter Verwendung der Kommutationsrelation Gl. (62)
b a] = −a
[H,
b a† ] = a†
[H,
(65)
(66)
(67)
Dies ist eine bemerkenswerte Struktur. Aus ihr folgt
b ≥ 1/2. Wir hatten schon gezeigt, dass für jeden Operator gilt
1. Alle Erwartungswerte hHi
hb† bi ≥ 0, also auch
1
1
0 ≤ ha† ai ⇒ ≤ ha† a + i
(68)
2
2
17
2. Der “Vernichtungsoperator” führt einen beliebigen Eigenzustand |ni zur Energie En in einen
Eigenzustand zur Energie En − 1 (bzw. En − ~ω in allgemeinen Einheiten) über.
Dies ist eine direkte Konsequenz aus der Kommutatorrelation (66):
n
o
n
o
b
b a] + aH
b |ni = −a + aH
b |ni = (En − 1)a|ni
Ha|ni
= [H,
(69)
3. Aus dem Obigen folgt, dass es, ausgehend von einem beliebigen Energieeigenzustand |ni mit
Energie En , einen “Grundzustand” |0i geben muss, der von a “vernichtet” wird a|0i = 0: denn
b
gäbe es einen solchen Zustand nicht, d.h. wäre a|ni =
6 0 für jeden Energieeigenzustand H|ni
=
En , dann könnte man Eigenzustände mit beliebig niedrigenpEnergien En − m konstruieren:
|n − mi = am |ni. Insbesondere gilt fuer die Norm ||a|0i|| = h0|a† a|0i = 0
4. Der “Erzeugungsoperator” erzeugt aus einem beliebigen normierten Eigenzustand |ni zur Energie En einen Eigenzustand |n + 1i mit der nächsthöheren Energie En+1 = En + 1.
5. Der Grundzustand hat die Eigenenergie E0 = 1/2:
1
b
H|0i
= (a† a + 1/2)|0i = a† (a|0i) + |0i
| {z } 2
(70)
=0
6. In den Übungen zeigen Sie, dass für normierte Eigenvektoren hn|ni = 1 gilt
√
a† |ni = n + 1|n + 1i
und entsprechend auch
a|ni =
√
n|n − 1i
(71)
(72)
7. Die Eigenenergien sind En = n + 1/2.
b 0̃i =
8. Der Grundzustand kann als eindeutig angenommen werden: d.h. jeder andere Vektor H|
1
|0̃i ist proportional zum Grundzustand |0̃i = λ|0i.
2
Dies folgt nicht direkt aus der Algebra, aber es lässt sich im Ortstraum leicht zeigen (Übungen).
Die Algebra kann in verschiedenen Räumen “dargestellt” werden. Wenn wir aber den L2 (dx, R)
festlegen, dann ist der Grundzustand eindeutig.
b Das Spektrum ist rein
9. Die Zustände {|ni} sind “vollständig”, d.h. alle Eigenzustände von H.
diskret, daher bilden die Eigenzustände eine Basis im Hilbertraum. Es sei jetzt |m̃i ein Zustand,
der nicht aus dem Grundzustand erzeugt werde. Dann kann man daraus durch wiederholte Anwendung des Vernichtugnsoperators einen Zustand |0̃i mit der Grundzustandsenergie 21 finden.
Der ist aber (bis auf einen Faktor λ zu |0i proportional. D.h. |m̃i = λ|mi.
18
4.7.1
Matrixbild
In der basis {|ni}

0
0
√0
 1 0
0

 0 √2 0
†
a =
√
 0
0
3

..
..
.
.
und

0 ···
0 · · ·

0 · · ·
,

0

..
.

0
0

b = a† a 
N
0
0

..
.

0
0


a = 0
0

..
.
0
1
0
0
..
.
0
0
2
0

√
1 √0
0 ···
0
2 √0 · · ·

0
0
3 · · ·

0
0
0 · · ·

..
.

