Dr. Harald Glatz Pensionistenverband Österreichs 29. 6. 2015 TEUERUNG BEKÄMPFEN I. Die Entwicklung der Teuerung Die Inflation war in Österreich in den siebziger Jahren besonders hoch und sinkt seitdem. In den letzten zwei Jahrzehnten bewegt sich die Inflation um die 2 Prozent, zuletzt (Jänner 2015) nur mehr um 0,5 %. Wenn die Inflation relativ niedrig ist, warum ist dann die Inflation immer noch ein Problem? Zum einen sind Pensionistinnen und Pensionisten von der Inflation überproportional betroffen. Der Pensionistenpreisindex liebt immer höher als der VPI. Aber am VPI orientiert sich die Pensionsanpassung. Das heißt die Anpassungen decken nicht den Verlust durch Inflation ab. Zweitens sind vor allem die niedrigen Einkommen stärker von Inflation betroffen. Und drittens ist die Inflation in Österreich als in Deutschland und im Vergleich zu den meisten europäischen Staaten. II. Die Betroffenheit Pensionisten stärker von Inflation betroffen 1 Pensionisten leiden besonders unter der Entwicklung der Teuerung – Der Pensionistenpreisindex (PIPH) lag in der Vergangenheit immer über dem Verbraucherpreisindex (VPI) VPI 2014 2015/1 2015/2 2015/3 2015/4 2015/5 Pensionistenpreisindex 1,7 0,5 0,8 1 1 1 1,8 0,9 1,0 1,3 1,2 1,3 Der tägliche und der Wöchentliche Einkauf belastet Pensionistinnen und Pensionisten Die Preisentwicklung der täglichen und wöchentlichen Einkäufe ist insbesondere für Pensionisten mit niedrigem Einkommen von Bedeutung. Es zeigt sich, dass die Preise für diese Einkäufe immer stärker gestiegen sind als die durchschnittliche Inflationsrate. Erst in jüngster Zeit waren die Preissteigerung für wöchentliche Einkäufe geringer was auf die sinkenden Treibstoffprise zurückzuführe ist. Die Treibstoffpreise sind im Warenkorb der wöchentlichen Einkäufe enthalten, nicht jedoch im Warenkorb für die täglichen Einkäufe. 2001 2002 2003 Miniwarenkorb (wöchentlich) 3,1 2,0 1,9 Mikrowarenkorb (täglich) 4,9 2,3 2,7 2 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015/1 2015/2 2015/3 2015/4 2015/5 3,1 4,5 2,5 2,8 7,9 -3,4 3,4 6,7 3,7 1,3 1,0 0,3 -1,8 -1,1 -0,6 -0,2 3,1 1,5 1,6 5,0 6,1 -0,2 0,6 3,8 3,2 3,4 2,8 0,8 0,5 1,1 1,0 0,9 Die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Pensionisten und Pensionistinnen leiden unter der Teuerung Rund 55 % der Konsumausgaben eines Haushaltes im untern Zehntel entfallen auf die Bereiche Wohnen (29,5 %), Verkehr (10,4 %) und Nahrungsmittel (15,3 %), die Preissteigerungen waren gerade bei Wohnen und Nahrungsmitteln besonders hoch. Haushalte im unteren Einkommensbereich sind von Teuerung bei Nahrungsmitteln und Wohnen einer weit stärkeren Belastung ausgesetzt als Haushalte im oberen Einkommensbereich. 3 Die Auswirkungen der Inflation auf die Einkommen von Pensionistinnen und Pensionisten Pensionistinnen und Pensionisten haben im Durchschnitt in den letzten Jahren einen Realeinkommensverlust erlitten. Lediglich die Pensionisten mit geringer Pension konnten einen leichten realen Zuwachs verzeichnen. Dies vor allem durch die pensionspolitischen Maßnahmen. Bei den Anpassungen wurden die unteren Pensionen stärker angehoben. 4 Wie wichtig eine ordentliche Pensionsanpassung ist, die Inflation auch berücksichtig zeit die folgende Tabelle. Zwischen 2000 und 2005 wurden die Pensionen nicht an die Inflation angepasst. 