GO Gesundheitsmagazin 0714

REGIONALE GESUNDHEIT
Gesundheitsnetzwerk Leben
für ein gesundes Berufsleben und Bürokratieabbau
Die Partner im Gesundheitsnetzwerk Leben (Audi BKK, GO IN, PSIN,
Deutsche Psychotherapeutenvereinigung, Passauer Wolf City-Reha,
rehabewegt e.V., Katholische Universität Ingolstadt-Eichstätt, der Medizinische Dienst) arbeiten gemeinsam mit den Betriebsärzten der
AUDI AG und des Klinikums Ingolstadt daran, durch eine ineinandergreifende medizinische Versorgungskette Wartezeiten zu vermeiden sowie die Wiedereingliederung von beschäftigten Patienten zu
erleichtern. Alle notwendigen Maßnahmen werden arbeitsplatzbezogen eingeleitet und durchgeführt.
GO: Frau Merk, Sie sind Mitglied der Geschäftsführung der Passauer Wolf Reha-Kliniken und
zuständig für die Passauer Wolf City-Reha und
mehrere stationäre Kliniken. Sie haben einen guten Überblick über die komplexen Themenbereiche: Prävention, betriebliche Gesundheitsförderung, Rehabilitation und auch den Reha-Sport.
Sie waren sofort bereit, im Gesundheitsnetzwerk
Leben mitzuwirken. Warum ist aus Ihrer Sicht
Gesundheitsnetzwerk Leben für die Region wichtig? Kennen Sie aus anderen Regionen ähnliche
Netzwerke?
FRAU MERK: Der Begriff „Regionale Gesundheitsnetzwerke“ sagt eigentlich schon
das meiste: Auf regionaler Ebene können
die Bedürfnisse und Wünsche wesentlich
besser zugeschnitten gestaltet werden. Die
Kooperationspartner und Anbieter agieren
selbst vor Ort und kennen die Rahmenbedingungen ebenso wie die Bürger und Unternehmen aus dem tagtäglichen Kontakt –
es gibt ein direktes Feedback, so dass nicht
so leicht am Ziel vorbeigearbeitet wird.
Dann geht es natürlich um Gesundheit
in allen Aspekten, ein wesentlicher Faktor
nicht nur für die Lebensqualität aller Bürger, sondern auch in Hinblick auf die Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer in einem
wirtschaftlich attraktiven und leistungsstarken Umfeld wie Ingolstadt. Und in einem gut funktionierenden Netzwerk profitieren die Partner von einer effizienten und
guten kollegialen Zusammenarbeit, die
Leistungserbringer, die Bürger von einer
hervorragenden Gesundheitsinfrastruktur.
Ein regionales Gesundheitsnetzwerk ist ein
wichtiger Baustein für die Attraktivität und
Wirtschaftskraft einer Region. Nicht nur
deshalb wurde die Entwicklung regionaler
Gesundheitsnetzwerke vor einigen Jahren
über eine BMBF-Ausschreibung von Fördermitteln unterstützt. Auch in anderen
Regionen und Städten gibt es Gesundheitsnetzwerke, die wiederum ihre eigene lokale
Prägung und Ausgestaltung haben.
GO: Frau Merk, der Bedarf an medizinischer
Rehabilitation in Deutschland nimmt nach übereinstimmender Auffassung der Fachexperten in
den kommenden Jahren stetig zu. Das ist durch18
aus auf unterschiedliche Faktoren zurückzuführen. Die Menschen werden älter und müssen länger arbeiten. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit
von chronischen Erkrankungen. Aus dem Rehabilitationsbericht 2012 der Deutschen Rentenversicherung konnten wir entnehmen, dass Frauen
und Männer zu gut einem Drittel wegen Krankheiten der Muskeln, des Skeletts oder des Bindegewebes eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme bewilligt bekommen. Die Anzahl
der bewilligten ambulanten Rehabilitationsmaßnahmen ist bei den Frauen mit 19% und bei den
Männer mit 23% noch sehr gering. Woran könnte das nach Ihrer Ansicht liegen? Gibt es qualitative Unterschiede zwischen ambulanter und
stationärer Rehabilitation? Können diese Unterschiede das Ergebnis der Rehabilitationsmaßnahme beeinflussen und ggf. in welcher Form?
