Diabetes und Zahngesundheit

PARODONTALERKRANKUNGEN: GRÖSSERES RISIKO FÜR DIABETIKER
Diabetes und
Zahngesundheit
Schon zu Beginn des 19.Jahrhunderts hat man
einen Zusammenhang zwischen Diabetes und
schweren parodontalen Erkrankungen bis zum
Zahnverlust erkannt.
H
eute gilt als gesichert, daß
Typ-I-Diabetiker 3-mal
häufiger an schweren Parodontopathien erkranken als
Stoffwechselgesunde. Obwohl
Männer wie Frauen gleichmäßig
betroffen sind, ist doch das Patientenalter ausschlaggebend für
das Ausmaß der Parodontalerkrankung. Patienten mit Retinopathien leiden sogar 5-mal so oft
an schweren Parodontalerkrankungen. Totaler Zahnverlust wird
bei Diabetikern 15-mal häufiger
beobachtet als bei gesunden Patienten und korreliert mit der
Dauer der Zuckerkrankheit.
Ähnliches gilt auch für Typ IIDiabetiker, allerdings in deutlich
geringerem Ausmaß.
Was Karies und seine Häufigkeit
bei Diabetikern betrifft, bietet
sich ein anderes Bild. Höhere
Kariesanfälligkeit ist nur bei
schlechter Diabeteseinstellung
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Hormone und parodontale Strukturen
Eine hormonelle Beeinflussung parodontaler Strukturen gilt als erwiesen. Besonders schwangere Diabetikerinnen haben ein größeres Risiko an Schwangerschaftsgingivitis zu erkranken. Bei Nichtbehandlung kann es zu verstärktem Auftreten von parodontalen Läsionen bis zum Attachment.-und
Zahnverlust kommen. Eine engmaschige Kontrolle von schwangeren Patientinnen ist daher unumgänglich. Das therapeutische Hauptaugenmerk liegt im Bereich der professionellen Mundhygiene mit
Instruktion zur Individualprophylaxe. Die American Academy of Periodontology schlägt sogar vor,
dass Frauen mit Kinderwunsch bereits vor der Konzeption sich einer parodontalen Untersuchung mit
Statuserhebung unterziehen um im Falle einer Schwangerschaft jegliche Veränderung zum Vorzustand
erheben zu können. Jedenfalls wurde in jüngsten Studien nachgewiesen, dass neben anderen Risikofaktoren für eine Frühgeburt (Rauchen, Alkohol , Drogen etc.) parodontale Erkrankungen ein 7-mal
größeres Risiko für eine Frühgeburt mit zu geringem Geburtsgewicht darstellen.
Eine interessante Studie im Journal of Periodontology gibt an, dass Östrogensubstitution innerhalb
von 5 Jahren nach Einsetzen der Menopause das Fortschreiten von Parodontalläsionen verlangsamt.
Man nimmt andererseits an, dass Östrogenmangel und Osteoporose den Verlust des Alveolarknochens
in der Menopause beschleunigen, der wiederum zu Zahnverlust führen kann. In der Studie kommt
man zum Schluß, dass Östrogensubstitutuion Gingivitiden verringern und den Knochen.-und Bindegewebsverlust vermindern kann.
12 MEDMIX02/2004
DDr.Gertrude-Elisabeth Grabner,
niedergelassene Zahnärztin in Wien
und hohen HbA1c-Werten gegeben. Ansonsten ist bei gut eingestellten Diabetikern sogar eine geringere Kariesfrequenz zu
beobachten, was vor allem auf
die restriktive Aufnahme von
Mono-und Disacchariden zurückzuführen ist.
In der zahnärztlichen Praxis gibt
es bei der Behandlung von Diabetikern einige Grundregeln zu
befolgen. Erstens sind bei jedem
neuen Patienten anamnestisch
neben anderen Erkrankungen
die Stoffwechselerkrankungen
zu eruieren. Diabetiker sollten
dann routinemäßig vierteljährlich kontrolliert werden um
dem erhöhten Risiko einer Parodontopathie zu begegnen. Diabetiker sollten zu sorgfältigster
Mundhygiene angehalten werden; diese muß vom Zahnarzt
regelmäßig kontrolliert werden.
Aufgrund der häufigeren Nahrungsaufnahme muß auch tags-
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über zwischen den Mahlzeiten
für Sauberkeit gesorgt werden –
dafür eignen sich neben dem
Zähneputzen
flouridhaltige
Mundspüllösungen. Der Gebrauch von Zahnseide ist unumgänglich, da dies die effektivste
Methode zur Entfernung von
Plaque im Interdentalbereich ist.
Der Diabetiker selbst wird angehalten, jede Veränderung im
Mund- und Zahnfleischbereich
umgehend dem Zahnarzt zu
melden. Eine suffiziente Parodontaltherapie kann eine diabetische Stoffwechsellage durchaus
günstig beeinflussen, während
schwere parodontale Destruktionen den Diabetesverlauf verschlechtern können.
Eine US-Studie besagt, dass chronische Parodontalerkrankungen
vermutlich die Chancen erhöhen,
Typ-2-Diabetes zu entwickeln.
Bakterien des Mundraumes können ins Blut übertreten und eine
Reaktion des Immunsystems
triggern. Cytokine werden abgegeben, welche bei hohen Levels
einen schädigenden Effekt auf
die insulinproduzierenden Zellen des Pankreas haben können.
Dies könnte einen Typ-2-Diabetes induzieren bei ansonsten gesunden Patienten ohne weitere
Risikofaktoren für Diabetes.
Die Behandlung des Diabetikers
ist in der zahnärztlichen Praxis
eher problemlos. Der Diabetiker
soll vor der Behandlung Insulin
gespritzt haben und seine vorgeschriebene Diät zu sich genommen haben. Der Zeitpunkt und
die Länge der Behandlung sollte
zeitlich auf die Mahlzeiten abgestimmt werden. Bei größeren
oralchirurgischen Eingriffen ist
prophylaktisch eine Antibiotikagabe prä- und postoperativ sinnvoll. Auf eine genaue Kontrolle
der postoperativen Zuckerwerte
muß geachtet werden. Bei Typ-IDiabetikern ist bei großen Eingriffen eine stationäre Aufnahme
und evt. Allgemeinanästhesie
von Vorteil. Bei den üblichen
Zahnbehandlungen in der Praxis
ist ausreichend Lokalanästhetikum zu verabreichen, um den
Schmerzstreß zu vermindern.
Der Zusatz von Adrenalin zur Vasokonstriktion stellt in den gängigen Dosierungen kein Problem
für den Glucosehaushalt dar.
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02/2004 MEDMIX 13