Zögerlicher Jahresbeginn

Fashion & Lifestyle
Blickpunkt Textil
Zögerlicher Jahresbeginn
Eigentlich hatten die meisten Modehändler für die Wintersaison ein
zumindest kleines Plus erwartet. Schließlich hatte es in allen drei
Wintermonaten des Vorjahres ein Minus gegeben. Am Ende schaffte
es der Handel zwar, seinen Kunden mehr Bekleidungsartikel zu verkaufen. Aber bei leicht gesunkenen Durchschnittspreisen reichte es
doch nur zu einem Pari bei den Umsätzen.
Die Hoffnungen auf einen starken Dezember
und damit auf ein Gesamtplus für das Jahr 2015
erfüllten sich nicht. Die Preise waren schon früh
wieder im Keller, die Temperaturen nicht. Die Folge: Die Kunden griffen eher zu leichteren, günstigeren Teilen. Nicht viel besser lief es im Januar,
der der wärmste seit Beginn
der Wetteraufzeichnungen geIm Februar ging es
wesen sein soll. Mit Winterwa­endlich mit der Kaufre war da kein Blumentopf zu
gewinnen. Und: Im stationären
laune steil aufwärts.
Handel fehlten die Kunden
massiv. Wenn überhaupt gekauft wurde, dann eher im Netz. Über alle Absatzwege hinweg endeten beide Monate jeweils mit
einem leichten Minus.
Im Februar ging es mit der Kauflaune dann endlich
steil aufwärts. Dies trotz jahreszeitlich zu warmer
Temperaturen plus viel Regen und Sturm. Fast
zehn Prozent mehr Pullover, Jacken & Co. gelangten über den Tresen bzw. per Post zu den Kunden.
Allerdings zu deutlich niedrigeren Preisen als im
Vorjahr. Weswegen es im Februar dann doch nur zu
einem mittleren einstelligen Plus reichte. Das war
enttäuschend angesichts der schwachen Vorjahresvorlage. Außergewöhnlich war allerdings, dass
der stationäre Handel in diesem Monat ein stärkeres Wachstum schaffte als der Offline-Handel.
Die Lust auf neue Mode war bei den Kunden in
diesem Winter begrenzt, bei den Männern noch
mehr als bei den Frauen. Der leichte Umsatz-
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rückgang in der HAKA wie in der DOB überrascht
folglich nicht. Deutlich schlechter lief das Geschäft
mit den Schuhen. Starke Umsatzeinbrüche gab
es bei Lederbekleidung. Aber es gab auch Gewinner: Mehr Geld ließ sich mit Strumpfmode und
Accessoires verdienen. Große Freude machte dem
Handel das Geschäft mit Kinderbekleidung. Das
Umsatzplus war hier zweistellig. Den Spitzenplatz
beim Umsatzsatzplus hatte aber die Sportmode
inne. Hier gab es im Handel
fast überall nur freudestrahPortemonnaie lende Gesichter.
Da, wo das
gut gefüllt war, war die
Lust auf neue Mode groß.
Die jüngeren Käuferzielgruppen sparten in diesem
Winter kräftig bei ihren
Bekleidungsausgaben. Ganz
anders die 50-Plus-Generation: Sie war in glänzender Kaufstimmung und ließ sich gerne von
Neuem verführen, vor allem der weibliche Teil der
Best Ager. Und alleine dieser Käuferzielgruppe
war es zu verdanken, dass der Handel die drei
Wintermonate doch noch mit einem Pari abschließen konnte. Auch zeigen die GfK Paneldaten, dass
nur die Besserverdienenden ihre Bekleidungsausgaben steigerten. Da, wo das Portemonnaie gut
gefüllt war, war die Lust auf neue Mode groß. Da,
wo gespart werden musste, sparte man vor allem
an Bekleidung.
Die Wintermonate waren für den Textilhandel
insgesamt nicht einfach. Dennoch konnten einige
Absatzwege gegenüber dem Vorjahr schwarze
Zahlen schreiben. Vor allem der Nichtfachhandel
schaffte ein gut einstelliges Plus. Der gesamte
Fachhandel landete hingegen
leicht im Minus. Er konnte
Besonders heftig erseinen Kunden zwar mehr
Teile verkaufen, aber nur zu
wischte es diesmal die
günstigeren Preisen
Multilabel-Filialisten mit deutlich
als im Vorjahr.
einem fast zweistelligen
Minus.
Besonders heftig erwischte
es diesmal die MultilabelFilialisten mit einem fast zweistelligen Minus.
Auch bei den Monomarken-Filialisten sah es nur
ein wenig besser aus. Dabei hatten vor allem die
mit eigenen Markenshops agierenden Hersteller
Die 50-Plus-Generation war in glänzender Kaufstimmung
wenig Erfolg bei ihrer Kundschaft. Die auf Eigenmarken spezialisierten Filialunternehmen kamen
mit ihrem Modeangebot hingegen gut an. Auch
die Young Fashion-Filialisten – dazu zählen u.a.
H&M oder Zara – freuten sich über ein passables
Umsatzplus. Fast ebenso positiv konnten die Textil-Discounter die Saison abschließen. Und selbst
die unter stärkster Konkurrenz stehenden klassischen Fachhändler schafften ein leichtes Plus bei
den Umsätzen. Wie es im Frühjahr weitergeht, ist
offen – die Vorjahresvorlage ist bescheiden. Aber
frostige Temperaturen im März sowie ein fehlender Verkaufstag machen nicht viel Hoffnung auf
einen erfolgreichen Start in die Frühjahrssaison.
Fragen Sie uns zu Marktgröße, Markt­
entwicklung, Sortimentsanteilen, Preislagen
und Zielgruppen.