5 III. Österreich ist Hochpreisland 1. Preisvergleiche Österreich-Deutschland Regelmäßige Untersuchungen der Arbeiterkammern und des VKI zeigen, dass das Preisniveau in Österreich höher ist, als in Deutschland, und zwar in allen bisher durchgeführten 33 Erhebungen! Der Österreichzuschlag Untersuchung Produkte 1.Salzburg-Bayern, AK-Sbg (Herbst 2008) 2.Salzburg-Bayern, AK-Sbg (Frühjahr 2011) 3.Wien-München, AK-Wien (April 2011) 4.Wien-Berlin, AKWien (Mai 2011) 5.Wien-Köln, AKWien (Sept. 2011) 6.VKI (Nov. 2011) Österreich teurer (netto) teurer in % (brutto) Warenkorb 20 % Warenkorb 10,5 % 53 Lebensmittel 16,3 % 40 Lebensmittel 18,9 % 301Drogeriewaren 33,4 % Lebensmittel, Wie viele Produkte waren teurer? 42 von 53 32,2 61 von 74 6 Drogeriewaren Baumärkte Gastro Elektrononik 7.Wien-Berlin, AK- 40 Lebensmittel Wien, (Nov. 2011) 8.Salzburg-Bayern, Warenkorb AK-Sbg (Herbst 2011) 9.Wien-Berlin, AK- 40 Lebensmittel Wien (Februar 2012) 10.Wien-Köln, AK- 100 Wien (April 2012) Drogeriewaren 11.SalzburgKörperpflege Freilassing, AK-Sbg Lebensmittel (April 2012) Reinigungsmittel 12.SalzburgWarenkorb Bayern, AK-Sbg (Mai 2012) 13.Wien-München, 47 Lebensmittel AK Wien (April 2012) 14.Wien-Köln, AK- Kfz-Werkstätten Wien (Juli 2012) Mechaniker, Spengler 15.Linz-Passau Drogeriewaren AK-OÖ (August DM. Müller 2012) 16.Wien-Berlin AK-Wien (August 2012) 17.Wien-Köln AK-Wien (Sept. 2012) 18.Wien-Berlin AK Wien Februar 2013 19.Wien-Köln DrogererieMärkte, AK-Wien März 2013 20.Wien-München Lebensmittel AK Wien April 2013 Prod. 10 % 6% 6,2 % 8,9 % 5,5 % 27,5 % 62,55 % 21,5 41,3 4,4 % 10,6 % 60% 6,8 % 26,1 % 20,6 % Bis zu 137 % 60 von 70 DM 64 von 79 Müller 40Lebensmittel 17,7 % Drogeriewaren dm, Müller dm 35,7 % 34,6 % Müller 31,3 30,2 % % 16,7 % 13,1 % Lebensmittel 14,1 % Drogeriewaren dm, Müller dm 36,4 % 35,2 % Müller 25,1 24,1 % % 47 Lebensmittel 14,6 % 7 21.ÖsterreichDm in Deutschland Deutschland 50 % VKI billiger; Müller 27 Drogerie% billiger Märkte (Bipa, dm, Rossmann) April 2013 22.SalzburgLebensmittel Freilassing, AK- ReinigungsSalzburg Mittel Mai 2013 Körperpflegeprodukte 23.Wien-München, Drogeriewaren AK-Wien, Oktober 2013 24.SalzburgLebensmittel und Freilassing Drogeriewaren Dez.2013, AKSalzburg 25.Wien-Berlin Februar 2014, AKWien 26.SalzburgFreilassing April 2014, AK-Salzburg 27.Wien- München April , AK-Wien 40 Lebensmittel 46 von 52 Markenprodukte in Deutschland 20,75 % 35,12 % 58,59 % 51,1 % 12 % 24,6 % 48 Körperpflege 15 Reinigungsm. 64 Lebensmittel 69 Lebensmittel 19,6 % 20,8 % 62,53 % 46,5 % 19,54 % 16,6 % 28. Wien-München, 154 2% AK-Wien, April Baumarktprodukte 2014 1,2 % 29. Wien-Berlin, 40 Lebensmittel August 2014, AKWien 19,9% 23,7 % 30. Wien-München Okt. 2014, AKWien 165 53,2 % Drogeriewaren in Superund Drogeriemärkten 31. InnsbruckMünchen, Oktober 2014, AK- 13 Drogeriewaren 130% in Supermärkten und Drogeriemärkten 97,7 % (170 von 174) 65 % alle 8 Tirol 32. Wien-Berlin, Februar 2015, AKWien 33. Wien-München April 2015-04-30 MarkenLebensmittel 34. SalzburgFreilassing AK-Salzburg April 2015 40 Lebensmittel 21 % 17,4 66 Lebensmittel 18,3 % 15,3% 48 Körperpflege 15 Reinigungsm. 65 Lebensm. 