FRAU MERK: Da die Bewilligung der Rehabilitationsmaßnahmen durch jeweiligen
Kostenträger erfolgt, also die Krankenkassen, die Berufsgenossenschaft und natürlich die Deutsche Rentenversicherung,
kann ich zu den genannten Bewilligungsraten keine seriöse Aussage treffen. Ob eine
ambulante oder eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme indiziert und bewilligt wird, ist primär vom Erkrankungsbild
und den medizinischen Begleitumständen sowie der persönlichen Situation abhängig. Jede Rehabilitationsmaßnahme
wird so gut wie möglich auf den Rehabilitanden zugeschnitten, Ziel ist immer ein
bestmögliches Ergebnis innerhalb der von
Gesetzgeber und den Kostenträgern definierten Rahmenbedingungen. Einen qualitativen Unterschied im Sinne von „besser“
oder „schlechter“ im Sinne des rehabilitativen Ergebnisses gibt es daher nicht, wenn
die Zuordnung passt. Vorteile einer ambulanten Rehabilitation sind z.B. das wohnortnahe Setting und die Verbindung zum
privaten Umfeld. Bei einer stufenweisen beruflichen Wiedereingliederung kann Berufstätigkeit und Rehabilitation optimal
aufeinander abgestimmt werden.
GO: Frau Merk, ist es wichtig, dass die ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen sehr eng mit den Arbeitsmedizinern +
Gesundheitsnetzwerk
Leben
Vertragsärzten + dem Medizinischen Dienst der
Krankenversicherung zusammenarbeiten und
ggf. warum ist das wichtig?
FRAU MERK: Gerade im Bereich der Rehabilitation profitiert vor allem der Patient von einer guten Zusammenarbeit. Als
wichtige Partner sind hier unbedingt noch
zu nennen die Kostenträger bzw. Krankenkassen, die akutversorgenden Einrichtungen und bei im Berufsleben stehenden
Menschen der Arbeitgeber. Wenn alle Rädchen durch eine gute Kommunikation und
abgestimmte Kooperation ineinandergreifen, kommt das Beste heraus. Für den Rehabilitanden ist das manchmal gar nicht
bemerkbar – wenn ein Bruch da ist, fällt
es dafür sofort auf. Zu beachten ist hierbei
bei allen fachlichen Vorteilen der Partner
durch einen guten Informationsaustausch
der Datenschutz und der Wunsch und die
Privatsphäre des Patienten.
Gesundheit ist besonders wertvoll, daher wird in unserem Land dafür auch viel
in die gute gesundheitliche Versorgung investiert. Damit dies bei den bekannten demographischen und gesellschaftlichen Veränderungen in den nächsten Jahren und
Jahrzehnten so beibehalten werden kann,
müssen alle mit den verfügbaren Mitteln
gezielt und nachhaltig umgehen, eine gute
Zusammenarbeit aller Akteure im Gesundheitswesen ist dafür unerlässlich.
GO:Was wünschen Sie sich von den Partnern im
Gesundheitsnetzwerk Leben?
FRAU MERK: Eine weiterhin vertrauensvolle und innovative Zusammenarbeit –
alles andere ergibt sich dann von selbst.
Gemeinsam können wir noch vieles verbessern.
GO: Herzlichen Dank, Frau Merk, für die offenen und ehrlichen Worte und Ihre Anregungen. Wir haben den Eindruck gewonnen, in den
Reha-Einrichtungen wird alles getan, damit es
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut
geht und somit auch den Patienten, die zu ihnen
kommen. Wir wünschen Ihnen auch weiterhin
viel Glück und Erfolg. ■
GO – Das Gesundheitsmagazin der Region 10
REGIONALE GESUNDHEIT
REGIONALE GESUNDHEIT
Interview
mit
Dr. Martin
Gerneth
Leitender Arzt,
Facharzt für
Orthopädie
GO: Herr Dr. Gerneth, Sie sind der leitende Arzt im
Passauer Wolf City Reha. Die Passauer Wolf CityReha hat als Partner im Gesundheitsnetzwerk Leben
kürzlich eine sehr gezielte und nachhaltige betriebliche Gesundheitsförderungsmaßnahme gemeinsam
mit Frau Dr. Guba-Albert, der Arbeitsmedizinerin
für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Küche
des Klinikums Ingolstadt, durchgeführt. Wie wichtig
ist aus Ihrer Sicht gezielte und nachhaltige betriebliche Gesundheitsförderung? Können Sie ggf. auch
bei anderen Arbeitgebern, gemeinsam mit den Partnern im Gesundheitsnetzwerk Leben, gezielte Maßnahmen anbieten und durchführen? Welchen Vorteil
sehen Sie für den Arbeitgeber und die teilnehmenden
Beschäftigten?
DR. GERNETH: Die innerbetriebliche Gesundheitsförderung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Küche im Klinikum Ingolstadt vor
Ort war ein erster Schritt, den Präventivsektor
zu fördern & gleichzeitig die Gesundheitsförderung zu stärken.
Ziel der Krankheitsprävention ist die Vermeidung des Auftretens von Krankheiten der
Mitarbeiter. Die zentrale Strategie ist, die Auslösefaktoren von Krankheiten zurückzudrängen oder ganz auszuschalten.
Vom Begriff der Prävention abzugrenzen
ist der Begriff der Gesundheitsförderung.