Petra Dillemuth | T +49 911 395 2766
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Über GfK
GfK steht für zuverlässige und relevante Markt- und Verbraucherinformationen. Durch sie hilft das Marktforschungs­unternehmen seinen
Kunden, die richtigen Entscheidungen zu treffen. GfK verfügt über langjährige Erfahrung im Erheben und Auswerten von Daten.
Rund 13.000 Experten vereinen globales Wissen mit Analysen lokaler Märkte in mehr als 100 Ländern. Mithilfe innovativer Technologien
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© GfK 2016
Fashion & Lifestyle
Blickpunkt Trends
ARMANI‘S NEW NORMAL
Während Justin O‘Shea mit seinem Wechsel von Mytheresa als
­Kreativdirektor zu Brioni Schlagzeilen macht, bleibt die neueste
Kampagne von Armani und Peter Lindberg weitgehend unkommentiert. Es geht dabei um die Frühjahr/Sommer-Kollektion 2016 und
um alterslose Schönheit – so das Bekenntnis des Modechefs und
des Starfotografen.
Was ist modern, was
zeitgeistig relevant?
Die Unsicherheit darüber
ist riesengroß.
Der bärtige Australier
O‘Shea ist eine Fashion-Ikone in den digitalen Medien.
Die Generation 30+ liked
ihn ohne Ende, das macht
seinen Wert aus und ihn für
die Branche, die auf allen
Feldern nach Modernisierung
sucht, attraktiv. Was ist modern, was zeitgeistig
relevant? Die Unsicherheit darüber ist riesengroß.
Gucci bringt sich mit Looks ins Gespräch und auf
die Titelseiten der Journale, mit denen vor zwei
Jahren niemand aus dem Haus gegangen wäre.
Teile vom Trödel aus der Portobello Road, aufge-
hübscht und auf blutjungen Models fotografiert –
edgy eben.
Armani macht es anders. Er engagiert Peter Lindbergh, der mit seinen Schwarz-Weiß-Fotos in den
90er Jahren die Supermodels zu Ikonen gemacht
hat. Für Armanis neue Kollektion hat er vier der
Heldinnen zusammengeholt und sie in gleicher
Weise wie damals abgelichtet: Nadja Auermann,
Stella Tennant, Yasmin Le Bon, und Eva Herzigová.
Lindbergh ist ein Freund der Frauen und als Fotograf ein Anhänger des Realismus, soweit man das
in der Modefotografie sein darf. Den Frauen – alle
zwischen 45 (Auermann) und 53 (Le Bon) Jahre
Fashion & Lifestyle
alt – sieht man in der für heutige Sehgewohnheiten harten Schwarz-Weiß-Ästhetik die gelebten
Jahre an. Starke Persönlichkeiten, schöne Frauen
– aber natürlich nicht mehr makellos. Armani und
Lindbergh bieten sie mit dieser Kampagne ihren
Kundinnen als vertraute und neue Identifikationsfiguren an. Mutig! „Ich
wollte zeigen, dass weibliche
Es ist normal geworden,
Schönheit zeitlos ist“ sagt
Armani im Interview. Seidass Frauen bis weit in
ne Kundinnen werden das
die Siebzig modern gegern hören und er kann sich
das leisten, seine Geschäfkleidet sind und modern
te gehen gut. Die jünger
leben.
und modern aussehenden
„älteren“ Frauen sind für ihn
das NEW NORMAL. Wie Recht er damit hat! Es ist
total normal geworden, dass Frauen um die Sechzig und bis weit in die Siebzig modern aussehen,
modern gekleidet sind und modern leben. Sie sind
die NEW NORMALS!
Um das Thema 50+ ist es still geworden. Obwohl
ein Großteil der Umsätze im Modehandel durch
Frauen jenseits der Fünfzig generiert wird. Dafür
gibt es zwei wesentliche Gründe. Einen benennt
Armanis Formel treffend: 50+Frauen sind modisch
so „normal“, dass sie nicht mehr als besondere
Gruppe thematisiert werden wollen. Zumindest
in den Metropolen sind sie auch nicht mehr als
solche zu erkennen. Ja klar, sie haben bestimmte Vorlieben und Abneigungen, die man kennen
muss. Aber von dem Bild der mittelmodischen
älteren Frau, dem Erfolgsmodell der Gerry Weber-Kollektionen, emanzipieren sich immer mehr
Frauen. Sie kaufen Hallhuber und COS statt Gerry
Weber! So einfach ist das. Fast so einfach. Der
Look muss total modern sein, trotzdem muss man
über Hosensilhouetten und Längenproportionen
genau nachdenken. Retro-Looks muss man anders
als für 30-Jährige übersetzen – oft als zusätzliche
Variante in derselben Kollektion.
Die Digitalisierung mit ihren nicht absehbaren
Veränderungen für die Branche ist der zweite
Grund, warum es still geworden ist um das Thema
50+. Die Helden der digitalen Intelligenz und Kreativität sind jung. Ihr Lifestyle prägt den Zeitgeist.
Ein deutlicherer Indikator als die Mode ist der gesamte Food- und Gastrobereich. Wer heute nach
neuen Trends sucht, kann sich den traditionellen
Storecheck sparen. Mehr Aufschluss über neue
Looks und Themen bieten die neuen Foodstores
und Gastrokonzepte, die überall aus dem Boden
schießen. Die 50+ Frauen und Männer kann man
ganz nebenbei dort auch studieren.
Elke Giese, Trendanalystin, Modejournalistin, Berlin
Die „nachwachsenden“ älteren Frauen wollen in
der Mehrzahl keine separaten Kollektionen oder
Läden. Diejenigen, die ein konservativeres Modeverständnis haben, die OLD NORMALS, bieten
jetzt Chancen für Nischenkollektionen.
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