veganes leben

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Juli 2015
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Das Schwein ist uns egal
VEGANES LEBEN
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THEMEN IN NRW
Kritik, Interviews und Links
Köln – choices.de
Düsseldorf – biograph.de
Wuppertal – engels-kultur.de
Ruhrgebiet – trailer-ruhr.de
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5 VEGANES LEBEN
Viele Verbraucher sind angesichts von DioxinEiern und Pferdefleischskandal verunsichert.
Konsequente Abhilfe schafft nur der Veganismus
6 Themeninterviews
Die Tierethikerin Hilal Sezgin über Veganismus
und Tierrechte
Bühne.
8 Schauspiel Essen/Aalto
9 Auftritt
Matthias Schönfeldt inszeniert in Moers Kleists
Amphitryon
10 RuhrHOCHdeutsch
11 Theater Ruhr
Pottfiction-Camp in Bochum
„Gier und Bescheidenheit“ in Oberhausen
Kaspar Hauser in Dortmund
12 Komikzentrum Ruhr
Beim Deutschen Stand-Up Festival wird Klartext
geredet
Theater Ruhr
Schillers „Wallenstein“-Trilogie in Düsseldorf
13 Theaterleben
Das Impulse Festival 2015
14 Prolog
Ruhrtriennale startet im August mit Debatte
Literatur.
31 ComicKultur/Wortwahl
Comic- und Buch-Empfehlungen des Monats
Textwelten
Ein Schiedsrichter erklärt die Welt der Amateure
BÜHNE
© Lars Heidrich
Auftritt
9
KINO
„Taxi Teheran“
Kino.
Kunst.
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27
33 Kunst & gut
„CHINA 8“ in zwei Museen in Duisburg
34 Kunstwandel
„Feminismen“ im Gelsenkirchener Nordsternturm
35 RuhrKunst
Volker Stelzmann in Hagen
Catalina Pabón im Kunstmuseum Bochum
Chinas Videoartisten in Marl
36 Kunst-Kalender
Museumslandschaft NRW
37 Kunstmuseum Bochum
UCI Events
Film-ABC/Vorspann
Film des Monats – „Taxi Teheran“
Kritikerspiegel Ruhr/Kino-Kalender Ruhr
Film-Kritik
Hintergrund – „Gefühlt Mitte Zwanzig“
Interview
Andreas R. Klein zur Strategie seines Kölner
Verleihs Splendid Film
Gespräch zum Film
Regisseur Dietrich Brüggemann über seine
Neonazi-Satire „Heil“
38 Culture Clubs
Open Air Kino: „Ghostbusters“
Arthaus Festival: „Fitzcarraldo“
„Am Sonntag bist du tot“ im Metropolis Filmtheater
Kino-Café „Die Entdeckung der Unendlichkeit“
Kultur in NRW. überregional
32 Klassik an der Ruhr
In Essen feiert der Uni-Chor Mikis Theodorakis
Improvisierte Musik in NRW
40 Jahre und kein bisschen älter ist das JJO-NRW
34 Kunst in NRW
Französische Malerei in Rolandseck
14 Tanz in NRW
Ruhrtriennale 2015 mit wenigen, aber ausgesuchten Stücken
Oper in NRW
„Madame Butterfly“ in Hagen
Theater in NRW
Über Bauprojekte in Köln und Bonn
Musical in NRW
Weltklasse-Shows in der Kölner Philharmonie
Film des Monats
18
MUSIK
Phrasenmäher
Musik.
Kompakt Disk
CD-Empfehlungen des Monats
trailer spezial.
4 Intro – „Grünes Kapital“
7 Innovation – Projektbetreuer Dr. Paul Dostal (DLR)
über innerstädtische Hitzebelastung
28 Bochum Total
Die trailer-Wortschatzbühne bietet bei Bochum Total
wieder Platz für das gesprochene und gesungene Wort
37 Auswahl – im Juli
Veranstaltungs-Empfehlungen des Monats
39 Impressum
Heute schon digitale Fingerabdrücke hinterlassen?
trailerRuhr
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Dieses Icon zeigt Ihnen den Weg.
Bochum Total KUNST
30
kunst & gut
© Sui Jinaguo, courtesy Pace Beijing,
China 8, Lehmbruck Museum Duisburg
33
Intro
-ruhr.de
Juli 2015
Natur pur mitten in Essen Frohnhausen, Foto: Maxi Braun
trailer + trailer-ruhr.de
Grünes Kapital
Im Doppelpack mehr Service, Meinung und Hintergrund
Thema
6
Veganes Leben
Die Journalistin Hilal Sezgin engagiert sich nicht
nur für Tierrechte, sondern auch für Feminismus und
gegen Islamophobie. Im Interview wünscht sie sich,
dass wir bestehende Tierschutzgesetze ernster nehmen und Tiere von der Gesellschaft nicht länger als
Nutztiere ohne Emotionen wahrgenommen werden.
Hilal Sezgin
Innovation
Foto: privat
7
Sommerhitze in Ballungsräumen
Unsere mit Straßen und Häusern zugebauten Städte
sind Wärmespeicher. Kein Wunder also, dass es dort
tagsüber und besonders nachts heißer ist als in der
Umgebung. Gegensteuern ist möglich, sagt Klimatologe Dr. Paul Dostal.
Dr. Paul Dostal (DLR)
Film
Foto: privat
27
Programmstrategie von Splendid Film
Splendid Film zählt zu den wichtigsten Filmverleihern für den Genre-Bereich, ist aber mit anspruchsvollen Filmen wie „Still Alice“ zunehmend im Arthouse-Bereich vertreten. Wir sprachen mit dem
Vorstandsvorsitzenden der Splendid Medien AG.
Andreas R. Klein
Film
Foto: © Splendid Medien AG
27
Gespräch zum Film
Dietrich Brüggemann („3 Zimmer/ Küche/ Bad“) hat
mit „Heil“ (Start: 16.7.) eine „Rundumschlags-Satire“ über Neonazis inszeniert. Wir sprachen mit ihm
über das öffentliche Klima, über Satire und über die
Arbeit mit seiner Schwester Anna.
Dietrich Brüggemann
Es grünt so grün wenn Essens Blüten blühen, Pan und Faunus geben einander High five und Poison Ivy steppt im Stadtpark….Übertreibung muss
erlaubt sein, wenn Essen den Titel „Grüne Hauptstadt Europas 2017“ ergattert. Die Essener Delegation in Bristol nahm die dortige Jury mit auf eine
90-minütige Geschichte von Strukturwandel und Sturmschädenbeseitigung, lud zum Planschen im Baldeneysee, flanieren in der Gruga oder radeln
an der Ruhr ein. Umweltdezernentin Simone Raskob und Oberbürgermeister
Reinhard Paß führten ihr Team Essen so zum Sieg. In Zeiten knapper kommunaler Haushalte wird der Titel die Beantragung von EU-Fördermitteln
erleichtern, um weitere Projekte in Angriff nehmen zu können. Gratulation!
Ich selbst bin überhaupt nur nach Essen gezogen, weil dort mein allerliebster veganer Burgerladen residiert. In unserem Monatsthema VEGANES
LEBEN geht es aber weniger um Kulinarik, als um das dahinterstehende
Gesamtkonzept. Wir sprechen mit Journalistin HILAL SEZGIN, die sich nicht
nur für Feminismus und gegen Islamophobie, sondern besonders für Tierrechte engagiert.
Bei aller „Green Capital“-Euphorie gibt es aber auch Probleme in den urbanen Ballungsräumen des Ruhrgebiets. In den immer heißeren, trockeneren Sommern staut sich die Hitze in den Städten. Lösungsvorschläge macht
Klimatologe Dr. PAUL DOSTAL im Interview auf unseren Grünen Seiten.
Außergewöhnlich voll und vom 2.-5. Juli auch heiß und trocken sollte
es bleiben, wenn BOCHUM TOTAL zum 30. Mal mit einem gigantischen
Umsonst&Draußen-Fest in die Stadt lockt. Durch die Musikhighlights und
das Programm der trailer-Wortschatzbühne führt unser Festival-Spezial.
Bevor die Theater in die Spielzeitpause gehen, empfehlen wir noch AMPHITRYON am Theater MOERS und raten, die Sommerpause mit dem POTTFICTION-Sommercamp in der Bochumer Jahrhunderthalle oder der RUHRTRIENNALE zu überbrücken.
Die Museumslandschaft ist aufgrund von CHINA 8 fest in fernöstlicher
Hand. Duisburg ist als einzige von acht Städten mit zwei Ausstellungen vertreten: DAS VOKABULAR DER SICHTBAREN WELT (MKM Küppersmühle) und
NEUE FIGURATIONEN (Lehmbruck Museum). Regimekritische Töne sind hier
jedoch selten. Wer Kunst politischer mag, der ist im Gelsenkirchener Nordsternturm bei FEMINISMEN richtig, wo insgesamt 16 Stunden Material feministischer Videokunst von den frühen 1970ern bis heute gezeigt werden.
Eher nichts für FeministInnen ist der Iran, wo unser Film des Monats TAXI
TEHERAN spielt. Regisseur Jafar Panahi kreiert ein Fanal des Widerstands
gegen Repression, Überwachung und Zensur in seiner Heimat. Warum für
den Filmverleih Splendid Film, bekannt für Genre-Filme, zunehmend anspruchsvolle Arthousewerke wichtig werden, erläutert ANDREAS R. KLEIN,
Vorstandsvorsitzender der Splendid Medien AG, im Interview. Auch mit Regisseur DIETRICH BRÜGGEMANN haben wir über HEIL, seinen satirischen
Rundumschlag gegen Neonazis, über die Grenzen von Satire gesprochen.
Eine Welturaufführung in Dortmund hätten wir bei angesichts der Thematik
übrigens besonders treffend gefunden.
MAXI BRAUN
Foto: Zora Rux
4
Thema
Tierrechte?
 Mehr
[email protected]
Wir freuen uns auf Post.
Freund oder Futter? Eine kulturell geprägte, nicht emotionale Entscheidung, Foto: Ava Weis
Moralische Gedankenschranke – Veganismus ist mehr als nur ein Trend
den gegen Kunstleder und -fasern oder Baumwolle
getauscht. Auch auf Produkte wie Honig, für die
Bienen extra gezüchtet werden müssen, verzichten
Veganer, Kosmetika werden vegan gekauft, tierversuchsfrei und mit rein pflanzlichen Wirkstoffen.
Doch kann Veganismus noch sehr viel weiter gehen: Gemüse wird oft
trailer-Thema im Juli
nur aus einem Anbau
Nutztiere in Deutschland
ohne Verwendung von
leben meist nur kurz und
tierischem
Dünger
werden unter schlechten
Ob ethisch oder gesundheitlich motiviert, der Verzicht
konsumiert. Es gibt veBedingungen gehalten.
auf tierische Produkte ist mehr als ein kurzfristiger Trend.
ganen Wein, der nicht
Ein Rind wird als FleiKomplett tierleidfreier Konsum ist aber praktisch kaum
möglich und bleibt vorerst eine Utopie.
durch tierische Erzeugschlieferant nur acht
Lesen Sie weitere Artikel zum Thema auch in:
nisse geklärt wurde. Vebis zehn, ein Schwein
gane Tapeten und Kleicirca fünf Monate alt.
www.choices.de
www.engels-kultur.de
ster existieren ebenfalls.
Ein Masthuhn bringt es
Medikamente werden
gerade noch auf eine Lebenserwartung von fünf bis sechs Wochen. Milch- so gut es geht gemieden, da diese in Tierversuchen
kühe werden künstlich befruchtet, damit sie viel getestet werden. Veganismus ist also eine hoch
Milch geben, bei Nachlassen der Milchleistung ethische und moralische Angelegenheit. Das Verwird geschlachtet. Bei Züchtungen von Lege- antwortungsbewusstsein gegenüber allen Lebewehennen werden die männlichen Küken nach dem sen steht im Vordergrund, die eigene Lebensweise
Schlüpfen entweder geschreddert oder vergast. wird dem angepasst und ist nicht egozentrisch.
Tiertransporte werden unter schrecklichen Bedin- Warum also wird Veganismus noch oft belächelt
gungen durchgeführt. Pelztiere werden nur auf- und ist mit so wahnsinnig vielen Vorurteilen und
grund Ihres Fells in großen Mengen gezüchtet und Gegenargumenten behaftet?
dann getötet. Die deutsche Tierschutzorganisation Das häufigste Argument gegen den Veganismus
PETA weist auf das Elend von Schafen hin, die nur ist, dass Menschen schon immer tierische Produkte konsumiert haben. In der heutigen Zeit ist
für Ihre Wolle gezüchtet werden.
Um diese Tatsachen und Umstände wissen auch das nicht mehr notwendig. Das Angebot an alterNichtveganer. Doch hat der Normalkonsument nativen Produkten ist riesig, ein Muss also nicht
eine moralische Gedankenschranke aufgebaut, mehr vorhanden.
nach der Nutztiere nicht mehr als Lebewesen mit Ebenso wird den Veganern vorgeworfen, sie würEmotionen und Gefühlen wahrgenommen wer- den aufgrund ihres Sojakonsums zur Abholzung
den. Diese moralische Grenze reißen Veganer ein: der Regenwälder beitragen. Fakt ist aber, dass VeSie verzichten auf alle Lebensmittel, die vom Tier ganer oft, geprägt durch ihren Umweltsinn, darauf
stammen, wie Fleisch, Fisch, Milch und Eier. Le- achten, woher ihre Produkte letztlich kommen. Das
bensmittel, die andere tierische Produkte enthal- meiste Soja, welches für die Abholzung der Regenten, wie Fette oder E-Stoffe, werden gemieden. wälder verantwortlich ist, wird in Futtermitteln für
Kleidungsstücke wie Lederschuhe und Wolle wer- die Fleisch- und Milchindustrie benötigt. Zudem
Veganismus ist längst nicht mehr „nur“ ein Trend.
Der Vegetarierbund Deutschland geht in einer
Schätzung vom Januar 2015 von 900.000 Veganern in Deutschland aus, und es werden täglich
mehr. Warum aber entscheidet sich jemand dazu
Veganer zu werden?
VEGANES LEBEN
5
trailer verlost zwei 25 €-Gutscheine
für ein veganes Restaurant im Ruhrgebiet
auf trailer-ruhr.de
halten sich viele Veganer an saisonales und regionales Obst und Gemüse. Bei Kleidung wird meist
auch auf soziale Fairness geachtet, das gehört
ebenso zum Konzept des Veganismus.
Auch darüber, ob Veganismus die gesündere Lebensweise ist, wird gestritten. Bisher gibt es nur
wenige Studien, die die Auswirkungen veganen Lebens auf die Gesundheit zum Thema haben. Bisher
erwiesen wurde, dass Menschen mit rein pflanzlichem Speiseplan weniger an Typ-2-Diabetes und
Übergewicht leiden. Die bewusste Lebensweise der
Veganer vermeidet auch andere ernährungsbedingte Krankheiten. Die meisten Veganer sind über
eine Nährstoffergänzung gut aufgeklärt.
Warum gibt es also in Zeiten von hoher Aufklärung
der Bevölkerung über Massentierhaltung, Tiertransporte und Lebensmittelskandale noch nicht
mehr Veganer? Nach Gammelfleisch und DioxinEiern gaben in einer Studie 2011 von Dentsu Aegis 33% der Befragten an, verunsichert zu sein
und nicht zu wissen, was sie noch essen könnten.
69% zogen Konsequenzen und mieden bestimmte
Nahrungsmittel und Marken, doch das Gros der
Deutschen weicht nicht von seinen Konsumgewohnheiten ab. Muss aber nicht in einer Welt, die
immer verschmutzter und ressourcenärmer wird,
in der der ökologische Fußabdruck des Einzelnen
weitaus größer ist als er sein sollte, ein Umdenken
in diesem Bereich stattfinden? Letztlich bleibt, das
eigene Gewissen zu prüfen, die eigenen Lebensgewohnheiten zu überdenken und den Weg zu gehen, der einem richtig, moralisch und umweltbewusst erscheint.
NINA RYSCHAWY
Aktiv im Thema
www.peta.de
www.vebu.de (Vegetarierbund Deutschland)
www.animalequality.de
Gemeinnützige Tierrechtsorganisation
www.vegane-gesellschaft.de
Thema
Billiges Fleisch für Konsumenten, hoher Preis für Tiere, Foto: Jan Schliecker
„Das Schwein ist uns egal“
Die Tierethikerin Hilal Sezgin über Veganismus und Tierrechte
trailer: Frau Sezgin, was hat Sie bewogen, Ve- in einen Käfig sperren und sie dort über ihrem Kot
sitzen lassen, wären wir barbarisch und beginganerin zu werden?
Hilal Sezgin: Ich war Vegetarierin seit meinem gen Tierquälerei. Passiert das gleiche mit einem
13. Lebensjahr. Ich bin in einer sehr tierlieben Schwein, ist uns das egal.
muslimischen Familie aufgewachsen. Irgendwann Hier geht es um kulturelle Wahrnehmungsmuster.
habe ich Kühe auf einer Weide beobachtet und Diese lassen sich aber überwinden. Schauen wir
gezeichnet. Da wurde mir zum ersten Mal klar, beispielsweise auf das Thema Frauen: Lange Zeit
dass ich diese Tiere esse, obwohl ich sie als In- wurden viele Formen von Gewalt gegen Frauen
gar nicht als problematisch
dividuum wahrnehme. Ich sagte
„Töten aus Geschmacks- und
angesehen. Das wurde durchmeiner Mutter, dass ich kein
Traditionsgründen sollte
brochen und es wurden neue
Fleisch mehr essen wolle. Zur
abgelehnt werden“
Gesetze geschaffen.
Veganerin wurde ich vor acht
Jahren, als ich aufs Land zog und mir Bauernhöfe Auch die Sichtweise auf Tiere hat sich schon einund auch einen Demeterhof angeschaut habe. Ich mal im Laufe der Zeit gewandelt: Man hat lange
habe immer gedacht auf solchen Höfen leben die Zeit gedacht, dass Tiere, weil sie keine menschTiere glücklich. Aber auch dort standen beispiels- liche Sprache haben, auch nicht denken und hanweise die Kälber von der Mutter getrennt. Die Re- deln können, sie keinen eigenen Willen haben. Die
neuere Verhaltensforschung hat diese Sichtweise
alität sieht also anders aus.
zugunsten einer gerechteren Wahrnehmung des
Es mangelt nicht an grausamen Videos über Tieres verändert. Da spielte das Durchbrechen
Massentierhaltung, etc. und jeder kennt diese der kulturellen Wahrnehmungsmuster eine große
Bilder. Warum setzt nicht ein kollektives Um- Rolle. Die darwinistische Erkenntnis, dass wir mit
den Tieren verwandt sind, haben wir moralisch
denken ein?
Ich hoffe ja, dass wir am Rande eines solchen noch nicht akzeptiert.
Umdenkens stehen.
Eine Antwort wäre, zu sagen, wir sind es so ge- Können Sie Ihre Tierethik kurz zusammenfaswöhnt. Wir sind alle aufgewachsen in einer Ge- sen?
sellschaft, in der die Nutzung von Tieren selbst- Tiere sind Individuen. Sie haben bewusste Wahrverständlich ist. Und eine Sache, die wir als Teil nehmungen und Emotionen wie Freude, Schmerz
unserer natürlichen Umgebung wahrgenommen und Trauer. Tiere führen eigene Leben mit ganz
haben, zu hinterfragen, das ist nicht nur anstren- vielen unterschiedlichen Komponenten. Das magend, sondern verunsichert uns. Es gibt die Angst chen wir uns oft nicht klar, wenn wir Nutztiere
davor, sich einzugestehen, dass man rückblickend betrachten. Da spielt es dann nur eine Rolle, ob
sie dick und gesund genug sind und genügend
lange Zeit falsch gehandelt hat.
Zudem wird uns von der Werbung oder vom Ka- Leistung erbringen. Wir müssen aber das Indivipitalismus suggeriert, dass im völlig freien Kon- duum sehen, mit allen seinen Rechten. Das heißt
sum Glück liege. Sprich, Verzicht ist für Menschen nicht, dass ein Tier immer glücklich sein muss,
schlimm. Was aber ist am Verzicht so schlimm? wir sind es ja auch nicht. Aber wir Menschen
Wir verzichten andauernd, es ist auch gar nicht sind verpflichtet, dieses Leben nicht willkürlich zu
so schwer, es ist eine kluge und genussvolle Ent- schädigen oder es gar zu beenden.
scheidung. Aber das Gefühl, dass einem angeblich
etwas verboten wird, suggeriert den Menschen Ist Veganismus inzwischen von einem Trend zu
einem gesellschaftlich anerkannten LebensmoLeiden.
dell geworden?
Wie kommt es, dass wir Hund und Katze lieben Ja, das glaube ich. Man hört zwar oft, Veganismus
und pflegen, uns aber ein Schwein, das irgend- wäre ein Hype, der vergehen wird. Aber es geht
um viel mehr: Der Trend Veganismus trägt die
wo als Nutztier lebt, vollkommen egal ist?
Wir haben Grenzen eingezogen, die so einfach Möglichkeit einer bestimmten Befreiung, einer
nicht funktionieren. Würden wir Katze und Hund Öffnung. So lange wir es für die einzige Möglich-
6
keit halten, mit tierischen Produkten zu leben, so
lange das für uns selbstverständlich ist, müssen
wir auch Rechtfertigungsmuster aufbieten, die
diesen Gedankengang am Laufen halten. Sobald
wir aber andere Möglichkeiten sehen, können wir
auch neu darüber nachdenken. Und selbst wenn
Leute veganes Leben ausprobieren, weil sie es als
gesund empfinden, abnehmen wollen oder weil es
ein Trend ist, dann werden sie merken, dass man
so sehr gut leben kann. Es eröffnet sich ihnen also
die Möglichkeit, neu über ihr Verhältnis zu Tieren
nachzudenken.
Welche konkreten Änderungen würden Sie sich
im Tierrecht wünschen?
Zunächst sollten wir unser bisheriges Tierschutzgesetz ernster nehmen. Dort steht ja schon, dass
man Tiere nicht ohne vernünftigen Grund töten
darf. Daher sollte das Töten aus Geschmacks- und
Traditionsgründen ganz abgelehnt werden.
Ich fürchte aber, dass es für diesen Schritt zu früh
ist. Wir leben in einer Demokratie, und für eine
solche Gesetzesänderung werden wir jetzt keine
Mehrheit bekommen. Was definitiv schon getan
werden könnte, ist das Verbot von Tierversuchen
und Investitionen in die Suche nach Alternativen.
Zudem könnte man das Tiertransportgesetz verändern und Subventionen abbauen, die tierproduzierende Betriebe und Schlachthöfe erhalten.
Für das Ende dieser Entwicklung wünsche ich mir
eine Gesellschaft, in der auch ein Tier ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Leben, Freiheit und Unversehrtheit hat.
INTERVIEW: NINA RYSCHAWY
Lesen Sie die Langfassung unter:
www.trailer-ruhr.de/thema
ZUR PERSON
Hilal Sezgin (45) ist Journalistin
und befasst sich mit Feminismus, Islam, Islamophobie und
Tierethik. Sie ist Veganerin und
lebt gemeinsam mit vielen Tieren auf einem Bauernhof in der
Lüneburger Heide. Foto: privat
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Verdichtete Innenstädte (wie hier in Bochum) kühlen in heißen Sommern kaum noch ab. Manche Menschen sterben dadurch vorzeitig, Foto: Tom Jost
Sommerhitze in Ballungsräumen
Projektbetreuer Dr. Paul Dostal (DLR) über innerstädtische Hitzebelastung, Wassermangel und mögliche Gegenmaßnahmen
trailer: Herr Dostal, warum schaut das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
auf das Ruhrgebiet?
Dr. Paul Dostal: Der DLR-Projektträger ist die
Schnittstelle zwischen Politik und Forschung. Er
wurde für das Forschungsprojekt „KLIMZUG“,
das vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung gefördert wird, mit der Unterstützung
von „Klimaanpassung in Regionen“ beauftragt.
Eine dieser Regionen, die untersucht wurden, ist
das Ruhrgebiet.
Regierungen reden vom 2-Grad-Klimaziel,
hier soll es bis zum Ende des Jahrhunderts 3,5
Grad wärmer werden können.
Das liegt nicht nur am globalen Wandel, sondern
auch daran, dass hochverdichtete und -versiegelte Räume selbst zum lokalen Klima beitragen. Oberflächenvergrößerung durch Gebäude,
mit denen man alles vollbaut und die GebäudeMaterialien bewirken einen „Extra-Temperaturzuschlag“.
Thermografien zeigen, wie sich die Städte aufheizen. Zwischen Schalke und dem
Dr. Paul Dostal: „Wasserspreng-Fahrzeuge haben einen Effekt
von einer halben Stunde.“ Foto: privat
Mechtenberg liegen vier Kilometer Luftlinie,
aber nachts sieben Grad Temperaturunterschied.
Wenn ich eine Freifläche habe, die schön begrünt ist, kühlt die in der Nacht sehr stark aus.
Hochversiegelte Flächen halten die Wärme. In
sehr warmen Sommernächten, wo die Menschen Abkühlung brauchen, kriegen sie die dort
nicht. Dann wird die Nacht sehr unangenehm.
Gesund ist das nicht …
Hitzewellen oder der Jahrhundertsommer von
2003 haben zu vielen Hitzetoten geführt. Wenn
die Temperatur fast 40 Grad erreicht und die
Nächte selten unter 25 Grad sinken, ist das für
alte Menschen kaum noch zu schaffen. Besonders die, die schon krank sind oder am Ende ihres
Lebens, sterben dann früher. Man benutzt in
der Fachwelt den etwas makabren Begriff vom
„Harvest-Effekt“: Leute, die vermutlich im Laufe
des Jahres sowieso gestorben wären, werden in
solchen Hitzesommern „weggeerntet“ und sterben einfach durch die große Hitzebelastung.
Kann man für die Städte feststellen: zu wenig
Wasser?
Schon richtig. „Dynaklim“ hat sich die StadtBöden angeschaut – auch da, wo sie Wiese sind.
Und festgestellt, dass es total urban überprägte
Böden sind. Sie enthalten Schutt und sonstwas,
können das Wasser also gar nicht halten. An
heißen Sommertagen haben solche trockenen
Rasenflächen fast die gleichen thermischen Eigenschaften wie Asphalt. Wenn man es schafft,
diese Böden zu reaktivieren, also den Schutt
rausholt und normale Böden daraus macht,
können sie die Feuchte länger halten und haben
tatsächlich einen Kühlungseffekt.
Wäre es eine Abhilfe, wenn die Stadt morgens Wasserspreng-Fahrzeuge durch die City
schicken würde?
In Südeuropa wird das so gemacht. Ich würde sagen: Das hat vielleicht eine halbe Stunde lang einen Effekt. Um dauerhaft eine Stadt
abzukühlen, braucht man Reaktivierung der
Böden, vernünftige Durchgrünung und muss
Kaltluftschneisen ermöglichen. Also nicht alles
versiegeln.
77
Das Absurde ist ja: Wir kriegen tendenziell
heißere Sommer – und dafür unglaublich nasse Winter.
Ja: heiße und trockene Sommer. Aber wenn es
regnet, dann richtig. Auch das Landesumweltamt
sagt, dass Starkniederschläge und Stürme mittlerweile ein wiederkehrendes Phänomen sind.
Damit muss künftig häufiger gerechnet werden.
Blöderweise kann man das Zuviel-Wasser aus
dem Winter kaum für den Sommer festhalten
…
Wenn ich es schaffe, die Freiflächen in den Städten so aufzubereiten, dass sie ansatzweise natürlich sind, dann haben sie die Fähigkeit, Wasser
zu speichern und im Frühsommer zur Verfügung
zu stellen.
Es stellt sich natürlich die Finanzierungsfrage.
Ja. Die Städte würden solche Flächen viel lieber
verkaufen und versiegeln, als sie als Parks zu
pflegen. Aber der Wohlfahrtseffekt, den solche
„Pocket-Parks“ haben, ist nicht zu unterschätzen.
Im Endeffekt ist die Pflege von Grünflächen und
Parks gar nicht so teuer.
Schauen wir in die Region: Haben Städte wie
Köln und Wuppertal dieselben Probleme?
