`Schellen-Urslis` Glocke als ein Turm

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KLARTEXT
B ü n d n e r Ta g b l a tt
D o n n e r s t a g , 3 0. A p r i l 2 0 1 5
T O U R I S M U S F O R U M Urs Wohler über die Grenzen der Positionierung
«Lieber ‘Schellen-Urslis’ Glocke als ein Turm»
S
«Schellen-Ursli» ist seit 70 Jahren das
gleichnamige Buch von Selina Chönz
und Alois Carigiet, welches in viele Sprachen übersetzt wurde und eines der beliebtesten Kinderbücher der Schweiz ist.
«Schellen-Ursli» ist auch der Film, welcher im Oktober in die Schweizer Kinos
kommt. Und 2016 in die deutschen. Und
vermutlich auch in die japanischen, weil
Carigiet in Japan hoch angesehen ist.
«Schellen-Ursli» ist auch Teil der Ausstellung im Museum in Trun, wo noch
bis am 30. Mai eine Ausstellung über den
Trunser Alois Carigiet gezeigt wird; zu
dessen 30. Todestag. «Schellen-Ursli» ist
auch «Sohn» von «Künstler, Kinderbuch-Zeichner und Autor, Grafiker, Bühnenbildner: Alois Carigiet», dem das
Landesmuseum in Zürich eine Ausstellung widmet und sein ganzes künstleri-
sches Spektrum zeigt; vom 12. Juni bis 3.
Januar 2016. «Schellen-Ursli» ist auch
Goldmünze und Briefmarke. Und nicht
zuletzt Sinnbild für den jährlichen Chalandamarz im Engadin.
Die Anzeichen, dass der Kinofilm zu
einem grossen Erfolg werden kann, stehen gut auf diesem Fundament! Sonst
gäbe es kaum ein Interesse für über 40
Vorpremieren in der Schweiz; ausgehend von der Weltpremiere in
Chur! Die Verfilmung des berühmten Kinderbuchs bietet
der Region rund um Guarda
die einmalige Chance, noch
stärker für «Schellen-Ursli»
zu stehen. Mit namhafter
Unterstützung von Bund und
Kanton, der Gemeinde sowie der
Ferienregion realisiert Guarda mit der
Pro Guarda und Guarda Turissem in den
nächsten Jahren zahlreiche Projekte,
welche die Werte des «Schellen-Urslis»
vor Ort erlebbar machen. Nebst dem
Neuausbau des «Schellen-Ursli»-Erlebniswegs, der Besucherlenkung und der
touristischen Ortstafeln in und um Guarda steht ein Nutzungskonzept für ein
Haus, das sich komplett dieser Thematik
widmet, im Zentrum der Erlebnisinszenierung rund um «Schellen-Ursli». Die
Verfilmung der berühmten Kindergeschichte macht die Heimat des Protagonisten und mit ihr eine ganze Bergregion
stolz. Selina Chönz ist im Engadin aufge-
«Die Verfilmung
bietet der Region
rund um Guarda
die einmalige
Chance»
wachsen und lebte zeitweise in Guarda,
Alois Carigiet liess sich während seinen
Aufenthalten im Terrassendorf von der
Region, ihrer Natur und der Kultur für
die Zeichnungen inspirieren und somit
war, ist und bleibt «Schellen-Ursli» ein
Engadiner. Das Kinderbuch und der
Film «Schellen-Ursli» mögen nicht komplett auf echten Personen basieren. Die
zugrunde liegenden Geschichten und
Werte sind aber real und werden hier
nach wie vor gelebt und authentisch erlebbar gemacht. Das ist der Ausgangspunkt für den Film und für eine erfolgreiche Positionierung. Am Ferientag von
Schweiz Tourismus, dem Branchentreffen der ganzen Schweiz, wurde
letzte Woche einmal mehr die
Wichtigkeit von Angebot,
Qualität, Positionierung und
Image betont! Und dass die
Destinationen dafür verantwortlich seien. Gerade jetzt,
bei einem SchweizerfrankenEuro-Wechselkurs nahe eins,
bei bis zu 50 Prozent günstigeren
Produktionsbedingungen im Euro-Ausland, unglaublich massiven Werbekampagnen unserer Freunde von ennet den
Grenzen mit dem Ziel «Schweizer Gäste,
kommt zu uns!», ist die Arbeit an den
eigenen Stärken und an der Kommunikation derselben entscheidend wichtig.
