Kunst und Kriminalität FABP: Workshop zum Thema Kunstdelikte Oliver Behrens Millionenschwere Ware, diskrete Transaktionen, anonyme Käufer, kaum Kontrolle: Kunst ist wertvoll, der Markt oft intransparent – ein ideales Spielfeld für Kriminelle. Die Palette der dunklen Machenschaften reicht vom Handel mit gefälschten Kunstwerken über Diebstahl und Artnapping bis hin zu Geldwäsche und Unterschlagungsdelikten. Organisierte Kriminalität bedroht alle Kunstmarktteilnehmer gleichermaßen, weiß man bei Fine Art Business Partner (FABP), dem Kunstversicherungsmakler der Ecclesia Gruppe. Round Table: Lösungsansätze in der Diskussion Um sich der Thematik aus verschiedenen Blickwinkeln zu nähern, hat FABP einen Experten-Workshop zum Thema „Kunst und Kriminalität“ initiiert. Am 15. Oktober fand sich ein geladener Teilnehmerkreis zum Meinungs- und Erfahrungsaustausch in den Kölner Geschäftsräumen ein. Der paritätisch besetzte „Runde Tisch“ bestand aus Vertretern führender Kunstversicherer sowie Experten aus den Bereichen Kunstwerkanalyse und Sammlungsbetreuung. Zudem begrüßte das FABP-Team René Allonge, Kriminalhauptkommissar beim Landeskriminalamt (LKA) Berlin, der einen Vortrag aus seinem Alltag im Dezernat Kunstdelikte mitgebracht hatte (mehr dazu auf Seite 3). Sinn und Zweck der mehrstündigen Veranstaltung war es, die Vertreter der unterschiedlichen Kunstmarkt-Bereiche an einen Tisch zu bekommen, um gemeinsam über Lösungsansätze zur Bekämpfung von Kunstkriminalität und Präventivmaßnahmen zu diskutieren. FABP-Leiter Klaus Behrens hofft, dass die gewonnenen Erkenntnisse zu gegebener Zeit auch in Verbänden und Gremien weiter vertieft werden. Er schließt nicht aus, dass zukünftig auch entsprechend angepasste Wordings/Verbandsklauseln in Kunstversicherungsverträgen Einzug halten werden. Die Teilnehmenden werteten den Workshop im Nachgang als richtungsweisenden Erfolg. Man will weiter im Dialog bleiben und dem Phänomen Kunstkriminalität künftig mit vernetztem Wissen (z.B. mit entsprechenden Datenbanken etc.) begegnen. Eine Folgeveranstaltung ist bereits für kommenden Frühsommer geplant. „Käuferstrukturen“, „Zahlungsflüsse“ und „Cyberkriminalität“ sind die avisierten Themen (Näheres über [email protected]). Vortrag: Der Polizei über die Schulter geschaut Highlight des Tages waren die interessanten Einblicke in den Polizeialltag, die Kriminalhauptkommissar René Allonge der Zuhörerschaft mit seinem Referat gewährte. In den Händen von Kunstdieben und Hehlern Zu den „Standarddelikten“, mit denen sich Allonge und seine Kollegen zu befassen haben, gehören zweifelsfrei Kunstdiebstähle. Die Zahl der Auftragsdiebstähle sei allerdings verschwindend gering, betonte der Hauptkommissar. In seiner Laufbahn habe es nur zwei Fälle gegeben, die er dieser Kategorie zuordnen würde. Weit häufiger komme Beschaffungskriminalität vor: D.h. Kunsträuber – in der Regel organisierte Banden – erbeuten gezielt Kunstwerke und verkaufen das Diebesgut an einen Hehler. Häufig werden die „Preise“ in prozentualer Abhängigkeit vom offiziellen Marktwert der Objekte angesetzt (Faustregel: rund 30 %). Dies lasse auf Profis mit guter Marktkenntnis schließen, erklärt der Experte. In den Katakomben des heimlichen Sammlers Manchmal bekommen es die LKA-Beamten auch mit geradezu hollywoodreifen Fällen zu tun. So ist etwa der aus zahlreichen Filmen bekannte Typus „triebhafter Kunstsammler“ durchaus nicht immer Fiktion, wie Allonge bestätigte. Täter wie diese beschafften sich Kunstwerke, um sie krankhaft zu horten – meist verborgen vor den Augen der Welt. An den unrechtmäßigen Besitzer und die illegal erworbene Kunst heranzukommen, sei für den Arm des Gesetzes daher nicht leicht. Dass die Aufklärungsrate dennoch bei immerhin 43 % liegt, ist laut Allonge vor allem der guten Vernetzung des LKA mit dem Kunsthandel geschuldet. Mit versierter Hand gefaked Nicht minder filmreif sind spektakuläre Fälle von Kunstfälschungen. Das LKA geht davon aus, dass organisierte Fälscherringe heute bereits in vielen Teilbereichen des Kunstmarkts tätig sind (unsere Fotos zeigen abgekupferte Stücke aus einem Kunstfälscherskandal, bei dem ein immenser Schaden entstand). Dass Kunstfälschungen ein großes Thema sind, bestätigt auch Dirk Heinrich, Managing Director der AXA Art Versicherung AG, FABP-Partner und weltweit marktführender Kunstversicherer: „Wir beobachten diese Entwicklung sehr genau; dies insbesondere auch im Hinblick auf die Perspektiven, welche sich durch die fortschreitende Digitalisierung ergeben.“ Auf den verschlungenen Wegen des Geldes Fälschern kann man – freilich mit einem Augenzwinkern – eine gewisse Begabung sicherlich nicht absprechen. Um sich im Kunstgeschäft in betrügerischer Absicht zu bereichern, bedarf es jedoch nicht zwangsläufig eines künstlerischen Talents. Auch Geldwäsche und Unterschlagung finden passende Voraussetzungen im wenig transparenten „Dickicht“ der internationalen Kunstszene. Diejenigen, die sich Kunst kaufen oder in Kunst investieren, legen oft großen Wert darauf, unerkannt zu bleiben. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass Transfers über kaum nachvollziehbare Wege erfolgen und die kostbare Ware anonym den Besitzer wechselt. Weitgehend abgekoppelt von den ansonsten strengen Regularien des Finanzmarkts, agiert der internationale Kunstmarkt auch heute noch fast unbehelligt in einer „Nische“. Auch Zollfreilager geraten in diesem Zusammenhang immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Im Schmelzofen und in der Schrottpresse Ein nach wie vor sehr häufig zu beklagendes Szenario ist laut Allonge Buntmetallklau (wir berichteten). Längst machten die Diebe auch vor wertvollen Kunstgegenständen nicht mehr Halt, obwohl es ihnen allein darum gehe, das Material – Bronze, Kupfer und Co. – zu Geld zu machen. Ungeachtet der künstlerischen, historischen oder ideellen Werte, entwendeten die Diebe mit Vorliebe große Skulpturen, um sie zu zerlegen und die Materialien Schrotthändlern und Gießereien anzubieten – meist zu einem Bruchteil des tatsächlichen künstlerischen Werts. In den Fängen von Entführern Seit einigen Jahren spielen im Ermittlungsalltag der Polizei auch Fälle von Artnapping zunehmend eine Rolle (wir berichteten). Kunstwerke würden sozusagen als „Geiseln“ genommen, um von den Eigentümern und/oder Versicherungen „Lösegelder“ zu erpressen. Ähnlich wie bei den Preisen für Hehlerware, lägen auch den Forderungen von Artnappern oft die regulären Marktpreise zugrunde. Auch in diesem Bereich habe man es daher vielfach mit Profis zu tun.
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