Max Arnold höchster Thurgauer

20 Thurgau
Donnerstag, 28. Mai 2015
Max Arnold höchster Thurgauer
Der Grosse Rat hat gestern SVP-Kantonsrat Max Arnold zu seinem neuen Präsidenten gewählt.
Zuhören und andere Meinungen akzeptieren – diese Tugenden mahnt Arnold den Kantonsräten an.
CHRISTOF WIDMER
FRAUENFELD. Fliegender Wechsel
im Grossen Rat: Die abtretende
Präsidentin Sonja Wiesmann
(SP, Wigoltingen) räumte gestern
während der Sitzung ihren Stuhl
auf dem Podest des Ratssaals.
Der neu gewählte Grossratspräsident Max Arnold (SVP, Weiningen) packt auf dem Platz daneben seine Unterlagen und
rückt auf den Präsidentenstuhl
nach. 102 der 124 anwesenden
Kantonsrätinnen und Kantonsräte haben ihm ihre Stimme gegeben.
«Das Entscheidende in unserem Leben sind nicht die Ereignisse, sondern das, was wir daraus machen», zitierte Arnold den
Arzt Albert Schweitzer. Der Grosse Rat könne die Welt nicht verändern. Die Kantonsrätinnen und
Kantonsräte könnten aber dafür
sorgen, dass alles geordnet ablaufe. Das Parlament könne Rahmenbedingungen schaffen, um
dem Kanton und der Wirtschaft
Handlungsspielraum zu geben.
Nicht auf Standpunkt beharren
An die Kantonsrätinnen und
Kantonsräte würden hohe Anforderungen gestellt, erinnerte Arnold. Sie müssen zuhören können, andere Meinungen akzeptieren können und Gelassenheit
an den Tag legen. «Mir scheint,
diese Tugenden sind im Rat
verloren gegangen», konstatierte
der neue Ratspräsident. Er beobachtet, dass in Voten vermehrt
eigene Standpunkte gebracht
werden. Die genannten Tugenden wolle er als Ratspräsident
wieder fördern.
Toleranz und Respekt, nicht
gegenseitige Anschuldigungen
brächten den Kanton weiter. Mit
sachlichen Vorschlägen solle der
Grosse Rat der Regierung helfen,
Temp-30-Zonen
im Visier
Neues RPK-Mitglied – Marianne
Guhl (SP, Steckborn) ist gestern
als neues Mitglied der Raumplanungskommission des Grossen
Rats gewählt worden. Sie ersetzt
die zurückgetretene sozialdemokratische Kantonsrätin Renate
Bruggmann. (wid)
Bild: Reto Martin
Der neue Grossratspräsident Max Arnold (r.) gratuliert dem neuen Regierungspräsidenten Jakob Stark zur Wahl.
bessere Lösungen zu finden,
mahnte Arnold.
Gallus Müller Vizepräsident
Zum Vizepräsidenten wählte
der Grosse Rat CVP-Kantonsrat
Gallus Müller (Guntershausen).
Er erhielt 101 von 124 abgegebenen Stimmen. Müller dürfte damit im Amtsjahr 2016/17 Grossratspräsident werden. Er ist Präsident der CVP Thurgau. Ausser-
Finanzdirektor Jakob Stark
(SVP) ist Regierungspräsident
im Amtsjahr 2015/2016. Der
Grosse Rat hat ihn gestern mit
103 von 123 Stimmen gewählt.
Er tritt am 1. Juni zum zweiten
Mal ein Präsidialjahr an. Vize-
präsidentin wird Monika Knill
(SVP). Sie erhielt 111 von von 122
abgegebenen Stimmen. Damit
machte sie das beste Resultat im
gestrigen Wahlreigen.
Der Regierungsrat wird ab 1. Juni
erstmals eine Frauenmehrheit
Gelübde Komposch in der Pflicht
«Respektvoller Umgang»
Zuvor blickte die abtretende Grossratspräsidentin Sonja
aufweisen. Dann wird Cornelia
Komposch (SP) ihren Parteikollegen Claudius Graf-Schelling ins Amt folgen. Weiter gehören dem Regierungsrat Kaspar Schläpfer (FDP) und Carmen Haag (CVP) an. (wid)
Wiesmann zurück: «Es war eine
Ehre und grosse Freude, den
Grossen Rat präsidieren zu dürfen.» Sie habe den Thurgau der
Feste, der Vereine, des Sports
oder den Kanton als Wirtschaftsstandort kennenlernen dürfen.
