Geschichte Das og. Gebäude wurde als einfaches Wohnhaus mit Stadel für den Kaminkehrermeister Josef Feuerstein von Baumeister Josef Anton Albrich 1884 erbaut. Josef und Elisabeth Kalb dürften das Haus noch vor der Geburt ihres Sohnes Edmund, also vor dem Jahr 1900, erworben haben. Josef Kalb (1868-1946) fühlte sich zwar als Kunstmaler, verdiente seinen Unterhalt aber vorwiegend als Schriften-, Schilder- und Wappenmaler und brachte es dadurch zu einigem Wohlstand. Im Jahr 1903 ließ Josef Kalb durch Johann Alois Albrich den Stadel zu einer Werkstatt, das Obergeschoß zu Wohnräumen umbauen und einen Erker mit Quergiebel zur Straßenfront vorsetzen. 1907 erfolgte ebenfalls durch Johann Alois Albrich eine turmartige Erweiterung mit drei Geschossen zur Gartenseite und schon wenige Jahre später wurde ein gartenseitiger Schopf zu einem weiteren Quergiebel mit Wohnräumen ausgebaut und eine Veranda angebaut. Baumeister Johann Alois Albrich (1865-1944) hatte die Baufachschule in Stuttgart besucht, die Zimmermannsprüfung abgelegt und das von seinem Vater Josef Anton Albrich gegründete Bauunternehmen unter dem Namen J.A. Albrich weitergeführt. Seine bedeutenden Kenntnisse und Fähigkeiten führten dazu, dass er als Sachverständiger für Bauten herangezogen und in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts zum technischen Rat ernannt wurde. Eine Reihe von wichtigen Bauten wurde von ihm und seinem Bauunternehmen in und außerhalb Dornbirns ausgeführt, einige davon stehen bereits unter Denkmalschutz: das Rathaus Dornbirn, das Kapuzinerkloster, verschiedene Villen in Dornbirn Oberdorf (z.B. Villa Guntram Hämmerle, Dr. Waibel Straße 14) und die Villa Spiegel in der Mozartstraße 7. Außerhalb Dornbirns zählen die Lingenauer Tobelbrücke und die Kraftwerksbauten in Partenen zu seinen bedeutendsten Bauten. Das sogenannte Kalbhaus ist das Elternhaus des bekannten Vorarlberger Malers Edmund Kalb (1900-1952), das er auch bis zu seinem Tod bewohnte. Sein erster Lehrmeister war sein Vater, ab 1926 studierte er an der Akademie der Bildenden Künste in München und unternahm zahlreiche Studienreisen in Deutschland, nach Tschechien und Italien. Ende der 1920er Jahre entstanden rund 400 Porträts und etwa 700 Selbstbildnisse, durch die er bekannt wurde und durch die er auch internationale Anerkennung genießt. Beschreibung Das sogenannte Kalb-Haus ist unweit des Stadtzentrums von Dornbirn neben dem Bezirksgericht situiert. Der Kernbau von 1884 und der zu Werkstatt- und Wohnzwecken ausgebaute Teil von 1903 präsentieren sich heute einheitlich mit gemauertem Erdgeschoß, verschindeltem Obergeschoß und durchgehendem Krüppelwalmdach mit Eternitdeckung. In klassizistischer Manier sind die großteils versprossten Fenster hochrechteckig mit Architravverdachungen und Jalousieläden gestaltet. Deutliche Anklänge an den Jugendstil zeigt dagegen die aufwändige Veranda zur Straße. Sie ruht auf profilierten Stützen, hat auf der Höhe des ersten Obergeschosses verziert ausgesägte Brüstungsbretter und hölzerne Rundbögen, die ursprünglich nicht verglast waren. Die Zwickel der Rundbögen und ein Feld des mit geschwungenem Fachwerk gestalteten Giebels zeigen geschnitzte florale Jugendstilmotive. Die restlichen Ausfachungen hat der Schriftenmaler Josef Kalb mit Sinnsprüchen ausgefüllt. Bekrönt wird das Krüppelwalmdach der Veranda mit einer Laterne. Zur Gartenseite steht der dreigeschossige 1907 angebaute Turm unter Krüppelwalmdach mit zwei gemauerten Geschossen, das oberste Geschoß ist verschindelt und hat an zwei Seiten ein dreiteiliges gekoppeltes Fenster. Im Giebel wiederholt sich das Fachwerk der strassenseitigen Veranda. An der Gartenseite leitet