Die Kölner Bucht ist sehr warm und ein hochversiegelter Raum – wird also das gleiche Problem wie das Revier haben. Wuppertal liegt erst
einmal höher, ist grüner und hat die Wupper
drin: Die haben wieder andere Probleme, sind
aber, was sommerliche Hitze angeht, im Vorteil
gegenüber Köln.
Wuppertal muss weniger tun?
Die müssen alle was machen. Ich glaube, die
Städte haben schon das Ziel, eine Stadtentwicklung anzustoßen, die die Lebensqualität insgesamt bereichert. Das kann man sehr gut mit
Maßnahmen verbinden, die sowohl Klimaanpassung bedeuten als auch den Wohlfahrtseffekt erhöhen. Ein gutes Netzwerk schöner Parks bedeutet kurze Wege, um sich zu erholen, es hält die
Luftqualität hoch, kühlt und speichert Wasser.
Eine Win-Win-Situation.
INTERVIEW: TOM JOST
PREMIEREN 2015 | 16
S P I E L Z E I T 20 15 | 16
Frankenstein (DSE) Dear, 19.9.2015
Das beste aller möglichen Leben (UA) Haidle, 2.10.2015
Ich habe nichts zu verbergen –
Mein Leben mit Big Data (UA) Schmidt-Rahmer,
3.10.2015
„Kunst“ Reza, 10.10.2015
Anton, das Mäusemusical Pigor, Pigor,
Fritsch, 15.11.2015
Caspar Hauser nach Wassermann, 4.12.2015
My Fair Lady nach Shaw, Pascal, 5.12.2015
Top Dogs Widmer, 26.2.2016
Die Kopien Churchill, 3.3.2016
Stück auf! Autorentage vom 4. bis 5.3.2016
Ein König zu viel Pigor, 16.4.2016
Der gute Mensch von Sezuan Brecht, Dessau, 29.4.2016
Konrad oder Das Kind aus der
Konservenbüchse nach Nöstlinger, 30.4.2016
Maria Stuart Schiller, 25.6.2016
PREMIEREN OPER
The Greek Passion Martinů, 26.9.2015
Die Liebe zu den drei Orangen Prokofjew, 21.11.2015
Faust Gounod, 30.1.2016
Elektra Strauss, 19.3.2016
Il Barbiere di Siviglia Rossini, 4.6.2016
PREMIEREN BALLETT
Der Nussknacker Van Cauwenbergh, 24.10.2015
Archipel Kylián, 23.4.2016
W I E D E R AU F N A H M E N O P E R
Fidelio | Madama Butterfly | Macbeth | La Bohème
Un Ballo in Maschera | Die Zauberflöte
Der fliegende Holländer | Into the little hill | Aida
Tosca | La Traviata | Rusalka | Don Giovanni
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La vie en rose | Romeo und Julia
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Ballettintendant Ben Van Cauwenbergh
WERTE
Z Ä H LE N
Tickets T 02 01 81 22-200
www.theater-essen.de
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Auftritt
oder Sicherheit?
 Freiheit
[email protected]
Wir freuen uns auf Post.
Was nun die Realität betrifft, Raum oder Leinwand, wer mag das wissen, Foto: Lars Heidrich
Die Dunkelheit breitet sich aus
Matthias Schönfeldt inszeniert in Moers Kleists Amphitryon
Absolute Sicherheit gibt es nicht, und wer auch noch große Teile seiner
Freiheit freiwillig für latente Sicherheit aufgibt, der wird am Ende frei nach
Benjamin Franklin beides verlieren. Dabei stellt sich natürlich die Frage, ob
wir das überhaupt bemerken würden. Genau hier setzt am Moerser Theater
das Finale der Spielzeit der latenten Sicherheit an, wenn es heißt, ach, wer
war der wilde Hengst heute Nacht? Nicht Amphitryon? Ach! Nichts, absolut
gar nichts ist sicher, nicht mal, ob es die olle dunkle Materie um uns herum
überhaupt gibt.
Identifizieren Sie sich!
Matthias Schönfeldt zeigt im Schlosstheater einen neuen „Amphitryon“,
einen, der mit der Technik kämpft, der filmischen Trugbildern erliegt und
der sein Göttervertrauen letztendlich an deren Natur verliert. Es geht schon
in Breitwand los. Matthias Heße kämpft sich im Film als Sosias durch das
Unterholz des Schlossparks. Der Diener Amphitryons ist auf der Flucht vor
einem unsichtbaren Verfolger. Doch der lümmelt sich noch in der ersten
Reihe des Theatersaals, quengelt, lästert, wirft den ersten Apfel, doch dann
wird er Teil der Leinwand, spricht mit Sosias, macht ihn klein, klar wir wissen das ist Merkur, göttlicher Diener des Jupiter, aber eben auch ein kleines
Arschloch, und Sosias kannte sich damals noch nicht so gut mit Halo-Effekten bei der Wahrnehmung aus. Und sein klägliches „Wer bin ich denn? Etwas muss ich doch sein?“ kann heute selbst das Internet nicht mehr hören.
Identität ist eben ein Schwachsinn, und wenn man in die göttlichen Fänge
gerät, weil die sich mal wieder vergnügen wollen, ja so what. Da hilft nicht
einmal mehr „The only thing that stops a bad guy with your identity is a
good guy with your identity“, oder?
Das schnöde Ende vom Paradies
seine Frau Alkmene (Katja Stockhausen) hatte alles schon die Nacht zuvor.
Auch seine Identität ist flöten, seine Realität folgt auf dem Fuße, der so
nebenbei auch den großen Haufen grüner Äpfel (biodynamisch?) über die
Bühne trümmert. Schönfeldt weitet die Verwirrung immer weiter aus, Bühnenbild, Film, Szene, Obst, alles verschwimmt zu einer Melange aus nichts.
Die Dunkelheit breitet sich aus, obwohl alles im Schloss schön hell ist. Die
Äpfel könnten vergiftet gewesen sein, oder war das doch der Auszug aus
dem Paradies? Viele Handlungen haben rituellen Charakter, die Personen
versuchen so, sich dem Kern des Problems zu nähern. Charis, die Gemahlin des Sosias (Marissa Möller) scheint die Hüterin dieser Rituale zu sein,
ganz anders, als es und die Kleistsche Urversion glauben lassen will. Und für
Alkmene jedenfalls sind die Vorgänge als einzige existentiell. Die ursächliche Reputation als Hüterin ihrer eigenen Wahrheit steht auf dem Spiel.
Sie ist die einzig wahrhaft Betrogene des Spiels, denn sie gab ihre Liebe
ohne Zweifel und wollte sie nun opfern, da eine Auflösung nicht möglich
und jedes Ergebnis der Wahrheitsfindung nicht zu ihrer Ehre gereichte. Sie
straft die Illusion, sie greift zur echten Waffe. Doch hier merkt Amphitryon/
Jupiter, dass sich nichts mehr lösen lässt.
Ein Ende ohne Anfang
Das Ich aller Protagonisten hat sich nämlich längst aufgelöst, ein Statement, das die T-Shirts zeigen, ebenso wie das Kleistsche „Ach!“ nur noch
als schnödes Unterhosen- Accessoire existiert. Folgerichtig. Das braucht in
Moers nämlich niemand mehr, denn der Identitätsdiebstahl wird nicht mehr
rückgängig gemacht, nicht für ein göttliches Baby, nicht für neue Machtverteilung, und wo die wahre Realität geblieben ist, ob auf der Bühne oder
im Film, kann niemand wissen. Ach.
PETER ORTMANN
Im White Cube des Herrscherhauses geht’s in Moers aber munter weiter.
Auch Amphitryon muss an seinem Verstand zweifeln. Der Feldherr der Thebaner (Frank Wickermann) kehrt gerade aus dem Krieg zurück und freut sich
schon auf Sex und Drugs und Rock’n’Roll, doch irgendwie merkt er schnell,
9
„Amphitryon“ | R: Matthias Schönfeldt | WA nächste Spielzeit
Schlosstheater Moers | 02841 883 41 00
Sparkasse Dortmund und Radio 91.2 präsentieren:
RuhrHOCHdeutsch
Ticket
s
ab
26 E ur
o!
im Spiegelzelt
Musik · Kabarett · Comedy · Kunst
25. Juni – 11. Oktober 2015
Juli
ehrlich, sexy, wild
Mi. 1.7 Fr. 3.7
René Steinberg
lädt ein …
Di. 7.7
Mi. 8.7 Do. 9.7
Torsten Sträter
15. Juli bis 6. September 2015
Do. 16.7 Fr. 17.7
Sa. 18.7 So. 19.7
2. Deutsches
Stand-Up Festival
… immer dienstags
ab dem 21.7
Rottstraße 30 · 45127 Essen
Tickets und Gutscheine: (02 01) 247 93 93 und variete.de
Do. 2.7
Richard Rogler
Fr. 10.7
Stoppok
… immer montags
„Die Kneipe – Kabarett
von am Tresen“
Das einzigartige
Erlebnis für Körper, Geist
und Seele
Di. 14.7
„Pommes, Currywurst,
Bier und Kabarett vom
Feinsten“
Mo. 6.7
Anka Zink
Konrad Beikircher
Fr. 24.7
Sa. 25.7 So. 26.7
Grugahalle: alles ist möglich.
Fritz Eckenga
Mi. 15.7
Max Uthoff
Mi. 29.7
Do. 30.7 Fr. 31.7
Bruno „Günna“ Knust
'DVYROOVW¦QGLJH3URJUDPP÷QGHQ6LHLP3URJUDPPKHIWRGHUXQWHU
17 | 07 | 2015 –
26 | 07 | 2015
03 | 10 | 2015
18 | 10 | 2015
23 | 10 | 2015
24 | 10 | 2015
06 | 11 | 2015
08 | 11 | 2015
14 | 11 | 2015
16 | 11 | 2015
05 | 12 | 2015
19 | 12 | 2015
31 | 12 | 2015 –
03 | 01 | 2016
Sommerfest
Subergs Ü-30 Party
Der Pate
90er Total
Kaya Yanar
Bibi Blocksberg
Schallplattenbörse
Konzert Gwiazd
Sido
Glamotion
Wise Guys
an der Grugahalle
„Mehr als eine Party“
Live in concert
mit Snap!, Rednex, Dr. Alban u.a.
„Around the World“
Das Hexen-Musical
„Hexen hexen überall!“
im Foyer
Live 2015
Liebe Live 2015
Dance Event
Albumtour 2015/2016
Holiday on Ice
Die neue Show
Terminstand: Juni 2015 . Änderungen vorbehalten . [email protected] . www.grugahalle.de
Ticket-Hotline:
MESSE ESSEN GmbH
Geschäftsbereich Grugahalle
Norbertstraße . D-45131 Essen
Telefon: +49.(0)201.7244.0
Telefax: +49.(0)201.7244.500
Montag bis Freitag 10.00 – 18.30 Uhr
02 01.72 44 290
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Theater Ruhr
Das Pottfiction-Camp, Foto: © pottfiction
„Gier und Bescheidenheit“, Foto: Eduarth Szekely
Die Chöre, Foto: Birgit Hupfeld
Die Zukunft wird rosig
Drama einer Party
Hundertfach wortlos
Coole Marken, schicke Trends, intergalaktische
Hautpflegeprodukte. Konsum und Wirtschaft sind
fü28. Juni.r junge Menschen zwischen 16 und 23
Jahren längst kalter Kaffee, Hauptsache er ist gekapselt oder kommt gleich aus dem Tetrapack. In
den nächsten Wochen ist das alles wieder Thema
im Pottfiction-Camp, wo nicht nur die Welt vom
Kopf auf die Füße gestellt werden soll, sondern
gleich nach der von morgen gesucht wird. Wie
immer dabei sind sechs Jugendtheater aus dem
Ruhrgebiet und die Urbanen Künste Ruhr mit
Unterstützung des Landes. Location ist die Jahrhunderthalle in Bochum, dort treffen sich 100
junge Zielgruppen-Menschen eine Woche lang mit
Künstlern aus Musik, physical theatre, Streetart,
Tanz und Theater. Eröffnet wird das Sommercamp
schon am kommenden Sonntag von Ottilie Scholz,
bei OnSTAGE folgen gleich die ersten drei Gruppen.
„Auf die Ohren“ vom Dortmunder Jugendtheater ist
ein Radiosender mit drei Moderatoren, einer Putzfrau, mehreren Reportern und Studiogästen. Da
geht es auch um Todesanzeigen im Netz. Bei „Präferenz: Perfekt“ vom Helios Theater Hamm geht es
gleich um Perfektion – glatt, sauber, korrekt, perfekt. Das ist ein Ziel! „derKUBUS“ vom Consol Theater Gelsenkirchen anschließend vielleicht nicht.
Die Performance schrammt am Thema Konsum
vorbei, wenn das Finanzsystem implodiert ist.
Zeit ist eine fiktive physikalische Einheit, die
man nicht sehen kann, nicht besitzen kann, die
man eigentlich nie besitzt. „Ich habe keine Zeit,
ich habe zu viel zu tun, das Konzept von Lohnarbeit hat sich überholt.“ Eine Tonschleife steht
am Anfang von „Gier und Bescheidenheit“ einem
kleinen Intermezzo, das zum Abschluss der
Spielzeit von vier Ensemblemitgliedern gemeinsam konzipiert und inszeniert wurde im Malersaal des Oberhausener Theaters, eine Bühne mit
Kellerloch, eine Kommunikation, die hakelt und
doch: Irgendwie muss man sich arrangieren auf
irgendeiner Premierenfeier von irgendeiner Donizetti-Inszenierung, man preist den Star, man
feiert „Il Dolce Suono“. Man süffelt, es deuten
sich amouröse Abenteuer in Haus des Gastgebers an. Gier und Bescheidenheit an einem Ort?
Nein. Bescheidenheit ist eine Zier, doch reicher
wirst du nur mit Gier. Niemand geht nach Hause,
man richtet sich für die Nacht ein, das surreale
Viereck-Spiel beginnt.
Tulpen und Narzissen sagen Nein zu Kaspar Hauser. Kann das einen Theaterabend tragen? Ja. Immer dann, wenn Theater nicht nur als vor oder
dahinter begriffen wird oder als Auf- und Abgang
einzelner Protagonisten. Bei „Kaspar Hauser oder
Die Sprachlosen aus Devil County“ wird im Dortmunder Studio der Auf- und Abgang zelebriert, als
Szenenteiler-Performance, als Aufmarsch der Gerechten aus dem Städtchen, aber auch als Tribunal
über die Zuschauer, die eigentlichen Sprachlosen
Luftballons. Und so marschieren sie hinein ins
kleine Studio, ein scheinbar endloser Strom ernst
dreinblickender Menschen, dazu ein kleines Rinnsal kleiner Menschen. Zusammen sind sie der Dortmunder Sprechchor und Kindersprechchor. Und
sie bauen sich auf vor den paar da vor ihnen und
schleudern ihnen die Worte ins Gesicht. Erzählen
von dem Sommertag 1828 als er plötzlich da stand
auf einem Marktplatz in Nürnberg. Kaspar Hauser,
17 Jahre alt, sprachlos und ohne Bewusstsein vom
Wesen dieser Welt.
Am Montag, im „Spiel ohne Grenzen“, sind wir
erst einmal auf der Flucht. Ohne die Spielregeln
zu kennen. Wer entscheidet jetzt, was richtig und
was falsch ist? Eine ungewöhnliche Auseinandersetzung mit dem Thema Flucht vom jungen
Schauspielhaus Bochum. Danach: Nicht nur für
Mädchen „Ich brauche Feminismus, weil…!“ vom
Theater Hagen, denn der hat viele Images, und Feminismus geht uns alle an. Eine interdisziplinäre
Performance, die Fragen stellt und Blickwinkel
verstellt. Am Abend macht das theaterkohlenpott
aus Herne mit „Cocoon – Die Zukunft ist rosig“ Revolution! Eine Gruppe von motivierten, kulturinteressierten und topinformierten Wohlstandskids erschafft die Vision einer besseren Welt: gerechter,
friedlicher und vor allem unkomplizierter. Dafür
gibt’s dann am Samstag das große AbschlussSpektakel. Freier Eintritt.
Langsam, langsam gleitet die Zeit dahin. Die
SchauspielerInnen Elisabeth Kopp, Anna Polke,
Peter Waros und Anja Schweitzer haben diese
Szenen zwischen Fugo-Fisch und Jesus Christus
entwickelt, keine Anweisungen von der Regie
kann auch mal schön sein, mehr Dramaturgie
braucht es auch nicht im surrealen Wirrwarr.
Irgendwann am Morgen finden sich alle im Keller
wieder, nichts zu essen, nichts zu trinken, eine
halbe Mineralwasserflasche kann da bereits zum
Krieg führen. Oben nur noch Bestecke und das
Aquarium im Video. Unten beriechen sich die
Hyänen, denn schnell wird klar, diese Räume
werden sie so schnell nicht mehr verlassen können, selbst wenn sie Teile ihres Besitzes opfern.
Egoismus kennt die vornehme Seele nicht und
für Bescheidenheit statt Gier scheint die Zeit abgelaufen. Die zivilisierte Oberfläche wird schnell
brüchig, wenn die Mechanismen auf Selbsterhaltung geschaltet werden. Was die ollen Freimaurer da zu suchen haben, wird mir nicht ganz
klar, aber am Schluss geht es im Prinzip wieder
von vorne los. Man trifft sich etwas derangiert
wie zu Beginn, die Floskeln machen wieder die
Runde. Ein netter Abend.
Er wurde zum einem zeitlosen Rätsel, das ihn zwar
das Leben kostete, ihn aber auch zum zeitlosen
Star machte. Und in der Inszenierung von Alexander Kerlin und Thorsten Bihegue, die den MonsterChor auch als 17. Ensemblemitglied 2011 ins Leben riefen, hat er durchgehend diesen Zettel in der
Hand, auf dem stand, er möchte ein Reiter werden,
wie sein Vater es gewesen. Diesen Part übernehmen
die 14 Kinder grandios, obwohl es bei den beiden
regieführenden Dramaturgen eher recht ordentlich
um Sprache, Blumen und die Neue Deutsche Welle
geht. Dass Hauser damals auch genauso gut Fred
vom Jupiter hätte heißen können, ist eine lustige
Idee – und ein gewisser Andreas Dorau liefert dem
Chor zahlreiche musikalische Anekdoten, wie auch
Nena oder der gemeine Volksmund. Ach ja, und
natürlich Peter Handke, dessen Sprachclownerien
in „Des Kaspars neue Kleider“ wohl auch seinen
Anteil an der Gesamtperformance hatten. Nun,
die Sprachlosen aus Devil County hatten ihre gute
Stunde Spaß, Tommy Finke, der neue musikalische
Direktor des Schauspiels sicher auch, und so versank der historische Kaspar Hauser am Schluss in
den 99 Luftballons von Nena.
Pottfiction-Sommercamp | 28.6.-4.7. | Jahrhunderthalle Bochum | pottfiction.wordpress.com
„Gier und Bescheidenheit“ | Malersaal Oberhausen | nächste Spielzeit | 0208 857 81 84
Pottfiction-Camp in Bochum
PETER ORTMANN
„Gier und Bescheidenheit“ in Oberhausen
PETER ORTMANN
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Kaspar Hauser in Dortmund
PETER ORTMANN
„Kaspar Hauser oder Die Sprachlosen aus Devil
County“ | R: T. Bihegue, A. Kerlin | WA im September | Studio Dortmund | 0231 502 72 22
Theater Ruhr
Komikzentrum Ruhr
Klaus-Jürgen „Knacki“ Deuser präsentiert das Stand-Up-Festival, Foto: Deuser
Der General und sein Schatten, Foto: Matthias Horn
Auf die Plätze, fertig, los!
Mord als Sachzwang
Er steht mit seinem „guten Namen“ für „Germany steht up“, das Deutsche
Stand-Up Festival, das nach erfolgreicher Premiere 2014 dieses Jahr an vier
aufeinanderfolgenden Tagen im Dortmunder Spiegelzelt über die Bühne geht:
Comedian und „Nightwash“-Moderator Klaus-Jürgen „Knacki“ Deuser, hat
sich wie kaum ein anderer um den Nachwuchs im Humorgewerbe verdient
gemacht – und dabei ein untrügliches Gespür für Talente entwickelt. Auf wen
der Mann ein Auge wirft, der kann sich auf eine mehr oder minder steile Karriere freuen.
Politisches Alltagsgeschäft auf der Bühne ist trostlos. Selbst Intrigen, Hinterzimmertreffen, Abwerbungsversuche interessieren als theatralische Geschmacksverstärker eigentlich kaum einen Dramatiker. Dass das nicht so sein
muss, zeigt ausgerechnet Friedrich Schiller in seinem dreiteiligen Historienschinken „Wallenstein“, den Regisseur Hasko Weber am Schauspielhaus Düsseldorf herausgebracht hat.
Beim Deutschen Stand-Up Festival wird Klartext geredet
Gut, das klappt nicht bei allen. Aber so ein Anfang ist schon mal nicht schlecht.
„Ein Wuppertaler trifft auf andere …“ heißt die erste Show (am 16. Juli) des
kleinen Festivals, das ins laufende RuhrHochDeutsch-Festival eingebettet ist.
Mit Jan Philipp Zymny bekommt ein aus der Poetry-Slam Szene kommender,
knuffiger Newcomer aus dem Bergischen Land die Chance, sich zu profilieren.
Ole Lehmann, den sich nur schwerlich unter die Nachwuchs-Künstler subsumieren lässt, hat den Humor mit Hilfe von Louis de Funès-Methode integriert –
erfolgreich. Oliver Polak setzt auf seinen jüdischen Familien-Hintergrund und
Özcan Cosar aus Stuttgart (!) ist ein komödiantisches Naturtalent, ergänzt von
einschlägigen Erfahrungen in der Breakdancer- und Gastro-Szene.
Am 17. gibt es „The First English Show“ mit Johnny Armstrong, der aussieht
wie Hagrid (der fiese Typ aus „Harry Potter“), aber das Herz eines süßen Kätzchens hat, Stefan Danzinger, der in der DDR geboren und in der UdSSR sozialisiert wurde und John Doyle, dem lustigsten Amerikaner seit George Bush.
Gleich zwei Veranstaltungen hintereinander (um 20.00 und 22.45 Uhr) werden
am 18. für Überraschungen sorgen: „Die ganz große Samstagabendshow“ tritt
quasi die Nachfolge von „Wetten, dass …?“ an, ist nur viel origineller. „Diese
Show hat sie alle: die Neuen, die Guten, eine Klassefrau und einen langhaarigen
Franken“, verspricht Klaus-Jürgen Deuser, der Abend für Abend von seinem
„Haus und Hof DJ“ Adriano Rosso begleitet wird. Ziemlich neu ist der knuddelige Chris Tall, richtig gut ist Maxi Gstettenbauer, eine Frau Vera Deckers und
Bembers ein Franke, womit die Ankündigung ganz den Tatsachen entspricht.
Zu später Stunde und bei freiem Eintritt gibt es die „Nachtshow – umsonst
& draußen“ mit echten Newcomern wie Lena Liebkind, Benni Stark, Maike
Greine und David Kebe. Man achte auf die Frauenquote von fünfzig Prozent
– als nichts wie hin, Mädels! Zum Abschluss treten am 19. „Die Coolen, der
Süden und eine Windmühle“ auf. Wobei mit den Coolen vermutlich Benaissa
und Marius Jung gemeint sind. Ersterer hat sein Bühnen-Coming out bei der
„Rebell Comedy“, letzterer ist in Köln aufgewachsen und kokettiert seit vielen
Jahren mit seiner Herkunft: Papa war ein dunkelhäutiger Amerikaner, der seinerzeit im Rheinland stationiert war.
Außerdem mit von der Stand-upper-Front: Heinrich Del Core, der aus dem
Schwabenland kommt und einen italienischen Vater hat, weiß, was es heißt,
ein Inländer zu sein. Und Quichotte, ein Slampoet und Rapper aus Köln, ergänzt das Quintett mit Beatboxbegleitung, Rapeinlagen und Geschichten. Kurz:
Es wird abwechslungsreich in Dortmund – fehlt eigentlich nur die Windmühle
– meint die stets über Tage lebende.
ANNE NÜME
Schillers „Wallenstein“-Trilogie in Düsseldorf
Die Trilogie beginnt mit „Wallensteins Lager“, einer Schilderung des Kriegsgeschehens „von unten“. Also aus der Sicht von Soldaten, Huren, Bauern, Pfarrer.
Die genrehaften Massenszenen reduzieren sich bei Weber auf zwei Darsteller,
die im Galopp das Bühnenbildkreuz herabtraben und mit der Mitra auf dem
Kopf geifernde Kirchentattergreise oder den martialischen Söldner geben. Das
wirkt in seiner vordergründigen kritischen Bemühtheit etwas altbacken und
unfreiwillig komisch, auch aufgrund des Schillerschen Knittelverses. Doch
schon in „Die Piccolomini“, dem zweiten Teil der Trilogie, strampelt sich die
Aufführung frei.
Spannend die große Generalsversammlung: Der Abgesandte Questenberg
überbringt wie ein NATO-General die kaiserliche Order und wird von Wallenstein vor den Militärs, die auf Campingstühlen sitzen, lächerlich gemacht.
Questenberg hat allerdings zuvor mit Octavio Piccolimini gesprochen, der im
Auftrag des Kaisers gegen Wallenstein intrigiert. Das ist Hitchcock pur. Regisseur Hasko Weber transponiert das Stück zwar über die Kostüme in einen
fiktive Gegenwart, erspart uns aber jede konkrete Aktualisierung. Von ein paar
kleinen Mätzchen abgesehen, setzt er ganz auf Schillers Sprache, psychologische Feinzeichnung bis in die Nebenfiguren und ein qualitativ sehr homogenes Ensemble. Johanna Geißler als Gräfin Terzky ist eine Machtstrategin
par excellence; Nora Quest als Wallensteins Tochter Thekla und Tobias Schormann als Octavios Sohn Max geben ein zwischen Innigkeit, Wut und Empörung schwankendes Liebespaar, das im Malstrom der Geschichte untergeht;
faszinierend präsent in seiner Haudrauf-Virilität: Krunoslav Šebrek als General
Illo; nur Ingolf Müller-Beck als Octavio bleibt letztlich zu verschlagen-unentschieden, um als Politstratege durchzugehen.
Schließlich Dominique Horwitz als ambivalenter Titelheld, der mit seinen Fingerringen als eitel, trotzdem einnehmend, dann wieder sozial extrem überheblich und autoritär gezeichnet ist. Am Ende trottet er auf der Podestbühne
des dritten Teils im Kriegsmantel wie der abgehalfterte Hitler anno ’45 einher. Horwitz‘ Wallenstein ist ein Kompositum aus Haltungen, die von einer
Fassade brandgefährlicher Freundlichkeit zusammengehalten werden. Der
Mord an ihm am Ende erweist sich dann in aller Kälte nur noch Vollzug eines
Sachzwangs. Entmachtet ist er längst. Die Inszenierung führt Politik als einen
Malstrom aus Loyalität, Winkelzügen und Abhängigkeit vor, aus dem es für
das Subjekt kein Entkommen gibt. Die „freie Tat“, so General Buttler (stoisch:
Sebastian Kowski), ist unmöglich geworden. So spannend und so brutal kann
Politik sein – auch wenn man nur Zuschauer ist.
HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN
„Wallenstein“ | R: Hasko Weber | keine weiteren Termine
Düsseldorfer Schauspielhaus
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Theaterleben
Oper in NRW
Hoffen und Bangen unterm Sternenbanner, Foto: Klaus Lefebvre
Gob Squad „Western Society“, Foto: Robin Junicke
Kirschbaum und Sternenbanner
Heiße Steine
Von Karsten Mark
Pinkerton ist ein supercooler Typ: Einerseits schneidiger US-Marineoffizier in
blütenweißer Ausgehuniform, andererseits lässiger Lebemann mit stylischem
Stirnband über der langen blonden Mähne. Mit Letzterem erinnert der junge
Tenor Richard Furman stark an den jun„Das gute Zusammenspiel
gen Christopher Walken, wie er als „Nick“
der
beiden Frauen gehört zu
nach Vietnam in den Krieg zieht und dort
den größten Stärken dieser
„durch die Hölle“ geht. Pinkerton bleibt
Produktion“
ein solches Trauma erspart. Er verursacht
allerdings eines bei seiner blutjungen japanischen Gespielin Cio-Cio-San, die
er mitsamt eines Hauses gemietet hat. Er heiratet sie der Form halber, lässt sie
dann aber ohne Skrupel sitzen. Intendant Norbert Hilchenbach hat Puccinis
„japanische Tragödie“ um „Madame Butterfly“ in Hagen neu inszeniert.
