Wirksame Therapiestrategien

Posttraumatische
Belastungsstörung (PTSD)
Wirksame Therapiestrategien
Pharmakologische Intervention:
Antidepressiva und Anxiolytika
• Zur pharmakologischen Behandlung werden am häufigsten
Antidepressiva oder Anxiolytika eingesetzt.
• Mittel der Wahl: Selektive-Serotonin-WiederaufnahmeHemmer (= Selective-Serotonin-Reuptake-Inhibitors/ SSRIs)
Psychologische Intervention: Die drei Säulen
der kognitiv-behavioralen Therapie
I.
Die Entwicklung eines persönlichen Modells der
Störung und Psychoedukation über die Folgen von
Traumatisierung
II.
Das imaginative Nacherleben der Traumatisierung
bzw. die Konfrontation mit traumarelevanten Reizen
III. Die Restrukturierung kritischer Überzeugungen und
die Verminderung von dysfunktionalen
Verhaltensweisen, wie z.B kognitiver Vermeidung
I. Entwicklung eines persönlichen
Modells der Störung
• Erarbeitung des Zusammenhangs von traumarelevanten
Gefühlen, Gedanken, körperliche Reaktionen und
Vermeidungsstrategien
• Demonstration der paradoxen Effekte der Gedankenunterdrückung durch Verhaltensexperimente (z.B. „Schließen
Sie die Augen und denken Sie nicht an einen weißen Bären.“)
• Informationen über die üblichen Folgen von Traumatisierung
sollen einer katastrophisierenden Interpretation der
Symptomatik (z.B. „Nur ich werde damit nicht fertig!“)
entgegenwirken.
II. Imaginatives Nacherleben und Konfrontation
mit traumarelevanten Reizen
1. Imaginatives Nacherleben (Konfrontation in sensu)
• Der Patient wird gebeten, das Trauma in der Therapie
wiederholt (2- bis 3-mal pro Sitzung) „nachzuerleben“: Er stellt
sich vor seinem inneren Auge das traumatische Erlebnis in der
Reihenfolge der Ereignisse in allen Einzelheiten vor.
• Dabei beschreibt der Patient detailliert, was er erlebt.
• Von der Beschreibung wird eine Tonbandaufnahme
angefertigt, die der Patient zwischen den Sitzungen mehrfach
anhört.
Grundregeln des imaginativen Nacherlebens
Patient
• Der Patient beschreibt in der Ich-Form und im Präsens, was er
erlebt.
• Der Patient sollte nichts auslassen, einschließlich aller
sensorischen Eindrücke, Gedanken und Gefühle – auch, wenn
diese im Nachhinein falsch, peinlich oder unsinnig erscheinen
sollten.
• Möglichst die Augen geschlossen halten
• Gefühle kommen lassen, nicht unterdrücken
• Der Patient hat die Kontrolle über das Tempo des
Nacherlebens
• Der Patient soll den Kontakt zum „Hier und Jetzt“ nicht
verlieren
Grundregeln des imaginativen Nacherlebens
Therapeut
• Der Therapeut ist nonverbal zugewandt.
• Er macht unterstützende Bemerkungen, z.B. „Das machen Sie
sehr gut.“
• Er führt den Patienten ins Präsens zurück, wenn dieser in der
Vergangenheitsform spricht
• Er holt den Patienten ins Nacherleben zurück, wenn dieser
verstummt, z.B. „Was passiert jetzt?“
• Er stellt kurze Fragen zu sensorischen Eindrücken, Gefühlen
und Gedanken, z.B. „Was denken Sie?“
• Er lässt wiederholt einschätzen, wie belastend das
Nacherleben ist.
2. Konfrontation in vivo
• Der Patient konfrontiert sich mit Reizen, die an das Trauma
erinnern, aber bisher vermieden wurden (z.B. bestimmten
Orten, Gegenstände oder Situationen).
• Es werden lediglich Reize verwendet, die keine reelle Gefahr
darstellen.
Ziele
• Diskrimination „damals vs. heute“ steigern, z.B. wird am Ort
des Geschehens verglichen, wie der Ort jetzt aussieht und wie
er zum Zeitpunkt des Traumas aussah
• Übergeneralisierung von Gefahr abbauen: In
Verhaltensexperimenten kann die Vorhersage, dass etwas
Schreckliches eintreten wird, wenn die gefürchtete Situation
aufgesucht wird, widerlegt werden.