62,53 % 46,5 % 19,54 % 62 von 66 (94%) Gesamtpreis der Warenkörbe 2011-2014 in Wien und Berlin (in Euro) (Erhebung der Arbeiterkammer Wien) 2. Inflationsrate in Österreich und Deutschland Besonders im Vergleich mit Deutschland zeigt sich, dass die Preise in Österreich auch in längerfristiger Betrachtung überdurchschnittlich steigen. Die Inflationsraten waren in Österreich immer höher als in Deutschland. Österreich teurer als Deutschland (HVPI), Inflationsraten: Österreich und in Deutschland (Quelle Eurostat). 9 2011 2012 2013 2014 2015/1 2015/2 2015/3 2015/4 2015/5 Österreich 3,6 2,6 2,1 1,5 0,5 0,5 0,9 0,9 1 Deutschland 2,5 2,1 1,6 0,8 -0,5 0,1 0,1 0,3 0,7 3. Österreich im europäischen Vergleich Aber nicht nur im Vergleich zu Deutschland, auch im Vergleich zum übrigen Europa war die Inflation regelmäßig in Österreich höher. IV. Die Ursachen 1. Teuerungsursache Nr. 1: Die Mieten 10 In Jahr 2014 betrug die Teuerung bei den Mieten 4 Prozent. Im vergleich dazu machte der VPI 1,7 Prozent aus. In Deutschland stiegen die Mieten lediglich um 1,5 %, im Euroraum um 1,4 %. Der Trend setze sich 2015 fort. Teuerung bei Mieten betrug im Jänner 5,2 Prozent (VPI 0,5 Prozent), im Februar 4,9 Prozent, im März und im April 5 Prozent ! 11 2. Teuerungsursache Nr. 2: Lebensmittel Die Lebensmittelpreise steigen in Österreich im Jahr 2014 um 1,8 %, in Deutschland betrug der Preisanstieg 0,9 %, Im Euroraum sanken die Preise um 0,1 %. 12 Quelle: Reinhold Russinger, Wer ist schuld an der höheren Inflation in Österreich? Gebühren? Ein Faktencheck, in: arbeit&wirtschaft blog, Wien 2015 Österreich ist auch im Internationalen Vergleich neben Dänemark an der Spitze der Lebensmittelpreise. (Quelle: Eurostat 19. 6.2015) 13 Inzwischen ist die Wettbewerbsbehörde aktiv geworden: 14 3. Gebühren als Teuerungsursache? Eine Analyse der Gebühren, der administrativen Preise, der Arbeiterkammer Wien (Russinger 2015) zeit eine starken Anstieg der administrierten Preise um 2,5 % im Jahr 2014. Dies erklärt jedoch nicht den Unterschied der Inflation zu Deutschland. Auch in Deutschland sind die administrierten Preise um 2,5 % gestiegen. Rechnet man diese Preiserhöhungen aus der Inflationsrate heraus, bleibt der Unterscheid zu Deutschland trotzdem gleich. 15 4. Energiepreise Gas und Strom: Großhandelspreis sinkt, Konsumentenpreise steigen Sowohl bei Strom als auch bei Gas sinken die Großhandelspreise. Die Preissenkungen werden jedoch nur unzureichend an die Konsumenten weitergegeben, bei der Industrie hingegen viel stärker. Die Enegie-Control stellt in ihrem Jahresbericht 2014 fest: „Die Strom- und Gaspreise für die Industrie sind 2014 im Vergleich zu 2013 gesunken. Das zeigen die Ergebnisse der Industriepreiserhebung der E-Control. Die Strompreise für die Industrie lagen 2014 im Schnitt zwischen 4,76 und 5,48 Cent pro Kilowattstunde (reiner Energiepreis ohne Netzkosten sowie Steuern und Abgaben) und sind damit deutlich niedriger als die Haushaltspreise, die im Schnitt zwischen 6,02 und 9,77 Cent pro Kilowattstunde ausmachen. Die Gaspreise für die Industrie lagen im vergangenen Jahr im Schnitt zwischen 2,27 und 3,06 Cent pro Kilowattstunde, jene für Haushalte im Schnitt zwischen 3,42 und 3,98 Cent. „ 16 Preisentwicklung Juli 2008 bis April 2015: Senkungen der