Vom 11. bis 20. Juni fand in Mülheim an der Ruhr das Impulse Festival 2015
statt. Die Impulse zeigen seit 1990 herausragende Theaterproduktionen aus
dem deutschsprachigen Raum – seit 2013 unter der Leitung von Florian Malzacher. Bis 2013 fand das Festival zweijährig gleichzeitig in Köln, Düsseldorf,
Mülheim an der Ruhr und Bochum statt. Seit diesem Jahr konzentriert man das
Programm im jährlichen Wechsel auf eine Stadt, in diesem Falle auf Mülheim
an der Ruhr, welches nach den gerade erst beendeten „Mülheimer Stücken“
um seine Festivals und Spielstätten aus Kölner Sicht aktuell nur zu beneiden
ist. Aus den drei nicht bespielten Städten, die sich trotzdem maßgeblich an
der jährlichen Finanzierung beteiligen, wurden Bustouren inklusive „Überbrückungsprogramm“ zu den Aufführungen organisiert.
„Madame Butterfly“ in Hagen
Das Impulse Festival 2015
Thematisch fügt sich das italienische Werk gewissermaßen in die lose Reihe
amerikanischer Opern ein, die Hilchenbach gern in Hagen zeigt. Als Regisseur
hat er keine neue Deutung des zwar gut 100 Jahre alten, aber augenfällig
aktuellen Stoffs zu bieten. Seine szenische Ausgestaltung wirkt sogar ausgesprochen uninspiriert zwischen allzu naheliegenden Bildern, klischeehaften
Dekorationen und widersprüchlichen Konstellationen.
Hilchenbachs „Butterfly“ ist auch über Pinkertons Hippie-Look hinaus eine
irgendwie moderne: Goro, der „Heiratsvermittler“, ist ein Yakuza-Zuhälter in
schwarzer Lederjacke, mit Sonnenbrille im Hemdausschnitt (Kostüme: Yvonne Forster). Der „Fürst“ Yamadori (Keija Xiong), der die verlassene Butterfly
umwirbt, kommt als Karikatur eines stillosen Neureichen daher, der zu allem
Überfluss tatsächlich mit Geldscheinen um sich wirft. So weit, so plausibel.
Warum aber ausgerechnet Onkel Bonze (Rainer Zaun) als Bewahrer der Traditionen im westlich modischen Zwirn mit Gelfrisur und Spiegelbrille auftritt,
fragt man sich schon. Wenn dann immer mal wieder typisch japanische Fusuma-Raumteiler zwischen Kirschbäumchen und Sternenbanner über die Bühne
schweben (Bühne: Peer Palmowski), wirkt das oft wenig motiviert.
Gerettet wird die Produktion durch ihre Darsteller und Sänger. Veronika Haller
singt eine sensible, jugendlich-lyrische, aber doch zunehmend präsente Butterfly und legt auch darstellerisch viel Herzblut in ihre Rolle. Tenor Richard
Furman darf als – moralisch zwar zweifelhafter, aber musikalisch eindeutiger –
Held strahlen und ansonsten gut aussehen, was ihm beides
gut gelingt. Die wesentlich tiefer schürfende Partie neben
der Butterfly singt Kristine Funkhauser als Suzuki. Das gute
– auch musikalische – Zusammenspiel der beiden Frauen
gehört zu den größten Stärken dieser Produktion. Sie sind
sehr überzeugend in Hoffen und Bangen vereint – bis zum
bitteren Ende. Am Pult sorgt Kapellmeister David Marlow
Karsten Mark
unterdessen für große dramatische Fallhöhen, überfordert
Journalist mit Schwerpunkt (Musik-)Theater trotz heftiger Fortissimo-Stellen seine Sänger aber nie.
„Madame Butterfly“ | R: Norbert Hilchenbach | WA: 8.10. | Theater Hagen
02331 207 32 18
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Dem Anspruch, sich „wie die Szene selbst immer wieder neu zu definieren“,
wurde das diesjährige Festival trotz hoher Qualität nicht gerecht: Mit u.a. Gob
Squad Arts Collective, Gintersdorfer/Klaßen oder andcompany&co gab es gutes
Altbekanntes, das längst die großen Häuser von Wien bis Hamburg, vom Kölner
Schauspiel bis zur Berliner Volksbühne erobert hat. Wo sind die neuen Impulse?
So bestritt die Eröffnung im Ringlokschuppen Mülheim das seit 1999 existierende deutsch-englische Gob Squad Arts Collective mit „ Western Society“.
Eine kurzweilige, trashige, handwerklich perfekt umgesetzte Performance mit
der man keinem wehtut. Ein unbeachtetes Internetvideo wird für Gob Squad –
die Live-Art-Meister des Verwirrspiels zwischen Video und Wirklichkeit – „zum
Fenster, durch das sie auf eine anonyme Familienfeier irgendwo am Rande der
westlichen Welt und durch sie hindurch auf sich selbst schauen“. Als Erlebnis
funktioniert dies auch dank der sechs willigen Mitspieler aus dem Publikum, die
mittels Kopfhörern durchs Stück navigiert werden, wunderbar. Der inhaltliche
Kern bleibt trotz viel Charme dünn und diffus. Die Form kennt man seit über 10
Jahren etwa von Arbeiten an Castorfs Berliner Volksbühne. Den Mut, welchen
die Impulse-Veranstalter in ihrem Programmtext von den Theatermachern einfordern, würde man ihnen im Gegenzug auch mal wünschen, aber da wird es
natürlich auch gefährlich für die eigene Karriere.
„Impulse fordert die unabhängigen performativen Künste heraus, ihre prinzipielle Freiheit zu nutzen, die Freiheit des Theaters als Medium zu erweitern (...)
Die Freiheit, immer wieder von Null anzufangen.“
Nicht bei null anfangen, aber die Impulse neu aufstellen, will man durch den
jährlichen Städtewechsel und zusätzliche Fördermittel des Bundes, der Kunststiftung NRW und der beteiligten Kommunen. Da fließt mit über 800.000 Euro
eine Menge Geld in ein Festival, welches zumindest in diesem Jahr mehr zum
Abspielen von höchst etablierten Stars der nationalen Theaterszene diente, als
dass Impulse gesetzt wurden. Klar freut man sich, diese Produktionen direkt
vor der Haustür sehen zu können, ohne erst mal nach Berlin oder Hamburg
reisen zu müssen. Den Überblick über die experimentelle Vielfalt der deutschsprachigen freien Theaterszene, der Impulse einmal auszeichnete, sucht man
dagegen komplett vergebens. Das ist schade, und so fließt hier viel Geld als
verschenkter Tropfen auf ehedem schon heiße Steine...
JÖRG FÜRST
Prolog
Tanz in NRW
Meg Stuart/Damaged Goods: „Until Our Hearts Stop“, Foto: Iris Janke
„Workshop für Waffen und Bomben“, Innenansicht 1998, Foto: Atelier Van Lieshout
Tanz nur Nebensache?
Die Zukunft den Arbeitslosen
Von Klaus Keil
Als „genialen Narr“, als ein „Theatergespenst“, das „bizarr und bescheuert“
die Bühne heimgesucht habe, hat die Theaterkritik Jan Decorte bezeichnet.
Ob diese Charakterisierung dem belgischen Regisseur und Autor gerecht
wird, kann jeder bei der diesjährigen
„Signalisiert das triple-i
Ruhrtriiiennale (tatsächlich: mit drei
künstlerisches Wachstum?“
iii) selbst beurteilen. In „Much Dance“
macht er sich auf die Suche von Liebe
und Tod. Doch wo „Dance“ draufsteht, muss nicht unbedingt Tanz drin sein.
Klar, man kann ausgiebig darüber streiten, ob Bewegung – also jede Bewegung bis hin zum Finger, der sich krümmt – gleich Tanz sei. Immerhin hat
Johan Simons, der neue Intendant der Ruhrtriennale das Stück in der Rubrik
Tanz verortet, auch wenn es keine Virtuosität, keine trainierten Körper, keine Tanzgrammatik, dafür aber eine „Anarchie der Bewegung“ geben wird.
Ehrlicher wäre wohl, hier von Performance statt Tanz zu sprechen.
Arbeit stinkt, Arbeit ist scheiße. Pasolinis Figur Accattone sieht das auch
so. Er lügt und stiehlt, zwingt Frauen in die Prostitution und predigt Zwietracht. Er und seine Gefährten definieren sich nicht durch Besitz, Status
oder gesellschaftliche Funktion. Pier Paolo Pasolini erblickte deshalb in
diesem „Subproletariat“ das Potenzial für eine gesellschaftliche und politische Neuordnung. Triennale-Chef Johan Simons startet das dekadente
Ruhrpott-Festival im August mit einer inszenierten Melange aus Anarchie
und Johann Sebastian Bach. Schon das Plakat sorgte für Murren in Städten, wo Urbanität immer noch mit uralten Seilschaften und Darmkanälen
gestaltet wird. Also reicht es für 120 Tage Sodom schließlich immer noch
in der zum ersten Mal bespielten Kohlenmischhalle der Zeche Lohberg in
Dinslaken. Ach!
Ruhrtriennale 2015 mit wenigen, aber ausgesuchten Stücken
Umso mehr stehen für Choreografie und für Tanz, der über die Fingerkrümmung hinausgeht, die drei anderen Tanz-Beiträge dieser Ruhrtriennale,
denen sicher auch keine strenge Tanzgrammatik unterstellt werden kann.
Mit seinen Visionen von der Hölle zwischen Dantes „Inferno“ und Sartres
„Geschlossener Gesellschaft“ startet Richard Siegal mit seinem Stück „Model“ in der Kokerei Zollverein, Essen. Ein wesentliches Element, so die Theaterzeitung der Ruhrtriennale, wird bei ihm die Auseinandersetzung mit den
zeitgenössischen und den klassischen Ballettkörpern sein.
Mit Anne Teresa De Keersmaeker und Meg Stuart / Damaged Goods wird
man in der Rubrik Tanz auch alte Bekannte wiedertreffen. Auch sie beschäftigen sich mit der Liebe, ihren Nuancen und dem Tod. Choreografisch geht
es De Keersmaeker in „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph
Rilke“ um die Erkundung des Moments, wo aus Atmen, Geräusch, aus Rede
und Gesang, Bewegung entsteht. Und Meg Stuart wird, inspiriert durch Cornelius Gurlitts objektbezogene Liebe zu seinen gehorteten Bildern, in „Until
Our Hearts Stop“ solch ungewöhnlichen Formen von Liebe und Intimität
nachgehen. „Liebe nimmt so viele Formen an. Warum konnte er den Genuss
nicht mit anderen Menschen teilen?“, fragt die Choreografin.
Wenig Tanz also diesmal, denn leider bezieht Johan Simons sein Leitmotiv
„Seid umschlungen“ weniger auf die Künste und ihre Genres als auf das
Ruhrgebiet insgesamt. Doch seiner Behauptung, dass das Ruhrgebiet noch
immer auf der Suche nach einer neuen Identität und einem neuen Sinn sei,
steht längst ein gelungener kultureller Strukturwandel
gegenüber. Mag ja sein, dass Johan Simons für die Zeit
seiner Intendanz eine eigene „Duftmarke“ setzen will.
Aber muss dazu die Ruhrtriennale neu erfunden und zur
„Ruhrtriiiennale“ werden? Ob das triple-i ein dreijähriges künstlerisches Wachstum signalisiert oder nur den
Zeitrahmen seiner Intendanz, bleibt derzeit noch offen.
Klaus Keil
Journalist, Tanzkritiker „Seid umschlungen“ kann nämlich auch „umklammern,
und Hochschuldozent ersticken“ heißen, so Simons selbst.
Ruhrtriiiennale – Festival der Künste | 14.8.-26.9. | www.ruhrtriennale.de
Ruhrtriennale startet im August mit Debatte
Gleichzeitig entsteht vor der Jahrhunderthalle Bochum die außergewöhnliche Großinstallation „The Good, the Bad and the Ugly“. An einem Ort, an
dem über 130 Jahre lang Tausende von Arbeitern Stahl gekocht, gewalzt,
geschmiedet und gehämmert haben (nur mal so nebenbei: mein Opa und
viele andere starben dort deshalb auch), will das niederländische Atelier
Van Lieshout jetzt mal wieder einen aufregend-chaotischen Ort für Besucher schaffen. Im Zentrum steht eine Gebäudeskulptur, das „Refectorium“. Umgeben ist das von neuen Installationen wie dem „Domesticator“
und ikonografischen Arbeiten wie der „BarRectum“, dem „Workshop for
Weapons and Bombs“, dem „Workshop for Medicine and Alcohol“ und
schlussendlich „The Heads, Claudia & Hermann“. Was immer das auch
heißen mag: Bomben-Workshop. Politik und Sex sind jedenfalls ein wiederkehrendes Motiv der Rotterdamer Kunstchaoten, die auch gewöhnliche
Bürger an ihren Projekten teilhaben lassen. Mit einem Betrag von schlappen 10.000 Euro ermöglichen Sie, lieber Leser, den Bau einer Datscha und
sind dann Datscha-Pate. Die erhält ein Türschild mit Ihrem Namen oder
Firmenlogo. Übernachten Sie nach dem Kulturgenuss in Ihrem Kunstwerk:
Während des Festivals steht Ihnen Ihr Haus 12 Tage und Nächte für private Zwecke zur Verfügung. Für Johan Simons ist das alles kein Widerspruch: „Wir wollen die Annäherung an die Bewohner des Ruhrgebiets
suchen, auch an Arbeiter und Arbeitslose.“ Jawoll.
Und deshalb geht alles in Dinslaken auch erst einmal mit einer Debatte
los. Kurz erinnern: Arbeit stinkt, Arbeit ist scheiße. Arbeit braucht kein
Mensch, der Mensch braucht nur Geld. Das ewige Cohn-Bendit-Zitat. Einer der profiliertesten Denker unserer Zeit sieht das wohl anders. Seine
Aufsätze zur „Müdigkeitsgesellschaft“ und zur „Transparenzgesellschaft“
sorgten international für Aufsehen und beeinflussen aktuelle gesellschaftliche Debatten. Mich hat Byung-Chul Han jedenfals noch nicht erreicht.
Aber für die Ruhrtriennale wird er über den Zusammenhang zwischen
Kunst und Hoch-Zeit, zwischen Kunst, Fest und Leben nachdenken, von
irgendwas muss der Mensch ja auch leben!
PETER ORTMANN
Ruhrtriennale | 14.8.-26.9. | www.ruhrtriennale.de
14
www.trailer-ruhr.de
AMY
THE GIRL BEHIND THE NAME
EIN FILM VON ASIF KAPADIA
www.amyfilm.co.uk
Das Programm im Juli 2015
UCI EVENTS
ROYAL OPERA HOUSE
WILHELM TE
ELL
Am 5. Juli um 15.45 Uhr
in den UCI KINOWELTen
Ruhr Park und Duisburg
Oper von Rossini
live aus London
ROYAL SHAKESPEARE COMPANY
LO
OVE LABOU
OUR
R‘S
S WON
Am 12. Juli um 17 Uhr
Exklusiv in der
UCI KINOWELT Ruhr Park
OPERA
A AND DANCE IN CINEMA
Aufnahme aus
Stratford-Upon-Avon
ancient theater
of taormina
LIVE
july 15, 2015
CARMEN
bizet
CA
ARMEN LIV
VE
FR
ROM TAORMINA
Am 15. Juli um 21.30 Uhr
in den UCI KINOWELTen
Ruhr Park und Duisburg
Live vom European
Mediterranean Festival
KINOWELT
Mehr Infos und Tickets unter
www.UCI-KINOWELT.de oder über die UCI App.
Au
ußerdem im
m Programm:: KONZERT
25 JAHRE
ESPORTS
GR
RATEFUL DEAD
RA
PR
RETTY WO
OMAN
AL
LL WORK
RK ALL PLAY
Am 6. Juli um 19.30 Uhr
Am 9. Juli um 20 Uhr
Am 28. Juli um 20 Uhr
in den UCI KINOWELTen
Ruhr Park und Duisburg
in den UCI KINOWELTen
Ruhr Park und Duisburg
in den UCI KINOWELTen
Ruhr Park und Duisburg
FINAL CONCERT EVER!
GRATEFUL DEAD - IN CINEMAS
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
16
trailer-ruhr.de Forum
Film-ABC
Vorspann
„Liebe auf den ersten Schlag“, s.S. 20
KULTUR.KINO.RUHR.
Juli 2015
FILMKRITIK-ÜBERSICHT
FILMSTART-TERMINE
25.6.
2.7.
9.7.
16.7. 23.7.
24
Am grünen Rand der Welt
X
22
Amy
X
26
Ant-Man
25
Antboy - Die Rache der Red Fury
X
20
Atlantic.
X
26
Becks letzter Sommer
25
Big Business
20
Das fehlende Grau
24
Den Menschen so fern
26
Desaster
25
Die Liebe seines Lebens
25
Duff - Hast du keine, bist du Eine!
26
Entourage
X
24
Escobar: Paradise Lost
X
25
Freistatt
25
Für immer Adaline
21
Gefühlt Mitte Zwanzig
26
German Angst
20
Heil
23
Ich seh, Ich seh
X
25
Insidious: Chapter 3
X
26
It Follows
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
30.7.
X
X
X
Kartoffelsalat
X
30.7.
23
Las Insoladas - Sonnenstiche
20
Liebe auf den ersten Schlag
25
Magic Mike XXL
24
Mama gegen Papa – Wer hier verliert, gewinnt
25
Marry Me!
23
Men & Chicken
X
25
Minions
X
22
Señor Kaplan
26
Station to Station
25
Strange Magic
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Taxi Teheran
25
Ted 2
26
Terminator: Genisys
26
Unknown User
22
Verliebt, verlobt, verloren
22
Worst Case Scenario
X
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X
Von wegen Sommerloch!
Das Best of für Freiluftgänger
Sommer, das heißt: Sommerurlaub. In der Luft liegt Grillgeruch, eine erholungswütige Masse verstopft die Autobahnen, die Freibäder – sofern sich die
Stadt ein solches noch leisten kann – werden belebt durch eine Mischung aus
Geschrei, Platschen und Pommes Majo. Dann aber das große Sommerloch. Da
Vertreter aus Politik, Sport und Kultur sich in ihre Sommerpause zurückziehen und für die Medien keine Schlagzeilen generieren, drucken stattdessen die
großen, bunten Blätter die Mutter aller Deutschen in sportlicher Kleidung ab
und bringen Fernsehsender schwülstig warme Sommerromanzen in die Abendunterhaltung. Setzen auch unsere Lichtspielhäuser auf das Lückenbüßerprogramm? Das aktuelle Filmprogramm in den Ruhrgebietskinos straft das groß
beschriene Sommerloch Lügen, wie die folgenden Seiten dieser Ausgabe beweisen. Zudem machen sie sich mit zahlreichen Open Airs die sonst kinofeindlichen Eigenschaften des Sommers zu eigen. Passend zur Jahreszeit gibt es
daher einen kleinen lockeren Sommerreiseführer für kinobegeisterte, daheim
gebliebene Freiluftgänger.
Den Anfang der Freiluftsaison macht das UNESCO-Welterbe Zollverein, das
für viele das Wahrzeichen des Ruhrgebiets ist. Am Werksschwimmbad auf der
Kokerei geht es am 2. Juli ab Einbruch der Dunkelheit programmatisch mit
dem Pixarfilm „Oben“ in die Nacht hinein. Ebenfalls dem Anlass angemessen
macht das Tor zum Sauerland, Hagen, mit „Magic in the Moonlight“ am 10.
Juli im Kino Babylon weiter. Der kleine Hinterhof des feinen Programmkinos
liegt unweit des allgemein als schäbig bekannten Hauptbahnhofes im alternativen, multikulturellen Altbau-Viertel Wehringhausen. Kein Wahrzeichen,
kein großes Symbol, einfach nur gemütlich und einladend. Ähnlich denkt auch
das Endstation Kino in Bochum-Langendreer, wenn es am 11. Juli seinen versteckten Hinterhof mit dem 80er Hit „Ghostbusters“ öffnet und in den Wochen
danach zu einer Erkundung Bochums einlädt, wenn es weitere Orte in der Stadt
Open Air bespielt. Wie beliebt Kino im Hinterhof ist, zeigt das Fiege Kino Open
Air. Zum 17. Mal zeigt die Bochumer Privatbrauerei auf ihrem Gelände jeden
Tag, über einen Monat hinweg Filme bei Bier und Currywurst. Den Start macht
am 16. Juli Jahr der Dokumentarfilm über das bekannteste Künstlerkind des
Ruhrgebiets: „Mülheim Texas – Helge Schneider hier und dort“. Dagegen wieder groß aufgezogen, mit vielleicht der schönsten Industrieromantik geht das
40-tägige Stadtwerke Sommerkino in die nächste Runde. Seit 1996 veranstalten das Filmforum und der Landschaftspark Duisburg-Nord das frische Filmfest
in der hiesigen Gießhalle. In diesem Jahr legen die Musiker von trio glycerin los
und begleiten am 15. Juli die Stummfilm-Groteske „Die Bergkatze“ aus dem
Jahr 1921. Nicht ganz so weit zurück in der Filmgeschichte reist die Lichtburg
Oberhausen. Zusammen mit dem K14 zeigt es im Hinterhof (!) Kino aus sieben
Jahrzehnten. Als erstes schauen sich am 18. Juli Humphrey Bogart und Ingrid
Bergmann in die Augen.
X
Und als wäre all dies nicht genug, kommen im August noch weitere Kinos in
Dortmund, Herne und Essen in der Reihe der Freiluftveranstalter hinzu. Von
Sommerloch und schwülstigen Lückenbüßern kann also im Ruhrgebiet keine
Rede sein. Tipp: Es lohnt sich, mit dem Fahrrad über die schönen Radwege zum
Open Air zu fahren. Licht dabei natürlich nicht vergessen!
X
X
X
Wertung unter den Filmkritiken:
1(
) bis 6 (
) 6 Punkte = Höchstwertung
Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche
Macht ihr Fahrrad verkehrstauglich und radelt zum Freiluftkino: Lisa Mertens
LISA MERTENS
17
Mein
Meeiinn Lesezeichen
Film des Monats
Widerstand mit einem Lächeln im Gesicht: Regisseur Jafar Panahi am Steuer
In den eigenen vier Türen
„Taxi Teheran“ von Jafar Panahi
Filme?
 Politische
[email protected]
Ein mit Berufsverbot belegter Regisseur dreht einen Film im Taxi.
C Tragikomischer Querschnittsfilm
Das Prinzip des Films ähnelt dem Film „Ten“ (2002) von Abbas Kiarostamis,
dem Landsmann und Lehrer von Jafar Panahi: Panahi sitzt am Steuer eines
Taxis und fährt durch Teheran. Es steigen Gäste ein und wieder aus, zuweilen
fahren mehrere Gäste mit, die sich untereinander nicht kennen. Sie teilen sich
ein Stück weit das Taxi, so wie es in vielen Entwicklungsländern üblich ist. Sie
unterhalten sich miteinander, reden auch mit dem „Taxifahrer“, den einer
sogar als den berühmten Regisseur erkennt. Zwei Frauen mit einem Goldfisch,
ein Verletzter und eine mit Panahi befreundete Anwältin steigen ein, und
zwischendurch muss der Regisseur seine Nichte von der Schule abholen. Gefilmt wird mit zwei kleinen Kameras, die am Armaturenbrett befestigt sind,
zusätzlich kommt die Kamera der kleinen Nichte zum Einsatz. Aus dem durchweg inszenierten Material – „Taxi“ ist keine Dokumenation“ – hat Panahi einen
Querschnittsfilm editiert, in dem das Private und das Politische quer durch die
gesellschaftlichen Schichten diskutiert wird.
Fanal des Widerstands
Auf der diesjährigen Berlinale war Jafar Panahis
‚kleiner‘ Film „Taxi“ zwischen den vielen großen Dramen des Wettbewerbs schnell ein Favorit. Als „Taxi“
dann tatsächlich den Goldenen Bären gewann, stand
ebenso schnell die Frage im Raum, inwieweit der
politische Kontext bei der Preisvergabe an den iranischen Film eine Rolle spielte. Denn Jafar Panahi ist
nicht irgendein Regisseur, und die Berlinale hat schon
länger ein besonderes Verhältnis zu dem Filmemacher: Im Jahr 2006 lief hier sein ungewöhnlicher
Fußballfilm „Offside“ und gewann den Silbernen Bären. Im Jahr 2009 unterstütze Panahi die Grüne Bewegung im Iran, Anfang 2010 wurde er verhaftet
und verbrachte drei Monate im Gefängnis. Weil er einen eigenen Anwalt forderte, ging er in Hungerstreik. Nach internationalen Protesten und der Zahlung einer Kaution von 200.000 Dollar kam er bis zum Prozess frei. 2010
wurde der Regisseur dann zu sechs Jahren Haft und 20 Jahren Berufs- und
Ausreiseverbot verurteilt. Die Berlinale hat ihn daraufhin 2011 in die Wettbewerbs-Jury eingeladen. Sein Stuhl blieb bis zuletzt leer, die Aufsehen erregende Aktion verschaffte Panahi und seiner Situation aber eine weltweite
Aufmerksamkeit. Nach dem Urteil im Iran hat Panahi trotzdem unter den
widrigen Bedingungen des Berufsverbots und seiner vorläufig als Hausarrest
vollzogenen Haftstrafe zwei Filme in den eigenen vier Wänden gedreht, die
wie nun auch „Taxi“ auf unterschiedlichsten Wegen außer Landes gebracht
und auf internationalen Festivals gezeigt wurden: „This Is Not a Film“ von
2011 lief in Cannes und entfaltet anhand eines gewöhnlichen Tages im Leben
des unter Hausarrest stehenden Panahi einen dokumentarischen Diskurs über
Meinungsfreiheit und die Angst vor Verfolgung. Im Jahr 2013 folgte mit
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
Wir freuen uns auf Post.
„Pardé“ Panahis erster Spielfilm seit „Offside“. Auch „Pardé“ lief 2013 in Berlin
im Wettbewerb und gewann dort den Silbernen Bären. Der Film erzählt in
teils surrealen, traumähnlichen Szenarien von einem Schriftsteller, der sich in
einem Haus verschanzt hat und schließlich eine mysteriöse Besucherin empfängt. Irgendwann taucht auch in diesem Film Jafar Panahi als Jafar Panahi
auf.
Guter Film in schlechten Zeiten
Auch in „Taxi“ spielt Panahi sich selbst. In seinem neuen Film wagt er sich aber
erstmals mit der Kamera vor die Tür, und es sind zunächst auch schlicht die
Bilder von den Straßen Teherans, die einen fesseln: Wir sehen den Alltag in
einem Land, dessen Alltag für uns hinter dem politischen Drama des Landes
weitgehend verschwindet. Im Inneren des Taxis schleichen sich durch die
Gespräche nur langsam die Themen des Films ein: politischer Widerstand,
Repression, Überwachung, Zensur. Mehrmals klettert der Film auf die Metaebene
des Filmemachens: Ein erstes Mal, wenn ein Fahrgast den Fahrer erkennt und
ihm zu seinen Filmen gratuliert, um ihm kurz darauf
ZUR PERSON
DVD-Raubkopien anzubieten. Ein weiteres – und dies
Der iranische Regisseur
ist unverkennbar einer der Höhepunkte des Films –
Jafar Panahi wurde 2010
wenn seine kleine Nichte von einem Filmprojekt in der
zu sechs Jahren Haft und
Schule erzählt: Die iranischen Gebote für das Filme20 Jahren Berufsverbot
verurteilt.
machen, die die Lehrerin im Unterricht vorgibt (und die
Trotzdem dreht er weiter
natürlich die gleichen Gebote bzw. Verbote sind, mit
Filme und wird regelmädenen auch Panahi zu kämpfen hat), zerlegt sie mit
ßig auf internationalen
Festivals gefeiert.
entwaffnend kluger, kindlicher Dialektik. Bei aller Tragik der Situation und tiefe der Diskussion: Es ist die
große Kunst Panahis, dass er von all dem mit Leichtigkeit und Humor erzählt. Der
Film ist ein Fanal des Widerstands und der Hoffnung, der seinen Widersachern
trotz aller Gefahr mit einem Lächeln im Gesicht entgegentritt. Es ist daher kaum
möglich, diesen Film, der eine Geste des Widerstands ist, nur als Film zu sehen
(vor allem, weil der Film am Schluss in einem unauflösbaren, augenzwinkernden
Widerspruch auch wieder so ein Statement wie „This Is Not a Movie“ verkündet).