Während es bei der Prävention um die Verringerung und Vermeidung von Risikofaktoren
geht, will die Gesundheitsförderung vor allem
die Schutzfaktoren erhöhen und die gesundheitlichen Lebensbedingungen stärken.
Grundsätzlich haben große Unternehmen
wie Audi in den beiden Bereichen bereits sehr
viel umgesetzt.
Gerade kleinen und mittelständigen Unternehmen ist es genauso anzuraten, diese beiden
Bereiche nachhaltig zu stärken.
Präventionsmaßnahmen haben zum Ziel,
die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken und zu erhalten. Dadurch
können auch Ausfallzeiten durch Krankheit
minimiert werden und chronischen ErkranGO – Das Gesundheitsmagazin der Region 10
kungen und Langzeitarbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden. Davon profitieren alle, Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Mittlerweile sind weitere BGM- und Präventionsmaßnahmen in verschiedenen Unternehmen der Region durchgeführt worden Die
Resonanz ist bisher ausnahmslos hervorragend, was uns zeigt, dass wir mit unserem Angebot richtig liegen. Die Programme werden
von einem engagierten und kreativen Team
um unseren Therapieleiter Herrn Meierl individuell ausgestaltet und professionell durchgeführt.
Neben den arbeitsplatznahen Formen der
Prävention führen wir in der Passauer Wolf
Reha-Klinik Bad Griesbach auch mehrtägige Programme durch, die die Mitarbeiter bewusst aus dem Arbeitsumfeld herausnehmen,
z.B. gibt es ein spezielles Konzept für Schichtarbeiter.
GO: Herr Dr. Gerneth, Sie haben das 1. Modul
„Einleitung einer orthopädischen / traumatologischen Reha-Maßnahme“ im Gesundheitsnetzwerk
Leben mit entwickelt. Inzwischen haben 124 Patienten die Reha-Sprechstunde in Ihrem Haus in Anspruch genommen. Die Patienten wurden von den
GO IN Ärzten oder auch von den Betriebsärzten
der AUDI AG und des Klinikums Ingolstadt zu Ihnen geschickt. Was passiert, wenn die Patienten zu
Ihnen in die Reha-Sprechstunde kommen?
HERR DR. GERNETH: Im Mittelpunkt steht
der Patient. Es sollte ohne Terminvereinbarung für ihn möglich sein, sich bezüglich
seiner orthopädisch-traumatologischen Beschwerden bei uns vorzustellen. Dies ist jeden
Dienstag von 15:00-17:00 Uhr (ausgenommen
Feiertage) im Ärztezentrum der Passauer Wolf
City-Reha Ingolstadt möglich.
Aktuell stellen sich hauptsächlich Patienten vor, die von zuweisenden Orthopäden, Unfallchirurgen, Hausärzten & Neurochirurgen geschickt werden. Auch die
Betriebsärzte von Audi und des Klinikums
Ingolstadt sind rege an dem Projekt beteiligt.
Das Ärzteteam der Passauer Wolf CityReha besteht aus drei Fachärzten. Wenn
die Voraussetzungen einer Rehabilitationsmaßnahme gegeben sind, unterstützen wir
die zuweisenden Ärzte ggf. mit telefonischer
Rücksprache in der Einleitung der orthopädisch-traumatologischen Rehabilitation.
GO: Auffällig ist, dass viele berufstätige Patienten
eine ambulante Rehabilitation machen möchten
und diese Maßnahme in der Regel von der Deutschen Rentenversicherung auch problemlos bewilligt bekommen. Was ist aus Ihrer Sicht der Vorteil
in der ambulanten Rehabilitation vor Ort? Gibt
es auch Nachteile?
HERR DR. GERNETH: Grundsätzlich muss
entschieden werden, ob der Patient für eine
stationäre oder ambulante Rehamaßnahme
geeignet ist. Die geschieht im Vorfeld bereits
in der Reha-Sprechstunde. Das Verbleiben
im persönlichen Umfeld und die Möglichkeit der flexiblen Kombination des Rehamaßnahme mit einer beruflichen Tätigkeit
sind z.B. Vorteile der ambulanten Rehabilitation. Die Maßnahme muss zum Krankheitsbild und den Rahmenbedingungen des
Patienten passen.
GO: Herr Dr. Gerneth, es wäre schön, wenn Sie
uns einen kleinen Einblick hinter die Kulissen erlauben. Dürfen wir einen Patienten während der
ambulanten Rehabilitation begleiten?
HERR DR. GERNETH: Sehr gerne, natürlich unter der Voraussetzung, dass er einverstanden ist.
GO: Wir danken Ihnen für das Vertrauen und
den Einblick in Ihre tägliche Arbeit. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg in der Zusammenarbeit mit den Partnern im Gesundheitsnetzwerk Leben. ■
19