Die eigenen Stärken sind das, was es hier
und möglichst exklusiv gibt. Quasi unsere DNA. Das, was uns definiert. Nicht
das, was es anderswo günstiger oder
besser auch schon gibt! Denn die touristische DNA kann kein Marketingkonstrukt sein, sondern sie gründet auf einer
tiefen Akzeptanz in der Bevölkerung vor
Ort. Touristiker können nichts als DNA
verankern, was nicht zur DNA vor Ort
passt! So gesehen ist die Glocke vom
«Schellen-Ursli» grösser als der StoffelTruffer-Turm hoch ist. Weil «SchellenUrsli» echt ist und Bündner Wurzeln hat.
Während der Valser Turm Volk und Himmel spaltet. Dabei gibt es in Vals Stein
und Wasser; beides berühmt.
Und eine archaische Landschaft mit
viel Kultur und Geschichten, inklusive
historischem Heiratsverbot zwischen
Valsern und Romanen. Genügend Stoff
für eine erfolgreiche Positionierung!
URS WOHLER ist seit 2005 Direktor
der Tourismus Engadin Scuol Samnaun
Val Müstair AG.
H I N T E R G R U N D Stefan Trachsel, SDA, über die internationalen Reaktionen auf die Hinrichtungen von Drogenschmugglern
Indonesien wegen Hinrichtungen am Pranger
N
Australien wird nach der Hinrichtung
zweier in Indonesien als Drogenschmuggler verurteilter Australier seinen Botschafter aus Jakarta zu Konsultationen zurückrufen. Das teilte der
australische Ministerpräsident Tony
Abbott gestern in Canberra mit. Ungeachtet internationaler Proteste waren
die acht Männer am Mittwoch um kurz
nach Mitternacht Ortszeit auf der Insel
Nusakambangan vor ein Erschiessungskommando gestellt worden.
Scharfschützen zielten auf vier Nigerianer, zwei Australier, einen Brasilianer
und einen Indonesier. Eine 30-jährige
Philippinerin wurde in letzter Minute
verschont. Eine andere Frau, die verdächtigt worden war, sie als Drogenkurierin missbraucht zu haben, stellte sich
tags zuvor der Polizei auf den Philippinen. Canberra werde den Botschafter zu
Konsultationen zurückrufen, sobald
die sterblichen Überreste der beiden
Australier auf dem Weg nach Australien
seien, teilte Regierungschef Tony Abbott mit.
«Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen», sagte er vor
der Presse. Gleichzeitig betonte er aber,
die Beziehungen zu Indonesien seien
wichtig. «Wir müssen vorsichtig sein
und sicherstellen, dass unser Ärger eine
schlimme Situation nicht noch schlimmer macht.» Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verurteilte die Vollstreckung als «sinnlosen, tragischen und verheerenden vom
Staat sanktionierten Mord». Amnesty
warf Indonesien Missachtung aller
Menschenrechtsstandards vor. Indonesien müsse umgehend ein Moratorium
gegen die Todesstrafe einführen, verlangte Südostasiendirektor Rupert Abbott. «Wir stehen hinter den Familien
derjenigen, die brutal hingerichtet wurden, durch einen sinnlosen, tragischen
und verheerenden vom Staat sanktionierten Mord», sagte Diana Sayed von
Amnesty Australien.