Insofern spielte bei der Preisvergabe auf der Berlinale natürlich der Kontext eine
Rolle. Doch ebenso liegen die Qualitäten des Films auf der Hand. Dass muss man
erst einmal schaffen – ein solches Thema unter solchen Bedingungen dermaßen
unterhaltsam, locker und zugleich klug zu verhandeln. „Taxi Teheran“ ist ein
guter Film in schlechten Zeiten.
CHRISTIAN MEYER
TAXI TEHERAN Berlinale 2015: Goldener Bär
IRN 2015 - Komödie - 86 Min - o. Altersb. - Regie: Jafar Panahi
mit: Jafar Panahi, Hana Saeidi
Start: 23.7.
BO: Metropolis/Casablanca, Union
18
trailer-ruhr.de Forum
Kritikerspiegel Ruhr
Juli 2015
Die häufigsten Nennungen
Sascha
Westphal
EPD-Film
WAZ
German Angst
von Buttgereit,
Herausragend Marschall,
Kosakowski
Sebastian
Ko
WDR
Ingrid
Bartsch
ARD
1 LIVE
Morgenmagazin
R.-Ruediger
Hamacher
film-Dienst
Taxi Teheran
von
J. Panahi
Men &
Chicken
von
A. T. Jensen
Susan
Vahabzadeh
Süddeutsche
Zeitung
Christian
Meyer
choices
Taxi Teheran
von
J. Panahi
Taxi Teheran
von
J. Panahi
Taxi Teheran
von
J. Panahi
Amy
von
A. Kapadia
Taxi Teheran
von
J. Panahi
Amy
von
A. Kapadia
It Follows
von
D. R. Mitchell
Ich seh, Ich seh Liebe auf den
von
ersten Schlag
V. Franz
von
T. Cailley
Verena
Lueken
Kultur.Kino.Köln.
FAZ
Bemerkenswert
Den Menschen
so fern
von
D. Oelhoffen
Freistatt
von
M. Drummund
Ich seh, Ich seh
von
V. Franz
Liebe auf den
ersten Schlag
von
T. Cailley
Best of
Comedy
Duff – Hast du
keine, bist du
eine
von A. Sandel
Men &
Chicken
von
A. T. Jensen
Worst Case
Scenario
von
F. Müller
Men &
Chicken
von
A. T. Jensen
Best of
Drama
Ich seh, Ich seh
von
V. Franz
Ich seh, Ich seh Am grünen
Rand (...)
von
V. Franz
von
T. Vinterberg
Am grünen
Rand (...)
von
T. Vinterberg
Besondere
Erwähnung
Amy
von
A. Kapadia
Amy
von
A. Kapadia
Heil
Heil
Station to
von
von
Station
D. Brüggemann D. Brüggemann von
D. Aitken
Señor Kaplan
von
A. Brechner
Daniel
Kothenschulte
Frankfurter
Lars-Olav
Beier
Spiegel
Katja
Nicodemus
Die Zeit
Cristina
Nord
taz
Frank
Brenner
trailer
Rundschau
Kultur.Kino.Ruhr.
Heil
von
D. Brüggemann
Am grünen
Rand (...)
von
T. Vinterberg
Duff – Hast du
keine, bist du
Eine!
von A. Sandel
Gefühlt Mitte
Zwanzig
von
N. Baumbach
Taxi Teheran
von
J. Panahi
Amy
von
A. Kapadia
Escobar:
Paradise Lost
von
A. Di Stefano
Gefühlt Mitte
Zwanzig
von
N. Baumbach
Heil
von
D. Brüggemann
Den Menschen
so fern
von
D. Oelhoffen
Die Liebe
seines Lebens
von
J. Teplitzky
Ich seh, Ich seh Taxi Teheran
von V. Franz
von
& S. Fiala
J. Panahi
Kino-Kalender Ruhr
PREVIEWS, FILMREIHEN, FESTIVALS & SONDERVORFÜHRUNGEN
29.6. 20 Uhr DAS FEHLENDE GRAU, Rio Mülheim
Das Drama über den nächtlichen Streifzug einer jungen Frau wurde in Duisburg gedreht. Anschl. Gespräch mit der Regisseurin, Marc Dietschreit u.a.
11.7. ca. 22 Uhr GHOSTBUSTERS, Endstation Bochum
Im Hinterhof des Langendreerer Kinos werden Open Air Geister gejagt.
12.7. 13 Uhr IDA, Casablanca Bochum
Die Novizin Ida entdeckt ihre tragische Vergangenheit. Sektmatinée.
1.7. 14.30 Uhr THE IMITATION GAME, UCI Bo/Du
Über die Genies, die die Enigma entschlüsselten. Kino Café in Kooperation
mit trailer-ruhr.
15.7. ca. 22 Uhr DIE BERGKATZE, Landschaftspark Duisburg-Nord
Die Stummfilm-Groteske aus dem Jahr 1921 wird Open Air begeleitet von
trio glycerin. In Koop. mit dem Filmforum.
2.7. ab 20.30 Uhr OBEN, Werksschwimmbad Zollverein Essen
Der beste Animationsfilm bei den Oscars 2010 eröffnet das Open Air Kino
auf Zollverein.
3.7. 19 Uhr GERMAN ANGST, Roxy Dortmund
Die Fakultät Kulturwissenschaften der TU Dortmund zeigt den Horror von
Jörg Buttgereit im Rahmen ihres Seminars „The Cinema of Unpleasure“. Der
Bad Boy unter den deutschen Regisseuren ist für ein Filmgespräch zu Gast.
16.7. ca. 22 Uhr MÜLHEIM TEXAS – HELGE SCHNEIDER HIER UND DORT,
Fiege Brauerei Bochum
Die 17. Runde des Open Air Kinos im Hof der Privatbrauerei wird von der
unterhaltsamen Doku über den Mülheimer eröffnet.
Das fehlende Grau
3.7. 10 Uhr DOKUMENTARFILM UND LITERATUR, Kino im U Dortmund
Verschiedene Filmbeiträge zur Tagung, die vom Studiengang MA Film der FH
Dortmund und der Dokumentarfilminitiative im Filmbüro NW veranstaltet wird.
18.7. ca. 22 Uhr BIRDMAN, Kunstmuseum Bochum
Der Oscar-Abräumer unter freiem Himmel. Veranstaltet vom Endstation.
3./4.7. 22.30 Uhr LEVIATHAN, Casablanca Bochum
Russisches Drama mit Musik von Philip Glass in der Reihe FilmplusX.
19.7. 18.30 Uhr EVER, Schauburg Dortmund
Zum 3-jährigen Jubiläum der lesbischen Filmreihe das bewegende RomantikDrama. OmU.
5.7. 12 Uhr EINSAME GEBURT – HEBAMMEN IN NOT, Schauburg Dortmund
Doku über die ungewisse Zukunft von Hebammen in Deutschland.
Leviathan
8.7. 10.30 Uhr KINDERWAGENKINO, sweetSixteen Dortmund
Das Kino im Depot zeigt einmal im Monat einen Film aus dem Programm in
babyfreundlicher Atmosphäre.
Frau Müller muss weg!
23.7. ab 20.30 Uhr MARY POPPINS, Werksschwimmbad Zollverein Essen
Open Air Kino mit dem Musical-Fantasyklassiker aus dem Jahr 1964.
24.7. 22.10 Uhr 5 ZIMMER KÜCHE SARG, Babylon Hagen
Die erfolgreiche Horrorkomödie aus Neuseeland unterm Sternenhimmel.
8.7. 20 Uhr TERMINATOR: GENISYS, Bofimax Bochum
Arnie is back! Preview.
25.7. ca. 22 Uhr DIE KATZE AUF DEM HEISSEN BLECHDACH, Lichtburg
Oberhausen Klassiker und Verfilmung des Theaterstücks von Tennessee
Williams. Open Air Kino.
9.7. 20 Uhr PRETTY WOMAN, UCI Bo/Du
Die Alltime-Romanze mit Julia Roberts und Richard Gere in einer Sondervorstellung zum 25. Jubiläum.
Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche
22.7. ca. 22 Uhr FRAU MÜLLER MUSS WEG!, Fiege Brauerei Bochum
Amüsant-ironischer Blick auf die Eltern-Schüler-Lehrer-Beziehung mit Anke
Engelke. Open Air Kino.
22.7. 20 Uhr MAGIC MIKE XXL, UCI Bo/Du
Channing Tatum ist wieder groß auf der Bühne. Preview mit Sekt in der
women‘s night.
7.7. 18/ 20.30 Uhr DIE AUGEN DES ENGELS, Schauburg Gelsenkirchen
Basierend auf dem Mordfall Amanda Knox. Mit Daniel Brühl. KoKi.
10.7. 22.15 Uhr MAGIC IN THE MOONLIGHT, Babylon Hagen
Woody Allens letzter Film beim Kino unterm Mondlicht.
Watchmen
18.7. ca. 22 Uhr CASABLANCA, Lichtburg Oberhausen
Open Air Kino mit Filmen aus sieben Jahrzehnten in Koop. mit K14.
3.7. 22.30 Uhr TERMINATOR, CineStar Dortmund
Vor Genisys kommt Arnie noch einmal mit dem ersten Teil zurück.
5.7. 19.30 Uhr KIND 44, CineStar Dortmund
Regelmäßig zeigt das CineStar aktuelle Filme in Originalversion. Diesmal die
Verfilmung des britischen Bestsellers.
16.7. 19.30 Uhr WATCHMEN, StudienKreis Film
Who watches the Watchmen? Düstere und brutale Adaption der Graphic
Novel. Originalversion.
Pretty Woman
19
28.7. 20 Uhr CIEN AÑOS DE PERDON, Filmstudio Essen
Thriller-Komödie basierend auf dem venezolanischen Bankencrash Mitte der
90er. Reihe Ciñol. OmU.
5 Zimmer Küche Sarg
Mein
Meeiinn Lesezeichen
Film-Kritik
Unkonventionelle Annäherung: Madeleine (Adèle Haenel) und Arnaud (Kévin Azaïs)
Nazi Sven Stanislavski (Benno Fürmann) startet seine Brachial-Offensive
Apokalypse jetzt!
Angriff!
„Liebe auf den ersten Schlag“ von Thomas Cailley
„Heil“ von Dietrich Brüggemann
Die schlagfertige Madeleine macht es Arnaud nicht leicht.
C Überraschend andere Comic-of-Age Romanze
Ein Schwarzer Buchautor wird zum Spielball der Interessengruppen.
C Brachiale Nazi-Komödie
Arnaud lernt die toughe Madeleine auf ungewöhnlichem Weg kennen: Bei einer
Anwerbeaktion der Armee – einem Selbstverteidigungskurs – muss er mit ihr
kämpfen. Im Gegensatz zu ihm ist Madeleine tatsächlich auf einem Survivaltrip,
denn sie glaubt, dass die Apokalypse naht. Er findet sie faszinierend, doch sie
lässt ihn abblitzen. Als beide in einem Ferienlager der Armee landen, müssen sie
lernen, miteinander klarzukommen. Und plötzlich steht auch noch die Apokalypse vor der Tür! Cailleys ungewöhnliches Teenager-Debüt hat in Frankreich
zahlreiche Preise abgeräumt, und man kann sich nur freuen über so viel Mut,
ein Coming-of-Age-Drama auf diese Art zu erzählen. Die weibliche Hauptfigur
wie auch die mäandernde Dramaturgie sind ungewöhnlich. CHRISTIAN MEYER
Nach seiner ästhetisch sehr formalen Abrechnung mit christlichem Extremismus in „Kreuzweg“ widmet sich Dietrich Brüggemann in „Heil“ allem anderen:
Neonazis inklusive der Hipstervariante Nipster, Verfassungsschutz, Politik,
Polizei, Medien – in der filmisch konträr zu „Kreuzweg“ angelegten Groteske
bekommt jeder sein Fett weg. Dass bei einer derart brachialen Methode nicht
nur feine Skulpturen geschnitzt werden, ist klar. Brüggemann schreddert laut
tönend durch den bundesrepublikanischen Irrsinn und lässt einen Schwarzen
mit Gedächtnisschwund zum Aushängeschild einer modernen Nazitruppe werden, während der Verfassungsschutz den Umsturz finanziert und die Medienwelt den Ereignissen hinterher hechelt. Unzählige Cameoauftritte von Andreas
Dresen bis zu Brüggemann selbst würzen diese Groteske. CHRISTIAN MEYER
trailer verlost 1 Fanpaket (Karten, Plakat, Strandtuch) bis 5.7. auf trailer-ruhr.de
LIEBE AUF DEN ERSTEN SCHLAG César 2015: Bester Debütfilm
F 2014 - Drama / Lovestory - 98 Min - ab 12 J. - Regie: Thomas Cailley
mit: Adèle Haenel, Kévin Azaïs, Antoine Laurent
HEIL
Start: 2.7.
BO: Metropolis/Casablanca
D 2015 - Komödie / Satire - Regie: Dietrich Brüggemann
mit: Benno Fürmann, Daniel Zillmann, Jerry Hoffmann
Start: 16.7.
GE: Apollo
Verzweifelte Verführerin (Sina Ebell)
Alexandra (Thekla Reuten) schürt Fettahs Sehnsucht
Das Sehnen
Heul doch!
„Atlantic.“ von Jan-Willem van Ewijk
„Das fehlende Grau“ von Nadine Heinze & Marc Dietschreit
Ein Marokkaner schnappt sich sein Surfbrett und folgt seinem Freiheitsstreben.
C Poetisches Drama über eine Sinnsuche
Eine persönlichkeitsgestörte Frau wird zur sadistischen Männerfalle.
C Ungeschöntes Drama über eine tragisch verlorene Seele
„Europa. Du kommst, und du gehst“, flüstert Fettah (Fettah Lamara) aus dem
Off. Der Marokkaner lebt vom Fischen und betreut Touristen aus Europa, die
im Sommer zum Surfen anreisen. Und die in Fettah ein schleichendes Fernweh
wecken. Eine Niederländerin schürt die Sehnsucht, und der Marokkaner beschließt, ihr mit dem Surfbrett über den Atlantik zu folgen. Das wundervoll
fotografierte und sinnlich erzählte Drama folgt dem Mann auf seinem Board,
lauscht, wie er sinniert über Sehnsucht, Aufbruch, Macht und Freiheit. Rückblenden geben Einblicke in sein bisheriges Leben, von Heimat und Bindung.
Und so ist dieser Film nicht nur ein Emigrationsdrama oder ein etwas anderer
Surferfilm. „Atlantic.“ ist nicht zuletzt ein wundervoll subtil inszeniertes
Drama über Aufbruch und Abschied.
HARTMUT ERNST
Eine Frau begegnet Männern. In der Kneipe, im Hotel und in deren Wohnung.
Sie ist die Verführerin, mal ungeschminkt, mal aufgetakelt, begehrt von den
triebgesteuerten Männern. Auf deren Geilheit baut die Frau ihre Macht auf
und spielt Spielchen, mit denen sie sich mitunter selbst in Gefahr bringt. Erinnerungsfetzen erzählen von Begegnungen der Protagonistin mit einem Mädchen, von dem sie abgelehnt wird. Verschachtelt verweben Nadine Heinze und
Marc Dietschreit unschöne Begegnungen zwischen einer verlorenen Frau und
erbärmlichen Männern. Die Story bleibt dünn und stagniert, die Stärke des
Films ist die Intensivität der Begegnungen, die mitunter in langen Einstellungen schmerzlich zelebriert wird. Ungeschönte Momente zwischen Verzweiflung, Machtspiel und Borderline.
HARTMUT ERNST
ATLANTIC. Niederlande 2013: Development Award, Jan-Willem van Ewijk
DAS FEHLENDE GRAU
NL/B/D/M 2014 - Drama - Regie: Jan-Willem van Ewijk
mit: Fettah Lamara, Thekla Reuten, Mohamed Majid
Start: 25.6.
D 2014 - Drama - 79 Min - Regie: Nadine Heinze, Marc Dietschreit
mit: Sina Bell, Rupert Seidl, Albert Bork
BO: Endstation, E: Filmkunsttheater
BO: Endstation, DU: Filmforum, E: Filmkunsttheater
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
20
Start: 25.6.
trailer-ruhr.de Forum
Hintergrund
Josh gehört nirgendwo richtig dazu
Neustart
„Gefühlt Mitte Zwanzig“ von Noah Baumbach
Josh lernt den jüngeren Jamie kennen und fühlt sich wieder wie zwanzig.
C Komödie um einen Dokumentarfilmer in der Midlife-Crisis
Vor fünf Jahren schickte Regisseur Noah Baumbach in seinem Film „Greenberg“
Ben Stiller als einen desorientierten, vierzigjährigen Berufsjugendlichen nach
Los Angeles, wo er mit seinem unbeholfenen Loser-Zynismus bei den Jüngeren
in seiner Umgebung gar nicht landen konnte. Sein neuer Film „Gefühlt Mitte
Zwanzig“ könnte eine Fortsetzung sein, denn auch hier spielt die sogenannte
Midlife-Crisis eine weitere Hauptrolle neben den Protagonisten aus Fleisch
und Blut: der Dokumentarfilmer Josh und seine Frau Cornelia (Naomi Watts)
– beide Mitte 40 und der halb so alte Jungfilmer Jamie (Adam Driver) mit seiner Freundin Darby (Amanda Seyfried). Josh, auch hier von Ben Stiller gespielt,
ist zwar weder Single, noch arbeitslos, noch hatte er gerade einen Nervenzusammenbruch wie Greenberg. Doch die Grundhaltung der beiden Charaktere
ist verwandt: Sie sehen, wie die Gleichaltrigen sesshaft werden, Familien gründen und Karriere machen. Zugleich werden sie durch eine jüngere Generation
daran erinnert, welche Ideale und Ziele sie einst hatten. Sie selber hängen zwischen diesen beiden Polen und gehören nirgendwo richtig dazu. Das fühlt auch
Josh, doch er lässt sich von Jamie, der seine früheren Arbeiten bewundert, mitreißen und will sich noch mal auf die Seite der Mittzwanziger schlagen. Den
Enthusiasmus, den er bei Jamie so bewundert, hat er selbst längst verloren.
Aber warum sollte er sich nicht noch mal jung fühlen dürfen? Und so werden
Josh, Cornelia, Jamie und Darby beste Freunde. Schließlich arbeiten sie sogar
zusammen an einem Film. Doch das Projekt wird für sie zur Zerreißprobe …
Nicht von ungefähr gilt Noah Baumbach („Frances Ha“) vielen als Nachfolger
von Woody Allen: Er hat einen Hang zu leicht neurotischen, aber im Grunde
sympathischen Typen, die sich mehr schlecht als recht mit kreativen Tätigkeiten durch den Alltag schlagen. Alle stecken sie in einer Krise, an einem
Wendepunkt oder vor einer Herausforderung. Alle suchen sie nach ihrem Platz
im Leben oder merken nicht einmal, dass sie ihn noch nicht gefunden haben
– was noch tragischer ist. Baumbach hat nichts gemein mit dem brachialen,
körperbetonten Humor der Judd-Apatow-Schule (James Franco, Seth Rogan,
Jason Segel), allerdings gibt es einen Link zu Apatow, der in den 90er Jahren
Produzent und Autor der Ben-Stiller-Show war. Zwischen dem Dialogwitz gibt
es vereinzelt Elemente der Body Comedy, vor allem, wenn Ben Stiller als Josh
– angespornt von Jamies Jugendlichkeit – die körperlichen Möglichkeiten
eines 45-Jährigen überschätzt.
Der sich wegen der Profession der Hauptfiguren durch den gesamten Film ziehende Diskurs über den Dokumentarfilm könnte ein Bonus für den Filmfan und
Medientheoretiker sein, erzählt aber wenig Neues. Das stört aber kaum den
Eindruck einer grundsympathischen, lustigen als auch nachdenklichen
Komödie über eine Generation, die mit der Kluft zwischen gefühltem Alter und
dem Blick in den Spiegel hadert.
CHRISTIAN MEYER
GEFÜHLT MITTE ZWANZIG
USA 2014 - Komödie / Drama - 97 Min - o. Altersb. - Regie: Noah Baumbach
mit: Ben Stiller, Naomi Watts, Adam Driver
Start: 30.7.
BO: Metropolis/Casablanca, Endstation, UCI, DU: UCI, GE: Apollo, Schauburg
GEFÜHLT MITTE ZWANZIG – Am Rande
Das Verhältnis zwischen Filmemachern und Kritikern ist nicht immer
harmonisch, und das weiß auch Noah Baumbach. Der berühmt-berüchtigte Filmkritiker Armond White sagte einst über ihn: „Baumbach
ist ein Arschloch. Um das zu sehen, muss ich ihn nicht kennenlernen.
Es reicht, wenn ich seine Filme sehe“. Ob er darüber hinaus noch gesagt
hat, Baumbachs Mutter hätte besser abgetrieben, ist umstritten. Aber
wenn jemand mit Filmkritikern umgehen kann, dann wohl Baumbach:
Beide Elternteile waren Filmkritiker: Sein Vater Jonathan Baumbach
für „Film Critic“ und „The Partisan Review“, seine Mutter für „The „Village Voice“. Wer solche Eltern hat und sich trotzdem für eine Karriere
Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche
21
als Regisseur entscheidet, braucht ein dickes Fell. Nach eigener Aussage hat Baumbach seinen Eltern alle Drehbücher gezeigt, außer dem zu
„Der Tintenfisch und der Wal“ (OT: „The Squid and the Whale“, 2005),
einem teils autobiografischen Film, in dem er die Scheidung seiner Eltern verarbeitet. Die Vermischung von Generationenkonflikt und künstlerischer Arbeit findet sich auch in „Gefühlt Mitte Zwanzig“: Während
Joshs Eltern im Film nicht vorkommen, ist sein Schwiegervater ebenfalls Dokumentarfilmer – und im Gegensatz zu Josh erfolgreich.
JON WITTE
Mein
Meeiinn Lesezeichen
Film-Kritik
Aufschlussreiche Blicke auf die letzten Zeugnisse zerrissener Bindungen
„Alte Seele in einem jungen Körper“: Amy Winehouse
Hinterlassenschaft
Back to Black
„Verliebt, verlobt, verloren“ von Sung-Hyung Cho
„Amy“ von Asif Kapadia
DDR-Familien blicken zurück auf verschollene, nordkoreanische Väter.
C Doku über Liaisons zwischen Bürgern aus der DDR und aus Nordkorea
Das Leben von Amy Winehouse.
C Sehr persönliche Doku über die früh verstorbene Sängerin
Anfang der 50er schickte das kriegserschütterte Nordkorea Studenten in die
DDR, um von den dabei gewonnenen Erkenntnissen nachhaltig zu profitieren.
Obwohl die Mission klar auf Aneignung von Wissen ausgerichtet war, kam es
mitunter dazu, dass sich Nordkoreaner und Ostdeutsche ineinander verliebten.
Sie gingen Partnerschaften ein, zeugten Kinder, wurden jedoch, sobald sie das
Diplom in der Tasche hatten, wieder abberufen. Oft auf Nimmerwiedersehen.
Sung-Hyung Cho („Full Metal Village“) besucht Frauen und deren Kinder, die
vom Partner und Vater verlassen wurden. Ihre mit netten Animationen gespikkte Dokumentation liefert interessante Einblicke in einen besonderen Kulturaustausch, in dem sich heiter komische und aufwühlend tragische Momente
gelungen die Waage halten.
HARTMUT ERNST
„Ich glaube nicht, dass ich jemals berühmt werde. Außerdem könnte ich bestimmt nicht mit dem Erfolg umgehen. Wahrscheinlich würde ich durchdrehen.“ Eigentlich könnte man meinen, dass bereits alles über Amy Winehouse
gesagt wurde, doch Asif Kapadia wirft in seiner Biografie „Amy“ einen bemerkenswert persönlichen Blick auf das Leben des Popstars. Wie in seinem „Senna“
verzichtet er darauf, die Interviewpartner zu zeigen, und verwendet stattdessen zahlreiche bisher unveröffentlichte (Privat-)Aufnahmen. Nicht immer gelingt ihm dabei die Gratwanderung jenseits des Voyeurismus. Der Film ist dann
am stärksten, wenn er an das einzigartige Talent von Winehouse erinnert, die
ihre Karriere als Jazz-Sängerin begann und leider viel zu früh auch wieder
beendete – im Duett mit ihrem Idol Tony Bennett.
SIMONE SCHLOSSER
VERLIEBT, VERLOBT, VERLOREN
AMY
D 2015 - Dokumentarfilm - 95 Min - o. Altersbeschränkung
Regie: Sung-Hyung Cho
Start: 25.6.
BO: Endstation
GB 2015 - Dokumentarfilm - 127 Min - Regie: Asif Kapadia
mit: Amy Winehouse
Start: 16.7.
BO: Metropolis/Casablanca
Durchdrehen statt Drehen: Hauptdarstellerin Meike (Laura Tonke)
Hobbi-Nazijäger Jacob Kaplan (Héctor Noguera) wittert den großen Wurf
Polen. Ein Sommermärchen
Eichmann-Déjà-vu
„Worst Case Scenario“ von Franz Müller
„Señor Kaplan“ von Álvaro Brechner
Georg wachsen die Dreharbeiten in Polen über den Kopf.
Komödie über ein gescheitertes Filmprojekt
In einer Strandbar entdeckt ein Jude einen Alt-Nazi und plant dessen Entführung nach Israel.
C Melancholische Tragikomödie über Altwerden und Vergangenheitsbewältigung
Regisseur Georg (Samuel Finzi) und Kostümbildnerin Olga (Eva Löbau) wollen
zur EM in Polen eine Fußball-Komödie drehen. Doch kurz vor Produktionsbeginn wird der Film abgesagt. Georg will das Projekt trotzdem durchziehen,
aber jeden Tag verlässt ein anderes Teammitglied das sinkende Schiff. Außerdem ist Olga ungewollt von ihm schwanger. Regisseur Franz Müller hat seine
eigene Geschichte verfilmt. Als sein Projekt kurzfristig platzt, beschließt er,
einen Film über dieses Scheitern zu drehen. Mit einem kleinen Team hat er im
Sommer 2012 mehren Wochen auf einem Campingplatz in Polen verbracht.
Die Dialoge sind improvisiert. Einige Darsteller sind Laien. Vermutlich ist das
der Grund dafür, dass die Komödie so gut funktioniert, denn hier spielt fast
jeder ein Stück weit sich selbst.
SIMONE SCHLOSSER
Da könnte er mit seinen 76 Jahren doch endlich mal beweisen, dass auch
Rentner Mumm in den Knochen haben und die Welt verbessern können:
Jacob Kaplan ist fest davon überzeugt, dass der Strandbar-Besitzer Julius
Reich ein Nazi ist und will ihn kidnappen und seiner gerechten Strafe zuführen. Als er seinen gelegentlichen Chauffeur Wilson, ein heruntergekommener ehemaliger Polizist, für den Coup anheuert, gerät das Ganze zu einem
amüsant-melancholischen Don-Quichotte/Sancho-Panza-Abenteuer, bei
dem beide ständig Gefahr laufen, sich lächerlich zu machen oder zu Helden
zu werden. Brechners entlockt dabei den drei Hauptdarstellern gekonnt jene
Zwischentöne, die wunderbar mit der Ambivalenz der überraschend endenden Geschichte korrespondieren.
ROLF-RUEDIGER HAMACHER
WORST CASE SCENARIO
SENOR KAPLAN
D 2014 - Komödie - 82 Min - o. Altersb. - Regie: Franz Müller
mit: Eva Löbau, Samuel Finzi, Laura Tonke
Start: 2.7.
