Teure Lebensmittel

1
31.7.2015
Harald Glatz
Teure Lebensmittel
1. Lebensmittel in Österreich teurer als in anderen Ländern
1.1 Lebensmittel in Österreich sind teurer als in Deutschland
Regelmäßige Untersuchungen der Arbeiterkammern und des VKI zeigen, dass das
Preisniveau bei Lebensmitteln in Österreich höher ist, als in Deutschland, und zwar in
allen bisher durchgeführten 19 Erhebungen! ( siehe Anhang). (Bei den anderen
Produktgruppen war übrigens das Ergebnis gleich: überall ist Österreich teurer als
Deutschland.)
Beispiel eines Preisvergleiches Wien-Berlin aus einer Untersuchung der
Arbeiterkammer Wien:
Der Lebensmittel-Warenkorb (40 Produkte) war im Februar 2015 in Wien um 21
Prozent (netto 17,4 Prozent) bzw. 15,97 Euro (netto 12,30 Euro) teurer als in Berlin
(D). Der Warenkorb kostete im Februar 2015 in Wien 91,95 Euro (netto 83,17 Euro),
in Berlin 75,97 Euro (netto 70,88 Euro).
2
Die Erhebungen wurden lange Zeit von Vertretern der Wirtschaft als unseriös
kritisiert.
1.2 Österreich ist bei Lebensmitteln das zweiteuerste Land in der EU
Inzwischen hat das statistische Amt der EU, Eurostat, eine Untersuchung publiziert
aus der hervorgeht, dass bei den Lebensmittelpreisen Österreich das zweitteuerste
Land ist.
(Quelle: Eurostat 19. 6.2015)
Die Lebensmittelpreise steigen in Österreich im Jahr 2014 um 1,8 %, in Deutschland
betrug der Preisanstieg 0,9 %, Im Euroraum sanken die Preise um 0,1 %.
3
1.3 Lebensmittel und Wohnen haben in Österreich die höchste Preisdynamik
Quelle: Reinhold Russinger, Wer ist schuld an der höheren Inflation in Österreich?
Gebühren? Ein Faktencheck, in: arbeit&wirtschaft blog, Wien 2015
1.4 Preisabsprachen sind Ursache für hohe Lebensmittelpreise
Inzwischen sind die Wettbewerbsbehörde und das Kartellgericht aktiv geworden.
Aufgrund deren Untersuchungen sieht man, dass es in der Lebensmittelbranche und im
Handel wiederholt zu Preisabsprachen gekommen ist.
In den letzten Jahren wurden daher Kartellstrafen in der Höhe von 27 Millionen Euro
verhängt. (siehe Anhang)
http://www.bwb.gv.at/KartelleUndMarkmachtmissbrauch/Entscheidungen/Seiten/defa
ult.aspx
Die bisher verhängten Strafen dürften allerdings nur einen bescheidenen Betrag zur
Verbesserung des Wettbewerbs haben. So musste beispielsweise die Berglandmilch
für Preisabsprachen zwischen 2006 und 2012 ein Bußgeld in der Höhe von 1,1
Millionen Euro bezahlen. Die Arbeiterkammer schätzt, dass der Aufschlag 5 Prozent
(2006 bis 2012) ausgemacht hat, das wären dann 146 Mio. Euro, ein Vielfaches des
Bußgeldes!
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20130202_OTS0028/ak-zu-berglandmilchbussgeld-zu-niedrig
4
5
2. Pensionisten stärker von Inflation betroffen
Pensionisten leiden besonders unter der Entwicklung der Teuerung – Der
Pensionistenpreisindex (PIPH) lag in der Vergangenheit immer über dem
Verbraucherpreisindex (VPI)
VPI
2014
2015/1
2015/2
2015/3
2015/4
2015/5
1,7
0,5
0,8
1
1
1
Pensionistenpreisindex
1,8
0,9
1,0
1,3
1,2
1,3
Die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Pensionisten und Pensionistinnen
leiden unter der Teuerung
Rund 55 % der Konsumausgaben eines Haushaltes im untern Zehntel entfallen auf die
Bereiche Wohnen (29,5 %), Verkehr (10,4 %) und Nahrungsmittel (15,3 %), die
Preissteigerungen waren gerade bei Wohnen und Nahrungsmitteln besonders hoch.
Haushalte im unteren Einkommensbereich sind von Teuerung bei Nahrungsmitteln
und Wohnen einer weit stärkeren Belastung ausgesetzt als Haushalte im oberen
Einkommensbereich.
6
Die Auswirkungen der Inflation auf die Einkommen von Pensionistinnen und
Pensionisten
Pensionistinnen und Pensionisten haben im Durchschnitt in den letzten Jahren einen
Realeinkommensverlust erlitten. Lediglich die Pensionisten mit geringer Pension
konnten einen leichten realen Zuwachs verzeichnen. Dies vor allem durch die
pensionspolitischen Maßnahmen. Bei den Anpassungen wurden die unteren Pensionen
stärker angehoben.
