Dr. Harald Glatz Pensionistenverband Österreichs 29. 6. 2015

Dr. Harald Glatz
Pensionistenverband Österreichs
29. 6. 2015
TEUERUNG BEKÄMPFEN
I.
Die Entwicklung der Teuerung
Die Inflation war in Österreich in den siebziger Jahren besonders hoch und sinkt
seitdem. In den letzten zwei Jahrzehnten bewegt sich die Inflation um die 2 Prozent,
zuletzt (Jänner 2015) nur mehr um 0,5 %.
Wenn die Inflation relativ niedrig ist, warum ist dann die Inflation immer noch ein
Problem?
Zum einen sind Pensionistinnen und Pensionisten von der Inflation überproportional
betroffen. Der Pensionistenpreisindex liebt immer höher als der VPI. Aber am VPI
orientiert sich die Pensionsanpassung. Das heißt die Anpassungen decken nicht den
Verlust durch Inflation ab.
Zweitens sind vor allem die niedrigen Einkommen stärker von Inflation betroffen.
Und drittens ist die Inflation in Österreich als in Deutschland und im Vergleich zu den
meisten europäischen Staaten.
II. Die Betroffenheit
Pensionisten stärker von Inflation betroffen
1
Pensionisten leiden besonders unter der Entwicklung der Teuerung – Der
Pensionistenpreisindex (PIPH) lag in der Vergangenheit immer über dem
Verbraucherpreisindex (VPI)
VPI
2014
2015/1
2015/2
2015/3
2015/4
2015/5
Pensionistenpreisindex
1,7
0,5
0,8
1
1
1
1,8
0,9
1,0
1,3
1,2
1,3
Der tägliche und der Wöchentliche Einkauf belastet Pensionistinnen und
Pensionisten
Die Preisentwicklung der täglichen und wöchentlichen Einkäufe ist insbesondere für
Pensionisten mit niedrigem Einkommen von Bedeutung. Es zeigt sich, dass die Preise
für diese Einkäufe immer stärker gestiegen sind als die durchschnittliche
Inflationsrate. Erst in jüngster Zeit waren die Preissteigerung für wöchentliche
Einkäufe geringer was auf die sinkenden Treibstoffprise zurückzuführe ist. Die
Treibstoffpreise sind im Warenkorb der wöchentlichen Einkäufe enthalten, nicht
jedoch im Warenkorb für die täglichen Einkäufe.
2001
2002
2003
Miniwarenkorb
(wöchentlich)
3,1
2,0
1,9
Mikrowarenkorb
(täglich)
4,9
2,3
2,7
2
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015/1
2015/2
2015/3
2015/4
2015/5
3,1
4,5
2,5
2,8
7,9
-3,4
3,4
6,7
3,7
1,3
1,0
0,3
-1,8
-1,1
-0,6
-0,2
3,1
1,5
1,6
5,0
6,1
-0,2
0,6
3,8
3,2
3,4
2,8
0,8
0,5
1,1
1,0
0,9
Die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Pensionisten und Pensionistinnen
leiden unter der Teuerung
Rund 55 % der Konsumausgaben eines Haushaltes im untern Zehntel entfallen auf die
Bereiche Wohnen (29,5 %), Verkehr (10,4 %) und Nahrungsmittel (15,3 %), die
Preissteigerungen waren gerade bei Wohnen und Nahrungsmitteln besonders hoch.
Haushalte im unteren Einkommensbereich sind von Teuerung bei Nahrungsmitteln
und Wohnen einer weit stärkeren Belastung ausgesetzt als Haushalte im oberen
Einkommensbereich.
3
Die Auswirkungen der Inflation auf die Einkommen von Pensionistinnen und
Pensionisten
Pensionistinnen und Pensionisten haben im Durchschnitt in den letzten Jahren einen
Realeinkommensverlust erlitten. Lediglich die Pensionisten mit geringer Pension
konnten einen leichten realen Zuwachs verzeichnen. Dies vor allem durch die
pensionspolitischen Maßnahmen. Bei den Anpassungen wurden die unteren Pensionen
stärker angehoben.
4
Wie wichtig eine ordentliche Pensionsanpassung ist, die Inflation auch berücksichtig
zeit die folgende Tabelle. Zwischen 2000 und 2005 wurden die Pensionen nicht an die
Inflation angepasst.