UR/E/D 2014 - Komödie - 98 Min - o. Altersb. - Regie: Álvaro Brechner
mit: Héctor Noguera, Néstor Guzzini, Rolf Becker
BO: Endstation
BO: Metropolis/Casablanca
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
22
Start: 9.7.
trailer-ruhr.de Forum
Pfeifen zunehmend drastisch auf die Mutter-Kind-Bindung: Lukas und Elias
Gabriel (David Dencik, l.) lüftet Verwandtschaftsverhältnisse
Horror Zwillinge
Mutanten-Stadl
„Ich seh, Ich seh“ von Veronika Franz & Severin Fiala
„Men & Chicken“ von Anders Thomas Jensen
Ein Zwillingspaar hält die Mutter für eine Ersatzfrau.
C Untergründiger Horrorfilm
Zwei ungleiche Brüder auf der Suche nach ihren biologischen Eltern.
C Schwarzhumorige Komödie mit Slapstickeinlagen
Sie tollen durch Maisfelder, erkunden eine Höhle, schwimmen im Bergsee. In
schönstem Sommerlicht erkunden die blonden Zwillinge Lukas und Elias
(Lukas und Elias Schwarz) ihre Welt, aber die Idylle wirkt trügerisch. Erwachsene fehlen zunächst, doch dann kehrt die Mutter (Susanne Wuest) zurück,
das Gesicht bandagiert und auch sonst fremd und herrisch. Ein Kleinkrieg entsteht, dessen Ursache sich erst allmählich enthüllt. Das österreichische RegieDuo Veronika Franz und Severin Fiala gab den Darstellern das Skript vor dem
Dreh seines ersten Spielfilms (produziert von Ulrich Seidl) nicht zu lesen und
erschafft mit Hilfe dieses Tricks und der hervorragenden Kameraarbeit eine
durchweg spannende Genre-Inszenierung, die auch vor drastischen Szenen
nicht zurückschreckt.
INGRID BARTSCH
Einer schräger als der andere! Aber zunächst sind da nur die beiden Brüder
Gabriel und Elias, deren Vater ihnen auf dem Sterbebett eine Videoaufzeichnung mitgibt, auf der er ihnen ein Geheimnis von großer Tragweite mitteilt:
Ihre Eltern waren nicht ihre biologischen Eltern und außerdem haben sie
unterschiedliche Mütter. Während ihr fast hundertjähriger Vater auf einer kleinen dänischen Insel lebe, seien ihre Mütter im Kindbett gestorben. Der Schock
sitzt tief, vor allem bei dem etwas dümmlichen, permanent masturbierenden
Elias, der stets die Nähe seines Bruders sucht. Gabriel – Evolutionspsychologe
und Philosoph mit Lehrstuhl – ist hingegen ganz froh, dass Elias anscheinend
nur noch sein Halbbruder ist. Dennoch machen sie sich gemeinsam auf und
reisen zu der fast menschenleeren Insel, um das Geheimnis ihrer Herkunft zu
lüften. Auf einem halb verfallenen Gut treffen sie auf drei weitere Söhne ihres
Vaters – einer verrückter als der andere – und unzählige Tiere, die im ganzen
Haus umherlaufen. Im oberen Geschoss liegt ihr erkrankter Vater. Doch dort
lassen ihre neuen Halbbrüder sie nicht hin. Gabriel will das nicht hinnehmen
und stellt Forschungen an. Langsam erhärtet sich ein grausamer Verdacht ...
ICH SEH, ICH SEH
A 2014 - Drama / Horror - 100 Min - ab 16 J. - Regie: Veronika Franz, Severin Fiala
mit: Susanne Wuest, Lukas Schwarz, Elias Schwarz
Start: 2.7.
DO: Roxy
Ein Traum nimmt Gestalt an beim Sonnenbad
Here Comes the Sun
„Las Insoladas – Sonnenstiche“ von Gustavo Taretto
Sechs argentinische Freundinnen träumen vom Glück.
C Sommerlich inszenierte Tragikomödie
Anders Thomas Jensens Kinoerfolge „Dänische Delikatessen“ und „Adams
Äpfel“ liegen schon eine Weile zurück – seit „Adams Äpfel“ sind nun schon
zehn Jahre vergangen. Für seinen neuen Film hat sich der Meister des Schwarzen Humors ein wenig Zeit gelassen, doch spätestens, wenn die Handlung auf
der Insel angekommen ist und das fein säuberlich heruntergekommene Setting
mit viel Liebe zum Detail eine bedeutende Nebenrolle im Film einnimmt, vergisst man das. Gedreht wurde unter anderem in einem riesigen, halb zerfallenen ehemaligen Sanatorium in Brandenburg, während die Aufnahmen von der
Insel in Dänemark realisiert wurden. Auch die digitalen Spezialeffekte lassen
den im Vergleich zu den Vorgängern größeren Aufwand erahnen. Cast und
Crew speisen sich hingegen zum Teil immer noch aus den Zeiten von „Adams
Äpfel“: Drei der fünf Hauptrollen sind mit Darstellern aus dem erfolgreichen
Vorgänger besetzt, allen voran Mads Mikkelsen als Elias, der mit einem unglaublichen Style und einem tumben Charakter nicht nur beim ersten Auftritt
alleine durch seine Präsenz für einen Lacher sorgt. Tatsächlich funktioniert der
Film aber auf den unterschiedlichsten emotionalen Ebenen. Da gibt es eben
jenes Äußere und den Schwachsinn der Hauptfiguren. Dann überrascht der
Film mit einigen Slapstickeinlagen, die in ihrer brachialen Art an die Frühgeschichte des Films erinnern. Dann gibt es natürlich den finsteren Humor, den
man von Regisseur und Drehbuchautor Jensen gewohnt ist. Und schließlich
entfaltet der Film zunehmend einen tiefen Humanismus, der einen am Schluss
bei allem Irrsinn regelrecht berührt zurücklässt.
Buenos Aires, 1995: Sechs Freundinnen in Bikinis verbringen einen Tag auf
einer sonnenüberfluteten Terrasse über den Dächern der Stadt. Am Abend
treten sie an zu einem Salsa-Wettbewerb. Die Frauen sonnen sich, sie quatschen, lachen, zicken, führen Smalltalk. Aber nein: Das ist hier kein argentinischer „Sex and the City“-Ableger. So leichthändig und knackig Regisseur
Gustavo Taretto sein Kammerspiel auf der Terrasse auch inszeniert, so schlei- Jensens „Men & Chicken“ geht an die Abgründe des menschlichen Daseins.
chend beginnt das Drama zu berühren, wenn die Freundinnen anfangen, von Genau dadurch erfasst er das Menschsein in seiner ganzen Bandbreite und
einem Urlaub in Kuba zu träumen, den sie sich nicht leisten können. Wenn ver- erinnert darin vor allem an große alte Horrorklassiker wie „Frankenstein“ oder
meintliche Sorglosigkeit in existenzielle Sehnsucht
umschlägt. Eine Komö- „Freaks“.
Meg Stuart/Damaged Goods: „Until Our Hearts
die, die abtaucht unter die Oberfläche sonnengebräunter
Haut, die berührt
Stop“, Foto: Iris Janke
CHRISTIAN MEYER
und dabei sommerlich bleibt.
HARTMUT ERNST
LAS INSOLADAS – SONNENSTICHE
ARG 2014 - Komödie - 102 Min - Regie: Gustavo Taretto
mit: Carla Peterson, Luisana Lopilato, Violeta Urtizberea
MEN & CHICKEN
Start: 30.7.
BO: Endstation
Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche
DK/D 2014 - Komödie - 104 Min - ab 12 J. - Regie: Anders Thomas Jensen
mit: Mads Mikkelsen, David Dencik, Nikolaj Lie Kaas
Start: 2.7.
BO: Metropolis/Casablanca, DO: Roxy
23
Mein
Meeiinn Lesezeichen
Film-Kritik
Schwankt zwischen Freiheitsliebe und Hingabe: Bathsheba (Carey Mulligan)
Unfreiwillige Schicksalsgefährten: Daru und Mohammed
Intensive Gefühlsdusche
Wir leben!
„Am grünen Rand der Welt“ von Thomas Vinterberg
„Den Menschen so fern“ von David Oelhoffen
Bathsheba Everdene hat drei Verehrer, aber sie bleibt lieber selbständig.
C Gelungene Thomas-Hardy-Verfilmung
Ein Einsiedler wird unfreiwillig zum Bewacher eines gefangenen Mörders.
C Westerndrama
Nach dem fast Dogma-artigen „Die Jagd“ trumpft Vinterberg mit seiner
Verfilmung von Thomas Hardys Roman von 1874 mit einem Melodram auf: Die
junge, freiheitsliebende Bathsheba muss sich gleich drei Männer vom Hals
schaffen, doch als sie sich schließlich einem von ihnen hingibt, löst das ein
Drama aus. John Schlesingers Verfilmung „Die Herrin von Thornhill“ aus dem
Jahr 1967 ist gar nicht so weit entfernt, doch Vinterbergs Drama wirkt konzentrierter: Das zurückhaltende Spiel der Protagonisten – Carey Mulligan ist in
der Tat zum Verlieben und Matthis Schoenarts („Bullhead“) spielt den geheimnisvollen Helden – kontert er mit satten Bildern von großer Schönheit und
einem leicht schwülstigen Soundtrack. Eine fast schon kitschige, und dennoch
schlicht wirkende Gefühlsdusche von hoher Intensität.
CHRISTIAN MEYER
1954 im Hinterland Algeriens. Daru (Viggo Mortensen) lebt allein und zurükkgezogen. Tagsüber ist er Lehrer für die Kinder aus der Gegend. Eines Tages
aber wird ihm aufgetragen, den Bauern Mohamed (Reda Kateb), der seinen
Cousin ermordet hat, in die nächste Stadt zu eskortieren, wo ihm der Prozess
gemacht werden soll. Widerwillig tritt Daru die Reise an. Unterwegs müssen
sich die beiden vor den Angehörigen des Ermordeten verstecken und geraten
in die dramatischen Kriegswirren. Musikalisch entrückt unterlegt von Nick
Cave und Warren Ellis, inszeniert Regisseur David Oelhoffen einen geerdeten
Western, einen atmosphärischen Kriegsfilm, ein nachdenkliches Melodram
über Moral, Verantwortung und Verdrängung. Der Film basiert auf der Kurzgeschichte „Der Gast“ von Albert Camus.
HARTMUT ERNST
AM GRÜNEN RAND DER WELT
USA/GB 2015 - Drama / Kostümfilm - 119 Min - ab 6 J. - Regie: Thomas Vinterberg
mit: Carey Mulligan, Matthias Schoenaerts, Michael Sheen
Start: 16.7.
DEN MENSCHEN SO FERN Venedig 2014: Bester Film, David Oelhoffen
F 2014 - Drama - 101 Min - Regie: David Oelhoffen
mit: Viggo Mortensen, Reda Kateb, Antoine Laurent
BO: Metropolis/Casablanca, OB: Lichtburg
BO: Endstation
Wer schlechter kocht, gewinnt
Start: 9.7.
Schießt nicht nur Fotos: Drogen-Pate Pablo Escobar (Benicio del Toro)
Rosenkrieg ad absurdum
In der Höhle des Löwen
„Mama gegen Papa – Wer hier verliert, gewinnt“ v. M. Bourboulon
„Escobar – Paradise Lost“ von Andrea Di Stefano
Ein Elternpaar in Scheidung kämpft um die Ungunst der Kinder.
C Freche Scheidungskomödie
Der Kanadier Nick wird Teil der Familie des kolumbianischen Drogenbarons Escobar.
C Packender Drogenthriller
Nach fünfzehn Jahren Ehe und drei Kindern entscheiden Florence (Marina
Foïs) und Vincent (Laurent Lafitte): „Wir sind Freunde geworden“, und wollen
sich scheiden lassen. Zugleich bieten sich für beide im Ausland berufliche
Optionen. Doch wer soll sich um die Kinder kümmern? Diese Entscheidung
überlassen die Eltern ihren Kindern. Und so stellen sich die Elternteile fortan
höchstselbst in ein möglichst schlechtes Licht, damit das Gegenüber das Sorgerecht zugesprochen bekommt. Das eskaliert, und am Ende versäumt der
Film, die Verfehlungen in angemessener Reue abzufedern. Davor aber glänzt
diese sympathische Komödie mit einer erfrischenden Grundidee, Tempo, frechen Dialogen und zwei Hauptdarstellern, die sichtlich Spaß hatten am Dreh
und trefflichst harmonieren.
HARTMUT ERNST
Andrea Di Stefanos Regiedebüt ist die nur teilweise fiktive Nacherzählung von
Ereignissen aus dem Jahr 1991 um den kolumbianischen Kokain-Paten Pablo
Escobar. Auch wenn die verschachtelte Erzählstruktur des Films nicht mehr
neu ist, gelingt es Di Stefano, einen überaus fesselnden Drogenthriller zu entwerfen, der bis zum Finale atemlose Spannung garantiert. Einen nicht unerheblichen Anteil am Gelingen hat Benicio del Toro in der charismatischen
Titelrolle, der sowohl als Wohltäter der Armen wie auch als skrupelloser Mörder glaubwürdig bleibt und somit ein komplexes Bild des Drogenbarons entwirft. Als Identifikationsfigur für das Publikum fungiert der Kanadier Nick
(stark: Josh Hutcherson), der unvermittelt in die fragwürdigen Kreise hineingerät und die Ereignisse auf subjektive Weise wiedergibt. FRANK BRENNER
MAMA GEGEN PAPA – WER HIER VERLIERT, GEWINNT
ESCOBAR – PARADISE LOST
F/B 2015 - Komödie - 85 Min - o. Altersb. - Regie: Martin Bourboulon
mit: Marina Foïs, Laurent Lafitte, Alexandre Desrousseaux
Start: 9.7.
USA 2015 - Drama / Thriller - 120 Min - Regie: Andrea Di Stefano
mit: Benicio Del Toro, Josh Hutcherson, Claudia Traisac
BO: UCI, Union, DU: UCI, DO: Cinestar, GE: Apollo
BO: Metropolis/Casablanca
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
24
Start: 9.7.
trailer-ruhr.de Forum
Für immer Adaline
Magic Mike XXL
Freistatt
Start: 9.7.
USA ‘14 - Komödie - Regie: Gregory Jacobs Start: 23.7.
D 2014 - Drama - Regie: Marc Brummund
1935: Durch einen Unfall und eine wundersame
Fügung altert Adaline nicht mehr und bleibt fortan
29 Jahre jung. Das gelungen ausgestattete Drama
folgt ihr über sieben Jahrzehnte, die zunehmend
gezeichnet sind von Abschied und Entbehrung. Gut
besetztes Unsterblichkeits-Märchen ohne verklärtem Kitsch.
HE
Steven Soderbergh landete mit dem ersten Teil der
Männerstrip-Komödie 2012 einen Erfolg, sowohl
bei den Zuschauerinnen als auch in der Kritik.
Regisseur Gregory Jacobs inszeniert nun die Fortsetzung. Feel-Good-Komödie.
HE
Arges wurde damals getrieben, Ende der 60er Jahre
in Deutschland, im Namen des Herren auf heiligem
Anwesen. 3000 Heime sollten aus vermeintlich fehlgeleiteten Jugendlichen christliche Persönlichkeiten
bilden, die Methoden aber waren äußerst unchristlich. Das Drama bewegt sich dabei abenteuerlich
zw. „Flucht in Ketten“, Silas und Tom Sawyer. HE
Die Liebe seines Lebens
USA ‘14 - Drama - Regie: Lee Toland Krieger
trailer verlost 1x2 Karten für die Filmpassage Mülheim
auf trailer-ruhr.de
Start: 25.6.
Strange Magic
Ted 2
Start: 25.6.
USA 2015 - Trickfilm - Regie: Gary Rydstrom Start: 25.6.
USA ‘15 - Komödie - Regie: Seth MacFarlane Start: 25.6.
Als Kriegsgefangener in Japan durchlebte der britische Soldat Eric Lomax die Hölle. Jahrzehnte
später lebt er zurückgezogen in England. Noch
immer ist er traumatisiert. Als er sich verliebt, versucht seine Partnerin, ihn zu öffnen. Bewegendes
Drama über die Aufarbeitung traumatischer Kriegserlebnisse.
HE
Man vermenge William Shakespeare mit George
Lucas und Walt Disney – und heraus kommt dieses
kindergerechte Märchenmusical. Grundlage bildet
Shakespeares romantische Komödie „Ein Sommernachtstraum“, die Lucas hollywoodaffin adaptierte.
Ein Haufen schräger Vögel begibt sich auf die
Suche nach einem legendären Liebestrank.
HE
Jetzt kehrt die politisch unkorrektere Variante
zurück und macht mit Buddy John bewährt die
Straßen unsicher. Und da der Plüschbär säuft, kifft
und rüpelt wie jeder anständige Amerikaner, will er
jetzt endlich offiziell als Mensch anerkannt werden.
Nicht zuletzt, um den Männertraum Tami-Lynn auf
ewig an sich zu binden.
HE
Duff – Hast du keine, bist du Eine!
Insidious: Chapter 3
Marry Me!
AU/GB 2013 - Drama - Regie: J. Teplitzky
USA 2015 - Komödie - Regie: Ari Sandel
Start: 9.7.
USA 2015 - Horror - Regie: Leigh Whannell
Start: 2.7.
D 2014 - Komödie - Regie: Neelesha Barthel Start: 2.7.
Eigentlich ist alles gut an der Highschool für Bianca. Sie hat zwei beste Freundinnen und Beau
Wesley als besten Freund. Bis dieser ihr erzählt, sie
sei für die anderen bloß Mittel zum Zweck, ein
unattraktives Anhängsel, ein Duff. Bianca setzt
alles daran, aus der Rolle auszubrechen. Mal lebensnahe, mal klamaukige Highschool-Komödie. HE
Das Prequel zu den beiden Vorgängern um die
Familie Lambert erzählt von der jungen Quinn. Die
bittet das Medium Elise darum, ihr den Kontakt zu
ihrer verstorbenen Mutter herzustellen. Eine
Begegnung kommt zustande. Allerdings mischen
mehr Mächte mit, als Quinn lieb ist. Und die erweisen sich als äußerst böse und hartnäckig.
HE
Nachdem „Amma & Appa“ die Konstellation dokumentarisch beleuchtete, inszeniert N. Barthel die
indisch-deutsche Annäherung als Spielfilm. Kissy
ist in Indien verwurzelt und lebt alleinerziehend in
Berlin. Eines Tages fordert die Großmutter, dass sie
traditionsgerecht den Vater heiraten soll. Von dem
will Kissy aber nichts mehr wissen...
HE
Minions
Antboy 2 – Die Rache der Red Fury
Big Business – Außer Spesen nichts gewesen
USA 2015 - Trickfilm - Regie: P. Coffin, K. Balda Start: 2.7.
DK/D 2014 - Komödie - Regie: Ask Hasselbalch Start: 25.6.
USA 2014 - Komödie - Regie: Ken Scott
Sie sind gelb, laut, infantil, töricht, neugierig, begeisterungsfähig und permanent völlig überdreht: Die
Minions, die uns aus „Ich – Einfach unverbesserlich“
in Erinnerung geblieben sind. So nachhaltig, dass
Hollywood ihnen jetzt ihren eigenen Film spendiert.
Darin schreiben sie die Weltgeschichte neu und
müssen sich einer Superschurkin stellen.
HE
Superkräfte machen einem das Menschsein ganz
schön schwer. Das ergeht nun auch Antboy so, der
sich nicht nur den Terrorzwillingen und der Rache der
verschmähten Red Fury stellen muss, sondern auch
den ganz alltäglichen Herausforderungen, die über
einen Jugendlichen eben so hereinplatzen. Liebenswerte Fortsetzung der Superhelden-Variante. HE
Nach eineinhalb Jahren Selbständigkeit eröffnet
sich den Businesspartnern Dan, Chuck und Timothy
ein Deal, von dem sie sich mit ihrem kleinen Laden
den Durchbruch erhoffen. Das Unterfangen führt
die Amerikaner nach Europa. Dort schlittern sie unverhofft durch Fetisch-Events, G8-Kongress und
Oktoberfest. US-Klamauk.
HE
Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche
25
Start: 9.7.
Mein
Meeiinn Lesezeichen
Film-Kritik
Entourage
USA 2015 - Komödie - Regie: Doug Ellin
Terminator: Genisys
Start: 9.7.
Desaster
USA 2015 - SciFi - Regie: Alan Taylor
Start: 9.7.
D 2015 - Komödie - Regie: Justus v. Dohnányi Start: 16.7.
In der gleichnamigen HBO-Serie drehte sich bereits
alles um das Treiben im Studiokosmos Hollywood.
Jetzt schicken die Macher die Jungs rund um Filmstar Vincent Chase auf die Leinwand. Die Freunde
wollen diesmal mit Studioboss Ari Gold kooperieren. Zu den bekannten Serienstars gesellen sich
allerlei noch bekanntere Hollywoodgrößen.
HE
Zeitreise-Plots bieten sich dazu an, bei Bedarf alles
auf Anfang zu setzen. Vor allem, wenn sie auf die
Oberste Direktive pfeifen. Das tut allen voran der T
1000, als er ins Jahr 1984 geschickt wird, um
Sarah Connor zu terminieren. Die hat Kyle Reese
zum Verbündeten. Klingt bekannt – und doch ist
alles anders.
HE
Die Profikiller Mace (Jan Josef Liefers) und Ed
(Justus von Dohnányi) sollen einen Schweizer
Anwalt beschützen. Der betreibt illegale Geschäfte
mit einem Gangster in Südfrankreich. Letzterer hat
es wiederum auf die verführerische Gattin des
Anwalts abgesehen. Dann passiert den Killern ein
folgenschweres Malheur. Gangsterkomödie.
HE
It Follows
Unknown User
Ant-Man
Start: 9.7.
USA 2014 - Horror - Regie: Lewan Gabriadze Start: 16.7.
USA 2015 - Fantasy - Regie: Peyton Reed
Als Kind hatte Regisseur David Robert Mitchell
einen wiederkehrenden Albtraum, in dem er von
einem bedrohlichen Wesen verfolgt wird. Einem
solchen Schicksal setzt er nun die 19-jährige Protagonistin Jay aus. Nach erotischen Spielchen mit
Hugh auf der Autorückbank fühlt sie sich seltsam
verfolgt. Indiependent-Nervenkitzel.
HE
Als ein unvorteilhaftes Video von ihr ins Netz gestellt und sie online von einer Spottlawine überrollt
wird, begeht die junge Courtney Selbstmord. Ein
Jahr später werden ihre einstigen Freunde im Netz
von einem unbekannten User heimgesucht. Der
verlangt Aufklärung. Als die Freunde nicht kooperieren, verleiht er seiner Forderung Nachdruck. HE
Während es für die Marvel-Kollegen immer höher,
schneller und weiter geht, heißt die Devise von Trickbetrüger Scott Lang zunächst einmal: schrumpfen!
Geschrumpft auf Ameisengröße jedoch setzt er als
Ant-Man ungeahnte Kräfte frei. Und die sind auch
nötig: Die Erde ist in Gefahr. An seiner Seite: Dr.
Hank Pym (Michael Douglas). Comic-Abenteuer. HE
Station to Station
German Angst
Becks letzter Sommer
USA 2014 - Horror - Regie: D. R. Mitchell
USA 2014 - Drama - Regie: Doug Aitken
Start: 16.7.
Der amerikanische Multimedia-Künstler Doug
Aitken setzt nicht nur in seiner Kunst auf Grenzüberschreitung. Für dieses Experiment setzte er
sich mit seiner Kamera in einen Zug, der einmal
durch Amerika fuhr, und eröffnete unterwegs
Künstlern die Möglichkeit, sich und ihr Schaffen
einminütig in Clips zu verewigen.
HE
Mein Film, mein Kino, meine Meinung
D 2015 - Horror / Action - Regie: s.u.
Start: 2.7.
Jörg Butgereit, A. Marschall und M. Kosakowski
erzählen in drei Episoden Geschichten aus unserer
Hauptstadt. Über eine zwielichtige Meerschweinchenfreundin, über ein Aphrodisiakum mit schauerlichen Nebenwirkungen und über eine Handvoll
brutaler Hooligans, denen ein Amulett die Hölle
heiß macht. Fiese Genrekost aus Deutschland. HE
26
D 2015 - Drama - Regie: Frieder Wittich
Start: 23.7.
Start: 23.7.
Als er noch jung war, setzte er lieber auf Sicherheit, anstatt seine Träume als Musiker zu leben.
Jetzt ist Robert frustrierter Lehrer. Dann entdeckt
er das musikalische Talent seines Schülers Rauli
und beschließt, ihn zu fördern. Allerdings nicht ganz
uneigennützig. Musiker-Drama mit guten Songs
und klarer Botschaft: Lebe deinen Traum!
HE
trailer-ruhr.de Forum
Verleih
Gespräch zum Film
Andreas R. Klein, Foto: © Splendid Medien AG
„Breiter aufstellen“
Andreas R. Klein zur Strategie seines Kölner Verleihs Splendid Film
1974 gründete Albert E. Klein den Verleih Splendid Film, sein Sohn
Andreas stieg wenige Jahre später in das Unternehmen ein. Nach
dem Aufbau eigener Synchronstudios und einem Börsengang Ende
der neunziger Jahre sorgte die Kölner Firma mit den Eigenproduktionen „Traffic“ (2001) und „Gangs of New York“ (2003) weltweit
für Aufsehen. Zum 40. Geburtstag bescherte sie den deutschen Kinos
mit „Still Alice – Mein Leben ohne Gestern“ nun einen der größten
Arthouse-Hits des Jahres.
trailer: Herr Klein, mit „Still Alice“ ist Ihnen in diesem Frühjahr eine
Punktlandung gelungen. Hauptdarstellerin Julianne Moore erhielt den
Oscar als beste Hauptdarstellerin und der Film ist bis dato der dritterfolgreichste Arthouse-Film des Jahres in Deutschland. Auch mit Bill
Murray als „St. Vincent“ konnten Sie sechsstellige Besucherzahlen
erzielen. Wird Ihr Engagement im Arthouse-Bereich ausgebaut?
Andreas R. Klein: In den vergangenen Jahren ist gerade im Kinobereich
die Akzeptanz für anspruchsvolle Filme stark gestiegen. Wir haben in
unserer Einkaufspolitik darauf reagiert und bereichern unser bisheriges
Programm zusätzlich mit anspruchsvollen Filmen wie „Still Alice“. Damit
stellen wir uns ganz bewusst breiter auf und können mit unseren Filmen
einen größeren Kreis von Kinogängern erreichen.
Mit „Mama gegen Papa“ und „Sam O’Cool“ setzen Sie nun auch auf
französisches Kino. Glauben Sie an eine Renaissance des europäischen
Kinos, speziell auch des Komödien- und Animationskinos?
Ein Mitarbeiter hat „Mama gegen Papa“ in Paris gesehen und war davon ganz begeistert. Als Independent leisten wir uns zu sagen: Der Film
ist toll, den bringen wir raus. Mit Tobis haben wir zudem einen Vertrieb
gefunden, der die Art des Films perfekt versteht und vermarkten kann.
Seit Ihr Vater Splendid Film 1974 gegründet hat, ist der Verleih bekannt für seine verlässliche Belieferung mit Genre-Titeln. Wird es
damit auch in Zukunft weitergehen?
Natürlich werden wir auch in Zukunft erfolgversprechende Actionfilme
starten! Erst kürzlich haben wir uns die Rechte an mehreren hochkarätig
besetzten Actionfilmen gesichert – darunter „A Willing Patriot“ mit Liam
Neeson und „Precious Cargo“ mit Bruce Willis.
Auch die Multiplexe zeigen zunehmend Sonderprogramme oder terminieren in Programmschienen am Nachmittag oder späten Abend.
Sehen Sie in der digitalen Belieferung und Auswertungsweise der Kinos neue Herausforderungen?
Die Zeiten und die Art der Auswertung haben sich geändert. Einen Film
zehn Wochen oder länger exklusiv in einem Saal zu spielen sind eben vorbei. Von daher verstehe ich die Kinos, wenn sie unter dem Druck des Angebots und der Schnelllebigkeit ihre Angebote optimieren und in jedem
Saal möglichst viele Filme zeigen wollen. Wir müssen damit klarkommen
und versuchen, auf diese Gegebenheiten möglichst gut zu reagieren und
unser Angebot entsprechend auszurichten.