eine weitere Veranda mit zwei Rundbögen und verziert ausgesägten Brüstungsbrettern über zu dem Anbau, der aus dem vor 1907 bestehenden Schopf entstanden ist. Dieser Anbau unter Krüppelwalmdach zeigt über dem ersten Obergeschoß ein umlaufendes geschnitztes Gesims auf kleinen Konsolen und eine dem Obergeschoß vorgelagerte Veranda mit kunstvoll geschnitzten Pilastern und einem blechernen Halbzwiebeldach. Im Erdgeschoß des 1903 ausgebauten Stadels befand sich die Werkstatt Josef Kalbs, heute wird dieser Raum ` mit unveränderten Fenster- und Türöffnungen ` als Geschäftsfläche genutzt. Der Hauseingang befindet sich immer noch am Wohnhausteil von 1884 an der Straßenfront zur Schillerstraße. Der Keller weist eine sogenannte Preussische Kappendecke (flache Tonnengewölbe zwischen Eisentraversen) auf. Der Flur im Erdgeschoß zeigt einen Fliesenboden, eine abgewendelte bauzeitliche Treppe mit einem Geländer aus gedrechselten Stäben führt ins Obergeschoß. Beeindruckend und nahezu einzigartig in Vorarlberg ist aber die Gestaltung von Wänden und Decken des Stiegenhauses: Nach Vorlagen aus Maler-Dekorationszeitschriften hat sie Josef Kalb über und über mit Figuren- und Städteszenen sowie floralen Schmuckmotiven im Jugendstil bemalt. Die Wohnräume haben zum Teil noch Türen mit Kastenschlössern und fast ausschließlich bauzeitliche Fenster, oft mit Triebstangenverriegelungen. Der am reichsten ausgestattete Raum ist die Stube im Obergeschoß mit Täfelungen an Wand und Decke, die noch zusätzlich Weinrankenmotive zeigen. Auch die an einer feingliedrigen Kette hängende reich dekorierte Deckenlampe stammt aus der Zeit um 1900. Die angrenzende Veranda zur Straßenfront ist ähnlich reich ausgemalt wie das Treppenhaus. In der rechten Haushälfte, die aus dem 1903 ausgebauten Stadel entstanden ist, weisen die Wohnräume bauzeitliche Ausstattung auf, z.T. glatte Wand- und Deckentäfelungen, zwei Kachelöfen, Rolllädenkästen, Fischgrätparkettböden und einen Intarsienboden. Der Dachstuhl ist seit der Zeit um 1907 unverändert geblieben. Die geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung ist ` wie folgt ` gegeben: Aus dem schlichten Wohnhaus des Kaminkehrermeisters Feuerstein ließ Josef Kalb durch Johann Alois Albrich ein villenartiges Gebäude gestalten. Der Baumeister orientierte sich dabei an den Fabrikantenvillen in Dornbirn-Oberdorf, insbesonders an der durch einen Turmanbau akzentuierten Villa Guntram Hämmerle (Dr. Waibel Straße 14). Josef Kalbs großbürgerliche Vorbilder lassen sich auch im Inneren des Hauses an den Malereien und Täfelungen erkennen. Insgesamt weist das Haus seit der letzten Bauphase um 1907 einen nahezu unveränderten Erhaltungszustand auf und nimmt durch die reiche Jugendstilausmalung eine Sonderstellung in Vorarlberg ein. Zudem hat das Haus als Eltern- und Wohnhaus des bekannten Malers Edmund Kalb auch historische Bedeutung. Im Zusammenhang damit wird auch auf folgende Literatur/alte Ansichten/Pläne verwiesen: • • • • • Stadtarchiv Dornbirn Bauakten Zl. 39/1884, 84/1903, 70/1907 Dehio Vorarlberg. Wien 1983, S 157 Robert Fabach, Arno Gisinger, Werner Matt: Unsichtbare Stadt. Erkundungen & Betrachtungen in der Stadt Dornbirn. St.Pölten, Salzburg 2011, S 84ff Helmut Kuess, Hermann Fetz: Ortsbildinventar Dornbirn Stadtzentrum. Bregenz 1993, B-162 Edmund Kalb 1900-1952. Katalog u. Buchausgabe. Bregenz, Dornbirn 1994, S 11f Mit freundlichen Grüßen i.A. Alice Drechsler Alice Drechsler Landeskonservatorat für Vorarlberg Bundesdenkmalamt 6900 Bregenz, Amtsplatz 1 T +43 5574 42101 10 F +43 5574 42101 16 M +43 676 88325 474 E [email protected] www.bda.at
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