0 ···
0 · · ·


0


3

..
.
(73)
(74)
Wir erkennen in a und a† “archetypische” nicht-normale Operatoren (siehe Übung 5.4). Wir sehen
auch, dass die√Operatoren “Verschiebungen” im Energieraum n → n ± 1 erzeugen und dabei gleich
die Norm um n ändern.
4.7.2
Orts- und Impulsobservable
Da sich Ortsoperator und Impulsoperator durch a, a† ausdrücken lassen, kann man alle Erwartungswerte
durch rein algebraische Manipulationen berechnen. Z.B. erhält man den Erwartungswert des Ortes
für einen beliebigen Eigenzustand
|ni = (a† )n |0i (n!)−1/2
(75)
durch
1
hn| √ (a† + a)|ni
2
i
√
1 h√
ON
= √
n + 1hn|n + 1i + nhn|n − 1i = 0.
2
Natürlich finden wir hier wieder, dass die Eigenzustände definerte Parität haben müssen:
Z
b
dxx|Φ(x)|2 = 0 für SΦ(x)
= Φ(−x) = ±Φ(x).
(76)
(77)
(78)
R
Problem 4.3: Berechne hn|Xb 2 |mi unter ausschliesslicher Verwendung der a, a† .
4.8
Nochmals Photonen
Wir haben nur den idealisierten Fall einer ebenen Welle mit Wellenvektor ~k = (0, 0, k), also Ausbreitung in z-Richtung und Polarisation in x-Richtung betrachtet, einer “Mode” des Feldes mit
19
Polarisation ˆ = êx und ~k. Die nicht-kommitierenden elektrische und magnetischen Komponenten
Ẽx und B̃y können zu Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren a†k , ak kombiniert werden und haben
alle oben besprochenen algebraischen Eigenschaften.
Die physikalische Interpretation ist wie folgt:
• Der Grundzustand |0i ist das “Vakuum”.
• Ein einzelnes “Photon” zum Wellenvektoren k und Frequenz ω = ck, Energie ~ω = hν ist
|1i = a†k |0i. Dies ist die erste diskrete Anregung der ˆ, ~k-Mode.
• Höhere Anregungen der Mode sind die entsprechenden normierten Zustände |ni. Dies sind
Zustände aus n Photonen der gleichen Mode, also vereinfacht mit gleichem Wellenvektor und
Polarisation.
Anmerkung 1 Wir sehen, dass das Vakuum nach diesem Schema nicht einfach “Nichts” ist, sondern doch einen Entität, aus der man etwas generieren kann. Davon werden Sie in der Quantenfeldtheorie nocht einiges höhren.
Anmerkung 2 Beachten Sie, dass ein Photon mit festem k keinen “Ort” hat: es ist ja die Fourierkomponente, also eine ebene Welle, die “überall” ist. Natürlich kann man ein “Wellenpaket” aus
einem Bereich Intervall von k’s bilden, das dann lokalisiert ist, ein “Lichtpuls”.
Anmerkung 3 Hier haben die Name “Erzeugungsoperator” (erzeugt ein weiteres Photon), “Vernichtungsoperator” (vernichtet ein Photon) und “Anzahloperator” (gibt die Anzahl der Photonen)
ihre eigentliche Rechtfertigung.
5
Nachtrag: Separationsansatz und
zeitunabhängige Schrödingergleichung
In vielen Lehrbüchern wird für die Lösung der Schrödingergleichung ein sogenannter Separationsansatz
der Wellenfunktion gemacht:
Ψ(x, t) = f (t)φ(x).
(79)
Man kommt dann gleich auf die Eigenwertgleichung
b E = φE E,
Hφ
(80)
die als unter dem Namen zeitunabhängige Schrödingergleichung figuriert. Man findet natürlich
f (t) = e−itE .
(81)
Der Separationsansatz ist eine Methode, die aus den partiellen Differentialgleichungen kommt. Die
Rechtfertigung für den Ansatz ist die Vollständigkeit der Lösungen {φE }, also dass sie eine Basis im
Hilbertraum bilden, was allerdings kaum je bewiesen wird. Zur Rechtfertigung dafür benötigt man
20
im wesentlichen den Spektralsatz. Hat man aber einmal den Spektralsatz, dann braucht man keinen
Separationsansatz mehr.
Darüber hinaus bietet der Spektralsatz die Möglichkeit, beliebige Funktionen von Operatoren zu
bilden, und er gibt den Blick frei auf die wesentlichste Eigenschaft eines Operators: sein Spektrum.
Daher wurde hier dieser etwas tiefergehende Zugang von Anfang an gewählt.
6
Nachtrag: 2te Ableitung der Eigenfunktionen
Man bezeichnet als “klassisch erlaubten” Bereich jene Werte von x, wo die kinetischen Energie positiv
ist. Für Eigenfunktionen bedeutet das E > V und dass daher die Krümmung “zur Achse hin” weist:
− ∂x2 Ψ(x) = [E − V (x)]Ψ(x)
(82)
Entsprechend weist die Krümmung von im “klassisch verbotenen” Bereich von der Achse weg, und
klarerweise ist die Krümmung am Übergang zwischen den Bereichen = 0.
Daraus kann man auch schliessen, dass die Eigenfunktionen keine doppelten Nullstellen haben
können, also Wert und 1te Ableitung =0: die Wellenfunktion müsste sich ja zu beiden Seiten dieses
Punktes von der Achse wegkrümmen, was immer zumindest auf einer Seite zum falschen Verhalten
der Lösung führte.
21