5
III. Österreich ist Hochpreisland
1. Preisvergleiche Österreich-Deutschland
Regelmäßige Untersuchungen der Arbeiterkammern und des VKI zeigen, dass das
Preisniveau in Österreich höher ist, als in Deutschland, und zwar in allen bisher
durchgeführten 33 Erhebungen!
Der
Österreichzuschlag
Untersuchung
Produkte
1.Salzburg-Bayern,
AK-Sbg
(Herbst
2008)
2.Salzburg-Bayern,
AK-Sbg (Frühjahr
2011)
3.Wien-München,
AK-Wien
(April
2011)
4.Wien-Berlin, AKWien (Mai 2011)
5.Wien-Köln, AKWien (Sept. 2011)
6.VKI (Nov. 2011)
Österreich teurer (netto)
teurer in
% (brutto)
Warenkorb
20 %
Warenkorb
10,5 %
53 Lebensmittel
16,3 %
40 Lebensmittel
18,9 %
301Drogeriewaren 33,4 %
Lebensmittel,
Wie viele
Produkte
waren
teurer?
42 von 53
32,2
61 von 74
6
Drogeriewaren
Baumärkte
Gastro
Elektrononik
7.Wien-Berlin, AK- 40 Lebensmittel
Wien, (Nov. 2011)
8.Salzburg-Bayern, Warenkorb
AK-Sbg
(Herbst
2011)
9.Wien-Berlin, AK- 40 Lebensmittel
Wien
(Februar
2012)
10.Wien-Köln, AK- 100
Wien (April 2012)
Drogeriewaren
11.SalzburgKörperpflege
Freilassing, AK-Sbg Lebensmittel
(April 2012)
Reinigungsmittel
12.SalzburgWarenkorb
Bayern,
AK-Sbg
(Mai 2012)
13.Wien-München, 47 Lebensmittel
AK Wien (April
2012)
14.Wien-Köln, AK- Kfz-Werkstätten
Wien (Juli 2012)
Mechaniker,
Spengler
15.Linz-Passau
Drogeriewaren
AK-OÖ
(August DM. Müller
2012)
16.Wien-Berlin
AK-Wien
(August 2012)
17.Wien-Köln
AK-Wien
(Sept. 2012)
18.Wien-Berlin
AK Wien
Februar 2013
19.Wien-Köln
DrogererieMärkte, AK-Wien
März 2013
20.Wien-München
Lebensmittel
AK Wien
April 2013
Prod.
10 %
6%
6,2 %
8,9 %
5,5 %
27,5 %
62,55 %
21,5
41,3
4,4 %
10,6 %
60%
6,8 %
26,1 %
20,6 %
Bis zu 137
%
60 von 70
DM
64 von 79
Müller
40Lebensmittel
17,7 %
Drogeriewaren
dm, Müller
dm 35,7 % 34,6 %
Müller 31,3 30,2 %
%
16,7 %
13,1 %
Lebensmittel
14,1 %
Drogeriewaren
dm, Müller
dm 36,4 % 35,2 %
Müller 25,1 24,1 %
%
47 Lebensmittel
14,6 %
7
21.ÖsterreichDm
in
Deutschland
Deutschland 50 %
VKI
billiger; Müller 27
Drogerie% billiger
Märkte (Bipa, dm,
Rossmann)
April 2013
22.SalzburgLebensmittel
Freilassing,
AK- ReinigungsSalzburg
Mittel
Mai 2013
Körperpflegeprodukte
23.Wien-München, Drogeriewaren
AK-Wien, Oktober
2013
24.SalzburgLebensmittel und
Freilassing
Drogeriewaren
Dez.2013,
AKSalzburg
25.Wien-Berlin
Februar 2014, AKWien
26.SalzburgFreilassing
April
2014, AK-Salzburg
27.Wien- München
April , AK-Wien
40 Lebensmittel
46
von
52
Markenprodukte
in Deutschland
20,75 %
35,12 %
58,59 %
51,1 %
12 %
24,6 %
48 Körperpflege
15 Reinigungsm.
64 Lebensmittel
69 Lebensmittel
19,6 %
20,8 %
62,53 %
46,5 %
19,54 %
16,6 %
28. Wien-München, 154
2%
AK-Wien,
April Baumarktprodukte
2014
1,2 %
29.
Wien-Berlin, 40 Lebensmittel
August 2014, AKWien
19,9%
23,7 %
30.