Auch ein Appell von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon, die Exekutionen
auszusetzen, verhallte ungehört. Die
härtesten Strafen seien nötig, um Drogenhändler abzuschrecken und den
Drogenmissbrauch einzudämmen, lautet die Argumentation. Indonesien
zählt zu den Ländern mit den strengsten Drogengesetzen weltweit. Erst im
Januar waren unter internationalem
«
Seit Amtsantritt
von Präsident
Joko Widodo
im Herbst 2014
hat Indonesien damit
14 Menschen wegen
Drogenschmuggels
hingerichtet
»
Protest sechs Menschen wegen Drogendelikten hingerichtet worden, darunter
fünf Ausländer. Nach den wochenlangen Protesten gegen die Hinrichtung
waren in der Nacht Dutzende Reporter
und Kritiker der Todesstrafe in Cilacap
nahe der Hinrichtungsinsel Nusakambangan zusammengekommen. Es wurden Mahnwachen abgehalten. Auch in
Australien wachten Menschen die
Nacht durch. Mancherorts wurden Kirchenglocken geläutet.
Seit Amtsantritt von Präsident Joko
Widodo im Herbst 2014 hat Indonesien
damit 14 Menschen wegen Drogenschmuggels hingerichtet. Nach Angaben der Behörde für Rauschgiftbekämpfung (BNN) sind noch rund vier
Dutzend Menschen in Indonesien wegen Drogenschmuggels zum Tode verurteilt, mehr als die Hälfte davon Ausländer.
L E S E R B R I E F E Zur Erbschaftssteuer und zu Magdalena Martullo-Blocher
Ungerechte Steuer
Die neue Erbschaftssteuer ist eine sinnlose und ungerechte Steuer. Sie trifft
hauptsächlich den Mittelstand. Sie ist
auch kein taugliches Mittel, um die Probleme bei der AHV zu lösen. Zudem wird
unnötig das Erfolgsmodell Schweiz aufs
Spiel gesetzt und die kantonale Steuerhoheit ausgehebelt. Die Erbschaftssteuer ist deshalb ungerecht, weil sie
den gesamten Nachlass zum Verkehrswert besteuert. Heute wird ausschliesslich das, was beim Erben anfällt, zum
Steuerwert besteuert. Erben drei Nachkommen insgesamt 2,1 Millionen Franken, müssen Steuern bezahlt werden,
auch wenn jeder Erbe den unter dem
Grenzwert liegenden Teilbetrag von
700 000 Franken erbt. Erbt hingegen ein
Einziger 1,9 Millionen Franken, ohne mit
anderen teilen zu müssen, sind keine
Steuern geschuldet. Deshalb Nein zur
ungerechten Erbschaftssteuerinitiative.
▸ CONRADIN CATHOMAS, CHUR
Für Magdalena
Martullo sind Bauern
auch Unternehmer
Zum Leserbrief von Bruno Seifert im
«Bündner Tagblatt» vom 28. April 2015.
Bruno Seifert behauptet in seinem Leserbrief, Magdalena Martullo bekämpfe
die Schweizer Bauern. Ich habe einen
anderen Eindruck von ihr bekommen.
Das kam an der Nominationsversammlung der SVP am 22. April in Landquart
deutlich zum Vorschein. Frau Martullo
will sich nämlich speziell auch für eine
gesunde Landwirtschaft in Bern einsetzen. Die Bauern sollen wieder mehr
unternehmerische Freiheit erhalten.
Vorschriften und Regulierungen sollen
abnehmen. Weil jeder Bauernbetrieb
eine andere Ausgangslage hat, braucht
er auch den nötigen Spielraum. Die
wichtige Rolle der Bauern, vor allem in
den Randregionen und Bergtälern ist
Frau Martullo sehr wohl bekannt.
Die SVP ist übrigens die einzige Partei, die sich in Bern immer für eine starke Landwirtschaft eingesetzt hat.