7
Wie wichtig eine ordentliche Pensionsanpassung ist, die Inflation auch berücksichtig
zeigt die folgende Tabelle. Zwischen 2000 und 2005 wurden die Pensionen nicht an
die Inflation angepasst.
8
3. Untersuchungen über den „Österreichzuschlag“
Studie des Wifo im Auftrag der AK 2011, produktspezifische Inflationsraten
Eine Analyse der produktspezifischen Inflationsraten in Österreich im Jahr 2011 und
im 1. Quartal 2012, die das WIFO im Auftrag der Arbeiterkammer durchgeführt hat,
kommt zum Ergebnis, dass Österreich in diesem Zeitraum teurer war als Deutschland
und der Preisanstieg höher war als in den meisten Staaten des Euroraumes.
Bei einzelnen Produktgruppen stellt sich die Entwicklung folgendermaßen dar:
Bei den Nahrungsmitteln betrug der Preisanstieg in Österreich 4,4 %, im Euroraum
lediglich 2,5 %.
Auch gegenüber Deutschland sind die Preissteigerungen im Nahrungsmittelbereich
höher. In Deutschland machen diese 2,9 % aus, in Österreich 4,4 %.
Österreich hatte schon 2011 und erstes Quartal 2012 bei Nahrungsmittel das
vierthöchste Preisniveau: EU 27: 100, Euroraum 104,8, Deutschland 109,9,
Österreich: 114,4. Bei Brot/Mehl und Fleisch befindet sich Österreich sogar in der
Spitze der Länder des Euroraumes.
Untersuchung ÖNB
Eine Untersuchung der österreichischen Nationalbank (Friedrich Fritzer,
Inflationsdifferenzen zwischen Österreich, dem Euroraum, Deutschland und Italien)
aus 2011 kommt zu ähnlichen Ergebnissen.: „Zusätzlich könnte die Marktstruktur im
österreichischen Lebensmittelhandel dazu beigetragen haben, dass globale
Kostenschocks schneller und stärker auf die österreichischen Endverbraucherpreise
übertragen wurden.“.
9
Bundeswettbewerbsbehörde
Die Bundeswettbewerbsbehörde hat im Jahr 2007 eine Branchenuntersuchung zum
österreichischen Lebensmittelhandel durchgeführt. In dieser Untersuchung wurde auf
die teilweise große Nachfragemacht der einzelnen Nahrungsmittelsektoren
hingewiesen.
Bundeswettbewerbskommission
Die Wettbewerbskommission hat sich wiederholt zu der Notwendigkeit von
Untersuchungen und Maßnahmen ausgesprochen, zuletzt in ihren Vorschlägen an die
Bundeswettbewerbsbehörde (26.9.2011):
Ein besonderes Thema ist die Entwicklung der LEH-Spannen bei
Grundnahrungsmitteln in einer mehrjährigen Betrachtung und im
internationalen Vergleich. Im Bereich des LEH ist über einen längeren
Zeitraum hinweg die Tendenz zu einer erheblichen Erhöhung der
Handelsspannen festzustellen. Als Beispiel sei hierfür die Spanne bei
Trinkmilch genannt, die Anfang 1990 noch bei 14 % gelegen war und bis
heute auf etwa 28 % verdoppelt wurde. Es gibt Informationen, wonach
diese LEH-Spanne in Deutschland wesentlich geringer ist.
Die Entwicklung auf dem österreichischen Zuckermarkt ist umfassend im
europäischen und internationalen Zusammenhang und Vergleich zu
beurteilen – und dies entlang der Wertschöpfungskette. Dazu kommt noch
der Aspekt, dass ein großes LEH-Unternehmen in Österreich vor kurzer
Zeit eine deutliche Anhebung der Verbraucherpreise vorgenommen hat.“
Statistik Austria
Seit Februar 2011 ist die Inflation deutlich über der Inflation im Euroraum.
Statistik Austria Generaldirektor Pesendorfer:
Bei den Nahrungsmittelpreisen könne aber auch „zu einem gewissen Prozentsatz die
Wettbewerbssituation im Einzelhandel“ eine Rolle spielen. (Wiener Zeitung
17.1.2012).
4. Forderungen
Daher fordert der Pensionistenverband Österreichs:
+ höhere Strafen bei festgellten Preisabsprachen und Veröffentlichung der Namen der
betroffenen Firmen – Preissünder müssen so hart abgestraft werden, dass sie gar nicht
10
in Versuchung geraten zu Wiederholungstätern zu werden
+ Teile der Bußgeldzahlungen müssen – wie im Regierungsprogramm vereinbart –
zum Ausbau des Konsumentenschutzes zweckgewidmet werden
+ eine personelle und finanzielle Aufstockung der Bundeswettbewerbsbehörde
das in der Wettbewerbsnovelle fixierte Wettbewerbsmonitoring muss endlich starten
Anhang
Preisvergleiche Österreich-Deutschland
Regelmäßige Untersuchungen der Arbeiterkammern und des VKI zeigen, dass das
Preisniveau in Österreich höher ist, als in Deutschland, und zwar in allen bisher
durchgeführten 33 Erhebungen! Für Lebensmittel hat es 19 Erhebungen gegeben. Bei
allen Erhebungen war das Preisniveau in Österreich höher als in Deutschland.