Wien-München
Okt. 2014, AKWien
165
53,2 %
Drogeriewaren in
Superund
Drogeriemärkten
31.
InnsbruckMünchen,
Oktober 2014, AK-
13 Drogeriewaren 130%
in Supermärkten
und
Drogeriemärkten
97,7 %
(170 von
174)
65 %
alle
8
Tirol
32.
Wien-Berlin,
Februar 2015, AKWien
33.
Wien-München
April 2015-04-30
MarkenLebensmittel
34.
SalzburgFreilassing
AK-Salzburg
April 2015
40 Lebensmittel
21 %
17,4
66 Lebensmittel
18,3 %
15,3%
48 Körperpflege
15 Reinigungsm.
65 Lebensm.
62,53 %
46,5 %
19,54 %
62 von 66
(94%)
Gesamtpreis der Warenkörbe 2011-2014 in Wien und Berlin (in Euro) (Erhebung
der Arbeiterkammer Wien)
2. Inflationsrate in Österreich und Deutschland
Besonders im Vergleich mit Deutschland zeigt sich, dass die Preise in Österreich auch
in längerfristiger Betrachtung überdurchschnittlich steigen. Die Inflationsraten waren
in Österreich immer höher als in Deutschland.
Österreich teurer als Deutschland (HVPI), Inflationsraten: Österreich und in
Deutschland (Quelle Eurostat).
9
2011
2012
2013
2014
2015/1
2015/2
2015/3
2015/4
2015/5
Österreich
3,6
2,6
2,1
1,5
0,5
0,5
0,9
0,9
1
Deutschland
2,5
2,1
1,6
0,8
-0,5
0,1
0,1
0,3
0,7
3. Österreich im europäischen Vergleich
Aber nicht nur im Vergleich zu Deutschland, auch im Vergleich zum übrigen Europa
war die Inflation regelmäßig in Österreich höher.
IV. Die Ursachen
1. Teuerungsursache Nr. 1: Die Mieten
10
In Jahr 2014 betrug die Teuerung bei den Mieten 4 Prozent. Im vergleich dazu machte
der VPI 1,7 Prozent aus. In Deutschland stiegen die Mieten lediglich um 1,5 %, im
Euroraum um 1,4 %.
Der Trend setze sich 2015 fort. Teuerung bei Mieten betrug im Jänner 5,2 Prozent
(VPI 0,5 Prozent), im Februar 4,9 Prozent, im März und im April 5 Prozent !
11
2. Teuerungsursache Nr. 2: Lebensmittel
Die Lebensmittelpreise steigen in Österreich im Jahr 2014 um 1,8 %, in Deutschland
betrug der Preisanstieg 0,9 %, Im Euroraum sanken die Preise um 0,1 %.
12
Quelle: Reinhold Russinger, Wer ist schuld an der höheren Inflation in Österreich?
Gebühren? Ein Faktencheck, in: arbeit&wirtschaft blog, Wien 2015
Österreich ist auch im Internationalen Vergleich neben Dänemark an der Spitze der
Lebensmittelpreise. (Quelle: Eurostat 19. 6.2015)
13
Inzwischen ist die Wettbewerbsbehörde aktiv geworden:
14
3. Gebühren als Teuerungsursache?
Eine Analyse der Gebühren, der administrativen Preise, der Arbeiterkammer Wien
(Russinger 2015) zeit eine starken Anstieg der administrierten Preise um 2,5 % im Jahr
2014. Dies erklärt jedoch nicht den Unterschied der Inflation zu Deutschland. Auch in
Deutschland sind die administrierten Preise um 2,5 % gestiegen. Rechnet man diese
Preiserhöhungen aus der Inflationsrate heraus, bleibt der Unterscheid zu Deutschland
trotzdem gleich.
15
4. Energiepreise
Gas und Strom: Großhandelspreis sinkt, Konsumentenpreise steigen
Sowohl bei Strom als auch bei Gas sinken die Großhandelspreise. Die Preissenkungen
werden jedoch nur unzureichend an die Konsumenten weitergegeben, bei der Industrie
hingegen viel stärker.