▸ CHRISTIAN MATHIS, SVP-GROSSRAT,
KÜBLIS
Problematische
Erbschaftssteuer
Am 14 Juni gelangt die umstrittene Eidgenössische Volksinitiative «MillionenErbschaften besteuern für unsere AHV»
(Erbschaftssteuerreform) zur Abstimmung. Die Annahme dieser Initiative
bzw. die einzuführende Eidgenössische
Erbschafts- und Schenkungssteuer erweist sich in mehrfacher Hinsicht als
problematisch. Auf der Ebene der kantonalen Steuerhoheit, einem wichtigen
Element der kantonalen Souveränität,
bzw. der durch Bundesrecht beschränkten Souveränität, führt eine Annahme zu
einer weiteren umfassenden verfassungsrechtlichen Bundeskompetenz.
Bedeutet im Hinblick der subsidiären
Generalkompetenz der Kantone, kurz
gesprochen jener Kompetenzen die
nicht auf Bundesebene angesiedelt sind,
eine Einschränkung der kantonalen
Kompetenzen. Gerade die kantonalen
Kompetenzen ermöglichen einem Kanton, dem Kanton Graubünden, einen fiskalpolitischen- und wirtschaftspolitischen Spielraum, somit ein mögliche
Option zu einer Erzielung eines Wettbewerbsvorteils
gegenüber
anderen
Steuer- und Wirtschaftsstandorten. In
der gegebenen Situation regeln die Kantone im Zuge ihrer kantonalen Steuerhoheit die Erbschaftssteuern nach Personenkategorien differenziert. Bereits
heute werden mit der Ausnahme des
Kantons Schwyz, flächendeckend in allen Kantonen Schenkungssteuern veranlagt. Dies entspricht sorgsamen Überlegungen auf kantonaler Ebene.
Auf Ebene der natürlichen Personen
kann diese Steuerreform zu einer erheblichen Substanzbelastung des Anlagevermögens führen. So führt dies im Einzelfall die Besteuerung von 20 Prozent in
vielen Erbschaftsfällen. Ein Steuerfreibetrag von zwei Millionen Franken erscheint zwar vorgesehen, dennoch erreichen Immobilienwerte zum Ver-
IMPRESSUM
kehrswert leicht die Millionengrenze.
Die damit bezweckte Finanzierung des
AHV-Ausgleichsfonds ist ein sicherlich
legitimes Anliegen, welches im Interesse aller Bevölkerungsgruppen steht,
dennoch erweist sich dieser Weg als problematisch. Gerade als Generationenprojekt, als Akt der Solidarität erdachtes
Sozialwerk, darf dies nicht zu einer stärkeren Belastung der ohnehin beitragsstarken Leistungsträger führen. Sondern
soll weiterhin den Solidaritätsgedanken
ins Zentrum stellen. Aufgrund dieser Aspekte und einer einhergehenden Güterabwägung ist eine klare Ablehnung dieser Vorlage zu empfehlen.
▸ ANDREAS LIESCH, MALANS
Um was es geht
Zum Leserbrief von Kurt Siegrist, Tamins,
im «Bündner Tagblatt» vom 29. April 2015.
Lieber Kurt Siegrist aus Tamins, die Initiative zur Erbschaftssteuerreform in
Kürze: In wirklich liberalen Staaten zählt
Leistung, nicht zufällige Geburt in eine
reiche Familie.
Bei Bedarf mehr unter:
www.erbschaftssteuerreform.ch
▸ PETER PEYER, GROSSRAT, TRIN
Leserbriefe sind beim «Bündner Tagblatt»
willkommen. Mail an:
[email protected]
Herausgeberin:
Somedia (Südostschweiz Presse und
Print AG).
Verleger: Hanspeter Lebrument.
CEO: Andrea Masüger.
Redaktionsleitung:
Larissa M. Bieler (Chefredaktorin,
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