Als Kontrapunkt zu Arnold charakterisierte sie den Parlamentsbetrieb als geprägt von respektvollem Umgang untereinander.
Sie sprach von wertschätzenden
Haltungen, die über die Parteigrenzen hinweg zu spüren seien.
Sie schloss ihr Präsidialjahr mit
ihrem um den letzten Teil ergänzten Leitsatz für ihr Präsidialjahr: «Vom Thurgau, für den
Thurgau – immer Thurgau».
Büro gewählt – Der Grosse Rat
hat gestern sein Büro für das
Amtsjahr 2015/2016 gewählt. Die
bisherigen Mitglieder des Ratssekretariats Brigitte Schönholzer
(SVP, Sulgen) und Willy Weibel
(CVP, Balterswil) wurden ebenso
bestätigt wie die bisherigen Stimmenzähler Inge Abegglen (SP, Arbon), Konrad Brühwiler (SVP,
Frasnacht), Marion Theler (GP,
Bottighofen) und Fritz Zweifel
(FDP, Scherzingen). (wid)
GSAAT ISCH GSAAT
Die Sitzung ist nicht beendet.
Sie müssen nicht aufstehen.
Der neue Ratspräsident Max
Arnold kämpft gegen die
Aufbruchstimmung im Saal.
Ich habe Mühe, die Diskussion
nicht zu verpassen.
Finanzdirektor Jakob Stark hält
aber mit dem raschen Tempo bei
der Beratung des TKB-Geschäftsberichts mit.
Die fünf Bezirke und der See
Ein T-Shirt als Abschiedsgeschenk symbolisiert das Werk des
abtretenden Justiz- und Sicherheitsdirektors Claudius Graf-Schelling.
CHRISTOF WIDMER
FRAUENFELD. «Du hast das Bild
Bild: Reto Martin
Der Grosse Rat hat die neue Regierungsrätin Cornelia
Komposch mit dem Amtsgelübde in die Pflicht genommen. Sie tritt ihr Amt am 1. Juni an.
Der Agro Food Innovationspark bekommt einen eigenen Geschäftssitz. Der
Stadtrat Frauenfeld hat zugesagt, ein Gebäude am Bahnhof zu vermieten.
WARTH. Der Thurgauer Agro
Food Innovationspark ist keine
Vision mehr. Er bekommt einen
Geschäftssitz. «Wir haben am
Dienstag das OK der Stadt Frauenfeld bekommen, dass wir das
Park-and-Ride-Gebäude
am
Bahnhof mieten können», sagte
Meiert J. Grootes, Projektleiter
des Innovationsparks, gestern an
einem Workshop in der Kartause
Ittingen. Die Idee hinter dem
Innovationspark ist es, Forschungsinstitute wie Agroscope
Tänikon,
Entwicklungslabore
und Unternehmen aus der Land-
dem ist er Präsident des Thurgauer Hauseigentümerverbands.
Regierungsrat Jakob Stark tritt zweites Präsidialjahr an
Die Vision wird real
MICHÈLE VATERLAUS
Rücktritt
–
SVP-Kantonsrat
David Blatter (Kreuzlingen) gab
gestern seinen Rücktritt aus dem
Grossen Rat auf den 1. Juli bekannt. Der Schritt sei für ihn
persönlich nicht einfach, heisst
es in seinem Rücktrittsschreiben.
Grund dafür sei ein beruflicher
Neuanfang. (wid)
Neu im Rat – In der SP-Fraktion
gibt es zwei neue Gesichter. Gestern haben Christine Steiner-Eggli (Steckborn) und Felix Züst
(Hauptwil) ihr Amtsgelübde abgelegt. Sie folgen auf Cornelia
Komposch (Herdern) und Renate
Bruggmann (Kradolf). (wid)
FRAUENFELD. FDP-Kantonsrat Max
Möckli (Schlatt) will in einer
Einfachen Anfrage vom Regierungsrat wissen, wie viele Tempo-30-Zonen es im Kanton gibt.