Die Enegie-Control stellt in ihrem Jahresbericht 2014 fest:
„Die Strom- und Gaspreise für die Industrie sind 2014 im Vergleich zu 2013
gesunken. Das zeigen die Ergebnisse der Industriepreiserhebung der E-Control. Die
Strompreise für die Industrie lagen 2014 im Schnitt zwischen 4,76 und 5,48 Cent pro
Kilowattstunde (reiner Energiepreis ohne Netzkosten sowie Steuern und Abgaben)
und sind damit deutlich niedriger als die Haushaltspreise, die im Schnitt zwischen
6,02 und 9,77 Cent pro Kilowattstunde ausmachen. Die Gaspreise für die Industrie
lagen im vergangenen Jahr im Schnitt zwischen 2,27 und 3,06 Cent pro
Kilowattstunde, jene für Haushalte im Schnitt zwischen 3,42 und 3,98 Cent. „
16
Preisentwicklung Juli 2008 bis April 2015:
Senkungen der Großhandelspreise nur unzureichend weitergegeben
Strom
Großhandelspreis
Endverbraucherpreise
- 47 %
- 12,3 % bis 20.9 %
Gas
Großhandelspreis
Endverbraucherpreise
- 46,5 %
- 6 % bis plus 34,2 %
Die Arbeiterkammer erhebt regelmäßig die Großhandelspreise und die
Endverbraucherpreise für Strom und Gas. (Stand November 2014)
Dabei zeigt sich, dass die gesunkenen Großhandelspreise nur unzureichend an die
Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben wurden.
Einige Preissenkungen in jüngster Zeit
17
Allerdings gibt es in jüngster Zeit etwas Bewegung. Im Jahr 2014 haben insgesamt 19
Stromanbieter ihre Energiepreise gesenkt, 2013 waren es vier. Für Gaslieferung
verlangten 2014 vier Anbieter weniger Geld. ( Quelle: E-Contol, Presseaussendung
17.2.2015).
Diese Preissenkungen spielten sich bei den größeren EVUs vor allem im Osten
Österreichs ab: Wien, Niederösterreich, Burgenland, in jüngster Zeit auch Salzburg,
Steiermark. In Tiro, Vorarlberg, Kärnten, Oberösterreich gab es keine Bewegung.
Quelle: Arbeiterkammer, Energiepreismonitoring April 2015
Problematisch ist jedoch die deutliche Grundpreiserhöhung der EVN, da dadurch
Haushalte mit geringem Stromverbrauch (unter 1.200 kWh Jahresverbrauch) trotz
Arbeitspreissenkung mit Mehrkosten rechnen müssen.
Die Konsumenten waren aber auch 2014 wechselfreudiger, 268.000 Strom- und
Gaskunden suchten sich einen neuen Lieferanten.
Die Strompreissenkungen waren aber bescheiden. Bei Strompreissenkungen haben
rund 2,7 Millionen Haushalte in den Jahren 2013 und 2014 profitiert und sich pro Jahr
135 Millionen Euro erspart (Quelle: E-Control, Jahresbericht 2014), als 50 Euro pro
Haushalt.
Steigerung der Ökostrombeiträge
18
Im Vergleich dazu mussten die Stromkonsumenten erhebliche Steigerungen der
Ökostrombeiträge hinnehmen:
2012 39 Euro pro Jahr (durchschnittlicher Haushalt - 3500 KWh-Verbrauch pro Jahr)
2013 63 Euro
2014 83
2015 103
Die Haushalte, die 25 Prozent des Stromverbrauches ausmachen, zahlen also 40
Prozent der Ökostromförderung.
Das Vergütungsvolumen ist enorm gestiegen:
2012 657 Mio. Euro
2015 1,2 Mrd. Euro
Smart Metering
In Zukunft werden noch die Kosten für die Einsatz von „smart metering“, also neuen
Zählern dazukommen. Bis 2019 sollen 98 Prozent der Kunden damit ausgestatten sein.
Die Kosten werden auf 1,5 bis 2 Mrd. Euro geschätzt. ( auf 15 Jahre aufgeteilt)
5. Treibstoffpreise
Aufgrund der Entwicklungen auf den internationalen Rohölmärkten sind auch
die Treibstoffpreise für die Letztverbraucher im letzten Jahr gesunken.