INTERVIEW: RÜDIGER SCHMIDT-SODINGEN
Mit trailer -ruhr.de beginnt die Filmwoche
27
Regisseur Dietrich Brüggemann mit Schwester Anna im Neonazi-Ambiente, Foto: Zora Rux
„Durchaus aufklärerisches Potential“
Regisseur Dietrich Brüggemann über seine Neonazi-Satire „Heil“
Dietrich Brüggemann studierte Regie in Potsdam. Auf sein preisgekröntes
Langfilmdebüt „Neun Szenen“ (2006) folgten die Tragikomödien „Renn,
wenn du kannst“ (2010) und „3 Zimmer/Küche/Bad“ (2012), wofür er
erneut das Drehbuch mit seiner Schwester, der Schauspielerin Anna Brüggemann, entwickelte. Das Religionsdrama „Kreuzweg“ brachte dem Geschwisterpaar auf der Berlinale 2014 den Silbernen Bären für das beste
Drehbuch. „Heil“ kommt am 16. Juli ins Kino.
trailer: Dietrich, was war zuerst da: Der „Alles, was Leute aus freier
Entscheidung tun, ist zum
Wunsch, eine Satire zu drehen oder einen
Abschuss freigegeben“
Film über Neonazis?
Dietrich Brüggemann: Schwer zu sagen. Ich
glaube eher, es war das Thema und was einem dazu in der Öffentlichkeit alles
um die Ohren fliegt und flog, schon vor dem NSU-Skandal und danach. Der Film
handelt auch weniger von ein paar Neonazis als von ganz Deutschland. Von
diesem Elefanten, der da psychologisch im Raum steht. Das ist so der Nullpunkt
der deutschen Geschichte. Alles läuft darauf zu und danach läuft alles wieder
auseinander. Man kann hier nicht öffentlich sprechen, ohne die Assoziation
zur Nazizeit zu haben und sich dazu zu verhalten. Da gibt es natürlich auch
allerhand Hysterie.
Laut Tucholsky darf Satire alles. Gibt es für dich trotzdem Grenzen?
Ja, ganz klar. Robert Gernhardt schreibt zu genau diesem Thema (in „Was gibt’s
denn da zu lachen?“): „Die Satire darf vieles nicht. Sie darf keine Minderheiten
diffamieren, keine Vorurteile bekräftigen, keinen Beifall von der falschen Seite
riskieren. Aus diesem Grund drücken sich so viele Satiriker um so viele Themen.
Satire, die sich ausschließlich gegen die da oben richtet, wird langweilig, wenn
nicht entbehrlich.“ Dieses Zitat ist mir tatsächlich erst später begegnet, aber
beim Drehbuchschreiben war die Maxime ähnlich: Alles, was Leute aus freier
Entscheidung tun, ist zum Abschuss freigegeben. Darüber darf ich mich lustig
machen. Über alles andere nicht.
War die Führung der Schauspieler generell schwieriger durch die satirische
Form?
Gar nicht. Selbst ein todernster Film wie „Kreuzweg“ ist ja präzise gebaut und
irgendwie auch auf Pointe hin geschrieben. Man muss einfach schauen, dass
die rhetorische Gliederung und der Flow der Szenen stimmen.
Der Slogan zum Film lautet: „Eine aufregende Reise durch ein aufgeregtes
Land.“ Wo steckt denn das meiste Aufregungspotenzial?
Mir fällt immer wieder auf, dass der Grundton hierzulande immer ein bisschen
ungemütlich ist. Der Gegner könnte ja ein Nazi sein. Im Zweifelsfall muss man
ihm das dann um die Ohren hauen. Diese Sündenbock- und Anpranger-Kultur
ist ja durch das Internet, die Shitstorms, noch schlimmer geworden. Vieles von
den Dialogen und Interaktionen in meinem Film ist direkt davon beeinflusst,
wie Leute in Online-Diskussionen miteinander umgehen. Der Tonfall, diese bissige Kälte, einfach mal in Filmdialoge übersetzt. Ich wünsche mir schon einen
zivilisierteren Umgang der Menschen miteinander. Wenn der eine oder andere
sich da wiedererkennt, dann hätte das durchaus aufklärerisches Potenzial.
INTERVIEW: JESSICA DÜSTER
Lesen Sie die Langfassung unter: www.trailer-ruhr.de/gespraech-zum-film
Mein
Meeiinn Lesezeichen
Wortschatzbühne
Wenn es Abend wird... Publikum an der trailer-Wortschatzbühne, Fotos: Benjamin Knoll
Die Kleinkunst-Bühne bei Bochum Total
Der Schatz am Wörtersee
Die trailer-Wortschatzbühne bietet bei Bochum Total wieder Platz für das gesprochene und gesungene Wort
Der Sommer ist da und die Festivalsaison hat
längst begonnen. Doch man muss nicht in abgelegene, ehemalige Tagebaureviere in der Provinz
pilgern, um seine Portion Musik und Unterhaltung abzubekommen. Im Herzen des Ruhrgebiets
lockt Anfang Juli vier Tage lang eines der größten
Umsonst&Draußen-Festivals der Republik, und
das zum mittlerweile 30. Mal! Natürlich ist auf
Bochum Total auch die trailer-Wortschatzbühne
mit an Bord, wo wieder ein bunter Mix aus Comedy, Kleinkunst und Konzerten angeboten wird.
DONNERSTAG – FUSSBALLZOTEN UND ELEKTRO-DADA
Den Anfang macht am Starttag (Donnerstag,
2.7. 17.45 Uhr) ein stadtbekanntes Gesicht. Ben
Redelings, der Großmeister der zotigen FußballAnekdote eröffnet dieses Mal die trailer-Wortschatzbühne. Der Bestsellerautor von Fußballzitate-Sammlungen verlässt aber sein staubiges
Archiv, um schmunzelbringende Dönekes erster
Hand an die Festivalbesucher weiterzugeben.
Im starken Kontrast zu den humorigen Sprüchen
und Erzählungen kommt im Anschluss (19 Uhr)
mit The Man and the Mirror ein musikalisches
Duo, das ganz bewusst der Melancholie frönt
und das auch in seinem Motto „The dark side of
acoustic“ ausdrückt. Guido Jähnke und Tybalt Bischoff aus Bochum und Köln zelebrieren mit Gitarre, Geige, Tambe und Klavier den romantischen
Weltschmerz. Dass dabei auch gerne Songs von
Alt-Melancholiker Leonard Cohen interpretiert
werden, ist nur folgerichtig.
Deutlich weniger harmonisch wird dann der
Sound von Die Zelten! aus Essen (20.15 Uhr).
Läuft die Selbstbeschreibung mit Post-Punk/Elektro noch in einigermaßen etablierten Kategorien,
wird beim Zuhören schnell klar, dass der experimentelle Stil sich den meisten Konventionen
widersetzt. Die dadaistisch wirkenden Textfetzen erinnern beispielsweise an Kraftwerk oder
DAF, der subtile Humor ist äußerst frisch und
sorgt zusammen mit anarchischen Bässen für ein
energisches Musik-Menü.
FREITAG – ON THE ROAD AGAIN
Zum Einstieg ins „echte“ Wochenende (Freitag,
3.7. 17.45 Uhr) bietet die trailer-Wortschatzbühne Raum für eine Generalprobe der Theatergruppe Freie Radikale: Fünf Tage vor der
Uraufführung ihres neuen Stückes „Schaf. Biene.
Pferd“ gibt es gewissermaßen die Vorpremiere
auf Bochum Total. Die Gruppe um Günfer Gölgecen entwickelt ihre Stücke aus aktuellen, ge-
28
sellschaftlich relevanten Themen. In dem neuen
tragikomischen Stück versuchen drei Frauen mit
kreativen Überlebensstrategien den Zwängen der
kapitalistischen Gesellschaft zu entkommen.
Um 19 Uhr betritt mit Marco Jonas Jahn ein
gern gesehener Stammgast die trailer-Wortschatzbühne. Der erfahrene Poetry Slammer
bringt wieder neue Texte, Geschichten und Anekdoten mit, die er in seiner typischen, zwischen
Lakonie und Hibbeligkeit changierenden Art dem
Publikum vorträgt. Der sympathische Wahl-Gladbacher hadert manchmal mit den Absurditäten
des Lebens und verarbeitet diese ironisch-charmant in moderner Slam-Lyrik. Seine Erkenntnisse
teilt er gerne mit dem Rest der Welt.
Mit Ape & Feuerstein kommen anschließend
(20.15 Uhr) zwei alte Hasen an die Reihe und
bringen mit stimmigem Liedermacher-Sound
und trocken-humorigen Texten noch mehr Weisheit und gute Laune unter die Leute. Die beiden
Ruhrpott-Folk-Rocker Fred Ape und Guntmar Feuerstein singen über die Liebe, das Leben und legen
sich textlich immer wieder mit allerlei Weltverschlechterern an, seien es Banker oder Politiker.
Danach (22 Uhr) bleibt der Sound folkig, die
Rhythmen legen allerdings an Tempo zu und
verteilen sich auf mehr Instrumente. Die vierköp-
Ben Redelings
Empire of a Dancing Bear
Bermuda Talk / Bartkowski&Kiesewetter
fige Band Dieselknecht spielt deutschsprachigen
Highspeed-Bluegrass und bezeichnet diesen Stil
selbst als „Krautabilly“. Die Jungs aus dem Hinterland zwischen Osnabrück und Ibbenbüren
haben in Dortmund zusammengefunden und
dort ihre Leidenschaft für Country-affine Musik
entdeckt.
sorgt dabei der Cajon für den besonderen Sound.
ironisch-humorvoll, was seine Mitmenschen ihm
regelmäßig zumuten, versucht diese aber trotzdem zu mögen, manchmal mit Erfolg.
SAMSTAG – TALKSHOW UND LESEBÜHNE
Am Samstag, (4.7.) geht es schon um 16.15
Uhr los auf der trailer-Wortschatzbühne. Oliver
Bartkowski und Lars Kiesewetter übernehmen
das Ruder und haben Gäste im Gepäck. Den Bermuda Talk im Mandragora haben die beiden in
kürzester Zeit zur Institution im Bermuda3Eck
gemacht. In dieser Sonderausgabe des lokalen
Talkformats befragen die beiden Moderatoren
eine Halbzeit lang die VfL-Legenden Ata Lameck
und Lothar Woelk.
Nach dem heiteren Fußball-Talk wird die Szenerie mit Frank Bottke (Ofeua) (17.45 Uhr)
wieder schwermütiger. Der frühere Gitarrist der
Punkband Kontakt46 ist seit ein paar Jahren solo
unterwegs und pflegt als Singer-Songwriter eine
morbid-makabre Ästhetik. Neuerdings hat er sich
personell und musikalisch wieder Verstärkung ins
Boot geholt und klingt damit noch tiefgründiger.
Anschließend (19 Uhr) bringt Till Burgwächter Heavy Metal unter das Volk, denn das ist
die große Leidenschaft des langmähnigen Niedersachsen. Zur Lesung auf der trailer-Wortschatzbühne bringt der Autor diverse Highlights
aus seinen humoristisch gefärbten Büchern („Die
Wahrheit über Wacken“) mit.
Die Staffelübergabe an der Lesefront erfolgt
dann (20.15 Uhr) mit Bastian Bielendorfer,
Deutschlands bekanntestem Lehrerkind. Der gebürtige Gelsenkirchener hat mehrere Bestseller
(„Lehrerkind – Lebenslänglich Pausenhof“) über
sein steiniges Dasein als Lehrerkind veröffentlicht und arbeitet inzwischen an seinem ComedyProgramm. Man darf also mehr erwarten als eine
gewöhnliche Lesung.
Für einen angemessenen Ausklang sorgt dann (22
Uhr) Empire of a Dancing Bear. Die ein wenig
nach Indianername klingende Indie-Pop-Band
besteht aus vier Jungs aus Bochum und macht
mit ihren schnellen, tanzbaren Liedern noch mal
richtig Laune. Neben Gitarre, Bass und E-Piano
Bastian Bielendorfer
SONNTAG – MITSINGEN UND MITMACHEN
Nach drei intensiven Tagen auf Bochum Total
geht es am Sonntag (5.7.) normalerweise etwas
ruhiger zu. Das muss nicht unbedingt für POTTpourri (14 Uhr) gelten. Die spontan entstehenden kleinen Stücke resultieren aus Stichworten
des Publikums und der Kreativität der Schauspieler und sind bewusst darauf angelegt, die Zuschauer zum Lachen zu bringen.
Auch danach (15.50 Uhr) stehen Spaß und Gemeinsamkeit im Zentrum. en route, der offene
Chor des AKAFÖ, singt Songs, die Spaß machen,
sowohl den SängerInnern, als auch dem Publikum. Das Repertoire ist breit gefächert: Von Rock
über Musical bis Klassik ist alles dabei. Wer selber
gerne im Chor singen möchte, kann bei Bochum
Total schon einmal passiv testen.
Auch Matthias Reuter (17.45 Uhr) kann singen. Dem stets mit seinem Piano bewaffneten
Kabarettisten geht es allerdings weniger um
stimmliche Perfektion, sondern um die ideale Begleitung seiner vom alltäglichen Wahnsinn inspirierten Geschichten. Der bekennende Misanthrop
aus Oberhausen verarbeitet in seinem Programm
Dieselknecht
The Hunkey Dorys sorgen im Anschluss (19 Uhr)
mit ihrer Musik dafür, dass die gute Laune an der
trailer-Wortschatzbühne bleibt. Irlandfreunden
sei gesagt, dass da keine Kartoffelchips von der
grünen Insel auftreten, sondern das vielseitige
Bochumer Akustik-Trio aus Lea (Gesang, Gitarre),
Michael (Guitarre, Percussion) und Linda (Bass).
Auch der finale Bühnenplatz (20.15 Uhr) gehört
wieder einem bekannten Gesicht. Klaus Märkert,
schwarzhumoriger Autor aus Bochum, trat schon
in den vergangenen Jahren regelmäßig hier auf
und bringt sicher wieder seine Fans mit. Seine
Leseshow „Dark Tales II“ wird musikalisch begleitet von der Essener Coldwave-Band Atomic Neon
und verspricht atmosphärisches Geschauder.
BENJAMIN SEIM
Laufende News zur trailer-Wortschatzbühne: www.trailer-ruhr.de/news
Hunkey Dorys
Bochum Total
Wortschatzbühne
Das Programm
Donnerstag, 2.7.
Rantanplan
The Man & the Mirror
Jedem Topf ’nen Deckel
17.45-18.15 Uhr Ben Redelings
19.00-19.30 Uhr The Man and the Mirror
20.15-20.45 Uhr Die Zelten!
Bochum Total bietet auch im 30. Jahr Musik aller Couleur
Freitag, 3.7.
Ape & Feuerstein
17.45-18.15 Uhr Freie Radikale
19.00-19.30 Uhr Marco Jonas Jahn
20.15-20.45 Uhr Ape & Feuerstein
22.00-22-30 Uhr Dieselknecht
Samstag, 4.7.
Till Burgwächter
16.15-16.45 Uhr Bermuda Talk
17.45-18.15 Uhr Frank Bottke (Ofeua)
19.00-19.30 Uhr Till Burgwächter
20.15-20.45 Uhr Bastian Bielendorfer
22.00-22.30 Uhr Empire of a Dancing Bear
Sonntag, 5.7.
Matthias Reuter
14.00-14.30 Uhr POTTpourie
15.50-16.20 Uhr en route
17.45-18.15 Uhr Matthias Reuter
19.00-19.30 Uhr The Honkey Dorys
20.15-20.30 Uhr Klaus Märkert
Laufende News zur trailer-Wortschatzbühne: www.trailer-ruhr.de/news
Wenn Bochums Innenstadt zum 30. Mal zum Festivalgelände mutiert, ist musikalische Vielfalt wie immer garantiert. Das Warm-up am Donnerstag bestreiten die Senkrechtstarter von übermorgen. Das Campus Ruhrcomer lässt
die Gewinner-Bands der vier Vorentscheider um den Sieg musizieren. Das Riff
zeigt sich dieses Jahr für die Austragung des Nachwuchs-Events verantwortlich und löst damit die aktuell geschlossene Rotunde als zusätzlicher IndoorSpielort ab. Parallel bewerben sich Phrasenmäher (19.30 Uhr, 1Live-Bühne)
als Sportfreunde Stiller-Nachfolger und The Tips (17 Uhr, Sparkassenbühne)
aus dem nahen Düsseldorf frönen dem Reggae. Ins selbe Instrument blasen
wenig später die Ska-Legenden von The Toasters, die mit New Yorker 2-ToneSound der alten Schule zum erneuten Pogen und Skanken einladen (20.45 Uhr,
Sparkassen-Bühne). Die topfrisierten Scheitel von Boppin‘ B sind ähnlich lange
im Geschäft, feiern sie doch wie das Festival ihren 30. Geburtstag und vereinen
bierseligen Swing, Punk und Rock’n’Roll (20.45 Uhr, Ringbühne).
Fans der Hamburger Schule sollten sich am Freitag nicht vom Bandnamen
Trümmer abschrecken lassen. Keine brachialen Punk-Riffs werden geboten,
sondern angenehm unprätentiöser Pop mit der nötigen Priese Melancholie
(18.15 Uhr, 1Live-Bühne). Noch eine Ecke düsterer wird es mit The Beauty of
Gemina (19.30 Uhr, Ringbühne). Das Projekt des Liechtensteiners Michael Sele
zeigt sich für wavige Industrial-Sounds und Texte über Depression, dem (Un)
Sinn von Religion und dem eigenen Ableben verantwortlich. Natürliche Stimmungsaufheller sind jedoch in Reichweite: Susanne Blech sind Susanne Blech
sind Susanne Blech und elektropoppen sich garantiert wie im Vorjahr in die
Herzen und Beine der Feierwütigen (20.45, 1Live-Bühne). Wer es dann zu später Stunde noch einmal eine Spur kratzbürstiger mag, der sollte die anarchische
Kunstfigur namens Adam Angst im Riff besuchen (22.30 Uhr).
Samstag ist traditionell der Festival-Tag schlechthin bei Bochum Total, und so
wundert es nicht, dass die Konzertauswahl besonders schwerfällt. Ob ruhige
Töne von Katrins Gitarre (15 Uhr, Sparkassen-Bühne), erdiger Rock von Kensington (19.30 Uhr, Ringbühne) oder Comedy-Pop von Kapelle Petra (22.15
Uhr, Sparkassen-Bühne), klar ist eigentlich nur, dass sich jede(r) zumindest für
drei Minuten bei Graham Candy einzufinden hat, um „All Alone She Moves“
endlich nicht mehr allein vor dem Radio, sondern gemeinsam im Chor zu trällern (20.45 Uhr, 1Live-Bühne).
Perfektes Zielgruppenentertainment dann nochmal am Sonntag: Radio Havanna, die amerikanischen Red City Radio und Dauerbrenner Rantanplan (alle
Ringbühne) spielen allesamt räudigen Punkrock und stehen im Kontrast zu
schmusigen Airplay-Dauergästen Joris („Herz über Kopf“) und Tonbandgerät
(beide 1Live-Bühne). Bei Antinea Flamenco ist der Name Programm, sie wärmt
die Bühne für Songwriter Jaimi Faulkner auf, ehe Bochum-Legende Pamela
Falcon das Festival traditionell ausklingen lässt (alle Sparkassen-Bühne). Wem
die knapp 60 Bands und Künstler auf den Bühnen noch nicht genug sind, dem
sei ein Blick ins Offstage-Programm empfohlen. In Bars und Kneipen rund um
das Bermuda3eck erwartet die Ohren zusätzliche Beschallung an allen Tagen.
BENJAMIN KNOLL
Komplettes Programm auf www.bochum-total.de
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ComicKultur
Wortwahl
Spannung und Entspannung
Parkgeflüster
Der Spanier Paco Roca hat mit „Der Winter des Zeichners“ bereits die beschnittene Meinungsfreiheit im Spanien der Franco-Ära thematisiert. Nun
geht er weiter in der Geschichte zurück und erzählt von den Kämpfern im
Spanischen Bürgerkrieg, die nach der Niederlage im Jahr 1939 ins Exil gingen. Nicht wenige von Ihnen kämpften dort weiter gegen den Faschismus.
Roca erzählt in „Die Heimatlosen“ auf zwei Zeitebenen die fast vergessene
Geschichte von jenen, die über Frankreich in Nordafrika landeten, wo sie die
Deutschen besiegten, um danach wieder in Frankreich an der Seite der Résistance entscheidende Schlachten bis zur Befreiung von Paris zu schlagen.
Der Rahmen eines Interviews mit einem alten Veteran in der Gegenwart
wechselt sich ab mit dessen visuell umgesetzten Erinnerungen. Ersteres ist
in schwarzweiß, letzteres in erdigen Farben erzählt. „Die Heimatlosen“ ist
ein auf 300 Seiten angelegte Würdigung der spanischen Antifaschisten, die
Kämpften, wo sie nur konnten, und das, obwohl sie als „Rote“ und Anarchisten nirgendwo gerne gesehen waren. Eine tragische Geschichte, war
doch Spanien neben Portugal das einzige Land, in dem sich der Faschismus
über Jahrzehnte halten sollte. Paco Roca setzt den Heimatlosen ein akkurat
erzähltes und gezeichnetes Denkmal (Reprodukt).
Na, also: Geht doch! Man muss nur lang und laut genug nölen, dann schickt
uns dieses fanatisch verehrte Himmelsgeschöpf endlich auch ein paar Lichtstrahlen, um unsere Seelen zu erleuchten und die Parks auf Lesetemperatur
zu erwärmen. Also raus auf die Wiesen!
Erzählerische Experimente von Kleinverlagen
Bücher vom und fürs Draußensein
Bei Ryan Bartelmay sollte man es dabei mit dem frühen Vogel halten: ein
leichtfüßig erzählter Schmöker, nicht bahnbrechend, in seiner feinfühligen
Hingabe für die schlichtweg liebenswerten Gemüter seiner Protagonisten
aber ein wunderbarer Zeitvertreib – zumal deren Lebensweise „Voran, voran, immer weiter voran“ [Blessing] durchaus anregt, mal über das eigene
Leben zu sinnieren. Stand heute wirklich was wirklich Wichtiges im Kalender?!
„Was uns treibt“ [LuxBooks] ist denn auch die Frage, die sich in Amy
Hempels Short Stories stellt: unprätentiöse Miniaturen, bei denen man die
Ohren spitzt und augenblicklich in die lapidar hingeworfenen Lebenssituationen ihrer Figuren eintaucht. Hier winkt niemand mit dem Zaunpfahl.
Zuhören. Achtsam bleiben. Was heißt schon Scheideweg?!
GONZO-BRIEFE
1958–1976
ES WAR EIN BRUTALES LEBEN,
UND ICH HABE ES GELIEBT
EDITION
TIAMAT
Beim Münchener Comicfestival wurde der kleine JaJa-Verlag für sein besonderes Programm mit einem Förderpreis ausgezeichnet. Sieht man sich
die letzten, sehr unterschiedlichen Veröffentlichungen an, versteht man
schnell: Mit „The Ballad of the Barefoot Bandit“ erzählt Alexandra Rügler die Geschichte des jugendlichen Miesterdiebs Colton Harris-Moore.
Der Junge hatte zunächst nur Kleinkram entwendet, sich dann in Ferienwohnungen eingerichtet und schließlich Boote und gar Flugzeuge geklaut
und wurde vom Volk als Held gefeiert, weil er der Polizei immer wieder ein
Schnippchen schlug. In rohen, holzschnittartigen Bildern erzählt der Comic
die turbulente Geschichte als Volkslegende. „Nomaden“ von Jan Vismann
ist ungleich surrealer: Ein bärtiger Kauz, ein Roboter, ein Mädchen, ein Außerirdischer, die „Wächter“ und ein magischer Stein sind die Protagonisten
dieser eigentümlichen und zum Ende ganz schön schwindelig machenden
Geschichte. „Tobisch“ von Joachim Brandenberg erinnert wiederum an die
aufwendigen Mixed-Media-Arbeiten von Dave McKean und Neil Gaiman
aus den 90er Jahren. Die Adaption einer Kurzgeschichte von O. Henry erzählt von einem Einwanderer, der seine Frau verloren hat und diese nun dem
Wahnsinn nahe sucht. Die tragikomische Erzählung findet in der erstaunlichen visuellen Umsetzung eine so heitere wie faszinierende Ergänzung.
Auch Rotopol Press ist ein verdienstvoller Kleinverlag, der Experimente
wagt. Dort erscheinen neben narrativen Werken auch Leporellos, Postkarten, Skizzenhefte u.Ä. Zuletzt erschien hier der zweite Band der „AmbientComics“ von Nadine Redlich. Hier kann man in aller Ruhe beobachten, wie
sich die Zeit in eine Comicerzählung einschreibt. Redlich stellt in jeweils
sechs Bildern pro Seite Bartwuchs, den Bau eines Spinnennetzes oder einen
vorüber fahrenden Zug dar. Das Ergebnis ist nicht nur ebenso beruhigend
für die Seele wie die Namen gebende Ambient-Music, es ist auch um ein
vielfaches komischer. Kein Wunder, dass Nicolas Mahler das Vorwort für
den ersten Band geschrieben hat: Das ist reinster Minimalismus mit maximalem Effekt (Rotopol Press).
CHRISTIAN MEYER
trailer verlost 1 Exemplar „Nomaden“ von Jan Vismann auf trailer-ruhr.de
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Einen ganz anderen Stil pflegt da Hunter S. Thompson; speziell in den GonzoBriefen von 1958 bis 1976, die in der erstmals auch auf Deutsch vorliegenden
Zusammenstellung „Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten“ [Tiamat] als
einzige vom Autor autorisierte Biografie gelten. Grandios, was dieser Mann
(ver)fluchen konnte – und Gründe dafür hat er in seinem Leben nun wahrlich
genug gesehen. Dass in seiner wüsten Rohheit allerdings auch eine gehörige
Portion Empathie steckt, versteht sich von selbst: f***ing Ambivalenz!
Dieser im Rahmen der Kultur als Ersatznatur vom Menschen mächtig gepushte,
längst als allgemeingültig verinnerlichte Seins-(oder-Nicht-Seins-)Zustand
treibt in Thomas Wendrichs „Rose für Putin“ [Berlin] besonders herrlich verwegene Blüten: Da ringt ein Drehbuchautor mit seinem Regisseur in einem
Uckermarkschen Landhaus um die Sinnhaftigkeit von Verbrechen, während in
Weißrussland eine junge Frau ums nackte Leben ringt. Amüsant, spannend,
geistreich, intelligent – allerdings muss ich Gänseblümchen kauend erkennen,
dass mein langsam ermüdender Hirnmuskel auch nur ein Werkzeug ist. Ich
denke, also bin ich nicht!
Mir jedenfalls fehlt jede Lust, als Untoter in Harry Crews Altenhalde „Florida,
Forever“ [MetroLit] durch einen wenn auch sonnenbeknallten Lebensabend zu
taumeln. Da kann selbst die geballte Sinnlichkeit von Too Much nichts ändern,
die als aufrührerische Sumpfgöttin versucht, dem seelischen Tod ein Schnippchen zu schlagen. Abgeklärter, zotiger, garstiger Country-Noir, der nicht nur in
die Bücherregale von Nick Cave oder Sonic Youth gehört. Dräuende Gewitterwolken machen Hunger. Und wer muss schon immer grillen?!