Der
Österreichzuschlag
Untersuchung
Produkte
1.Salzburg-Bayern,
AK-Sbg
(Herbst
2008)
2.Salzburg-Bayern,
AK-Sbg (Frühjahr
2011)
3.Wien-München,
AK-Wien
(April
2011)
4.Wien-Berlin, AKWien (Mai 2011)
5.Wien-Köln, AKWien (Sept. 2011)
6.VKI (Nov. 2011)
Österreich teurer (netto)
teurer in
% (brutto)
Warenkorb
20 %
Warenkorb
10,5 %
53 Lebensmittel
16,3 %
40 Lebensmittel
18,9 %
301Drogeriewaren 33,4 %
Lebensmittel,
Drogeriewaren
Baumärkte
Gastro
Wie viele
Produkte
waren
teurer?
42 von 53
32,2
61 von 74
Prod.
11
Elektrononik
7.Wien-Berlin, AK- 40 Lebensmittel
Wien, (Nov. 2011)
8.Salzburg-Bayern, Warenkorb
AK-Sbg
(Herbst
2011)
9.Wien-Berlin, AK- 40 Lebensmittel
Wien
(Februar
2012)
10.Wien-Köln, AK- 100
Wien (April 2012)
Drogeriewaren
11.SalzburgKörperpflege
Freilassing, AK-Sbg Lebensmittel
(April 2012)
Reinigungsmittel
12.SalzburgWarenkorb
Bayern,
AK-Sbg
(Mai 2012)
13.Wien-München, 47 Lebensmittel
AK Wien (April
2012)
14.Wien-Köln, AK- Kfz-Werkstätten
Wien (Juli 2012)
Mechaniker,
Spengler
15.Linz-Passau
Drogeriewaren
AK-OÖ
(August DM. Müller
2012)
16.Wien-Berlin
AK-Wien
(August 2012)
17.Wien-Köln
AK-Wien
(Sept. 2012)
18.Wien-Berlin
AK Wien
Februar 2013
19.Wien-Köln
DrogererieMärkte, AK-Wien
März 2013
20.Wien-München
Lebensmittel
AK Wien
April 2013
21.ÖsterreichDeutschland
VKI
10 %
6%
6,2 %
8,9 %
5,5 %
27,5 %
62,55 %
21,5
41,3
4,4 %
10,6 %
60%
6,8 %
26,1 %
20,6 %
Bis zu 137
%
60 von 70
DM
64 von 79
Müller
40Lebensmittel
17,7 %
Drogeriewaren
dm, Müller
dm 35,7 % 34,6 %
Müller 31,3 30,2 %
%
16,7 %
13,1 %
Lebensmittel
14,1 %
Drogeriewaren
dm, Müller
dm 36,4 % 35,2 %
Müller 25,1 24,1 %
%
47 Lebensmittel
14,6 %
Dm
in
Deutschland 50 %
billiger; Müller 27
46
von
52
Markenprodukte
in Deutschland
12
Drogerie% billiger
Märkte (Bipa, dm,
Rossmann)
April 2013
22.SalzburgLebensmittel
Freilassing,
AK- ReinigungsSalzburg
Mittel
Mai 2013
Körperpflegeprodukte
23.Wien-München, Drogeriewaren
AK-Wien, Oktober
2013
24.SalzburgLebensmittel und
Freilassing
Drogeriewaren
Dez.2013,
AKSalzburg
25.Wien-Berlin
Februar 2014, AKWien
26.SalzburgFreilassing
April
2014, AK-Salzburg
27.Wien- München
April , AK-Wien
40 Lebensmittel
20,75 %
35,12 %
58,59 %
51,1 %
12 %
24,6 %
48 Körperpflege
15 Reinigungsm.
64 Lebensmittel
69 Lebensmittel
19,6 %
20,8 %
62,53 %
46,5 %
19,54 %
16,6 %
28. Wien-München, 154
2%
AK-Wien,
April Baumarktprodukte
2014
1,2 %
29.
Wien-Berlin, 40 Lebensmittel
August 2014, AKWien
19,9%
30.
Wien-München
Okt. 2014, AKWien
23,7 %
165
53,2 %
Drogeriewaren in
Superund
Drogeriemärkten
31.
13 Drogeriewaren 130%
Innsbruckin Supermärkten
München,
und
Oktober 2014, AK- Drogeriemärkten
Tirol
32.
40 Lebensmittel
21 %
Wien-Berlin,
97,7 %
(170 von
174)
65 %
alle
17,4
13
Februar 2015, AKWien
33.
Wien-München
April 2015-04-30
MarkenLebensmittel
34.
SalzburgFreilassing
AK-Salzburg
April 2015
66 Lebensmittel
18,3 %
48 Körperpflege
15 Reinigungsm.
65 Lebensm.
62,53 %
46,5 %
19,54 %
15,3%
62 von 66
(94%)