19
Quelle: Bundesarbeitskammer, Treibstoffpreisanalyse, Februar 2015
Anhang
Untersuchungen über den „Österreichzuschlag“
Studie des Wifo im Auftrag der AK 2011, produktspezifische Inflationsraten
Eine Analyse der produktspezifischen Inflationsraten in Österreich im Jahr 2011 und
im 1. Quartal 2012, die das WIFO im Auftrag der Arbeiterkammer durchgeführt hat
kommt zum Ergebnis, dass Österreich in diesem Zeitraum teurer war als Deutschland
und der Preisanstieg höher war als in den meisten Staaten des Euroraumes. Im Jahr
2011 war die Inflationsrate (harmonisierter Verbraucherpreisindex HVPI) 3,6 %.
Damit hatte Österreich die vierthöchste Inflationsrate im Euroraum. Im Durchschnitt
machte die Inflationsrate im Euroraum 2,7 % aus. In Deutschland sogar nur 2,5 %.
Bei einzelnen Produktgruppen stellt sich die Entwicklung folgendermaßen dar:
Bei den Nahrungsmittel betrug der Preisanstieg in Österreich 4,4 %, im Euroraum
lediglich 2,5 %.
Speiseöl: Euroraum 4,5 % - Österreich 10,5 %
Brot: Euroraum 2,5 % - Österreich 3,3 %
Milch/Käse/Eier: Euroraum 3 % - Österreich 5,2 %
Fleisch: Euroraum: 2,4 % - Österreich 2,9 %
Obst: Euroraum 2,7 % - Österreich 12,8 %
Kaffee: Euroraum 10,4 % - Österreich 18,1 %
Auch gegenüber Deutschland sind die Preissteigerungen im Nahrungsmittelbereich
höher. In Deutschland machen diese 2,9 aus, in Österreich 4,4 %.
Österreich hat im Bereich der Nahrungsmittel das vierthöchste Preisniveau: EU 27:
100, Euroraum 104,8, Deutschland 109,9, Österreich: 114,4. Bei Brot/Mehl und
Fleisch befindet sich Österreich sogar in der Spitze der Länder des Euroraumes.
20
Untersuchung ÖNB
Eine Untersuchung der österreichischen Nationalbank (Friedrich Fritzer,
Inflationsdifferenzen zwischen Österreich, dem Euroraum, Deutschland und Italien)
aus 2011 kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Die HVPI-Inflationsrate stieg in
Österreich seit Ende 2010 stärker an als jene anderer Länder des Euroraumes.
Besonders wird in dieser Studie auf die Dynamik der Inflationsentwicklung im
österreichischen Nahrungsmittelsektor hingewiesen. Die im Jahr 2011 wirksam
gewordene Tabaksteuererhöhung erklärt ÖNB nur einen Teil dieser Entwicklung:
„Zusätzlich könnte die Marktstruktur im österreichischen Lebensmittelhandel dazu
beigetragen haben, dass globale Kostenschocks schneller und stärker auf die
österreichischen Endverbraucherpreise übertragen wurden.“ Auch am Energiesektor
verzeichnete Österreich einen schnelleren Anstieg der Inflationsrate als andere
Euroraumländer.
Im März 2011 lag die Inflationsrate für Energie in Österreich bei 12,6 % und damit
mehr als 2 Prozentpunkte über jener von Deutschland. Die ÖNB deutet an, dass die
Preisanstiege „auch durch die Struktur des österreichischen Treibstoffmarktes
verursacht sei, der durch eine hohe Konzentration gekennzeichnet ist.“
Was die Ursachen der Preisunterschiede sein könnten, darüber gibt es
bedauerlicherweise nur Vermutungen. „Ohne umfassende Untersuchung, die alle diese
Aspekte einbezieht, kann keine gesicherte Beurteilung vorgenommen werden.“
Bundeswettbewerbsbehörde
Die Bundeswettbewerbsbehörde hat im Jahr 2007 eine Branchenuntersuchung zum
österreichischen Lebensmittelhandel durchgeführt. In dieser Untersuchung wurde auf
die teilweise große Nachfragemacht der einzelnen Nahrungsmittelsektoren
hingewiesen. Inzwischen prüft die Bundeswettbewerbsbehörde (Stand Juni 2012) den
Rewe-Konzern wegen Verdacht auf Preisabsprachen.
Bundeswettbewerbskommission
Die Wettbewerbskommission hat sich wiederholt zu der Notwendigkeit von
Untersuchungen und Maßnahmen ausgesprochen, zuletzt in ihren Vorschlägen an die
Bundeswettbewerbsbehörde (26.9.2011):
„Die WBK regt daher auch in dieser Empfehlung an, dass die
Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) ehest möglich für ein kontinuierliches
Wettbewerbsmonitoring sorgen möge.