Großhandelspreise nur unzureichend weitergegeben Strom Großhandelspreis Endverbraucherpreise - 47 % - 12,3 % bis 20.9 % Gas Großhandelspreis Endverbraucherpreise - 46,5 % - 6 % bis plus 34,2 % Die Arbeiterkammer erhebt regelmäßig die Großhandelspreise und die Endverbraucherpreise für Strom und Gas. (Stand November 2014) Dabei zeigt sich, dass die gesunkenen Großhandelspreise nur unzureichend an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben wurden. Einige Preissenkungen in jüngster Zeit 17 Allerdings gibt es in jüngster Zeit etwas Bewegung. Im Jahr 2014 haben insgesamt 19 Stromanbieter ihre Energiepreise gesenkt, 2013 waren es vier. Für Gaslieferung verlangten 2014 vier Anbieter weniger Geld. ( Quelle: E-Contol, Presseaussendung 17.2.2015). Diese Preissenkungen spielten sich bei den größeren EVUs vor allem im Osten Österreichs ab: Wien, Niederösterreich, Burgenland, in jüngster Zeit auch Salzburg, Steiermark. In Tiro, Vorarlberg, Kärnten, Oberösterreich gab es keine Bewegung. Quelle: Arbeiterkammer, Energiepreismonitoring April 2015 Problematisch ist jedoch die deutliche Grundpreiserhöhung der EVN, da dadurch Haushalte mit geringem Stromverbrauch (unter 1.200 kWh Jahresverbrauch) trotz Arbeitspreissenkung mit Mehrkosten rechnen müssen. Die Konsumenten waren aber auch 2014 wechselfreudiger, 268.000 Strom- und Gaskunden suchten sich einen neuen Lieferanten. Die Strompreissenkungen waren aber bescheiden. Bei Strompreissenkungen haben rund 2,7 Millionen Haushalte in den Jahren 2013 und 2014 profitiert und sich pro Jahr 135 Millionen Euro erspart (Quelle: E-Control, Jahresbericht 2014), als 50 Euro pro Haushalt. Steigerung der Ökostrombeiträge 18 Im Vergleich dazu mussten die Stromkonsumenten erhebliche Steigerungen der Ökostrombeiträge hinnehmen: 2012 39 Euro pro Jahr (durchschnittlicher Haushalt - 3500 KWh-Verbrauch pro Jahr) 2013 63 Euro 2014 83 2015 103 Die Haushalte, die 25 Prozent des Stromverbrauches ausmachen, zahlen also 40 Prozent der Ökostromförderung. Das Vergütungsvolumen ist enorm gestiegen: 2012 657 Mio. Euro 2015 1,2 Mrd. Euro Smart Metering In Zukunft werden noch die Kosten für die Einsatz von „smart metering“, also neuen Zählern dazukommen. Bis 2019 sollen 98 Prozent der Kunden damit ausgestatten sein. Die Kosten werden auf 1,5 bis 2 Mrd. Euro geschätzt. ( auf 15 Jahre aufgeteilt) 5. Treibstoffpreise Aufgrund der Entwicklungen auf den internationalen Rohölmärkten sind auch die Treibstoffpreise für die Letztverbraucher im letzten Jahr gesunken. 19 Quelle: Bundesarbeitskammer, Treibstoffpreisanalyse, Februar 2015 Anhang Untersuchungen über den „Österreichzuschlag“ Studie des Wifo im Auftrag der AK 2011, produktspezifische Inflationsraten Eine Analyse der produktspezifischen Inflationsraten in Österreich im Jahr 2011 und im 1. Quartal 2012, die das WIFO im Auftrag der Arbeiterkammer durchgeführt hat kommt zum Ergebnis, dass Österreich in diesem Zeitraum teurer war als Deutschland und der Preisanstieg höher war als in den meisten Staaten des Euroraumes. Im Jahr 2011 war die Inflationsrate (harmonisierter Verbraucherpreisindex HVPI) 3,6 %. Damit hatte Österreich die vierthöchste Inflationsrate im Euroraum. Im Durchschnitt machte die Inflationsrate im Euroraum 2,7 % aus. In Deutschland sogar nur 2,5 %. Bei einzelnen Produktgruppen stellt sich die Entwicklung folgendermaßen dar: Bei den Nahrungsmittel betrug der Preisanstieg in Österreich 4,4 %, im Euroraum lediglich 2,5 %. Speiseöl: Euroraum 4,5 % - Österreich 10,5 % Brot: Euroraum 2,5 % - Österreich 3,3 % Milch/Käse/Eier: Euroraum 3 % - Österreich 5,2 % Fleisch: Euroraum: 2,4 % - Österreich 2,9 % Obst: Euroraum 2,7 % - Österreich 12,8 % Kaffee: Euroraum 10,4 % - Österreich 18,1 % Auch gegenüber Deutschland sind die Preissteigerungen im Nahrungsmittelbereich höher. In Deutschland machen diese 2,9 aus, in Österreich 4,4 %. Österreich hat im Bereich der Nahrungsmittel das vierthöchste Preisniveau: EU 27: 100, Euroraum 104,8, Deutschland 109,9, Österreich: 114,4. Bei Brot/Mehl und Fleisch befindet sich Österreich sogar in der Spitze der Länder des Euroraumes. 20 Untersuchung ÖNB Eine Untersuchung der österreichischen Nationalbank (Friedrich Fritzer, Inflationsdifferenzen zwischen Österreich, dem Euroraum, Deutschland und Italien) aus 2011 kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Die HVPI-Inflationsrate stieg in Österreich seit Ende 2010 stärker an als jene anderer Länder des Euroraumes. Besonders wird in dieser Studie auf die Dynamik der Inflationsentwicklung im österreichischen Nahrungsmittelsektor hingewiesen. Die im Jahr 2011 wirksam gewordene Tabaksteuererhöhung erklärt ÖNB nur einen Teil dieser Entwicklung: „Zusätzlich könnte die Marktstruktur im österreichischen Lebensmittelhandel dazu beigetragen haben, dass globale Kostenschocks schneller und stärker auf die österreichischen Endverbraucherpreise übertragen wurden.“ Auch am Energiesektor verzeichnete Österreich einen schnelleren Anstieg der Inflationsrate als andere Euroraumländer. Im März 2011 lag die Inflationsrate für Energie in Österreich bei 12,6 % und damit mehr als 2 Prozentpunkte über jener von Deutschland. Die ÖNB deutet an, dass die Preisanstiege „auch durch die Struktur des österreichischen Treibstoffmarktes verursacht sei, der durch eine hohe Konzentration gekennzeichnet ist.“ Was die Ursachen der Preisunterschiede sein könnten, darüber gibt es bedauerlicherweise nur Vermutungen. „Ohne umfassende Untersuchung, die alle diese Aspekte einbezieht, kann keine gesicherte Beurteilung vorgenommen werden.“ Bundeswettbewerbsbehörde Die Bundeswettbewerbsbehörde hat im Jahr 2007 eine Branchenuntersuchung zum österreichischen Lebensmittelhandel durchgeführt. In dieser Untersuchung wurde auf die teilweise große Nachfragemacht der einzelnen Nahrungsmittelsektoren hingewiesen. Inzwischen prüft die Bundeswettbewerbsbehörde (Stand Juni 2012) den Rewe-Konzern wegen Verdacht auf Preisabsprachen. Bundeswettbewerbskommission Die Wettbewerbskommission hat sich wiederholt zu der Notwendigkeit von Untersuchungen und Maßnahmen ausgesprochen, zuletzt in ihren Vorschlägen an die Bundeswettbewerbsbehörde (26.9.2011): „Die WBK regt daher auch in dieser Empfehlung an, dass die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) ehest möglich für ein kontinuierliches Wettbewerbsmonitoring sorgen möge. Da sich ein funktionierender Wettbewerb auf den Märkten für leitungsgebundene Energie trotz der laufenden Arbeiten von BWB und EControl und