Gut, auch die Gerichte von Valéry Drouet für das kohlebeheizte Rost sind ein
Gedicht. Aber wer „löscht“ seinen marinierten Pollack mit Chili und Chorizo
schon gern mit Regenwasser. Sollen die klappgrillbewehrten Massen doch ihr
Woodstock feiern. Bei der „Wetterlage“ ziehe ich Kalmar mit Kapern aus dem
Ofen oder kräftig angebratene Kalbsnieren in Rotwein mit Kerbel vor [„Fisch &
Co!“/„Fleisch“; ullmann]. Wofür hab ich denn meinen überdachten Balkon. Da
kann mich die Sonne doch mal …
LARS ALBAT
trailer verlost je 1 Exemplar von „Florida Forever“, „Gonzo-Briefe“
und „Voran, voran, immer weiter voran“ auf trailer-ruhr.de
Klassik an der Ruhr
Improvisierte Musik in NRW
Der Unichor Essen an der Philharmonie, Foto: Presse
Die Stars von morgen, das JJO-NRW, Foto: Presse
Das Leben ein Film
Ewige Jugend
Von Olaf Weiden
Nie war uns Griechenland näher als in diesen Tagen. Eine letzte Veranstaltung vor der Sommerpause in der Philharmonie Essen erinnert uns daran, dass
jetzt möglicherweise die heißen Tage kommen, Urlaubszeit, die Kulturtempel
schließen, nur die Akropolis nicht. Sie
„Kampf zwischen dem Ideathront im milden Südwind über der klimatisch begünstigten Wiege der Demo- lischen und dem Wirklichen“
kratie, die allerdings seit Jahrzehnten mit
drückendem Smog zu kämpfen hat, genannt „to nefos=die Wolke“. Vielleicht
regelt die Mutter Natur in ihrer unnachahmlichen Art in naher Zukunft auch
diese steigende Belastung. Wachstum ist kein Allheilmittel, besonders nicht bei
städtischer Luftverschmutzung.
In dieser Metropole wirkte der griechische, in Paris studierte Komponist Mikis
Theodorakis, der im Juli nun sein 90. Lebensjahr vollenden kann. Das Folkwang
Kammerorchester Essen und der Universitäts-Chor ehren den u.a. berühmten
Filmkomponisten auch mit einem Werk, das den europäischen Gedanken bereits in den 60iger Jahren vorweggenommen hat: Griechische Folklore mit ihren prägnanten Instrumenten trifft hier auf westliche Symphonik.
„Ich gehöre einer Generation an, die sich einem extremen Idealismus verschrieben hatte. Mein ganzes Leben war ein endloser Kampf zwischen dem
Idealischen und dem Wirklichen, dem Alltäglichen und der Vision.“ Dieser Satz
aus der Feder von Theodorakis birgt die unglaublichen Abenteuer, Siege und
markanten Niederlagen des politisch unbeugbaren jungen Griechen, 1925 auf
der Insel Chios geboren, während des Krieges gefoltert und mehrfach lebendig
begraben, Widerstandskämpfer aus dem Exil, Politiker und Friedensprediger
über Jahrzehnte, eine Symbolfigur mit starkem Arm.
Daneben schuf er zunächst klassisch orientierte Musiken, wechselte zu folklorischer Metasymphonik und etablierte sich spätestens nach seiner Musik zum
Film „Alexis Sorbas“ ab 1964 für rund zwei Jahrzehnte auf künstlerischer Ebene
als Filmkomponist, mit und ohne Sirtaki. Diese Musik wird in der Form einer
Ballettsuite auch im Essener Konzert erklingen. Wer jetzt aber denkt, das sei
Mikis erfolgreichste Komposition gewesen, der irrt. Wirkungsvoll waren auch
die Vertonungen „Canto general“ nach Versen von Pablo Neruda, die weltweit
strahlte, und das jetzt aufliegende, als Volksoratorium bezeichnete „Axion esti“,
eine „Bibel des griechischen Volkes“, so der Komponist. Bouzouki, Mandolinen,
Gitarren und die Santuri, ein Hackbrett, treffen auf ein Sinfonieorchester, einen
Chor und einen Baritonsolisten.
Einen Maestro wie Theodorakis, einen Musiker mit mehr als
tausend Werken aus allen Gattungen bis zur großen Oper,
und gleichzeitig einen politischen Volkshelden Theodorakis,
der die Freiheit selbst über sein eigenes Schicksal stellte,
einen solchen Künstler gibt es auf der ganzen Welt kein
zweites Mal. „Axion esti“ heißt: „Es ist würdig.“ Der DichOlaf Weiden
ter und Literaturnobelpreisträger Odysseas Elytis meint das
Musiker und
Musikkritiker
griechische Volk – und eigentlich die ganze Menschheit.
Von Olaf Weiden
Denkt der jazzaffine Bürger an die Zukunft des Jazz und seine jungen Künstler, so tritt in Deutschland zunächst das BuJazzO vor das innere Ohr, ein prominentes Ensemble, das besonders durch seinen langjährigen Künstlerischen
Leiter Peter Herbolzheimer große Beachtung fand. Viel näher und zusätzlich
älter ist eine ähnliche Institution, die heuer vor
„Der Battle als
genau vier Jahrzehnten auf Landesebene gegründet wurde: Das JugendJazzOrchester NRW feiert Höhepunkt jazziger
Spektakel“
40. Geburtstag.
In Essen feiert der Uni-Chor Mikis Theodorakis
Gerhard Pauli, Bariton | Chor der Universität Essen, Folkwang Kammerorchester Essen | Hermann Kruse, Leitung | So 5.7. 17 Uhr | Philharmonie
Essen | www.philharmonie-essen.de
40 Jahre und kein bisschen älter ist das JJO-NRW
In Dortmund, Essen, Köln, Hamm und zuletzt in Münster hat diese junge Big
Band bereits live gezeigt, wie die zukünftige Jazzelite ein zeitgemäß sehr
buntes Spektrum bedienen kann. Ende Juli treffen sie bei der Koblenzer Jazznacht auf das BuJazzO zum freundschaftlichen Kräftemessen. Der Battle, eine
Schlacht zwischen Bands oder Solisten, war im Großen wie im Kleinen stets
ein Höhepunkt jazziger Spektakel. Bei der Existenz eines solchen Orchesters
drehen sich die ersten Schlachten stets um Startfinanzierung und Unterhalt.
Um den Jazz bereits bei jungen Talenten zu fördern, richtete das Land mit
Unterstützung durch den damaligen Ministerpräsidenten Johannes Rau
dieses bis dahin einmalige und einzigartige Ensemble ein. Als Botschafter
einer vorbildlichen Kultur- und Jugendarbeit avancierte die Big Band rasch
zum internationalen Reiseorchester, bis heute fuhren die mittlerweile rund
500 durchgereichten und dadurch gereiften Jungjazzer nach Weißrussland,
in die ehemalige Sowjetunion, in die Türkei, nach Indien, China und Korea,
nach Afrika, Nord-, Mittel- und Südamerika, in die Karibik, nach Australien
und Neuseeland. Die 38 Reisen prägten die vergangenen vier Dekaden sehr
nachhaltig, die internationale Präsenz und die damit verbundenen Abenteuer
erhöhen die Attraktivität einer solchen Band und steigern bei den Musikern
erheblich den Wunsch, in einem solchen Kader mitzuwirken. 2015 standen
mehrere Konzerte in den Metropolen Englands auf dem Programm, natürlich
auch in London.
Immer wieder greift das Orchester für ihre Projekte und Konzerte auf Gäste aus dem Club der ehemaligen Mitstreiter zurück, die – auch dank dieses tollen Sprungbretts – sich im Markt als Jazzmusiker etablieren konnten
und teilweise Stars ihrer Generation wurden: Wahnsinns-Trompeter Markus
Stockhausen, WDR-Saxophonheroe Paul Heller oder der Gitarrist Bruno Müller (ehemals Mezzoforte) kehren immer wieder gern zurück.
Statt einer zentralen künstlerischen Leitstelle steht dieser Band ein Leitungsteam vor, das völlig heterogen angelegt ist und deshalb eine unwahrscheinlich große stilistische Bandbreite abgreift. Die 12. CD mit dem Titel „triangle“
ist ganz frisch erschienen, Informationen über die Leistungsfähigkeit des Orchesters von 1975 bis heute erteilt am besten der ebenfalls aktuell gemischte
Sampler „Best of 40 Jahre JJONRW“ – ein Orchester im Wandel der Generationen, immer aktuell, ewig jung.
CDs erhältlich bei www.jjonrw.de / [email protected]
32
kunst & gut
Sui Jinaguo, Earthly Force, 1992-94, Stein, Stahl, geschweißt, 15-teilig, © Künstler, courtesy Pace Beijing, China 8, Lehmbruck Museum Duisburg
Malerei und Skulptur
„CHINA 8“ in zwei Museen in Duisburg
Das Ausstellungsprojekt „CHINA 8“ geht über die gängigen Kooperationen der
Museen der Region hinaus. Insgesamt rund 120 chinesische Künstler thematisieren in ihren Werken in neun Institutionen die eigene Identität, den kulturellen und gesellschaftlichen Zustand, sprechen aber auch globale Fragestellungen an. Regimekritische Töne sind selten, oder wir verstehen sie nicht.
Unterschwellig zieht sich ein Unbehagen durch die Beiträge der Maler, Objektkünstler, Bildhauer, Zeichner, Video-, Foto- und Performancekünstler. Überwiegend handelt es sich um Künstler, die in den 60er und 70er Jahren geboren
sind und sich in China, teils auch international etabliert haben. Die Kunstwerke
sind uns in ihrem Bilderreichtum und ihrer technischen Fertigkeit nahe und
stammen doch deutlich nicht aus unserem Kulturkreis.
Dies lässt sich direkt an den „klassischen“ Medien feststellen. Skulptur und Malerei sind in Duisburg zu sehen, das als einzige Stadt mit zwei Museen beteiligt
ist: mit dem Museum Küppersmühle und dem Lehmbruck Museum. Hier gibt
es übrigens auch auf das Museum der Stiftung DKM, das in seiner Sammlung
Kunst aus China besitzt (und vor ein paar Jahren Ai Weiwei ausgestellt hat).
Entsprechend der Programmatik zeigt das Lehmbruck Museum Skulpturen und
das Museum Küppersmühle Malereien.
Nur einmal in der Küppersmühle dachten wir ganz kurz an eine Parallele zur
westlichen Kunst: Dort, wo die Malerei von Zeng Fanzhi hängt, war mal das
Werk von Anselm Kiefer ausgebreitet. Zeng Fanzhis monumentales Querformat
zeigt ein undurchdringliches karges Dickicht aus energischen Schneisen. In der
Ferne zeichnet sich ein dunkler Himmel ab. Auf dem Boden des Mittelgrundes
befindet sich eine langgestreckte Partie aus weißem Licht, das nicht zuzuordnen ist und gleichermaßen geschützt und entzogen wirkt. Die Malerei wird
hier zur expressiven Geste. Fanzhis Bilder sind brodelnde Unruhe, sie rücken
ihre Motive hinter Versperrungen und laden das Geschehen mit tiefgründiger
33
Bedeutung auf. Einen Gegenpol in dieser Ausstellung bilden die gegenstandsfreien Malereien von Wang Guangle. Sie vergegenwärtigen den Farbauftrag als
fast rituelles Exerzitium im Vergehen der Zeit. Wang Guangle zieht schwarze
oder farbige horizontale Linien so oft, dass das Bild zum räumlichen Körper
wird.
Auch im Lehmbruck Museum treffen wie auf diese Erfahrung der Schichtung
und immer feineren Nuancierung im abstrakten Bereich. So hat Fang Lijun
mit winzigen Kuben aus Porzellan in milchigem Weiß und delikater Farbigkeit
atemberaubend schöne Skulpturen gebaut. Sie scheinen zusammenzubrechen
und halten sich doch in der Balance, in gewisser Analogie zu Tempelanlagen,
die im übertragenen Sinn den Wandel der Gesellschaft aushalten müssen. Direkt daneben stehen – ein kalkuliert krasser Gegensatz – Xang Jings lebensgroße realistische Fiberglas-Figuren. Unterstrichen durch die naturalistische
Farbsetzung sind zeitgenössische Menschen zu sehen. Es sind die Haltungen,
die irritieren, die Selbstbezogenheit auf den Körper oder einzelne Handlungen,
welche die Figuren zu uns auf Distanz rücken. So „körperlich“ und direkt sie
sind, so abwesend sind diese Figuren doch. Ähnliches kennzeichnet Sui Jianguos Feld aus Steinen, die in einem Korsett von Stahlbändern gefangen sind.
Aus der Ferne wirken sie wie Korallen, tatsächlich treffen hier eine archaische
Naturgewalt und der Fortschritt aufeinander. Das eine bändigt das andere, das
sich trotzdem behauptet. Eingeschrieben ist diese Ambivalenz schließlich auch
den mächtigen Selbstporträts in den Eisenfiguren von Yue Minjun, die sich
sogar vor beiden Museen finden: Ihre Grimasse ist Glückseligkeit, befreiendes
Lachen und größte Verzweiflung.
THOMAS HIRSCH
„Das Vokabular der sichtbaren Welt“, MKM Museum Küppersmühle & „Neue
Figuration“, Lehmbruck Museum | bis 13.9. | Duisburg | www.china8.de
Kunst in NRW
Kunstwandel
Sanja Iveković: Instructions No. 2, 2015, Foto: Nordsternturm GmbH
Nicolas Poussin, Acis und Galatea, 1627/28, (Ausschnitt) © National Gallery of Ireland, Dublin
Die sieben Ebenen des Videos
Stil und Ausdruck
Manchmal geht Kunst verschlungene Wege. Manchmal duckt sie sich hinter
mächtigen Maschinen, und dennoch, wer den Gelsenkirchener Nordsternpark besucht, wird von ihr umgarnt, eingewickelt und in die Höhe gefördert, wenn es sein muss bis an den Herkules von Gelsenkirchen. Aber das
muss nicht sein. Viel interessanter als dieser tonnenschwere Kunstmüll von
Markus Lüpertz ist das Videokunstzentrum im Innern des Nordsternturms,
der zwar selbst Industriekultur ist, aber neben technischem Ambiente auch
technisches Equipment beherbergt für Filme.
Von Thomas Hirsch
Die Gemälde und Skulpturen aus dem Nachlass des Sammlers Gustav Rau,
die als Leihgaben von UNICEF im Arp Museum Bahnhof Rolandseck untergebracht sind, werden hier im etwa halbjährigen Turnus sukzessive vorgestellt. Diesmal sind sie mit Leihgaben
aus der National Gallery in Dublin kom- „Auf der Höhe der malerischen
Vormachtstellung“
biniert. Thema ist die französische Malerei vom frühen 17. bis zum beginnenden
20. Jahrhundert, als die Malerei aus Frankreich führend in der Kunst war.
Die Ausstellung beginnt furios. Sie zeigt gleich drei Gemälde von Jean-Siméon Chardin (1699-1779), die, innerhalb weniger Jahre entstanden, seine
stilistische Wandlungsfähigkeit demonstrieren. Chardins Stillleben korrespondiert zudem mit Stillleben weiterer Künstler, wodurch eine Ausdifferenzierung dieses Genres im 18. Jahrhundert stattfindet.
„Feminismen“ im Gelsenkirchener Nordsternturm
„Feminismen“ heißt die aktuelle Schau in Kooperation mit dem Neuen Berliner Kunstverein (NBK), soll heißen: Künstlerinnen zeigen feministische Video-Kunst von den frühen 70ern bis heute. Klar, es sind auch Arbeiten zum
Alterungsprozess oder zu möglichen Schönheitsidealen dabei. Natürlich
auch zu männlichem Voyeurismus und was dagegen zu tun ist: Beispielsweise „What the Fuck Are You Staring at?!“ von der Rumänin Anetta Mona
Chişa oder die einfache Behauptung einer eigenen künstlerischen Identität durch Maria Lassnig (1919-2014). Aber auch Meilensteine der Kunsthistorie. Wie Valie Exports „Hyperbulie“-s/w-Video von 1973, wo sich die
Künstlerin nackt durch einen mit Elektrizität aufgeladenen Korridor zwängt.
Wiederholt bricht sie dabei unter den Stromschlägen zusammen. Die Österreicherin ist bis heute eine der subversivsten Künstlerinnen, die sich selbst
aus dem Dunstkreis des Wiener Aktionismus (Otto Mühl, Hermann Nitsch)
befreit hat und ihr eigenes Experimentierfeld geschaffen hat. Das postuliert
auch Monika Funke Stern in ihrer s/w-Schönheits-OP-Orgie „Frankensteins
Scheidung“ von 1984 oder Pipilotti Rist in „Pickel Porno“ von 1992, etwas
verschämt erst ganz hinten hinter der letzten Maschine aus der Steinkohlegewinnung installiert. Sanja Ivekovićs „Instructions No 2“ (2015) ist sogar
eine Uraufführung, die Kroatin hat ein Remake ihrer eigenen Arbeit von vor
rund 40 Jahren gefilmt, bei dem sie sich schwarze Pfeile auf das Gesicht gemalt hat, heute stellt sie dem Alterungsprozess die neue Aufnahme-Technik
entgegen.
Aber genau die ist es, die viel zur Befreiung und Autonomie der Kunst von
Frauen beigetragen hat, obwohl sich das immer noch in der männlich dominierten Kunstwelt niedergeschlagen hat. Und das Medium ist zudem nicht
einfach zu vermitteln, schon gar nicht in einer Region, die sich eher zur
Eventlogik denn zur Theorieversessenheit hingezogen fühlt. Aber diese Arbeit im Nordsternturm ist wichtig und deshalb gibt es seit 2012 auch einen
Fahrstuhl, der die Besucher in die Eingangsebene 11 befördert, von wo aus
man an der Fördermaschine entlang nach unten wandert. Wer wirklich alles sehen will, muss viel Zeit mitbringen – für das fiktivdokumentarische
„Bildnis einer Trinkerin“ (1979) von Ulrike Ottinger gleich fast zwei Stunden.
Insgesamt 16 Stunden Film zeigt die großartige Ausstellung, die erst wieder
endet, wenn es der Technik zu kalt wird im Turm der ehemaligen Zeche, aber
das ist ja noch ein paar Wochen hin.
PETER ORTMANN
„Feminismen“ | bis 20.12. | Nordsternturm, Gelsenkirchen | 0209 35 97 92 40
Französische Malerei in Rolandseck
Es geht in Rolandseck weiter mit Arkadischen Landschaften von Claude
Lorrain und Millet, deren Figurentypus wenig später in Poussins „Heiliger
Familie“ (1649) wiederkehrt. Chronologisch daran anschließend, korrespondieren Fragonard und Boucher mit ihrem duftenden Rokoko. Als weiterer
Vertreter der „Galanten Feste“ wird Jean-Baptiste Pater vorgestellt – wir
sind im zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts, Frankreich ist auf der Höhe
seiner malerischen Vormachtstellung. Und schwächelt doch in manchen
Genres: Deutlich wird, dass Seestücke nie die Domäne der Franzosen waren – vielleicht liegt es daran, dass die Seefahrt in Frankreich nicht so eine
zentrale Rolle spielte wie bei den Niederländern?
Später tragen Rousseau und dann die Französische Revolution zur empathischen Schärfung und inszenierten Härte in der Malerei bei, die sogleich
zu stilistischen Veränderungen führt. Dazu findet sich ein Historienbild von
Jacques-Louis David, das als Mischung aus Seestück, Pastorale, antikisierender Szenerie und zeitgenössischer Referenz zwar schwülstig ist, aber
grandios Licht und Schatten zelebriert. Danach – und das verdeutlicht die
Ausstellung eindrucksvoll – erfolgt die Wendung zum nüchternen Realismus: weg von der Heroisierung und der Ästhetisierung des Lebens hin zur
harten Arbeit und zur Neubewertung der Natur. Courbet, Corot und erneut Millet repräsentieren diese neue Sicht. Von hier aus ist der Schritt
zur Freiluftmalerei mit dem Impressionismus geradezu logisch. Das Gravitationszentrum dieses Kapitels der französischen Kunst
sind in der Ausstellung aber zwei Bilder von Renoir.
Beide zeigen eine junge Frau mit einer roten Rose im
dunklen Haar, gemalt 1873 (Museum Dublin) und 1876
(Sammlung Rau) – und es ist erstaunlich, wie sich die
Malerei von der fließenden Licht-Schatten-Bewegung
im Weiß des Kleides zum geradezu veristischen Porträt
Thomas Hirsch
als Ausdruck der Charakterbildung wandelt. Spannend
Kunsthistoriker,
Kurator und Journalist und lehrreich!
„Revolution der Bilder – Von Poussin bis Monet“ | bis 6.9. | Arp Museum
Bahnhof Rolandseck | 0228 942 50
34
RuhrKunst
Bewegte Körper
Abb. 1
Volker Stelzmann in Hagen
Der diesjährige Träger des (wiederbelebten) Karl
Ernst Osthaus-Preises ist Volker Stelzmann. Dazu
– und idealerweise vorab zum 75. Geburtstag –
zeigt das Osthaus Museum einen Überblick über
sein malerisches und grafisches Schaffen seit den
70er-Jahren. Volker Stelzmann gehört zu den
Künstlern, die in der Kunstszene hoch angesehen sind, deren Schaffen aber lediglich am Rande
wahrgenommen wird. Man weiß, was er macht,
kennt das Unverwechselbare seines Stils, und
doch fehlte bislang der große Überblick.
1986 ist Stelzmann, der als Professor für Malerei in Leipzig unterrichtet hatte, nach einer Ausstellungsreise in Westdeutschland geblieben. Da
er in der DDR weder Repressionen erhalten hatte noch selbst als Widerständler hervorgetreten
war, hatten einige Künstler der Bundesrepublik
ihn kurzzeitig kritisiert. Dass sich Stelzmann nicht
instrumentalisieren ließ, hat er aber mit seinen
Ausstellungen in ganz Deutschland belegt. Zugleich wurde er als Professor an die Kunstakademie in Westberlin berufen. Stelzmanns Sache ist
die Sprache der Kunst, vorgetragen in altmeisterlicher Malerei. Er malt Menschen, lebensgroß in
fleischlicher Direktheit. In der Tradition von Léger
und Max Beckmann drängt er Leiber auf engem,
oft dunklem Raum zusammen. Immer wieder malt
er Zirkus- und Varieté-Artisten. Die Figuren stehen, lehnen, kippen in verschiedenen Haltungen
neben- und hintereinander, als Einzelne in der
Masse. Dabei hat Stelzmann den Menschen als
solchen im Blick, etwa, in neuen Bildern, den Obdachlosen, der kaum aus seinem Zelt hervorlugt.
Stelzmannn schaut genau hin, und er verschlüsselt seine Themen, schafft mithin Analogien und
Gleichnisse. Dazu greift er auf neutestamentarische Szenen zurück, mit der Passionsgeschichte
im Zentrum. Ein besonders spannendes Kapitel
sind die Zeichnungen der Selbstporträts, die in
Hagen den Zeitraum 1977-2014 umfassen. Gerade weil sich Stelzmann über Jahrzehnte treu
bleibt, ist sein Werk ein eindrucksvolles Erlebnis.
Hier, im Osthaus Museum in Hagen, kommt es besonders zur Geltung.
THOMAS HIRSCH
Am Rand der Welt
Abb. 2
Catalina Pabón in Bochum
Bild neben Bild. Ganz in Weiß, ganz in Schwarz,
kaum Farbe. Nüchtern, ohne Menschen, genau und
hart gemalt, besser: gezeichnet, Strich für Strich
als Pastell, Filzstift oder Aquarell auf Leinwand.
Hier nun getaktet als Kontinuum in der riesigen
Ausstellungshalle des Kunstmuseum Bochum. Die
Bilder von Catalina Pabón sind eine Herausforderung an das Sehen. Reicht eine Stunde, um mit
ihnen ins Reine zu kommen? In ihrer Kargheit und
Ereignislosigkeit wirken die Wüstenlandschaften
wie nach 1000 Jahren brütender Hitze. In der hyperrealistischen Notation der Felsgrate und der
Gräser und in der Einbindung in eine Landschaft,
die sich in alle Richtungen – mitunter verschneit
– fortsetzt, könnten sie einerseits konkrete Orte
am Rande unseres Planeten sein. Im Entleerten
aber, vorgetragen zwischen gleißendem Licht und
dunkelstem Schatten, wirken sie von einem anderen Stern. Um diese Bilder zu erkennen, muss
man die Augen an ihr Schwarz und an ihr Weiß
gewöhnen und erkennt dann, wie viele verwandte
Töne vorliegen. Und dann wieder scheinen ganze
Gesteinspartien aus- oder weggeschnitten. Dazu
wechselt die Betrachterperspektive schon innerhalb eines Bildes.
Geboren 1979 in Bogotá, hat Catalina Pabón zunächst in der Hauptstadt Kolumbiens studiert, ehe
sie 2002 an die Kunstakademie in Braunschweig
gewechselt ist. Heute lebt sie in Berlin. In den
letzten Jahren ist sie mit ihrer brillant intensiven
Malerei vor allem auf thematischen Ausstellungen
in Deutschland bekannt geworden, nun geht es mit
Einzelausstellungen in Museen weiter. Etwas von
der koumbianischen Heimat aber scheint in ihrer
Malerei konserviert und mit Naturbeobachtungen
auf Reisen collagiert. Auch wenn – oder indem –
keine Menschen zu sehen sind (es gibt von ihr auch
Bilder zerwühlter Betten in dunklen Räumen), so
geht es doch immer um unsere Existenz und die
Frage, was wir auf der Welt verloren haben und
wie wir uns auf sie einlassen. Formal läuft es auf
die Überlegung hinaus, was die Malerei kann,
wenn es doch um Sujets der Fotografie geht. Catalina Pabón gibt Antworten, die überzeugen.
THOMAS HIRSCH
Aufbruch ins Nichts
Abb. 3
Chinas Videoartisten in Marl
Nichts ist so wie es sollte auf dem Video „Before
the Rain“ (2010) von Yang Yongliang. Eine animierte chinesische Landschaft mit Riesenrad und
Wasserfällen, wo keine sein sollten. Es ist schon
ein Phänomen. China-Art im Ruhrgebiet und zynischer Realismus wohin man sieht. Nicht nur an
chinesischen Grinseskulpturen kann man das festmachen, auch im Skulpturenmuseum Glaskasten
Marl stimmt das unbestimmte Genre, dort wo
„Die angehaltene Zeit“ zu sehen ist, wo Arrivierte
documenta-Teilnehmer wie Yang Fudong (ich sag
nur „First Spring“ für Prada, 2010) neben Pionieren wie Wang Gongxin („Still Life 1-7“, Video auf
Hochkant-TV, 2012) oder Zhang Peili zu sehen
sind. Seit 1988 galt der mit „30x30“ als Urvater
der chinesischen Kunst-Videos. Doch wer schaut
sich auch sein „480 Minutes“-Opus von 2008 über
einen Näherei-Betrieb an? In Marl dominieren die
dokumentarischen Arbeiten einen wenig; sind sie
zu Beginn noch in die westliche Skulpturenwelt
integriert wie Hung Keungs Videoserie „Dao Gives
Birth to One“ oder das nicht eingeschaltete „922
Rice Corns“ (2000) von Yang Zhenzhong (vielleicht
waren die Hühner auch gerade satt), wird es eine
Etage tiefer labyrinthisch spannend. Wer findet alle
Videos hinter den Vorhängen? Insgesamt vierzehn
künstlerische Positionen verbergen sich hier. Da
wird der Besucher mal mit dem Beil bedroht (Chen
Xiaoyun, Zwei Videos, Why Life, 2010) oder von
Fang Lu bei „No World“ (2014) in eine brachiale
Geschlechter-Auseinandersetzung mit brennenden
Einkaufswagen und einem Hund gezogen.
Die neuen Lebensbedingungen in China ändern sich
schnell, die wirtschaftlichen Möglichkeiten auch,
doch irgendwie scheint das Land gequält zwischen
eigener Geschichte und der Unentrinnbarkeit bereits gesetzter politischer und moralischer Werte.
Was hat noch Bedeutung? Siehe Yang Zhenzhong
und sein aufreizendes Video „Exam“ (2012). Da
wird klar, warum es eine direkte politische Opposition in China schwer hat, und doch – irgendwie
lässt sich auch dort die gesellschaftliche Dekadenz
nicht mehr aufhalten, wenn auch die Zeit angehalten scheint.
PETER ORTMANN
„Volker Stelzmann – Panoptikum“ | bis 30.8.
