Dr. Angela Büchel Sladkovic, Worb Weltgebetstag 2016 Kuba Die Friedensvision in Jesaja 11 Zeitliche Einordnung des Jesajabuches Jesaja gehört zu den wichtigsten Schriftpropheten des Judentums und des Christentums. Im Christentum eröffnet das Jesajabuch die Reihe der Propheten im Ersten (Alten) Testament. Das Buch besteht aus Texten, die unterschiedlich alt sind und von verschiedenen Autoren geschrieben wurden. Die verschiedenen Textteile wurden über einen langen Zeitraum immer wieder überarbeitet und schliesslich zu einem Ganzen zusammengefügt. Von Kapitel 11 weiss man nicht, ob es in einem Guss geschrieben wurde oder ob einzelne Verse später dazukamen. Vieles deutet darauf hin, dass grosse Teile des Jesajabuches schon bestanden. So geht man allgemein davon aus, dass die Friedensvision von Jes 11 nach der Zerstörung Jerusalems 587/86 v. Chr. und dem Exil geschrieben wurde. Das heisst, Kap. 11 gehört zu den späteren Texten. Der „Prophet Jesaja“ steht also für eine Gruppe von Autoren und Redaktoren, die eine gemeinsame Theologie vertraten. Geschichtlicher Kontext 722 eroberte die Grossmacht Assyrien das Nordreich Israels. Samaria wird zerstört und die Bevölkerung deportiert. Jes 1-39 erzählt warnend von dieser Bedrohung durch die Assyrer. Kapitel 10, das unserem Lesungstext unmittelbar vorausgeht, schildert die Schreckensherrschaft Assurs. 587/86 verliert auch das Südreich Juda seine Selbständigkeit. Die Hauptstadt Jerusalem wird zerstört. Das Land lebt unter der Herrschaft Babylons, der Krieg hat seine Spuren hinterlassen, die Bevölkerung darbt, die Kinder hungern. Jes 40-55 (und auch Jes 11) tröstet die Menschen, spricht von der Rettung durch Gott und einem Reich des Friedens. Jesaja 11,1-10 Mit dem Bild vom Baumstumpf, aus dem ein neuer Zweig ausschlägt, verspricht Jes 11 den Menschen in ihrer Hoffnungslosigkeit neues Leben. So elend die Situation auch ist, es kann etwas Neues anfangen. Für Recht und Gerechtigkeit zu sorgen war im Alten Israel Aufgabe des Königs. Jes 11 verheisst einen neuen König, der zwar aus der Familie Davids (Isai = Vater Davids) stammt, aber ganz anders ist (hat sich die Herrschaft Davids doch nicht bewährt > toter Baum). Der neue König handelt nicht aus sich, sondern aus der Geistkraft Gottes. Die Frucht seiner „göttlichen“ Herrschaft wird Friede sein und Gerechtigkeit. Die Gewalt wird ein Ende finden. Die Vision einer neuen Friedensordnung führt Jes 11 mit dem Bild des Tierfriedens aus: Die bedrohlichsten Tiere (Wolf, Löwe, Schlange) verhalten sich so, dass ein ungefährdetes Zusammenleben zwischen den gefährlichen und den gefährdeten Lebewesen (Lamm, Böckchen, Jungtiere, Kleinkind) möglich ist. Frieden geschieht durch Entfeindung. Biblische Bezüge - Körpersymbolik Jes 11 lässt mit seiner Vision die Schöpfungsgeschichten wie auch die Erzählung von der Arche Noah anklingen: die Welt ist gedacht als ein Lebens-Haus, in dem es kein Fressen und Gefressenwerden gibt und kein Kind mehr einen frühen Tod stirbt. Der messianische König wird sehr körperbezogen beschrieben (Mund, Lippen, Augen, Ohren, Hüften, Lenden). Doch interessanterweise fehlen in der Körpersprache des Jes die geläufigen Machtsymbole. Da ist kein ausgestreckter Arm, der Kraft bedeutet; kein Fuss, der auf den Unterworfenen steht; die Lenden sind gegürtet, aber die Waffen fehlen. Die Macht des Messias liegt in der Gerechtigkeit und der Treue. Struktur des Textes Jesaja 11 ist sorgfältig komponiert: Vers 1: Der Spross aus Isai bringt Frucht Vers 2-3a: Welcher Geist Gottes leitet ihn? Vers 3b-5: Durchsetzen von Gerechtigkeit Vers 6-9: Leben in Frieden Vers 10: Der Spross aus Isai wird zum Zeichen der Völker Vers 11-16: Gott führt die Menschen aus dem Exil heim nach Jerusalem wie damals das Volk aus dem Sklavenhaus Ägypten. Der Friede nimmt in Jerusalem seinen Anfang und breitet sich auf der ganzen Welt aus. (Verse wahrscheinlich nachträglich dazu gekommen) Literatur: Bernd Janowski, Mensch und Tier im alten Israel und heute, in: Bibel heute 166 (2006), S. 6-9. Ulrike Bechmann/Joachim Kügler, Kind und Reich Gottes. Bilder von Glaube, Friede und Hoffnung, Stuttgart: Bibelwerk 2015. Edward Hicks, The Peaceable Kingdom (um 1840), Brooklyn Museum Der Quäker William Penn war nicht der Meinung, dass die Indianer Menschen zweiter Klasse sind. Er hat sie nicht bekämpft, sondern mit ihnen verhandelt und Land abgekauft. Daraus wurde der spätere Bundesstaat Pennsylvania. (Bibel heute 166)
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