Da sich ein funktionierender Wettbewerb auf den Märkten für
leitungsgebundene Energie trotz der laufenden Arbeiten von BWB und EControl und der erreichten Weiterentwicklung noch immer nicht eingestellt
hat,
empfiehlt
die
WBK
neuerlich
eine
Vertiefung
der
21
Branchenuntersuchungen Strom und Gas und erinnert an die vorjährige
Empfehlung betreffend den Fernwärmebereich.
Mehrfach hat die WBK Empfehlungen für Untersuchungen in diesem
Bereich besonders ausgeprägter Konzentration gegeben. Die BWB hat im
Jahre 2007 eine Branchenuntersuchung vorgenommen. Die WBK regt auch
in diesem Jahr die Aktualisierung der seinerzeitigen Branchenuntersuchung
mit einem besonderen Schwerpunkt der Entwicklungen entlang der
Wertschöpfungskette an.
Ein besonderes Thema ist die Entwicklung der LEH-Spannen bei
Grundnahrungsmitteln in einer mehrjährigen Betrachtung und im
internationalen Vergleich. Im Bereich des LEH ist über einen längeren
Zeitraum hinweg die Tendenz zu einer erheblichen Erhöhung der
Handelsspannen festzustellen. Als Beispiel sei hiefür die Spanne bei
Trinkmilch genannt, die Anfang 1990 noch bei 14 % gelegen war und bis
heute auf etwa 28 % verdoppelt wurde. Es gibt Informationen, wonach
diese LEH-Spanne in Deutschland wesentlich geringer ist.
Die Entwicklung auf dem österreichischen Zuckermarkt ist umfassend im
europäischen und internationalen Zusammenhang und Vergleich zu
beurteilen – und dies entlang der Wertschöpfungskette. Dazu kommt noch
der Aspekt, dass ein großes LEH-Unternehmen in Österreich vor kurzer
Zeit eine deutliche Anhebung der Verbraucherpreise vorgenommen hat.“
Statistik Austria
Seit Februar 2011 ist die Inflation deutlich über der Inflation im Euroraum.
Statistik Austria Generaldirektor Pesendorfer:
Bei den Nahrungsmittelpreisen könne aber auch „zu einem gewissen Prozentsatz die
Wettbewerbssituation im Einzelhandel“ eine Rolle spielen. (Wiener Zeitung
17.1.2012).
Untersuchung der Bank Austria vom Juli 2013
Die Bank Austria hat in einer jüngsten Untersuchung festgestellt, dass es erhebliche
Unterschiede in den Teuerungsraten zwischen Österreich und Deutschland gibt. Die
Verbraucherpreise haben in Österreich seit dem Jahr 2009 um 10,7 Prozent zugelegt,
in Deutschland waren es „nur“ 7,5 Prozent.
Der Chefökonom der Bank Austria Stefan Bruckbauer sieht vor allem in den Mieten
eine der Ursachen. Seit Anfang 2009 sind die Mieten in Österreich um rund 20 Prozent
gestiegen, in Deutschland nur um fünf Prozent. Zu wenig Neubauten und ein offenbar
unzureichendes Mietrecht dürften die Ursachen sein.
22
„Anders als in Deutschland gibt es in Österreich doch einen spürbaren Anteil an
befristeten Mietverträgen. Da ergibt sich für Vermieter in Österreich öfter ein
Spielraum für Erhöhungen“, so Bruckbauer im „Kurier“ (12.5.2013).
Von 2008 bis 2012 sind in Wien die Mietkosten für privatvermietete
Hauptmietwohnungen um über 20 Prozent gestiegen. Gemeindewohnungen verteuern
sich nur um zehn Prozent. ( Die Presse, 12.7.2013)
Aber nicht nur bei den Mieten gibt es die Zuschläge. Die Bank Austria konstatiert
auch bei Produkten der Körperpflege, bei Schuhen, bei Einrichtungsgegenständen als
Bereiche, bei denen die Teuerung viel höher war als in Deutschland. Auch im Bereich
der Bewirtung gibt es höhere Inflationsraten als in Deutschland. „Bei uns haben die
Wirte kräftiger zugelangt.“
23