der erreichten Weiterentwicklung noch immer nicht eingestellt hat, empfiehlt die WBK neuerlich eine Vertiefung der 21 Branchenuntersuchungen Strom und Gas und erinnert an die vorjährige Empfehlung betreffend den Fernwärmebereich. Mehrfach hat die WBK Empfehlungen für Untersuchungen in diesem Bereich besonders ausgeprägter Konzentration gegeben. Die BWB hat im Jahre 2007 eine Branchenuntersuchung vorgenommen. Die WBK regt auch in diesem Jahr die Aktualisierung der seinerzeitigen Branchenuntersuchung mit einem besonderen Schwerpunkt der Entwicklungen entlang der Wertschöpfungskette an. Ein besonderes Thema ist die Entwicklung der LEH-Spannen bei Grundnahrungsmitteln in einer mehrjährigen Betrachtung und im internationalen Vergleich. Im Bereich des LEH ist über einen längeren Zeitraum hinweg die Tendenz zu einer erheblichen Erhöhung der Handelsspannen festzustellen. Als Beispiel sei hiefür die Spanne bei Trinkmilch genannt, die Anfang 1990 noch bei 14 % gelegen war und bis heute auf etwa 28 % verdoppelt wurde. Es gibt Informationen, wonach diese LEH-Spanne in Deutschland wesentlich geringer ist. Die Entwicklung auf dem österreichischen Zuckermarkt ist umfassend im europäischen und internationalen Zusammenhang und Vergleich zu beurteilen – und dies entlang der Wertschöpfungskette. Dazu kommt noch der Aspekt, dass ein großes LEH-Unternehmen in Österreich vor kurzer Zeit eine deutliche Anhebung der Verbraucherpreise vorgenommen hat.“ Statistik Austria Seit Februar 2011 ist die Inflation deutlich über der Inflation im Euroraum. Statistik Austria Generaldirektor Pesendorfer: Bei den Nahrungsmittelpreisen könne aber auch „zu einem gewissen Prozentsatz die Wettbewerbssituation im Einzelhandel“ eine Rolle spielen. (Wiener Zeitung 17.1.2012). Untersuchung der Bank Austria vom Juli 2013 Die Bank Austria hat in einer jüngsten Untersuchung festgestellt, dass es erhebliche Unterschiede in den Teuerungsraten zwischen Österreich und Deutschland gibt. Die Verbraucherpreise haben in Österreich seit dem Jahr 2009 um 10,7 Prozent zugelegt, in Deutschland waren es „nur“ 7,5 Prozent. Der Chefökonom der Bank Austria Stefan Bruckbauer sieht vor allem in den Mieten eine der Ursachen. Seit Anfang 2009 sind die Mieten in Österreich um rund 20 Prozent gestiegen, in Deutschland nur um fünf Prozent. Zu wenig Neubauten und ein offenbar unzureichendes Mietrecht dürften die Ursachen sein. 22 „Anders als in Deutschland gibt es in Österreich doch einen spürbaren Anteil an befristeten Mietverträgen. Da ergibt sich für Vermieter in Österreich öfter ein Spielraum für Erhöhungen“, so Bruckbauer im „Kurier“ (12.5.2013). Von 2008 bis 2012 sind in Wien die Mietkosten für privatvermietete Hauptmietwohnungen um über 20 Prozent gestiegen. Gemeindewohnungen verteuern sich nur um zehn Prozent. ( Die Presse, 12.7.2013) Aber nicht nur bei den Mieten gibt es die Zuschläge. Die Bank Austria konstatiert auch bei Produkten der Körperpflege, bei Schuhen, bei Einrichtungsgegenständen als Bereiche, bei denen die Teuerung viel höher war als in Deutschland. Auch im Bereich der Bewirtung gibt es höhere Inflationsraten als in Deutschland. „Bei uns haben die Wirte kräftiger zugelangt.“ 23
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