Er verweist darauf, dass laut
Bundesrecht die Wirksamkeit einer solchen Zone nach einem
Jahr überprüft werden muss.
Möckli fragt, ob es solche Auswertung bezüglich Unfallhäufigkeit, Lärmimmissionen und
Schadstoffausstoss gibt. Auch erkundigt er sich nach allfälligen
Zusatzmassnahmen, falls die Zonen die angestrebten Vorgaben
nicht erfüllt haben. (wid)
RATSJOURNAL
und Ernährungswirtschaft an einem Ort zu vereinen. Sie sollen
sich gegenseitig inspirieren, um
neue Produkte und Technologien zu entwickeln. Kernthema
am Workshop waren – und werden es für den Innovationspark
sein – die Auswirkungen der
Digitalisierung auf die Landund Ernährungswirtschaft. «Wir
bringen Anspruchsgruppen an
einen Tisch, die sonst nicht miteinander reden oder sich gar
nicht kennen», sagte Grootes.
Das soll einen offenen Austausch
fördern, der für das Vorwärtskommen Bedingung sei. Bereits
gestern hat es die Projektgruppe
geschafft, verschiedene Anspruchsgruppen an einen Tisch
zu bringen: Rund 50 Entscheidungsträger aus der Land- und
Ernährungswirtschaft sowie aus
Wirtschaft und Wissenschaft waren anwesend. «Die Teilnehmer
haben aktiv diskutiert. Das Feedback war positiv. Es heisst unisono: Wir brauchen den Park»,
sagte Grootes. Er hofft, dass er
über den Workshop Projektteilnehmer gewinnen kann. Mit im
Boot ist bereits das World Food
System Center der ETH. Kontakte hat Grootes auch ins Silicon
Valley geknüpft. Dort wird er
Ende Juni persönlich hinreisen.
des Thurgaus verändert» – mit
diesen Worten verabschiedete
Grossratspräsidentin
Sonja
Wiesmann Regierungsrat Claudius Graf-Schelling. Dieser ist
gestern nach 15jähriger Amtszeit
das letzte Mal als Regierungsrat
im Grossen Rat aufgetreten. Das
Parlament zeigte mit langem Applaus seinen Respekt vor dem
Wirken Graf-Schellings.
Wie Graf-Schelling das Bild
des Kantons verändert hat, zeigt
ein T-Shirt, das ihm Wiesmann
überreichte. Es sei ein Unikat,
versicherte sie. Aufgedruckt ist
der Kanton mit den fünf Bezirken – so wie sie heute nach der
von Graf-Schelling vorangetriebenen Bezirksreform dastehen.
Zum Kanton gehört auf dem
T-Shirt aber auch der Bodensee –
so wie er auch auf dem Kantonslogo auf Graf-Schellings Initiative ebenfalls dargestellt ist.
Zukunftsfähiger Thurgau
Unzählige Projekte habe GrafSchelling in den 15 Jahren erfolgreich umgesetzt, sagte Wiesmann. Sie nannte unter anderem die Digitalisierung in den
Ämtern oder die Reformen der
Bezirke und zuletzt der Kreise.
Damit habe er federführend
dazu beigetragen, dass der
Thurgau zukunftsfähig bleibe.
Dass er bei den zahlreichen
Reformen ein forsches Tempo
Bild: Reto Martin
Claudius Graf-Schelling freut sich über sein Abschiedsgeschenk.
eingeschlagen hat, räumte GrafSchelling gestern ein. «Ich bin
der festen Überzeugung, dass
eine Gesellschaft in einer sich
rasant verändernden Welt die
Fähigkeit zur Reform haben
muss. Sonst verkümmert sie»,
sagte er. Forsches Tempo sei
aber von blosser Hektik zu
unterscheiden.
Der Arboner Graf-Schelling
mahnte, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Boden-
seeraum weiterhin hochzuhalten. Die engen Verbindungen
stärkten die gesamte Region.
«Vorbildliche Kollegialität»
Graf-Schelling dankte in seiner Abschiedsrede dem Regierungskollegium für die «geradezu vorbildliche Kollegialität».
Ebenso lobte er die gegen Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Departement für Justiz und Sicherheit für ihre Arbeit.