Stafette Wenn Eltern regelmässig den Unterricht besuchen Die im letzten Schulblatt vorgestellte Spitalschule des Reha bilitationszentrums für Kinder und Jugendliche Affoltern a.A. gibt den Stab weiter an die Schule in Kleingruppen Wallisellen. Text: Charlotte Spindler Fotos/Collage: Marion Nitsch «Seit zwei Jahren bin ich hier, jetzt in der 6. Klasse. Im August 2015 wechsle ich an die Oberstufe nach Winterthur; ich freue mich auf etwas Neues. Ich habe schon ei nen Berufswunsch: Coiffeuse. Die Klein gruppenschule hat mir die Möglichkeit ge geben, wieder zur Schule zu gehen. Hier sitzen kleine und grössere Kinder im glei chen Zimmer, das finde ich gut. Es ist eine kleine Schule, wir kennen uns alle. Dass meine Mutter jeden zweiten Mittwoch in meine Klasse kommt, stresst mich nicht.» Stafette Das Schulblatt besucht Schulen, die im Unter richt und Schulalltag interessante Wege entwickeln. Die vorgestellte Schule bestimmt, welche Primar- oder Sekundarschule in der kommenden Schulblatt-Ausgabe vorgestellt wird. Die in dieser Ausgabe vorgestellte Schule wünscht sich als Nächstes: eine altersdurchmischte Sekundarschule. «An der Schule in Kleingruppen Walli sellen habe ich während meines Studiums der Sozialen Arbeit an der Zürcher Hoch schule für Angewandte Wissenschaften ZHAW ein Praktikum gemacht. Seit mei nem Bachelor-Abschluss bin ich als Sozial pädagogin angestellt. Wir sind ein kleines Team, und die gute Zusammenarbeit ist wichtig, denn die Arbeit mit den Kindern ist anspruchsvoll, manchmal kann es schon turbulent zugehen. Zu meinen Aufgaben gehören Mittags tisch- und Pausenbetreuung, Hausauf gabenhilfe, Einzelgespräche mit meinen sieben Bezugskindern, für die ich An sprechperson bin, und das Sozialtraining, das die Kinder dabei unterstützt, koope ratives Verhalten zu entwickeln, ihre Ge fühle zu erkennen und zu benennen und mit Konflikten umzugehen. Mit den El tern, Behörden und Regelschulen in den Gemeinden, die uns die Kinder zuweisen, tauschen wir uns regelmässig aus.» «Ich war lange Zeit in der Privatwirtschaft tätig, mir ist wirtschaftliches Denken nicht fremd. Das Ziel unserer Schule ist es, die Kinder möglichst rasch in die Regelschule zu integrieren. Die Idee der Kleingrup penschule geht zurück auf den Pädagogen Jürg Jegge, der in den 1970er-Jahren die konzeptionelle Vorarbeit geleistet hat. Seine Ideen, wie man mit Kindern und Jugendlichen mit Lern- und Verhaltens schwierigkeiten ziel- und lösungsorientiert arbeiten kann, indem man ihre Stärken fördert, finden sich bei uns noch immer. Ich selbst habe bei der Gründung der Kleingruppenschule Regensdorf/Dällikon mitgewirkt; 2009 habe ich die Schulleitung in Wallisellen übernommen. An einer Schule in Kleingruppen sind die Mitarbeitenden überdurchschnittlich gefordert. Aber die Wirksamkeit unserer pädagogischen Interventionen ist rasch erkennbar, und das macht die Arbeit für uns alle sehr befriedigend.» Schulblatt Kanton Zürich 5/2015 Volksschule «Das familiäre Klima an der Schule gefällt mir. Ich treffe hier andere Eltern und höre von ihnen, dass auch sie Probleme haben mit den Kindern und ich nicht allein da mit bin. Das ist für mich eine Unterstüt zung. Aus den Kontakten mit den Eltern haben sich Freundschaften entwickelt.» kehren sie in die Regelklasse zurück, aus der sie kamen. Eine schrittweise Teilintegration bereitet die Rückkehr