PRAKTISCHE KARDIOLOGIE - JOURNAL BY FAX IN ZUSAMMENARBEIT MIT DEM BUNDESVERBAND NIEDERGELASSENER KARDIOLOGEN Redaktion: D. JESINGHAUS, Saarbrücken; I. KRUCK, Ludwigsburg; F. SONNTAG, Henstedt-Ulzburg; N. WITTLICH, Mainz; R. ZIMMERMANN, Pforzheim Für den BNK: N. SMETAK, Kirchheim (Erster Bundesvorsitzender); F. de HAAN, Solingen, J.-H. WIRTZ, Dinslaken (Stellvertretende Bundesvorsitzende) 12. Jahrgang 2009; Nr. xx Morbus Fabry – Eine teure Therapie I Vor einigen Wochen berichtete mir eine Patientin, dass jetzt mit der Therapie des bei ihr schon seit Jahren bekannten M. Fabry begonnen worden sei. Die Therapie sei sehr teuer, sie koste pro Jahr 260.000 Euro. Ohne hier auf die Details des Einzelfalles eingehen zu wollen, stellten sich folgende Fragen von allgemeinen Interesse: Welchen Stellenwert hat eine so teure Therapie für die Patienten mit M. Fabry? (Teil I) Welches sind die gesetzlichen Hintergründe, dass die Kosten übernommen werden? Welche Bedeutung haben so kostspielige Therapien im Gesamtbudget des Gesundheitssystems? (Teil II) Der Morbus Fabry ist eine x-chromosomal vererbte Erkrankung, bei der das Fehlen oder ein Defekt der lysosomalen Alpha-Galaktosidase zu einer Ablagerung des Substrats dieses Enzyms, einem Glycosphingolipid (Gb3)1 in den Lysosomen führt. Die klinische Symptomatik ist ausgesprochen variabel mit ganz unterschiedlichem Befall der Organe. Mittlerweile sind gut 245 unterschiedliche Mutationen bekannt, und selbst innerhalb einer betroffenen Familie variiert der Phänotyp. Da bei Frauen in jeder Zelle eines der X-Chromosome inaktiviert ist, entscheidet bei den Trägerinnen das Ausmaß und die Verteilung der Aktivierung des X-Chromosom mit dem defekten Gen auch über die Ausprägung der Erkrankung, deren Symptome meist später und milder auftreten.2 In jungen Jahren sind typische Symptome:1 Angiokeratome (stecknadelkopfgroße, violette und erhabene Effloreszenzen), Akroparästhesien (quälend brennende Schmerzen über Minuten bis Tagen in den distalen Extremitäten), An- und Hypohidrose sowie typische Hornhautveränderungen (Cornea verticillata). Im Erwachsenenalter kommen Erkrankungen von Herz, Niere und ZNS hinzu. Herz: Verdickung des linksventrikulären Myokards, morphologisch nicht zu unterscheiden von einer hypertrophen Kardiomyopathie, spät möglicherweise zu einer Herzinsuffizienz führend. Daneben: Reizleitungsstörungen und supraventrikuläre Rhythmusstörungen, Ablagerungen von Gb3 in den Herzklappen mit der Folge einer Mitralinsuffizienz sowie Angina pectoris-Beschwerden aufgrund einer endothelialen Funktionsstörung. Niere: Proteinurie und Mikrohämaturie sind früh nachweisbar. Im Alter von 30–50 Jahren wird dann häufig eine Dialysebehandlung erforderlich. ZNS: Direkte Schädi- gung von Neuronen und kleinen und größeren Gefäßen führen zu Polyneuropathien, fokalen zerebralen Ausfällen und Ausbildung dementieller und anderer psychiatrischer Symptome.2 Der Morbus Fabry geht mit einer sehr unterschiedlichen, häufig aber erheblichen Morbidität einher, die zu einer Verkürzung der Lebenszeit um 15–20 Jahre führt.1 Therapie Seit 2001 steht als kausale Therapie eine Enzymersatztherapie mit den Präparaten Agalsidase alfa und Agalsidase beta zur Verfügung. In Anbetracht der Seltenheit der Erkrankung4 sollten die Ansprüche an die Studiendaten nicht zu hoch sein; die Beobachtungszeiten sind kurz und die Patientenzahlen klein. In einer randomisierten Studie über im Mittel 18 Monate bei Erwachsenen hatten 14 von 51 der Behandelten und 13 von 31 in der Placebogruppe einen der Endpunkte, meist eine Verschlechterung der Nierenfunktion.5 In den Zulassungsstudien gab es Verbesserungen bei anderen Surrogatparametern. Da die (wenigen) Patienten mit weniger stark ausgeprägter Niereninsuffizienz eine langsamere Verschlechterung der Nierenfunktion hatten, wurde dieser Befund als Rationale für einen frühen Therapiebeginn angeführt. Eine Expertengruppe, deren Autorisierung nicht genannt wird, erklärt die Therapie als verbindlich für alle symptomatischen Genträger in frühem und fortgeschrittenen Stadium. Bemerkenswerter Nebenaspekt: Alle Autoren der zitierten Artikel haben finanzielle Zuwendungen von einer der beiden Herstellerfirmen erhalten (Genzyme und Shire Human Genetics Therapies). Zusammenfassung Der M. Fabry handelt ist eine hereditäre Speicherkrankheit, die bei im Einzelnfall sehr variablem Verlauf mit erheblicher Morbidität und einer deutlich verkürzten Lebenszeit einhergehen kann. Mit dem gentechnisch hergestellten Enzympräparat Agalsidase steht jetzt seit einigen Jahren eine Therapie zur Verfügung, die kausal in das Krankheitsgeschehen eingreift. Für einige Surrogatparametern konnte in kleineren Studien ein Nutzen belegt werden. Vorstellbar und zu hoffen ist, dass die Therapie die Krankheitsmanifestation verhindert und die Lebenserwartung normalisiert. Allokationsstrategien zur Nutzenmaximimierung existieren bislang nicht. Peter Grooterhorst, Mülheim Literatur: 1. Genauer: Die alpha-Glukosidase spaltet das membranständige Globotriaosylceramid (Gb3) in Galaktose sowie Lactosylceramid, nach: M. Cybulla, Neumann HPH (2007) M. Fabry – eine interdisziplinäre Herausforderung. Dt Med Wochenschr 132: 2271-77 2. Eng CM et al. (2006) Fabry disease: Guidelines for the evaluation and management of multi-organ system involvement Genet Med 8(9): 539-548 3. Kampmann C et al. (2002) Cardiac involvement in Anderson Fabry disease. J Am Soc Nephrol 13: S142-S147 4. nach 1: Häufigkeit 1–2 Erkrankte pro 100.000 Neugeborener, seit einer systematischen Screening-Untersuchung 1 Genträger pro 3.100 männlicher Neugeborener 5. Banikazemi M et al. (2007) Algalsidase beta Therapie for advanced Fabry disease. Ann Intern Med 146: 77-86 6. Desnick RJ et al. (2003) Fabry Disease, an Under-Recognized Multisystemic Disorder: Expert Recommendations for Diagnosis, Management, and Enzyme Replacement Therapy. Ann Intern Med 133: 338-346 Bei Rückfragen kontaktieren Sie uns bitte unter der Fax-Nummer 089/570 95 126. Ein wissenschaftlicher Service von SERVIER Deutschland GmbH - Elsenheimerstraße 53 - 80687 München - www.servier.de Amtsgericht München HRB 75665 - Geschäftsführer: Christian Bazantay
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