III. Rekonstruierung kritischer Überzeugungen
und Verminderung von Verhaltensweisen,
welche die PTSD aufrecht erhalten
Ziele
• Entdecken und Verändern dysfunktionaler Annahmen und
Interpretationen
• Reattribution von Schuld und Verantwortung
• Veränderung des oft negativen Bildes der eigenen Person
• Abbau von Grübeln, Gedankenunterdrückung oder anderen
Formen kognitiver Vermeidung
Beispiele für dysfunktionale Kognitionen
Was wird interpretiert?
Interpretation
Eintreten des traumatischen
Ereignisses
„Ich bin nirgends sicher.“
„Das nächste Unglück steht bevor.“
Das Ereignis passierte mir.
„Ich ziehe Unglück an.“
Symptome wie Reizbarkeit
oder Wutausbrüche
„Meine Ehe wird in die Brüche
gehen.“
Intrusionen
„Ich werde verrückt!“
Positive Reaktionen anderer
Menschen
„Sie denken, ich bin zu schwach, um
damit klarzukommen.“
Negative Reaktionen anderer
Menschen
„Ich kann mich auf niemanden
verlassen.“
Negative Konsequenzen des
Traumas, z.B. körperliche
Folgen
„Mein Körper ist ruiniert.“
„Ich werde nie mehr ein normales
Leben führen können.“
Allgemeines Vorgehen zur Veränderung
dysfunktionaler Kognitionen
•
Anhand der Konfrontationsübungen werden zentrale
dysfunktionale Kognitionen identifiziert
•
Pro Sitzung werden ein bis zwei Kognitionen durch
sokratischen Dialog oder geleitetes Entdecken bearbeitet:
1. Einschätzung der subjektiven Gültigkeit der Kognition
2. Disputation der Kognition („Welche Belege sprechen für,
welche sprechen gegen die Gültigkeit der Annahme?“)
3. Erneute Einschätzung der subjektiven Gültigkeit
4. Entwicklung von hilfreichen alternativen Kognitionen
5. Einüben der alternativen Kognitionen in den
Imaginationsübungen
Typische kognitive Techniken
1. Demonstrationen zum Zusammenhang von Gedanken
und Gefühlen
„Immer, wenn ich denke, ich hätte es verhindern können,
fühle ich mich noch trauriger und schlechter.“
2. Betrachtung von Befürchtungen und Erwartungen als
Hypothesen, die man testen kann: Gebrauch von
Wahrscheinlichkeitsschätzungen, Beweissammlungen
und Verhaltensexperimenten
„Sie befürchten, dass Sie nicht mehr aufhören können zu
weinen, wenn Sie mir genau erzählen, was vorgefallen ist.
Haben Sie schon einmal einen Menschen erlebt, der bei einer
traurigen Erinnerung nie mehr aufhören konnte zu weinen?“
3. Die logische Analyse von Gedanken und Überzeugungen
„Wenn Sie sich an das Ereignis erinnern, dann denken Sie,
Ihr Leben sei ruiniert. Bedeutet das, dass in ihrem Leben nie
mehr etwas Positives passieren wird? Welche Dinge
genießen Sie in Ihrem Leben?“
4. Advocatis diaboli Technik
„Sie werfen sich vor, dass Sie sich als Kind nicht gegen die
sexuellen Übergriffe Ihres Vaters gewehrt haben. Wie kam es
dazu? Wie haben Sie Ihren Vater dazu gebracht, Sie zu
missbrauchen? Warum haben Sie sich nicht stärker
gewehrt?“
5. Dem Patienten helfen, sich mit den Augen des Menschen
zu sehen, der er vor der Traumatisierung war
„Sie meinen, Sie hätten den Unfall verhindern können, wenn
Sie an dem Tag das Auto nicht benützt hätten. Was dachten
Sie an jenem Morgen, bevor Sie losfuhren? Als wie groß
schätzten Sie an dem Morgen das Risiko ein, dass Sie den
Tod eines Menschen herbeiführen könnten?“
6. Die Entwicklung alternativer und hilfreicher Gedanken
und Erwartungen
„Wenn ich anderen von den belastenden Erinnerungen
erzähle, werde ich vielleicht recht traurig werden, aber das
wird vorüber gehen. Die anderen werden verstehen können,
warum ich so traurig bin.“