ins frühere Schulumfeld vor. In Einzelfällen treten Kinder an eine andere, spezialisierte Sonderschule über, Jugendliche in ein Berufsbil dungsheim oder an eine Schule mit Schwerpunkt Berufsfindung. Spezialität: Mit der Mehr- oder Multifamilienarbeit (MFA) hat die Schule ein eigenes Konzept entwickelt: Mütter und Väter nehmen regelmässig an Mittwochvormittagen am Schulalltag teil. Die Schule setzt das Engagement der Eltern voraus. Zwei mal pro Monat sitzen sie einen Morgen lang im Klassenzimmer ihres Sohnes, ihrer Tochter; die Vormittage sind nach einem klaren Schema aufgebaut. Die Eltern beobachten das Kind im Unterricht und im Umgang mit den Mitschülern. Die Schülerin nen und Schüler arbeiten an ihren persönlichen Verhaltens- und Schulzielen, am Familienmorgen werden diese Ziele ausgewertet und diskutiert. Zwei Coaches begleiten die Kinder, Lehrperso nen und Eltern und stehen für Einzelgespräche zur Verfügung. «Eltern mit verhaltensschwierigen Kindern haben oft die Ten denz, Erziehungsprobleme an die Schule zu delegieren», erklärt Peter Vogt. «Wir machen es anders. Wir orientieren uns stark an den Eltern und arbeiten mit ihnen auf Augenhöhe. Wir binden sie in die erzieherische Arbeit ein und zeigen ihnen, wie wir ge meinsam positive Veränderungen erreichen können.» 27 Steckbrief: Die Schule in Kleingruppen Wallisellen ist eine Tagessonderschule für Kinder mit Lern- und Verhaltensauf fälligkeiten. Sie ist täglich von 8 bis 16 Uhr geöffnet, am Mitt woch bis 12 Uhr. 18 Kinder von der 1. Klasse bis zur Oberstufe werden in drei altersdurchmischten Gruppen unterrichtet. Die Schule in Kleingruppen Wallisellen ist eine gemeindeeigene Sonderschule nach genehmigtem Rahmenkonzept der Bildungs direktion des Kantons Zürich. Sie wurde als Schulversuch in den 1970er-Jahren gegründet und war die erste von heute sieben Kleingruppenschulen im Kanton Zürich. Lage der Schule: Nach mehreren Standortwechseln befindet sich die Schule seit sechs Jahren im Zentrum von Wallisellen in einem Dorfschulhaus aus dem Jahr 1888. Team: 12 Personen – Sozialpädagoginnen, Klassenlehrpersonen, Heilpädagogen, Fachlehrerinnen und eine Logopädin – arbeiten eng zusammen. Schulleiter Peter Vogt ist Primarlehrer und Heilpädagoge. Für die Multifamilienarbeit (MFA), die Eltern, Kinder und Lehrpersonen in der Erziehung begleitet, wird ein Psychologe oder Psychotherapeut mit Zusatz ausbildung in systemischer Therapie als externer Coach beige zogen. Ebenfalls als Coach ist Sozialpädagogin Sarah Schneider tätig. Herkunft der Kinder: Ein Drittel der Schülerinnen und Schüler kommt aus Wallisellen, die anderen Kinder werden von den Schulbehörden anderer Gemeinden eingewiesen. Die Nach frage ist grösser als das Angebot an Plätzen. Angebot: Die Schule arbeitet mit Kindern mit Lern- und Verhaltensschwierigkeiten, die im Regelschulsystem grosse Mühe haben: Sie können sich nicht auf den Schulstoff konzentrieren oder stören die anderen Kinder stark während des Unterrichts. Häufige Indikationen sind unter anderem schwere psychosoziale Belastungsstörungen, Entwicklungsstörungen, ADHS. Der Unterricht in den Klein gruppen ist strukturiert; die Kinder werden von den Lehrperso nen eng begleitet. Anschlusslösungen: Die Kinder bleiben von drei Monaten bis zu höchstens drei Jahren. Nach Möglichkeit
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