Osthaus Museum Hagen | 02331 207 31 38
„Catalina Pabón – Erstarrte Wirklichkeiten“
bis 8.8. | Kunstmuseum Bochum | 0234 910 42 30
„Die angehaltene Zeit“ | bis 13.9. | Glaskasten Marl
02365 99 22 57
Abb. 1: Volker Stelzmann, Carnevale II, 2013 (Ausschnitt), © VG
Bild Kunst, Bonn / V. Stelzmann
Abb. 2: Catalina Pabón, interferencia I, 2014, Öl auf Leinwand,
160 x 210 cm, © C. Pabón
Abb. 3: Yang Zhenzhong, „Exam“, 2012, Courtesy of the Artist
/ ShangART Gallery
35
Kunst-Kalender
KÖLN - Museum Ludwig
www.museum-ludwig.de
Bernard Schultze bis 22.11.
Werkübersicht aus dem Museumsbestand
zum 100. Geburtstag des wichtigen
informellen Künstlers mit surrealen
Anklängen in seiner Malerei und Plastik
KÖLN – Wallraf Richartz Museum
www.wallraf.museum
Entlang der Seine bis 27.9.
Die französischen Impressionisten des
späten 19. Jahrhunderts mit ihren
Bildern von lichtdurchfluteten Seen und
Flusslandschaften aus der Sammlung
Corboud
LEVERKUSEN - Museum Morsbroich
www.museum-morsbroich.de
Gert & Uwe Tobias bis 23.8.
Überblick über das aktuelle Werk der aus
Siebenbürgen stammenden Zwillinge
(*1973), die für ihre großformatigen
figurativen Farbholzschnitte bekannt sind
MÜNSTER - LWL-Museum
www.lwl.org
Otto Piene. Licht bis 20.9.
Mit Inszenierungen, Installationen,
Wänden und Räumen wird die
zentrale Rolle des Lichtes im Werk des
bedeutenden ZERO-Pioniers (19282014) untersucht
NEUSS - Clemens Sels Museum
Andreas Gursky, Ruhr-Universität, 1988, C-Print, 75 x 105 cm, © VG Bild-Kunst, courtesy Sprüth Magers, Ausstellung On Display, Bochum www.clemens-sels-museum-neuss.de
re:set bis 2.8.
Zur Wiedereröffnung des Museums eine
Ausstellung mit Malereien, die in ihrer
Abstraktheit und mit ihren Oberflächen
das Digitale unserer Zeit reflektieren
Museumslandschaft NRW
AACHEN – Ludwig Forum
BOTTROP – J. Albers Museum
DUISBURG – Museum Küppersmühle
www.ludwigforum.de
www.quadrat-bottrop.de
www.china8.de
NEUSS - Langen Foundation
Le Souffleur bis 31.1.
Ein differenzierender Dialog zur Kunst
von Schürmann und Ludwig seit 1960
zwischen Pop Art und Institutionskritik
Sol LeWitt bis 30.8.
Vorgestellt wird das „Wall Drawing
1176. For Josef Albers“, das der
amerikanische Minimal- und
Konzeptkünstler als Referenz an Albers
für diese Räume entwickelt hat
China 8: Malerei bis 13.9.
Das Initial-Museum für das
Ausstellungs-projekt CHINA 8, das in
acht NRW-Museen passend zu deren
Konzept und Räumen zeitgenössische
chinesische Kunst zeigt
Olafur Eliasson bis 18.10.
Überblick über das Werk des dänischisländischen Künstlers, der mit den
Ressourcen der Natur arbeitet, anhand
des Bestandes in der Sammlung Boros
DORTMUND - Dortmunder U
AHLEN – Kunstmuseum Ahlen
www.kunstmuseum-ahlen.de
Heinrich Campendonk bis 26.7.
Werkschau des Künstlers, der mit der
Gruppe „Blauer Reiter“ ausstellte und mit
seiner Hinterglasmalerei berühmt war
BEDBURG HAU – Museum Moyland
www.moyland.de
Lori Nix bis 9.8.
Fotografin Lori Nix zeigt eine Welt ohne
Menschen, in der sich die Natur mit aller
Macht die Räume und Orte zurückerobert
BERG.-GLADBACH – Villa Zanders
www.villa-zanders.de
Karim Noureldin bis 2.8.
Noureldin mit seiner Thematisierung des
Mediums Zeichnung, das er mit kleinen
Blättern und einer ortsbezogenen
Wandmalerei vorstellt
BOCHUM – Kunstmuseum
www.kunstmuseumbochum.de
Catalina Pabón bis 8.8.
Catalina Pabón widmet sich zwischen
Malerei und Zeichnung der Landschaft
als unheimlichem und romantischem Ort
BOCHUM – Ruhr-Universität
www.situation-kunst.de
On Display bis 23.8.
Anlässlich des 50. Geburtstag der RuhrUniversität, ein Überblick über dessen
Kunstsammlung
BONN – Kunstmuseum
www.kunstmuseum-bonn.de
Frank Auerbach bis 13.9.
Eine Werkschau mit dem bedeutenden,
Maler, der zu den Hauptvertretern der
„London School“ zählt
www.langenfoundation.de
ESSEN – Museum Folkwang
OBERHAUSEN - Ludwiggalerie
www.dortmunder-u.de
www.museum-folkwang.de
www.ludwiggalerie.de
Meisterwerke bis 9.8.
Deutsche Malerei von der Romantik bis
zur Moderne: Werke von Caspar David
Friedrich und Makart bis Kokoschka und
Beckmann aus den Dortmunder Museen
Conflict, Time, Photography bis 5.7.
Fotografien zum Thema Krieg zwischen
1855 und 2013 unter Berücksichtigung
des Zeitpunkts der Aufnahme, der teils
Jahre nach dem Kriegsereignis liegt
Green City bis 13.9.
Kunstbeiträge, die sich mit dem
Ruhrgebiet in seiner Verfasstheit und
Zerteilung durch Autobahnen und
Wasserstraßen und seinem ökologischen
Zustand beschäftigen
DÜREN – Leopold-Hoesch-Museum
GOCH – Museum
www.leopoldhoeschmuseum.de
www.museum-goch.de
Volker Saul bis 22.11.
Der aus Düren stammende, in
Köln lebende Künstler (*1955) mit
monumentalen farbintensiven
Wandmalereien von Figur und Grund
Alfonso Hüppi bis 23.8.
Neue „Holzwerke“ zum 80. Geburtstag
des Schweizer Bildhauers und Zeichners,
der als Professor an der Düsseldorfer
Kunstakademie unterrichtet hat
DÜSSELDORF – KIT
HAGEN – Osthaus Museum
www.kunst-im-tunnel.de
www.osthausmuseum.de
Malerei, jetzt. bis 27.9.
Vier Positionen der jüngsten
Künstlergeneration aus der Düsseldorfer
Kunstakademie, die die Aktualität der
Malerei in der Gegenwart befragen
Volker Stelzmann bis 30.8.
Ausgezeichnet mit dem Karl Ernst
Osthaus-Preis, zeigt der Berliner
Realist einen Einblick in sein
figürliches, gleichnishaftes
Werk seit den 1970er Jahren
DÜSSELD. – K20 Kunstsammlung NRW
www.kunstsammlung.de
Miró. Malerei als Poesie bis 27.9.
Ein Plädoyer für den spanischen Maler
und Bildhauer (1893-1983) mit Werken
aus allen Schaffensphasen, die sich
mit seinem Verhältnis zur Literatur
beschäftigen
DÜSSELD. – Museum Kunstpalast
www.smkp.de
Wim Wenders bis 16.8.
Der berühmte Filmemacher zum 70.
Geburtstag in seiner Heimatstadt mit
einer Retrospektive seiner autonom
aufgenommenen analogen Fotografien
KLEVE - Museum Kurhaus
www.museum-kurhaus.de
Et in Arcadia Ego 10.7.-20.9.
Beiträge von elf zeitgenössischen
Künstlern, die der nüchternen Realität
unserer Zeit Entwürfe der Entrückung
wie die Unsterblichkeit und Idylle
gegenüber stellen
KÖLN – Museum Ostasiatische Kunst
www.mok-koeln.de
Weisses Gold bis 2.8.
Rund 100 Porzellane aus dem Bestand
des Museums von 1400 bis 1900, die in
verschiedenen Techniken eindrucksvolle
Paläste, Tempel und Figuren schaffen
36
REMAGEN - Bahnhof Rolandseck
www.arpmuseum.org
Revolution der Bilder bis 6.9.
Malerei von Poussin bis Monet, die den
revolutionären und modernen Geist
verdeutlicht, der von der französischen
Kunst seit dem 17. Jahrhundert ausging
RECKLINGHAUSEN - Kunsthalle
www.kunsthalle-recklinghausen.de
Daniel Buren bis 26.7.
Der französische Künstler reagiert
auf die architektonische Struktur
der Fassaden der Kunsthalle und des
Festspielhauses mit Farbfeldern und
alternierenden StreifenDBACerg
WUPPERTAL - Waldfrieden
www.skulpturenpark-waldfrieden.de
Lynn Chadwick bis 18.8.
Der britische Bildhauer mit seinen
Bronzeplastiken der 1950er und
1960er Jahre, die mit aufgerissenen,
verletzten Oberflächen Figur und Natur
thematisieren
Kunst?
 Welche
[email protected]
Wir freuen uns auf Post.
Empfehlungen von Thomas Hirsch
Auswahl
BOCHUM
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jedem der 3 Events auf
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Do 16.7. 20 Uhr
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bis 30.8., Di-Sa 11-17 Uhr, So 10-17 Uhr
Sol LeWitt. Wall Drawing 1176.
For Josef Albers
E R STA R RT E W I RKLI CH KE I T E N
WORLDS APART
Wer sich für deutschsprachigen Punkrock, für Bands wie Turbostaat, Trend,
Oiro, Muff Potter und Captain Planet
interessiert, der sollte unbedingt auch
Pascow erleben. Die Pfälzer haben sich
in den letzten 15 Jahren nach und nach
in die erste Reihe des Genres gespielt –
nicht zuletzt auch wegen ihrer intensiven
Shows. Ihre letzte Platte heißt „Diene der
Party“, ist ihre bisher beste und gibt die
Richtung vor: Lakonische Texte, Schläge
in die Magengrube mit schwitzenden
Fäusten, Wut und trotzdem Spaß dabei.
Info: 0234 687 16 10
06 J UN I —— 08 AUG
2O15
KUNSTMUSEUM
bis 26.7., Di-So 10-17, Mi 10-20 Uhr
VISIT 2010-2015
Das VISIT-Förderprogramm, das 2010
von der RWE Stiftung gegründet wurde,
zieht eine erste Bilanz. Vorgestellt werden die bisherigen zehn Stipendiaten, die
sich in künstlerischen Beiträgen in unterschiedlichen Medien mit den Erforschungen, Technologien und Gewinnungsmöglichkeiten von Energie beschäftigen und
dazu als „Artist in Residence“ an den jeweiligen Orten aufgehalten haben, etwa
auf einer Bohrinsel. Die Ausstellung zeigt
daneben weitere Werke aller Künstler.
Info: 0234 910 42 30
UCI KINOWELT RUHR PARK
interferencia 1, 2014, © Catalina Pabón
So 5.7. 15.45 Uhr, So 12.7. 17 Uhr,
Mi 15.7. 21.30 Uhr
ROH: Wilhelm Tell / RSC: Love’s
Labour’s Lost / European Mediterranean Festival: Carmen Live From
Taormina
Taormina Festival venue, Foto: Mario Cutroneo
Im Juli bringt das UCI wieder Oper- und
Theateraufführungen in künstlerischer
wie technischer Spitzenqualität in den
Kinosaal. Zum Auftakt wird Gerald Finleys
Bariton in Rossinis letzter Oper „Wilhelm
Tell“ erklingen und die aktuelle Saison
des Royal Opera House beenden (5.7.).
Am 12.7. gibt die Royal Shakespeare
Company aus Stratford-upon-Avon mit
„Love’s Labour’s Lost“ eine frühe Komödie
des britischen Barden und abschließend
garantiert George Bizets tragische Oper
Carmen live aus dem sizilianischen Taormina mediterranes Flair (15.7.).
Info: 0234 239 02 22
Kun s t mu seu m Bo ch u m
37
Foto: Sol LeWitt, Wall Dawing 1176. For Josef
Albers, © VG Bild-Kunst, Bonn; Laurenz Berges
Die Vorstellung von Wandmalerei greift
bei dem US-amerikanischen Minimalund Konzeptkünstler Sol LeWit (19282007) sehr kurz. Seine malerischen und
zeichnerischen Maßnahmen an Wänden,
die er von Mitarbeitern ausführen ließ,
sind präzise auf ihren Ort bezogen; sie
bedenken die Struktur der vorgegebenen
Architektur ebenso wie die Funktion und
Atmosphäre des Gebäudes. Dies trifft
nun in Bottrop erst recht auf das Wall
Drawing zu, das er 2005 erstmals dort
realisiert und dem Farbfeldmaler Josef
Albers gewidmet hat.
Info: 02041 297 16
DORTMUND
HOESCH-MUSEUM
Di & Mi 13-17 Uhr, Do 9-17 Uhr,
So 10-17 Uhr
Onkel Hasan
Dortmund als Einwanderungsstadt, Ende
der 1950er Jahre: Es wird die Lebensgeschichte von dem Kurden Hasan erzählt,
der aus Ostanatolien nach Dortmund
kam und bis zu seinem Tod im Jahre 2013
dort lebte und arbeitete. An seiner Autobiographie entwickelt die Ausstellung
ein Bild über die Migrationssituation im
Ruhrgebiet und eben speziell in Dortmund. In den Blick gerät aber nicht nur
Hasans Lebenssituation, sondern auch
die seiner Familie. Mit der Ausstellung
würdigen die Veranstalter den Beitrag
derer, die Mitte des 20. Jahrhunderts
nach Deutschland gekommen sind, um
zu arbeiten und einen Beitrag zu der
städtischen Entwicklung zu geben, wie
wir sie heute kennen.
Info: 0231 844 58 56
WESTFALENPARK
Fr 24.7. & Sa 25.7.
Juicy Beats
Auswahl
Auswahl
Das wurde auch mal Zeit: Zum 20-jährigen
Jubiläum findet das Juicy Beats erstmals
zwei Tage lang statt! Dementsprechend
gibt es am Rande des Westfalenparks auch
Camping-Möglichkeiten – ebenfalls eine
Premiere. Der Erfolg und die stete Attraktivität des Festivals liegt aber in anderen,
altbekannten Faktoren begründet: Das
tolle Gelände mit seinen verschlungenen
Wegen und das seit eh und je lohnenswerte Line-up, das wieder alle Spielarten
rhythmusbasierter Musik abdeckt. Mit dabei sind unter anderem Fettes Brot, Trailerpark und Fritz Kalkbrenner.
Info: 0231 138 42 59
und zwar in den Klassen von Siegfried
Anzinger, Andreas Schulze, Tomma Abts
bzw. Thomas Grünfeld. Im Wissen um
die gesellschaftliche und kulturelle Präsenz der Neuen Medien favorisieren sie
jeweils die klassische, althergebrachte
Malerei, die in unserer Zeit nun freilich
ganz neu konnotiert ist.
Info: 0211 892 07 69
ESSEN
STÄDT. GALERIE SCHLOSS
BORBECK
bis Ende August, Di-So 14-18 Uhr
DÜSSELDORF
Paul Schwer
KIT
bis 27.9., Di-So 11-18 Uhr
Malerei, jetzt.
der Städtischen Galerie in Borbeck ermöglicht Paul Schwer, direkt auf deren
Struktur zuzugreifen.
Info: 0201 884 42 19
TUROCK
Fr 10.7. 20 Uhr
Supersuckers
Fast die ganzen 1990er-Jahre hindurch
gehörten die Supersuckers zum heißen
Scheiß des Rock’n’Roll: Sie veröffentlichten ihre Alben auf dem Nirvana-Label
Sub Pop und inspirierten viele Bands
aus der damals ebenfalls grassierenden
Garage-Bewegung um das Label Crypt.
Mittlerweile ist ihre Popularität etwas
abgeflaut, für vor Blut und Schweiß triefende, bluesige Rock-Shows sind sie aber
nach wie vor gut. Anlässlich ihres neuen
Albums „Get the Hell“ kommen sie mal
wieder nach Europa.
Info: 0201 490 37 80
THEATER IM RATHAUS
Mi 1.7. bis So 12.7.
Höchste Zeit
Ein weibliches Quartett in den besten
Jahren: Zwischen Sekt und Champagner
wird geheiratet und das Chaos vorprogrammiert. Ein zu enges Hochzeitskleid
ist dabei nur die geringste Sorge. Existentielle Fragen beschäftigen die vier Ladies,
ob es den perfekten Ehemann überhaupt
gibt und wie das überhaupt mit dem
richtig gekochten Ei ist. Situationskomik
vom Feinsten und natürlich jede Menge
Schampus erwartet die Besucher.
Info: 0201 24 555 55
GELSENKIRCHEN
VELTINS-ARENA
So 12.7. 20 Uhr
AC/DC
GOP VARIETÉ-THEATER
Fr 3.7. & Sa 4.7. 18 & 21 Uhr,
So 5.7. 14 & 17 Uhr
Lustig klein
Paul Schwer, Black Hole, Installationsansicht
2015, Foto: © P. Schwer
Katja Seib, trapped, 2015, Öl auf Jute, 180 x
230 cm, Foto: © K. Seib
Ein Statement zur Malerei anhand von
vier Künstlern der jüngsten Generation.
Vivian Greven, Felix Reinecker, Katja Seib
und Astrid Styma haben sämtlich an der
Kunstakademie in Düsseldorf studiert,
culture club
präsentiert: Open Air Kino
Paul Schwer (*1951), der an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Erwin Heerich
studiert hat, lotet die gegenstandsfreie
Präsenz von Farbe im Raum aus. Dazu
arbeitet er u.a. mit Leuchtstoffröhren, Wandmalereien und farbigen geknautschten Plexiglas-Körpern, die er in
komplexen Installationen zueinander in
Beziehung setzt, wobei er noch den Weg
des Betrachters durch den Ausstellungsraum lenkt. Der bevorstehende Umbau
culture club
präsentiert: Kino
Clownerie gilt gemeinhin als das Mittel
schlechthin, um zu lachen und eine lustige Zeit zu verbringen. Slapstick, Pantomime und die sogenannte „Physical
Comedy“ gehören mit zur Standardausrüstung, die ein echter Clown mitbringen
muss. Das trifft auch auf die ClownsCompany im GOP Varieté-Theater zu, die
unter der Leitung von Edouard Neumann
eine Clown-Show vom Besten bietet.
Kein Auge wird da trocken bleiben, wenn
„Dummer August auf Weißclown trifft“.
Info: 0201 247 93 93
culture club
präsentiert: Kino
Auch wenn die australischen HardrockLegenden zuletzt eher auf dem Boulevard
für Schlagzeilen sorgten, Besetzungswechsel zu verkraften hatten und wie im
Fall von Ex-Schlagzeuger Phil Rudd sich
sogar vor Gericht verantworten mussten,
ist ihre Popularität in Europa ungebro-
culture club
präsentiert: Kino Café
GHOSTBUSTERS
(OMU)
ARTHAUS FESTIVAL:
FITZCARRALDO
AM SONNTAG BIST
DU TOT
DIE ENTDECKUNG
DER UNENDLICHKEIT
Bevor im kommenden Jahr vier Frauen die Stadt frei von Geistern halten
werden, dürfen hier noch einmal die
Männer aus dem Original ran: Vier Parapsychologen werden in New York City
zu erfolgreichen Geisterjägern. Enorm
unterhaltsame Science-Fiction-Komödie
mit hübschen Seitenhieben auf die Geschäftemacher und Wichtigtuer.
Um im Dschungel Perus ein Opernhaus
zu errichten, lässt sich der Opernliebhaber Fitzgerald (Klaus Kinski in der Rolle
seines Lebens) auf ein Kautschukgeschäft ein, für das er ein Schiff durch
den Urwald ziehen muss. Werner Herzogs tollkühner Abenteuerfilm verwebt
in unvergesslichen Bildern die Welt der
Natur mit der der Kunst.
Brendan Gleeson („Braveheart“, „Brügge
sehen… und sterben?“) beeindruckt in
dieser komödiantisch gefärbten Tragödie als Dorfgeistlicher, der von einem
Unbekannten eine Todesdrohung erhält.
In sieben Tagen bist du tot – das Drama
folgt dem Todgeweihten durch eine tragikomische Woche. Chapeau: Regisseur
John Michael McDonagh („The Guard“)
erreicht leichthändig Tiefe.
Das sehenswerte Biopic von Regisseur James Marsh erzählt von Leben,
Krankheit, Liebe und Schaffen des britischen Genies Stephen Hawking (Eddie
Redmayne). In gelungenem Zeitkolorit
folgt das berührende Drama dem Wissenschaftler, der als junger Student an
ALS erkrankt und trotz wachsender Einschränkung weder aufgibt noch seinen
Forscherdrang verliert.
Endstation Open Air
(Hinterhof)
Wallbaumweg 108,
44894 Bochum
Karten: 0234 687 16 20
trailer verlost 1x2 Karten auf trailer-ruhr.de
Sa 11.7. 18 Uhr
Galerie Cinema
Julienstraße 73,
45130 Essen
Karten: 0201 77 84 94
trailer verlost 1x2 Karten auf trailer-ruhr.de
Mo 27.7. 21 Uhr
UCI Kinowelt Ruhr Park
Am Einkaufszentrum,
Bochum
Karten: 0234 239 02 22
METROPOLIS Filmtheater
Direkt im Hauptbahnhof
Karten: 0234 12 26 3
trailer verlost 1x2 Karten auf trailer-ruhr.de
Mi 29.7. 18 Uhr
UCI Kinowelt Duisburg
Neudorfer Straße 36-40
Karten: 0203 301 91 91
trailer verlost 1x2 Karten auf trailer-ruhr.de
Mi 5.8. 14.30 Uhr
Auswahl
chen: Egal wo auf dem Kontinent sie in
diesen Wochen auftreten – überall werden sie gefeiert. Dementsprechend ist
auch das Konzert auf Schalke schon ausverkauft. Aber vielleicht kann man in
einem Internetauktionshaus ja noch einen Schnapper machen.
Info: 01806 15 08 10
geben, das sicherlich auch für Nichtspieler interessant sein dürfte.
Info: www.gamescom.de
Haranni Hurricanes
OBERHAUSEN
Sie sind ein musikalischen Trio rund um
das Emscher Delta herum. Haranni ist
übrigens aus dem Mittelalterlichen und
bedeutet „Herne“. Die drei Musiker bieten ein breites Klangmuster von Swing
über Rock, selbst komponierten Songs
und eingängigen Coverliedern. Sie nennen ihren Musikstil „Pott-Bloozerock“
und kommen damit seit Jahren gut bei
ihren Fans aus Herne und Umgebung an.
Info: 02302 205 44 63
DRUCKLUFT
The World/Inferno Friendship
Society
HAUS KEMNADE
Mi 1.7. & Do 2.7. 19.30 Uhr
Kemnade Jazz Nights
Ein „Who is Who“ der globalen Jazz-Szene, präsentiert von Chris Hopkins. Unter
anderem mit Duke Heitger aus der Geburtsstadt New Orleans, dem Engländer
Dan Barrett und Gastgeber Chris Hopkins
spielen insgesamt sechs Jazzvirtuosen
unter dem Motto „From Basin Street to
Broadway“. Spannend werden dabei die
ureigensten Interpretationen der Künstler, die aus einem breiten Angebot der
Jazz-Ära schöpfen.
Info: 01806 050 400
KÖLN
KOELNMESSE
Mi 5.8. - So 9.8.
gamescom
MASCHINCHEN BUNTES
Fr 17.7. 20 Uhr
Fr 17.7. 20 Uhr
HATTINGEN
WITTEN
ZUSAMMENGESTELLT VON: THOMAS
HIRSCH, ANNA LENKEWITZ, CHRISTIAN
STEINBRINK
Eigentlich müsste die New Yorker World/
Inferno Friendship Society irgendwo in
Mitteuropa leben, so oft sind sie in unseren Breiten auf Tour. Das könnte aber
auch an der stetig steigenden Popularität
ihrer Shows liegen: Wie kaum eine andere
Band verbinden sie mitreißende Tanzbarkeit mit der entschiedenen Haltung des
Punk und einem theatralischen Vaudeville-Revue-Charme. Ihre Kostüme schwitzen sie dabei jedes Mal voll – das Publikum ihre allerdings auch.
Info: 0208 85 24 54
Veranstalter-Infos an:
[email protected]
06.-09.08.2015, Köln
Celebrate
the
games !
EBERTBAD
Pommes
Chefredaktion:
Maxi Braun (v.i.S.d.P.)
Red. Mitarbeit an dieser Ausgabe:
Lars Albat, Ingrid Bartsch, Jessica Düster,
Hartmut Ernst, Sanje Gautam, Rolf-Ruediger Hamacher, Thomas Hirsch, Tom Jost,
Benjamin Knoll, Anna Lenkewitz, Karsten
Mark, Lisa Mertens, Christian Meyer, Anne
Nüme, Peter Ortmann, Nina Ryschawy, Jan
Schliecker, Simone Schlosser, Benjamin
Seim, Christian Steinbrink, Olaf Weiden,
Hans-Christoph Zimmermann
Grafik: Amélie Kai, Dominik Empl, Thomas
Müller, Janina Wittmann
Anzeigenverwaltung:
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das fünfte Element
oder
Im August eröffnet erneut eine der weltweit größten Messen für interaktive Unterhaltung ihre Pforten in Köln – die
gamescom! Im Vordergrund stehen aktuelle Neuerscheinungen der Computerspielszene, die sowohl Fachbesucher, als
auch Spielefans in ihren Bann ziehen
werden. 2014 waren bereits 335.000 Besucher aus 88 Ländern vor Ort und die
aktuelle Vergrößerung des Geländes um
16.000 m² verspricht eine weitere Steigerung. Auch dieses Jahr werden alle
großen Entwicklerhäuser da sein und die
Früchte jahrelanger Arbeit präsentieren.
Zusätzlich wird es vom 7.8. bis 9.8. erneut ein interaktives und musikalisches
Rahmenprogramm in der ganzen Stadt
Herausgeber:
trailer-ruhr Verlag
Joachim Berndt, Büro Bochum
Dr.-C.-Otto-Str. 196, 44879 Bochum
Tel: 0234-94191-0, Fax: -91
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Projektleitung: Birgit Michels
gamescom.de
Do 16.7. - Fr 31.7.
IMPRESSUM
Fritten, Ruhrpott und Liebe gehören zusammen wie die vier Freunde, die sich
früher einmal in der Pommesbude von
nebenan getroffen haben. Ein Abtrünniger ist dabei, der ausgerechnet nach
Düsseldorf gezogen ist. Doch was machen die anderen Drei, die in der Stadt
Oberhausen gar nicht unähnlich geblieben sind? Unter der Regie von Gerburg
Jahnke bietet sich dem Zuschauer Unterhaltung auf höchstem Niveau, eine Show
zwischen musikalischem Kabarett und
einer Komödie.
Info: 0208 205 40 28
Josef Albers Museum . Quadrat Bottrop
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Für Josef Albers
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Meine Meinung
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AN DIE REDAKTION
Druckerei:
Graphischer Betrieb Henke GmbH
Engeldorfer Straße 25
50321 Brühl
Buchhaltung: Karin Okniewski
Alle nicht gesondert gekennzeichneten
Bilder sind Pressefotos.
Liebes trailer-Team,
ich finde es gut, dass sie so
umfassend und immer aktuell
über alle kulturellen Veranstaltungen, sei es Theater, Oper,
etc. berichten. Dadurch bin ich
schon auf einige interessante
Veranstaltungen aufmerksam
geworden. Mich interessieren
besonders die neuesten Filmbesprechungen, da ich absoluter
Kino-Fan bin und am liebsten
jede Woche ins Kino gehe. Ich
freue mich schon jeden Monat
auf den neuen trailer.
Heute schon digitale Fingerabdrücke hinterlassen?
trailerRuhr
Die Auflage unterliegt der ständigen Kontrolle der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der
Verbreitung von Werbeträgern.
Durch Berndt Media
werden auch folgende Kultur-, Kino- und
Bildungsmagazine (Köln, Wuppertal, Aachen und Düsseldorf) vertreten:
Marlies Bieder
Wir freuen uns auf weitere Zuschriften oder Online-Kommentare
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Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von
LeserInnenbriefen vor.
Förderer der Ausstellung Egon Bremer Stiftung
Nichts ist egal
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Juli 2015
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